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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0361

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^ Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich SO Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.

Fernsprcch-Anschluß Nr. 82.


JnsertionSgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Ran
Für hiesige Geschäfts-
Privatanzeigen bedcw
ermäßigt.

äge
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Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

>i . 75.

Diinierstaz, den 29. Wiii!

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Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das II. Vierteljahr 1900
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Spedition, Untere Neckarstraße 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1L5 vierteljährlich,
*uit Zustellgebühr Mk. 1.65.
Um Unterbrechungen oder Verspätungen in der
pünktlichen Zustellung des Blattes zu vermeiden, bitten
p>ir, die Bestellung, wo sie noch nicht erfolgt ist, nunmehr
Unverzüglich aufgeben zu wollen. Nach Beginn des
"Ellen Vierteljahrs werden bereits erschienene Nummern nur
auf ausdrückliches Verlangen und selbstverständlich nur so-
weit überhaupt noch vorhanden nachgeliefert.

Wochen-Chronik.
(Vom 18. bis zum 24. März.)
Aiärz 19.: Bei der Feier des 200-jährigen Bestehens der
Berliner Academie der Wissenschaften
hält der Kaiser eine Rede, worin er ankllndigt, daß
er die Zahl der Mitglieder der Academie um einige,
vorzugsweise für die deutsche Sprachforschung be-
stimmte Stellen vermehrt habe.
» 19.: Den deutschen Offizieren wird wieder Urlaub
nach Frankreich ertheilt, was seit Jahren nicht
der Fall war.
» 20.: Die Buren unter Olivier, die sich von Bethulie
nach dem Norden des Oranjefreistaates zurückziehen,
schlagen einen Angriff der Engländer unter Gatacre
zurück.
» 20.: Die Protcst-Bersammlungen gegen die
lsx Heinze und die Proteste gegen den Fleis ch-
beschaugesetzentwurf dauern immer „och fort.
-> 22.: I» Miramar findet die Vermählung der Kron -
Prinzessin-Wittwe Stephanie von Oester-
reich mit dem Grafen Lonyay statt.
» 22.: Ein Jrade des Sultans genehmigt, daß Bahnen
im Norden Kletnasiens nur von Rußland
gebaut werden dürfen.
» 23.: Prinz Max von Baden verlobt sich mit der
Prinzessin Marie Louise von Cumberland.
- 23.: Eine offizielle bayerische Verlautbarung läßt
erkennen, daß der bayer. Bundesrathsbevollmächtigte,
als er im Reichstag für die lsx Heinze sprach,
nicht in Uebcreinstimmung mit den neueren Ansichten
seiner Regierung war.
» 24.: In Belgien herrscht eine fieberhafte Speku-
lationtzwuth auf dem Markt fürCongo-Werthe.

Die Flottendebatte.
r Ueber den ersten Tag der F lot t en deb a tte in
l>v^> Reichstagskommission berichtet die Nat.-lid. Korresp.
d 4: Während Graf Bülow über die Beziehungen zu
einzelnen Mächten sich eingehend verbreitete, legte
Q wiral Tirpitz die Srärkeverhältnisse der Streitkräste zur
^ bei den einzelnen Staaten dar. Der Eindruck dieser
Öffnungen war, wie uns versichert wird, auf allen
Ein ganz außerordentlicher. Auf keiner Seite dürfte
d^"haft mehr bestritten werden, daß die Nothwendigkeit
Hz geforderten Flottenverstärkung gerade im Interesse der
tzj^rfiihrung einer friedliebenden deutschen Politik un-
»,jz legljch nachgewiesen worden ist. So weit hier
ikälin Rücksicht auf die Oeffentlichkeit gesagt werden
wurde von dem Abg. Frese wie von dem Abg.
konstatirt, welche außerordentlichen Dienste
b'e »Ischen Interessen im Auslande bisher schon durch
Hy Auslandsschiffe erwiesen worden sind; der Abg. Dr.
kgpj?4e gedachte insbesondere des von dem Korvetten-
^^"Jacobsen seiner Zeit geführten Kreuzers „Geier",

