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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 27-50 (1. Februar 1900 - 28. Februar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0207

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

>>'. 43. Lrkes Klitt. Must«-, dcii 20. KIiriM

1900

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Das Budget des Großh. Ministeriums des Innern.

. L.6. Karlsruhe, 18. Februar. Der Bericht des Abg. Lauck
Uber das Budget des Großh. Ministeriums des Innern ist soeben
tm Druck erschienen. Die Bndgctkommission beanlragt, sämmt-
"che Ausgaben im ordentlichen und außerordentlichen Etat zu
genehmigen mit Ausnahme des Betrags von 4900 Mk.
Ue 700 Mark Dienstzulnge für 7 A m ts v or st än d e
größerer Bezirksämter). Die Regierung begründete diese
Wrderung damit, daß der Zugang junger tüchtiger Juristen zum
^erwaltungsdknst Jahr um Jahr abuehme. weil die Aoaucements-
^erhältnisse in der Verwaltung weit ungünstiger liegen, als im
^»stiztienst und daß die Nipräsentationspflichten den Verwal-
Kugsbeamten viel größere Opfer auferlegen» als den sonstigen
Staats- insbesondere Bezirksbeamten. Die Mehrheit der Kom-
mission gab zwar zu, daß im Allgemeinen eine Gehaltserhöhung
Amtsvorstände wünschenswerlh ist; doch liege dieses Bedürf»
mß auch bei andern Bcamtenkategorien vor, die alle auf die
^evision des Gehaltstarifs vertröstet werden. Wenn man hier
sihe Ausnabme machen würde, so wäre eine große Unzufrieden-
N«t der anderen Beamten zu besürchten. Trc Kommissionsmehr-
ii"t beantragt daher Streichung dieser Position.
. ^ Die Staatsbeiträge an Gemeinden zur Gewinnung
Aerzten wurden von 6000 Mk. auf 7000 Mk. pro Jahr
sfbiiht. Die Regierung ist mit der Tendenz des Antrags
fiEhnter und Gen., den von dem Sitz der Arztes entfernr ge.
skgenen Gemeinden den Beizug des Arztes finanziell zu erleich-
Kni. durchaus einverstanden und zu einer weiteren Erhöhung
?.stses Budgetsatzcs bereit. Eine Unterstützung könne übrigens nicht
Malle Gemeinden, in denen kein Arzt wohnt, sondern nur für solche
F Frage kommen, in denen die Entfernung den Beizug des Arztes
M^sentlich vertheuert. Welcher Betrag erforderlich wäre, um
K»ftn Gemeinden (speziell des Schwarz» und Odcnwaldcsz in
Mser Richtung Unterstützung zu gewähren, läßt sich auch nicht
MNähernd berechnen. Bis weitere Anhaltspunkte vorliegen, dürste
»ach Ansicht der Regierung genügen, wenn die Position in
Engenden Fällen für überschreitbar bezeichnet ^vird. Aus diesen
Münden erllärlc sich die Kommission außer Stand, schon jetzt
Ej„steg,,„(, eines bestimmten Betrags für den vom Antrag
Günter beabsichtigten Zweck zu befürworten; im übrigen be-
-»tragt sie: aus der hier fraglichen Position den Gemeinden
^Mligkreuzsteinach und Todtmoos Beihilfe zu ge-
^»hren; ferner darüber Erhebungen zr machen, welcher Betrag
.widerlich wäre, um armen Gemeinden im Sinne des Antrags
Unter u. Gen. Unterstützung zu gewähren, und auf Grund
Erhebungen im nächsten Staatsvoranschlag die Position

