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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0573

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

A>. 120. Erstes Kl-tt. Mittimuh. de« 23. Mm

19VV.

Des Himmelfahrttages wegen erscheint die
nächste Nnmmer am Freitag.

Zum Fleischbeschaugesetz.
Der Compromißantrag Aichbichler in Sachen des
Fleischbeschaugesetzes lautet:
Der Reichstag wolle beschließen, den 8 14a wie folgt anzu-
nehmen: „Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlossenen
Büchsen oder ähnlichen Gefäßen, von Würsten und sonstigen Ge-
mengen ans zerkleinertem Fleisch in das Zollinland ist verboten.
Im Uebrigen gelten für die Einfuhr von Fleisch in das Zollinland
bis 31. Dccember 1903 fo lg cnd e Bed ingun g en: 1. Frisches
Fleisch darf in das Zollinland nur in ganzen Thierkörpern, die
bei Rindvieh, ausschließlich der Kälber, und bei Schweinen in
Hälften zerlegt sein können, eingeführt werden. Mit den Thier-
körpern müssen Brust- und Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, bei
Kühen auch das Euter in natürlichem Zusanimenhang verbunden
sein; der Bundesrath ist ermächtigt, diese Vorschrift auf weitere
Organe auszudehnen. 2. Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt
werden, wenn nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung
Gefahren für die menschliche Gesundheit erfahrungsgemäß aus-
geschlossen sind oder die Unschädlichkeit für die menschliche Gesund-
heit in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr sich feststellen läßt.
Diese Feststellung gilt als unausführbar insbesondere bei Sen-
dungen von Pökelfleisch, sofern das Gewicht einzelner Stücke
weniger als birg beträgt; auf Schinken, Speck und Därme findet
diese Vorschrift keine Anwendung. Fleisch, welches zwar einer
Behandlung zum Zwecke seiner Haltbarmachung unterzogen worden
ist, aber die Eigenschaften frischen Fleisches im wesentlichen be-
holten hat oder durch entsprechende Behandlung wieder gewinnen
kann, ist als zubereitetes Fleisch nicht anzusehen; Fleisch solcher
Art unterliegt den Bestimmungen in Ziffer 2. Für die Zeit nach
dem 31. Deceuibcr 1903 sind die Bedingungen für die Einfuhr
von Fleisch gesetzlich von neuem zu regeln. Sollte eine Neurege-
lung bis zu dem bezeichnten Zeitpunkte nicht zustande kommen,
w bleiben die im Abs. 2 festgesetzten Einfnhrbedingungen bis auf
Weiteres maßgebend."

Deutsches Reich
— Im Reichstag hat gestern eitel Friede und Ein-
berständniß geherrscht. Die neue lax Heinze in der gegen-
über der ersten abgeänderten Form wurde in allen
drei Lesungen angenommen. So kann man sich das Gesetz
Skrn gefallen lassen; so findet das Strafgesetzbuch eine sehr
wichtige und werthvolle Ergänzung. Die Centrums-Para-
öraphen zur Bedrohung der Freiheit von Kunst und
Literatur aber bleiben fort. Das Fleischbeschau-
Gesetz ist in allen drei Lesungen so weit durchberathen,
nur noch die Schlußabstimmung fehlt. So ist gestern
Ar gesunde politische Sinn des Reichstags entschieden zum
Durchbruch gekommen und hat einen schönen Triumph
Lefeiert.
Cronberg, 22. Mai. Der Kronprinz und die
Kronprinzessin von Griechenland sind heute
Dorwittag 9'/. Uhr mit ihren Kindern zu zweimonatigem
Aufenthalte auf Schloß Friedrichshof eingetroffen.
Deutscher Reichstag. Berlin, 22. Mai. Das Haus
A stark besucht. Der Abg. Dr. Lieber ist seit seiner
Genesung zum ersten Mal wieder im Hause anwesend
Aid wird von den Mitgliedern aller Parteien begrüßt,
r'vr dem Platz des Präsidenten steht ein großer Blumen-
^uuß anläßlich der 200. Plenarberathung.
. Der Präsident eröffnet die Sitzung um 2 Uhr und
unkt für den Schmuck des Präsidentensitzes. Er theilt
iAl, es werde im Hause ein Antrag Hompesch und Gen.
Atheist, betreffend den neuen Entwurf eines Ge-
fEtzes betr. „Acnderungen und Ergänzungen
^ Strafgesetzbuchs."
Abg. Dr. Spahn (Centr.) beantragt den ersten Punkt der
>„,Mordmmg („>ox Heinze") von der Tagesordnung abzusetze.c
^ v dafür die erste und zweite Berathung des soeben vertheilten
"hrags vorzunchmen.
werden vom Hause ohne Widerspruch ange-