der in Mittel- und Südamerika sich so verdienstvoll be-
thätigt hat, und insbesondere von den Centrumsmitgliedern
wurde dann noch anerkennend der Aufklärung über Marine-
fragen gedacht, die in den bekannten Büchern von
„Nautilus" dem Laien über alle Seefragen geworden ist.
Mit einer kurzen Mittheilung des Staatssekretärs v. Bülow
schloß dieser erste Tag der Generaldebatte, der von grund-
legender Bedeutung für die Weiterberathungen ist und
dessen Ergebniß dahin zusammengezogen werden kann, daß
über das Ziel jetzt Klarheit besteht und nunmehr die Frage
spruchreif geworden, auf welchem Wege dieses Ziel er-
reicht werden kann.
Am Mittwoch setzte die Budgetcommission des
Reichstags die Berathung der Flottennovelle fort. Abg.
Bebel (Soz.) erklärte sich gegen die Vorlage. Abg.
Graf Stolberg-Wernigerode (cons.) legt dar, daß
dem Gesetze jede agressive Tendenz fern liege; er sei für
die Vorlage. In gleichem Sinne sprach sich der Abg.
Bassermann (nat.-lib.) aus. Abg. Richter (freist
Volkspartei) meint, Fürst Bismarck habe im Jahre 1885
seinen Standpunkt zur Flotte dahin gekennzeichnet, daß
Deutschland mit den großen Seemächten nicht wetteifern
solle, und noch 1897 habe Bismarck eine gute Anstands-
flotte für Deutschland als ausreichend erachtet. Er sei
gegen die Vorlage. Nachdem die Abgg. v. Kardorff
(Reichsp.) und Frese (freist Vg.) sich für die Flotte aus-
gesprochen hatten, betonte Staatssekretär Graf v. Bülow
nochmals den lediglich defensiven Charakter der
Vorlage. Der deutschen Politik läge eine agressive Ten-
denz fern. Sie verfolge lediglich das Ziel, einerseits den
Frieden aufrecht zu erhalten, anderseits die Würde des Reichs
zu wahren. Hierzu sei nicht nur diplomatische Umsicht, son-
dern auch eine ausreichende Masse von materieller Macht
erforderlich. Seit den siebziger und achtziger Jahren,
als Fürst Bismarck die kleine Flotte für genügend
erachtete, hätten sich die Verhältnisse bedeutend ver-
ändert. Die politischen Reibungsflächen hät-
ten sich vermehrt. Es sei die ganze Sorge der deutschen
Politik, gute Beziehungen zu allen Mächten zu unterhalten.
Dies sei aber nur möglich auf der Grundlage der vollsten
Gegenseitigkeit und gegenseitiger Rücksichtnahme. Unsere
offiziellen Beziehungen seien durchweg die besten, aber die
Zeiten der Kabinetspolitik seien geschwunden. Die Volks-
leidenschaft trete mehr und mehr in die Reihe der
einflußreichen Factoren. Nachdem noch mehrere Redner
theils für, theils gegen die Vorlage gesprochen, erörterte
Staatssekretär Dr. Frhr. v. Thiel mann im Allgemeinen
die Frage der Kostendeckung, worauf die Kommission sich
auf Donnerstag vertagte. (Nach dem bisherigen Verhalten
der führenden Kreise innerhalb der Sozialdemokratie war
zu erwarten, daß Bebel sich gegen die Vorlage aussprechen
werde. Innerhalb der sozialdemokratischen Arbeiterschaft
besteht indessen augenscheinlich eine fühlbare Unterströmung
zu Gunsten der Flottenverstärkung. Noch wagt sie sich
nicht an den Tag, allein hoffentlich kommt die Zeit, wo
die Industriearbeiter nicht nur einsehen, sondern auch offen
bekennen werden, daß sie das größte Interesse von allen
Ständen an einer starken Flotte haben. Daß auch Eugen
Richter sich gegen die Vorlage wenden würde, hat wohl
Niemand bezweifelt. Der Mann ist vom Schicksal zum
Todtengräber seiner Partei bestimmt; er wird, so laiige er
einen Athemzug besitzt, gegen jeüe Verstärkung des Heeres
oder der Flotte sprechen und stimmen. Und die Zahl
Derer, die auf ihn hören, wird immer geringer werden.
Es ist schon heute nur noch ein kleines Häuflein.)