h'.' so weit es sich um Gewinnung von Aerzten bandelt, ent-
Uer unter entsprechender Erweiterung ihrer Zwecksbestimmnng
h> ^Wessen zu erhöhen oder für den von den Antragstellern ge-
K "len Zweck gesondert Mittel einzustellen; endlich soll die
w»»>uier den Budgetsatz von 7000 Mk. für überschreitbar und den
M»g Zehnter u. Gen. für erledigt erklären
dz HwsichUich der S t a a t s b e i t r ä g e an Gemeinden gab
ih° "owmission dem Wunsche Ausdruck, die Regierung wöge mit
beri'V Beiträgen nicht kargen. Während der letzten Budget-
von x wurden aus dieser Position 64 Gemeinden mit Beiträgen
bi"xM ins 1540 Mk. unterstützt. Auch diese Position beantragt
" Immission für überschreitbar zu erklären.
Ai Slaatszuschuß an die Kreisverbände sind SSO 000
Och, eingestellt, deren Genehmigung die Kommission beantragt,
hök, Antrag Fieser u. Gen., den Staatszuschuß zu er-
^arm »»d »der die Petition sämmilicher Krcisausschüsse des
lex ?es betr. den Landarmenauswand wird die Kommission spä-
Achten, wenn die Rechnungsergebnisse des Jahres 1899
sind.
gie^" Titel X (Allgemeine Sicherheitspolizei) erklärte die Re-
»Ui B». daß die Bermehrung des Gendarmeriecorps
»eg , Mann geplant ist und zwar sind vorgeschlagen: für die
^ia>, "richtenden Stationen in Mühlingen und Odenheim 4
für Vervollständigung der nur mit 1 Mann besetzten
°»e» in Rheinheim. Thiengen, Hohcnthengen. Unteralpfen.

Ludwigshafen, Seelbach (Lahr), Schweighausen, Kippenheim,
Denzlingen, Neuenburg. Hammereisenbach, Iffezheim, Plittersdorf,
Langensteinbach, Bauschlott, Niefern und Waldhansen 17 Mann
und für Verstärkung der Hauptstalione» in Villingen, Radolfzell,
Lahr, Kehl, Achern, Bühl. Ettlingen, Heidelberg,
Schwetzingen, Tauberbischofrheim und Sinsheim 11 Mann. Die
Verwendung der 20 neuangesorderten Gendarmen wird da erfol-
gen, wo sie sich als am dringendsten nothwendig erweist. Die
Regierung setzt ihre Bemühungen fort, den Gendarmen in größe-
ren Städten und Luftkurorten Dienst oder Mielhwobnungen zu
verschaffen. Sofern der Betrag von 6000 Mark für Ortszulagen
nicht ausreichcn sollte, beantragt die Kommission, die Position
für überschreitbar zu erklären.
Bezüglich der Lunge »Heilanstalt Friedrichsheim
bei Marzell, die zur Zeit mit lll Lungenkranken besetzt ist —
im Sommer soll die Zahl der Krankenbetten durch Baracken um
24 erhöht werden — empfiehlt die Kommission, die Kammer
möge die Erwartung aussprechen, daß jeder Unterschied in der
Verpflegung der versicherten Arbeiter einerseits und der nicht
versicherten Arbeiter und Beamten andererseits, um nicht die be-
rechtigte Unzufriedenheit der Versicherten zu erwecken, vermieden
werden müsse.
Die Petition des Gemeinderaths in Ba d en w e il e r betr.
Erweiterung der dortigen Badanstalt beantragt die Kommission
der Regierung empfehlend zu überweisen; von dem Antrag, eine
bestimmte Summe als 1. Rate einzustellen, sah die Kommission
mit Rücksicht auf das noch nicht spruchreife Projekt ab. Auffallend
fand es die Kommission, daß die Gewährung von Beihilfen an
mehrere Krankenanstalten an die Bedingung geknüpft
wurde, daß der Bczirksarzt mit der Wahrnehmung des ärztlichen
Dienstes a» dem betr. Krankenhaus betraut wird. Sie spricht
die Erwartung aus, daß die Regierung von einer solchen Be-
dingung in allen Fällen absieht, wo nicht eine zwingende Noth-
wendigkcit mangels tüchtigen, privatärztlichen Personals vorliegt,
und daß sie, wo eine derartige Bedingung bereits eingegangcn
ist solche auf Wunsch der betr. Gemeinden zurückzieht.
Die geologische Spezialkarte des Großherzogthums
wird nach Fertigstellung 170 Blätter umfassen. Hievon sind dis
jetzt pnblizirt 25, fertig ausgenommen 4, in Bearbeitung befind-
lich 12 Zur Fertigstellung der übrigen Blätter wird vor-rus-
sicptlich ein Zeitraum von 35 Jahren erforderlich sein.