Das Nachtmahl.
^>Ue Geschichte aus dem Burenleben Südafrikas.
. Erzählt von einem deutschen Arzte im Kaplande.
) (Fortsetzung.)
tz. Cs war schon dunkel, als sie im Dorfe anlangten, und die
waren wieder in der Kirche, so daß ihr Einzug nicht
v^wnst unausbleibliche Aussehen erregte. Schnell waren
den nölhigen Erklärungen die Uebcllhätcr dem Aufseher
"einen im Dorf befindlichen Gefängnisses übergeben,
gg» die neuen Freunde begaben sich zu Jacobus' Nacht-
kgi^/wr. wo sie von Barnes mit nicht geringer Verwunderung
^vngen wurden. ^ ^ ^
vist^v der Eiterhuiz'schen Familie hatte es an diesem Nach'
Le ein paar rolhgeweinte Augen gegeben. Jacobus,
Pj. Hendriks Verschwinden war nicht unbeobachtet geblieben.
^>d Amu und der Klatsch hatten sich der Sache bemächtigt,
Un bald drang das Gemunkel auch zu der Tanke und
Obren. Der alte Esterhuiz hatte unbehagliche
>ed° Schweigend war man zur Kirche gegangen,
tib» Oartier angelangt, zogen sich die Frauen sofort
ist? und Jan setzte sich allein auf die Veranda seines im
Ä in Anspruch genommenen Gastfreundes, um noch
Mex steife zu rauchen und seinen Gedanken nachzuhängen.
d,?urde er durch einen Boten des Pastors aufgestört, der
ftvew ließ, sich in wichtiger Angelegenheit sofort nach
bemühen zu wollen.
)chon bejahrte Predikant war ein Mann nach dem
«k^>t Lf"Er Gemeinde. Selbst ein Burenkind und stets
Menl Gutes zu wirken, verstand er die seiner geistigen
Avh ^"vertrauten am richtigen Fleck anzusassen. Er
Ueg s bloßes Vertrauen und man war gewöhnt, sich in
schwierigen Fällen an ihn zu wenden, namentlich wenn