Eine neue Postordnung.
Der Staatssekretär des Rcichspostamts hat eine neue
Postordnung erlassen, die am 1. April d. I. in Kraft
tritt. Von den zahlreichen wichtigen Aenderungen heben
wir folgende hervor:
Bei Postkarten sind Bilderschmuck und Aufklebungen
auf der Rückseite insoweit zugelassen, als dadurch die
Eigenschaft des Versendungsgegenstandes als offene Post-
karte nicht beeinträchtigt wird und die aufgeklebten Zettel rc.
der ganzen Fläche nach befestigt sind. In der Aufschrift
von Sendungen mit dem Vermerk „postlagernd", für
welche die Post nicht Gewähr zu leisten hat, dürfen statt
des Namens des Empfängers außer Buchstaben und Zif.
fern auch einzelne Wörter oder kurze Sätze angegeben sein.
Wesentlich erweitert find die Bestimmungen über Druck-
sachen: Die offenen Karten dürfen die ungefähre Größe
der Formulare zu Postpacketadressen haben; bei Preislisten,
Börsenzetteln, Handelszirkularen und Prospekten können
außer den Zahlen jetzt auch Zusätze, die als Bestandtheile
der Preisbestimmung zu betrachten sind, handschriftlich oder
auf mechanischem Wege eingetragen oder berichtigt werden;
in Einladung s- und Einberufungskarten dürfen der
Name des Eingeladenen oder Einberufenen, sowie Zeit,
Zweck und Ort der Zusammenkunft svermerkt werden, Zu-
sätze durch Druck oder Stempel sind bei Drucksachen un-
beschränkt zugelassen; die bei Drucksachen erlaubten Durch-
streichungen, Anstriche und Unterstreichungen dürfen indessen
nicht briefliche Mittheilungen in offener oder verabredeter
Sprache Herstellen.
Als neue Versendungsgattung werden Geschäfts-
papiere unter den schon bekannt gegebenen Bedingungen
in den inneren deutschen Verkehr eingeführt. Das Ge-
wicht, bis zu dem die Vereinigung von Drucksachen und
Waarenproben gestattet ist, wird unter Zulassung der
gleichen Vergünstigung für Geschäftspapiere von 350 §
auf 1 erhöht.
Eine Streitfrage, die die Gerichte öfter beschäftigt hat,
ist dahin entschieden, daß die Pa cketa d ress en und
Postanweisungen, sowie die zu deren Fcankirung
verwendeten Postwerthzeichen mit der Einlieferung in das
Eigenthum der Postverwaltung übergehen. Bei Briefen
mit Wert Han gäbe müssen die Umschläge aus einem
Stück hergestellt sein und dürfen nicht farbige Ränder
haben; sämmtliche Klappen des Umschlags müssen durch
Siegelabdrücke gefaßt werden. Bei gewöhnlichen und eiu-
zuschreibenden Packeten kann der Verschluß lediglich durch
eine gut verknotete Verschnürung hergestellt werden. Zur
Ei l bestellun g sind jetzt auch gewöhnliche Briefseudungen
nach dem Orrs- oder Landbestellbezirke des Aufgabeorts
zugelassen. Bei Briefen mit Zu stellungs urkunde
kann der Absender sich künftig auch in privaten Angelegen-
heiten der vereinfachten Zustellung bedienen.
Ueber die Zeit der Einlieferung ist bestimmt,
daß als Schlußzeit für gewöhnliche Drucksachen, Geschäfts-
papiere und Waarenproben eine halbe bis eine Stunde
vor dem planmäßigen Abgänge der Post gilt, daß die
Einlegung gewöhnlicher Briefsendungen in die Bahnposten
bis zum Abgänge des Zuges zulässig ist und daß die
Postanstalten auch befugt sind, außerhalb der Schalter-
stunden Einschreibepackete anzunehmen. Die Kosten für
die postamtliche Verpackung mangelhaft verschlossener Sen-
dungen werden vom Absender eingezogen, wenn vom
Empfänger keine Zahlung zu erlangen ist. Unterläßt es
ein Abholer, die eingegangenen Sendungen rechtzeitig
abzufordern, so werden gewöhnliche Packete, soweit sie sich
zur Bestellung eignen, am zweiten Lage nach dem Ein-

Fürst Margoni.
Roman von Moritz Lilie.
(Fortsetzung.)
Sie mich begleiten, lieber Grat?" wandte sich
diesem, »ich wüßte nicht, was der Fremde für
. E'Mn.sst haben könnte!"
?est>e ijckwd seinen Arm unter den des alten Herrn und
lührj '^ritten der Glasthür zu, welche nach dem Garten
M ^ne kalte finstere Nacht- Kein Sternchen blinkte
Veniij>i^"E hcrav, der Mond beleuchtete die jenseitige
?b?r d°>>^e und wie ein düsteres Bahrtuch lag der Himmel
d°l.l, wdten Natur. Feme Schneeflocken wirbelten lang-
, ^lawv E°Er und glitzerten und flimmerien im Lichte der
Ä den n?EN, die von den städtischen Promenadewegen herüber
i^°llens>.r"en leuchteten, wie kostbare Soluärs. Durch die
d^din-„ ^ des Saales aber drang trotz der zugezogenen
E>n Er /Schein der Kerzen heraus und lagerte sich auf
^fier n°,E?:. dc>s Holzwerk per Fenster und die Gardinen-
Ei"

Mer N», " vmzwcrr i
Äls?E"llich obzeichnend.
igex c5n«?Eiden den Garten bcschritten, bemerkten sie in
»>7'""ernung von der Thür eine in einen Mantel gc-
n ,J^°Nnesgestalt.
Me der ä°E Einen Auftrag an den Fürsten Margoni,"
»Der Emde, näher tretend und den Hut lüftend,
sicher suchte stebt vor Ihnen," versetzte der Italiener,
" ^cden?» 3hr Austrag, daß Sie mich an dielem Orte
^lvern M.iision leidet keinen Aufschub, wie Sie gleich
s°c,"bi»e fi„E"> erklärte der Mann im Mantel, und seine
' u„d des"^ 'nneswegs wie die eines Bittstellers, sondern