Deutsches Reich
Kiel, 18. Frbr. Zu Ehren des Prinzen Heinrich
veranstaltete die Bürgerschaft einen Fe st zug, an dem
10 000 Beamten. Studenten, Mitglieder der Militär- und
Krirgervereine, Angestellte der Kaiserwerft und der großen
Privatwerflen, sowie Mitglieder von Gesang-, Sport-,
Schützen- und gewerblichen Vereinen theilnahmen. Der
Zug, in welchem auch zahlreiche Festwagen sich befanden,
bewegte sich geschloffen durch den Schloßhof, wo Prinz
Heinrich mit dem Prinzen Waldemar auf der Freitreppe
die begeisterten Hurrahrnfe der einzelnen Gruppen freund-
lich entgegennahm, während die Prinzessin Irene mit dem
Prinzen Sigismund, dem Erbprinzen und der Erbpriuzesfin
von Sachsen-Mciningeii vom Fenster der glänzenden Hul-
digung zusahen. — Nach dem Vorbeimarsch nahmen auf
Einladung des Prinzen Heinrich die Vorsitzenden der einzel-
nen Vereine, Korporationen und Innungen im Rittersaale
des Schlosses Aufstellung, wo der Vorsitzende des Fest-
ausschusses, Dr. Ehrhardt, eine Ansprache an den Prin-
zen hielt, in der er der Freude der Einwohnerschaft Kiels
über die glückliche Heimkehr Ausdruck verlieh. Der Prinz
erwiderte, daß nicht ihm, sondern vor allem dem Kaiser
der Dank gebühre. Der Prinz ehrte jeden der Anwesen-
den durch Händedruck und bat, allen Beteiligten seinen
herzlichen Dank auszusprechen.
Baden. 8.6. Karlsruhe, 19. Febr. Die Com-
mission für Eisenbahnen und Straßen beantragt die An-
nahme des Gesetzentwurfs betr. die Vervollständigung des
Staatsbahnnctzes (Wetterführung der Murgthal bahn
bis zur Landesgrenze und Nebenbahn von Kappel über
Lenzkirch nach Bonndorf.) Die Kosten für den Ge-
ländeerwerb der Murgthalbahn sind auf 300000 Mk.
veranschlagt, die von den Interessenten aufgebracht werden

sollen. Die Geländeverhältnisse erschweren den Bau er-
heblich. Da die Bahn von Weisenbach bis zur Landes-
grenze mit 15,431km. einen Höhenunterschied von 264,3 m.
zu überwinden hat, so erhält sie Steigungen von 1:4k
bis 1:50, also noch größer als die Schwarzwal d-
bahn von Gutach bis Hornberg. Als Stationen sind die
Orte Langenbrand, Forbach, Raumünzach, Hesselbach und
Hornbach in Aussicht genommen. Die Anlage der End-
station Hornbach ist so gewählt, daß eine Fortsetzung der
Bahn auf dem rechten Ufer der Murg bis Schönmünzach
und darüber hinaus ohne Schwierigkeit ausgeführt werden
kann. Den muthmaßlichen Jahreseinnahmen von 91600 M.
stehen 79 200 M. Ausgaben gegenüber; Reinertrag 0,275
Prozent des zu 4 500 000 Mark veranschlagten Gesammt-
aufwands. — Die Nebenbahn Kappel-Bonn darf hat
bei einer Länge von 18,78 km. einen Höhenunterschied
von 74,5 m. zu überwinden. Die Bahn soll 3 Stationen,
Lenzkirch, Gündelwangen-Holzschlag und Bonndorf, erhalten.
Die Baukosten sind auf 2 500 000 Mark, die Jahres-
einnahmcn auf 43 225 Mark, die Betriebsausgaben auf
71000 Mark veranschlagt. Die Commission gab dem
Wunsche Ausdruck, daß der Bau der Bahnen möglichst
bald in Angriff genommen wird.
Badischer Landtag. 8.0. Karlsruhe, 19. Februar.
3t. Sitzung der Z w e iten Kammer. Auf der Tages-
ordnung standen heute wiederum Petitionen.
Die zwei eisten betrafen Gesuche um Errichtung von Eisen-
bahnhaltestellen in Gölshausen und Mörtelstein und
wurden nach kurzer Debatte der Regierung zur Kenntntßnahme
überwiesen. Die Berichterstatter Ktrchenbauer und Greifs,
sowie die Abgg. Frank und Obkircher befürworteten warm
die Gesuche, doch erklärt' der Rcgierungsvertreter, Geheime Rath
Ztttel, daß die Errichtung der Haltestellen hauptsächlich des-
wegen auf Schwierigkeiten stoße, weil dadurch die ohnehin un-
günstigen Steigungsverhältnisse der betr. Bahnlinien noch mehr
verschlechtert würden.
Ueber die Bitte des Landwirths Hermann O ß w a l d von
Beuren (A. Engen) um gnadenwcise Auszahlung des FuhrlohnS
für Verbringung der Hauseinrichtung des Schulverwalters Koch
von Buchheim nach Watterdmgen und des Andreas Kleis V.
von Meisenheim um Einweisung in das Bürgerrecht in Mcisen-
heim ging das Haus ohne Debatte zur Tagesordn-mg über.
Nächste Sitzung: Dienstag den 20. Februar, Vorm. V-10 Uhr.
Tagesordnung: Etat der Heil- und Pflegeanstalten.
Preußen. Berlin, 19. Febr. Kultusminister Dr.
Studt zog sich heute im Abgeordnetenhause, wo er de»
Verhandlungen der Budgelcommission beiwohnte, bei einem
Fall einen Bruch des S ch u lter g cle nkc s zu.
Halle, 19. Februar. Im hiesigen Bergrevier fanden
vorgestern und gestern eine Anzahl von Bergarbeiter-
Versammlungen statt, in denen zur Frage eines Aus-
standes Stellung genommen wurde. Auf einigen Gruben
war heute Niemand angefahren, auf anderen wird weiter
gearbeitet. Die Arbeiter im Lheisenschen Revier beschlossen,
ihre Forderungen aufrecht zu erhalten und diese durch
Kommissionen den einzelnen Belegschaften der Grubenver-
waltung nochmals zu unterbreiten.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog habe» den
nachgenannten Königlich Preußischen Offizieren und Unteroffizieren
vom 1. Badischen Leib-Dragoner-Regtment Nr. 20 Auszeichnungen
verliehen, und zwar: dem Oberstleutnant und RegimenlS-
lommandeur von Unger das Ritterkreuz erster Klaffe mit
Eichenlaub, dem Major und Eskadronchef Brand das Ritter-
kreuz erster Klasse und dem Oberleutnant und Regtmcntsadjutanten
Freiherrn Goeler von Ravensburg das Ritterkreuz
zweiter Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen, sowie dem
Wachtmeister Falk die silberne Verdienstmedaille.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Kaufmann Heinrich Zimmern in Mannheim das Ritterkreuz
zweiter Klaffe des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen.
— Forstaffessor Theodor Paravicini in Bruchsal wurde

Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
Blatt.

RschrÄZ im Erhabenen hat Prof. Wolfrum seinen Winter ab-
r »' „Parsifal" und die „Nennte" bedeuten einen festlich-
ݻton" Epilog. Das Publikum benutzte denselben zu einer
i^ava » Ovation für den Dirigenten, die von einem ehrlichen
°c>s ss^» danken eingegcben war; zu danken für das Stück Kunst,
„ ?er Serie von Concerten so glänzend entrollt hat.
?»f erkar-. Etzte der regelmäßigen Concerte hat aber nicht nur
e, sondern auch dringend auf zu erfüllende Wünsche
I» - E»'
Gluth und Enge, wie sie gestern herrschte, kann
K>» Genuß zur Qual werden. Möge sich der Saal bald
n H»Id "weitern! Die Temperatur mag auch reichlich
^»>üh«,-?"ran getragen haben, daß man im Orchester so nu-
ll.. än ^Elen Unreinheiten begegnete, zumal in den Violinen.
- Parsifalfragmentcn gab Prof. Wolfrum offenbar sich
8»»z; man empfand, daß er sich darin förmlich erschöpfte.
!i. 1° hehrer Erhabenheit läßt diese Hingabe begrerf-
xj'Tcr,, ,'s». Daß Wagners Kunst nach Tristan und den Meister-
f^rstbar „u? .Eine Steigerung hätte erfahren können, ist kaum
^che'Vz,^daß sie noch eine Verklärung fand, das ist das nn-
Ai^t. ^ Erspiel war in seincr edel-erhabenen Anlage vortrefflich
!ü!Kl»eii daß Unreinheiten in den hohen Lagen der
iAlerisch x " .^Dankende Bläsereinsätze den Eindruck, den die
E'»trächti^,l Machte Ausführung Hervorbringen mußte, etwas
die Wiedergabe des Charfreitagszaubers eine voll-
iir,-»»g erschütternde, erlösende Zauber, der hier in
R.,Wirken Ä unvergleichlich waltet, vermochte ergreifend
"Elsten Orchester ließ hier nichts an tadelloser Feinheit
. ' dann rein und strahlend sein Silbergewebe.