nommen. Das Haus tritt in die erste Berathung des Entwurfs
des Grafen Hompesch ein.
Abg. Graf Hompesch (Centr.) erklärt namens eines großen
Theils seiner politischen Freunde: Das Centrum habe einen, den
unter dem Namen „loi Heinze" bekannten Gesetzentwurf ersetzen-
den Initiativantrag in Verbindung mit Mitgliedern anderer
Parteien des Hauses eingebracht, nachdem auf Grund einer vom
Präsidenten veranstalteten Verständigung mit den anderen Parteien
des Hauses die Annahme desselben gesichert und dadurch die Be-
kämpfung der Unsittlichkeit gewährleistet sei.
Abg. Singer (Soc.): Seine Partei werde bei der Gesammt-
abstimmung gegen das Gesetz stimmen, da der § 184 a zu kautschuck-
artig sei. Doch seien die Bedenken seiner Partei nicht mehr so
groß, als daß sie noch weiter Obstruction mache.
Abg. Bassermann (ntl.) stimmt dem Antrag Hompesch zu,
da der Theaterparagraph gestrichen und der Kunstparagraph
gemildert sei. Seine Partei habe zwar Bedenken gegen den neuen
Z 184 a, die sie aber zurückstelle, um die Sache zum Abschluß
zu bringen.
Abg. Dr. v. Levezow (cons.) erklärt sich mit dem Antrag
eiuderstanden, zumal dadurch deni Lande die Wiederholung
der bis dahin unerhörten Vorgänge der letzten Tage erspart
bleiben würde.
Abg. Richter (freist Vp.): Seine Freunde werden für den
Antrag stimmen, ausgenommen 8 184 a; seine Partei werde dabei
die Erledigung des Antrags nicht hemmen.
Abg. Haußmann (südd. Volksp.) lehnt den Antrag ab,
wird aber keine namentliche Abstimmung beantragen, da man
über Kleinigkeiten nicht namentlich abstimmen dürfe. (Stürmische
Heiterkeit.)
Abg. v. Kardorff (Rchsp.) erklärt, seine Freunde würden
dem Antrag um so lieber zustimmen, als ein Theil derselben sich
schon früher gegen die entscheidenden Paragraphen erklärt habe.
Abg. Graf Kwilecki (Pole) stimmt dem Antrag zu, ebenso
Abg. Liebermann v. Sonnenberg (Antis.)
Damit ist die erste Lesung erledigt. In zweiter Lesung wird
der Antrag dcbattelos angenommen. Dagegen stimmen die
Sozialdemokraten und einige Freisinnige.
Abg. Dr. Spahn (Centr.) beantragt sofort die dritte
Lesung vorzunehmen.
Der Präsident weist auf das Ungewöhnliche dieses Vor-
gehens hin, aber ungewöhnliche Verhältnisse rechtfertigen unge-
wöhnliche Maßregeln.
Auf Antrag des Abg. Dr. Spahn (Centr.) wird hierauf
der Antrag Hompesch in dritter Lesung angenommen.
Es folgt die Fortsetzung der dritten Lesung des
Fleischbeschaugesetzes.
Nach kurzer Discussion wird 8 2 in der Commissionsfassung
angenommen.
Ohne Debatte werden die 88 3—14 angenommen.
Zu 8 14 beantragen die Abgg. Aichbichler und Genossen
einen Compromißantrag. der das Einfuhrverbot auf Conserven
und Würste beschränkt, Schweinepökelfleisch dagegen z»läßt.
Ferner sollen die für frisches Fleisch bis 1903 geltenden Be-
stimmungen auch später Giltigkeit besitzen.
Abg. Dr. v. Levetzow (cons.): Nach den Erklärungen der
Regierung sei das Zustandekommen des Gesetzes ausgeschloffen,
wenn das Haus bei den Beschlüssen der zweiten Lesung bliebe.
Seine Partei werde deshalb für den Kompromiß stimmen.
Abg. Nösicke-Kaiserslautern (B. d. L.): Die Regierung