In diesem Augenblick trat eine zweite Gestalt aus dem
Dunkel hervor.
„Herr Kommissär," sagte er zu dem Fremden, »ich be-
stätige die Identität dieses Herrn mit dem Fürsten Margoni»
den Sie suchen."
Wie elektristrt wandte sich der Fürst zu dem Sprecher.
„Wer sind Sie, daß Sie sich hier in unsere Angelegen-
heiten mischen?" fragte er mit bebender Stimme. Diese
Sprache muß ich kennen, ich glaube sie schon irgendwo ge-
hört zu haben!"
„Denken Sie an den Zigeuner?" erwiderte der vorige,
„dann sind Sie auf der richtigen Fährte!"
»Mein Herr, ich bedauere. Ihnen Unannehmlichkeiten
machen zu müssen," nahm der Träger des Mantels wieder
das Wort. „Im Name» des Gesetzes, Sie sind verhaftet.
Versuchen Sie keinen Widerstand, es wäre vergeblich; denn
wenige Schritte von hier harren mehrere Sicherheitsbeamte
meines Befehles."
Kreidebleich trat der Fürst einen Schritt zurück.
„Ha, steht es so?" rief er mit lauter Stimme; „jetzt,
wo ich am Ziele brn und in kurzem alle Unregelmäßigkeiten
geordnet haven würde, gebietet man mir Halt? Das ist
Dein Werk, Bube," wandte er sich an den Zigeuner, „zum
zweitenmal verräthst Du mich-halten wir endlich Ab-
rechnung !"
Hastig fuhr seine Rechte nach der Brusttasche-
ein Blitz, ein Knall — und mit einem Aufschrei sank
der Mann, der in der Maske eines Zigeuners dem Fürsten
bereits begegnet war, zusammen und sein Blut röthete den
Schnee.
In demselben Augenblicke hatte aber auch schon der
Kommissär den Arm des Italieners erfaßt und ihm den
Taschenrevolver, den er auf sich selbst zu richten im
Begriff war, entrissen; die Gendarmen eilten herbei und
packten den Mörder, während ihr Vorgesetzter sich zu
dem Verwundeten herabbeugte, um zu sehen, ob er noch

lebe- Dann befahl er einem seiner Leute so schnell als
möglich einen Arzt herbeizurufen, bis zu dessen Ankunft aber
den Verletzten in einem Zimmer des Restaurants unterzu-
bringen.
Der Schuß war im Saale vernommen worden und angst-
voll stürzten die Gäste herbei, um die Ursache zu erforschen.
Wie gebannt standen sie einen Augenblick, als sie den Grafen
Hellwarth sprachlos an einen Baum gelehnt erblickten,
Margoni aber von Wachmannschaften umringt fanden.
Trotzig, fast herausfordernd schaute er um sich, als wollte er
sagen: „Sehe ich nicht aus wie ein Löwe, den die Hunde
sestbalten?" .
Ein unbeschreiblicher Tumult herrschte. Schreien, Fragen,
Weinen, lautes Jammern war zu vernehmen und da-
zwischen ballten die Befehle des Besitzers des Etablissements,
der seine Kellner und sonstigen Bediensteten instruirte,
und die mit lauter Stimme gegebenen Anordnungen des
Kommissärs.
Wie versteinert hatte Valerie auf diese verworrene nächt-
liche Scene geblickt, als sie aber ihres Verlobten in dieser
Umgebung ansichtig wurde, stürzte sie sich auf ihn, um ihn
gegen die rauhen Wachmannschaften zu beschützen. Während
sie aber an dem Verwundeten vorübereilte, fiel ihr Blick auf
dessen bleiches Antlitz, und als habe ihr eine unsichtbare
Macht Halt geboten, blieb sie plötzlich wie angewurzelt stehen.
Starr, mit weit hervortretenden Augen, schaute sie auf den
regungslos Daliegenden, ihr Gesicht hatte eine matlgraue
Bleisärbung angenommen und die Lippen bewegten sich
krampfhaft in dem vergeblichen Bemühen, zu sprechen. Dann
strecke sie die Arme weit von sich, als wolle sie ein furchtbares
Schreckgespenst abwehren, ein gellender Aufschrei, der mark-
erichülternd durch die Nacht hallte, kam von ihrem Munde
und mit dem Jammerrus: „Georg!" stürzte sie ohnmächtig
zusammen.
(Fortsetzung folgt.)
 
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