zeige sich schwach gegenüber dem Auslande. Das deutsche Volk
müsse vor dem schlechten amerikanischen Pökelfleisch geschützt
werden. Er werde gegen den Kompromiß und damit gegen das
Gesetz stimmen.
Abg. Fürst Bismarck (wild-cons.): Es bleibe nur die Wahl
zwischen dem Kompromiß und dem Status guo. Den Kompromiß
ziehe er vor, weil wenig besser als nichts sei.
Ueber den Kompromiß wird auf Antrag Roesicke-Kaisers-
lautern namentlich abgestimmt; er wird mit 158 gegen 123
Stimmen angenommen. Der Antrag Bonin und die Fassung
der zweiten Lesung werden abgelehnt.
Der Rest des Gesetzes und die dazu gestellten Entschließungen
betreffend Einrichtung staatlicher Schlachtviehversicherung werden
angenommen.
Die Gesammtabstimmung, die namentlich sein soll, wird vertagt.
Morgen 11 Uhr: Abstimmung über das Fleischbeschaugesetz,
Gewerbcordnungsnovelle, Münzgesetz.
Baden. Der Aufruf des sozialdemokratischen Wahl-
comitös für den 7. Reichstagswahlkreis Offenburg-
Ob er kirch-Ke hl, in dem die sozialdemokratischen
Wähler aufgefordert werden, für den national-
liberalen Kandidaten Ministerialrath Dr. Reinhard zu
stimmen, sagt u. A.:

es galt, Streitigkeiten zu schlichten, oder Mißverständnisse zu
beseitigen.
Er empfing Jan Esterhuiz allein in seiner Studierftube
und ging nach einigen gleichgültigen Vorbemerkungen direkt
auf die Sache loS, die ihm am Herzen lag.
„Ihr habt Euch," sagte er, „sicher mit vielen anderen
auch über Euren früheren Knecht, den Hendrik van Zijl,
verwundert. Der hat in einem Jahre gelernt, wozu andere
die vier- und fünffache Zeit nöthig haben. Er ift bei
Weitem der Beste meiner diesmaligen Prüflinge. Ueber-
Haupt soll er ein io braver tüchtiger junger Mann sein.
Unerhört finde ich es nun, daß ihn sein Dienstherr beute
Mittag so Knall und Fall weggeschickt und ihm so die Mög-
lichkeit genommen hat, das Sakrament zu empfangen, wie es
als Neuangenommener sein Recht und seine Pflicht war.
Wie denkt Ihr über die Sache?" Der alte Jan saß wie auf
glühenden Kohlen; er konnte thatsächlich nicht antworten,
was wußte denn der Pastor von der unglücklichen Geschichte ?
Wie bereute er jetzt seine Voreiligkeit und verwünschte
seinen Freund, daß dieser ihm nachgegeben hatte. „Mr-
Esterhuiz." fuhr der Pastor nach kurzer Panse fort, „Ihr
nehmt doch sicherlich Antheil an Hendrik, er hat Eurem
Bruder und Euch treu gedient und hat ja auch einst, als
sie noch Kind war. Eurer Nichte das Leben gerettet. So
könntet Ihr, das ist mein Gedanke, doch eigentlich etwas für
ihn thun und ihm dazu verhelfen, daß er aus diesem Dienst'
verhäitniß herau-kommt. Ein bescheidener Vorschuß würde
da schon genügen, und ich garantire dafür, daß Ihr mit
Zinsen zurückempfangen werdet, was Ihr etwa für ihn auf»
wendet." Wieder tiefes Stillschweigen; Jan konnte nicht
antworten, er starrte finster zu Boden. „Nun," sagte der
Geistliche, „wenn Ihr nicht wollt, so wird es Euch doch
jedenfalls freuen, daß sich ein anderer bereit erklärt hat.
dem Hendrik unter die Arme zu greifen, und der ist Jacobus
Smcer." Jan kam cs nun so vor, als ob entweder in
seinem oder in des Pastors Kopse etwas nicht richtig wäre.

s Wenn wir Euch Vorschlägen, dem nationalliberalen Bewerber
um das Reichstagsmandat vor dem Kandidaten des CenlrumS
n den Vorzug zu geben, so geschieht dies nicht deßhalb, weil uns
n die Nationalliberalen heute näher stehen als früher, sondern weil
- wir in dem verrätherischen Centrum nicht mehr das
r kleinere Nebel erblicken können. Das Centrum ist immer
a mehr zur Regierungspartei herabgesunken, hat aber das Volk
u darüber zu täuschen gewußt. Durch das Centrum ist Kultur
- und Geistesfreiheit bedroht. Kunst und Wissenschaft soll nach dem
Willen des Centrums in Fesseln geschlagen werden. Gege : die
zweideutige, unmoralische.und reaktionäre Centrmns-
olitik gilt es nun zu protestiren und Ihr könnt es nur dadurch,
aß Ihr Eure Stimmen in der Stichwahl auf den Gegner des
Centrunis, den nationalliberalen Kandidaten, vereinigt. Derselbe
, ist, wie er erklärt, für unbedingte Erhaltung des bestehenden
) Reichstagswahlrechts, gegen jede Beschränkung des Koalitionsrechts
i der Arbeiter und er verspricht, seine Stimme gegen die vom Cen-
z trum in der Usx Heinze versuchte Knebelung von Kunst und
Wissenschaft in die Wagjchaale zu werfen.
; Badischer Landtag. L. 0. Karlsruhe, 22. Mai.
I (82. Sitzung der Zweiten Kammer.) In zweistündiger
Sitzung erledigte heute das Haus einige Petitionen,
i Die Bitte des Eisenbahnarbeiters Karl Seng er in Hcidel-
i berg wurde der Regierung in dem Sinne empfehlend überwiesen.
daß Senger eine feinen Fähigkeiten entsprechende etatmäßige
, Stelle, deren materielle Veite dem Einkommen eines Schaffners
f gleichkommt, erhalten soll. Abg. Rohr hurst (natl.) trat mit
; Wärme für die Eingabe ein. Der Negierungsvertreter Lega-
tionsrath Dr. Kühn erklärte, keine bestimmte Zusage machen
, zu können.
, Die vom Abg. Köhler (Centr.) befürwortete Eingabe des
Egidius Schmitt, Zugmeister a. ,D. in Würzburg, überwies
, das Haus in dem Sinn empfehlend zur Kenntnißnahme, daß durch
außerordentliche Zuwendungen die Pension des Petenten dis zu
> dem Betrag erhöht wird, den er als Pension bekommen hätte,
> wenn er als Zugmeister zur Ruhe gesetzt worden wäre. Die
Bitte des Landwirths Sigmund Waibel in Ernatsreuthe.
^ Gemeinde Bambergen, um Gewährung einer Staatsunlerstützung
zu den Kosten der Instandsetzung seiner durch Si'olkenbruch be-
schädigten Grundstücke wurde der Regierung zur Kenntnißnahme
überwiesen. Ministerialrath Strand sagte wohlwollende Prü-
fung zu. Ueber die Bitte des Christian Wolfs und Gen. in
Eschelbronn betreffend das Verhalten des Bürgermeisters Adam
Braun daselbst ging das Haus ohne Debatte zur Tagesord-
nung über. Die Petition des Vereins „Frauenbildung-Krauen-
studium", Abtheilung Pforzheim, um Einstellung von Mitteln in
das Staatsbudget zur Förderung des Handelsschulwesens für
weibliche Lehrlinge und Gehilfinnen wurde der Regierung em-
pfehlend überwiesen. — Die nächste Sitzung findet am Freitag,
25. Mai, Vormittags 10 Uhr statt. Tagesordnung: Budgetnach-
tlag zur Erwerbung von Gelände für die Verlegung des
Karlsruher Bahnhofs.
Sachsen. Der Schlesischen Zeitung wird aus Sybillen-
ort unterm 22. ds. gemeldet: Bei dem König von
Sachsen traten gestern Abend nach einer Wagenfahrt
Blasenbeschwerden ein. Dem Patienten wurde von den
Aerzten mehrere Tage Bettruhe empfohlen. Im Uebrigen
befindet sich der König in guter Stimmung bei normaler
Temperatur und recht kräftigem Pulse.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Der erste Gehilfe, Finanzassistcnt Friedrich Gund bei der
Stiftschaffnei Sinsheim wurde zum Buchhalter daselbst ernan N.
Karlsruhe, 22. Mai. Der Großherzog ver-
brachte die letzte Nacht etwas weniger gut, indem derselbe
uoch viel durch Husten zu leiden hatte. In Folge dessen
ist das Befinden des hohen Kranken heute etwas an-
gegriffener, im Uebrigen ist der Zustand aber unverändert.
Die Großherzogin empfing heute Mittag 12 Uhr die Offi-
ziere der hier anwesenden Torpedobootdivision in Audienz.
Am heutigen Abend werden die Marineoffiziere der be-
sonders veranstalteten Vorstellung im Großherzoglichen
Hoftheater auf Einladung des Großherzogs in der Hofloge
beiwohnen. Nach Beendigung der Vorstellung sind die
Herren auf höchsten Befehl in die Räume des Groß-
herzoglichen Schlosses zum Abendessen geladen. Für die
Mannschaften der Torpedobootsdivision sind im Hof-
theater besondere Plätze reservirt, und nach Schluß der
und seine Miene mußte wohl seine Gedanken ausdrücken.
Denn der Prediger stand auf, legte ihm die Hand auf die
Schulter und sagte nachdrücklich: „Es ist so, und zwar
weil der brave junge Mann dem Jacobus heule in großer
Gefahr zu Hülse gekommen ist. Smeer ist hier und wünscht
mit Euch zu reden." Mit diesen Worten öffnete er die
Thür zum Nebenzimmer, durch welche der Genannte ein-
trat, während der Pastor vorläufig verschwand, um nach einer
Viertelstunde wiederzukehren.
Inzwischen hatte Jacobus offenherzig alles erzählt, was
sich seit gestern Abend zugetragen, auch seine verunglückte
Brautwerbung. Die Dankbarkeit, die er gegen Hendrik
empfand, hatte die rauhe Schale des Eigennutzes um sein
im Grunde biederes Herz gesprengt. Mit einer Beredtiamkeit.
die er sich selbst garnichl zugetraut hätte, schloß er seinen
Bericht mit einer warmen Fürbitte für die Liebenden, indem
er zuletzt darauf hinwies, daß Jan auf die Dauer doch nicht
im Stande sein würde, ihre Vereinigung zu verhindern.
Als der Predikant zurückkehrte, war Esterhuiz schon halb
gewonnen und sein Widerstreben schmolz gänzlich dahin, als
der erstere mit freundlichem Ernste sagte: „Ihr habt
Unrecht gethan, alle beide, indem Ihr den Reichthum höher
schätzet als die wahre Herzensneigung. bedenkt, daß das Glück
nicht in Geldsäcken steckt, sondern in herzlicher Liebe und
gegenseitiger Hingabe. Ihr wollt Eure Nichte glücklich sehen,
Jan Esterhuiz und dazu gibt es nur den einen Weg, daß
Ihr Ja sagt zu ihrem Herzensbunde."
„Laßt mir Zeit bis Montag," erwiderte Jan. „ morgen
ist Nachtmahl und kein Tag zu Verlobungen. Aber es
soll noch alles gut werden. Mit Hendrik werde ich morgen
reden."
„Und die andere Sache." meinte der Pastor lächelnd,
„soll die nicht auch ins Reine kommen? Heraus mit der
Sprache, Jacobus I"
(Schluß folgt.)
 
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