VI. Concert des Bachvereins.
Fx Heidelberg, 20. Februar.

Zwei Sänger von sehr verschiedenem Charakter hatten den
Parsival und den Gurnemanz zu vertreten.
Für den elfteren hatte man Herrn Dr. Wüllner gewonnen.
Es war höchste Zeit, wollte man nicht „zurückbleiben", daß man
diese eigenartige Erscheinung auch hier kennen lernte. Er ist das
Unikum eines 8slt-m»äs-Sängers. Es soll damit ja nicht an-
gedeutet werden, derselbe habe nicht studirt — im Gegentheil er
hat vielleicht Studien gemacht, wie kein Zweiter. Aber, was er
heute besitzt, hat er sich doch ganz allein geschaffen: sein Styl —
und, was das Wunderbarste ist, seine Stimme. Ich erinnere
mich, ihn gehört zu haben, als er kaum etwas wie ein Gesangs-
organ besaß, und heute hat er sich durch sein eigenartiges, eisernes
Streben sogar ein solches geschaffen.
Könnte man ihn doch für einen Liederabend gewinnen! Es
gibt vielleicht zur Zeit keinen interessanteren Sänger, oder richtiger
musikalischen Declamator, als ihn. Ich wüßte kaum Jemanden,
der den Gehalt einer Tondichtung so erschöpft, wie er. Man
könnte sagen, er dramatisirt das kleinste Lied. Sicherlich darf
man sich nicht verhehlen, daß er dabei oft seine Stimme forciren,
hergeben muß, was er im Grund gar nicht besitzt, daß er in
mimischem Unterstützen, in Schärfe des Accentes das für den
Gesang im Princip Erlaubte und Gesunde sicherlich überschreitet.
Aber das, was er schafft, wie er es schafft, hat etwas Fas-
cinirendes und ist immer eine ungemein werthvolle künstlerische
Enthüllung.
Wüllner repräsentirt sicherlich nicht den sinnlichen Reiz,
aber dafür die höchste Intelligenz des Gesanges.
Gestern bekam man ja leider nur Proben dieses seltsamen
Schöpferaenies zu hören. Zwei dem Alltagsgebrauch sernliegende
Schnbervsche Compositionen lieferten die charakteristischen Illu-
strationen.
An dem „Prometheus" ist die Sängerschaar bisher gleichgültig
vorübergegangen, wohl nicht ganz mit Unrecht. Daß Schubert
mit Goethe als Gleicher mit Gleichem Hand in Hand zu gehen
vermag, daß wissev wir aus seinem „Erlkönig", seinen „Harfner-
liedern", aus so Manchem. Im „Prometheus" hat der Musiker
die Uebermcnschlichleit des Dichters nicht annähernd zu erringen
vermocht. Anders liegt die Sache bei Wüllner. Die gewaltige

Wirkung, die er trotzdem erzielt, hat ihren Grund darin, daß
Wüllner Goethe -- Prometheus so wunderbar declamirt, auch
eine schwächere Schubert'sche Composition, die er goethisch auS-
meißelt.
Musikalisch viel bedeutender ist der „Todtengräber", auch,
wenn ich so sagen darf, eine Novität von Schubert. Wie dieses
Seelengewälde bei Wüllner zum kleinen Drama wird, das ist
shakespearisch oder goethisch, wie man will, oder richtiger
wüllnerisch.
Wie wenig ist Wüllner von Hause aus für den Parsifal, von
dem ich ausging, geschaffen, wie oft drohen seine Mittel nicht
auszureichen, ja, wie manchmal versagen sic, und doch, wie tief-
ergreifend weiß er die naive Erlösernatur zu erfassen und zu
geben I
Herr Fenten stand neben ihm als Personifikation des
Contrastes. Wie vom „Messias" her bekannt, besitzt der Mann-
heimer Sänger eine prächtige, große Stimme, von wundervollem
Klang. Wäre die Tiefe ganz gletchwerthig mit Mittellage und
Höhe, so wäre es eine phänomenale Stimme. Von der Behand-
lung der Konsonanten abgesehen (CH, das immer wie Sch klingt!)
ist auch seine Deklamation eine ausgezeichnete. Im Parsifal gab
er wohl etwas zu viel Stimme her, was sich dann bei Beethoven
zu Beginn ein wenig rächte
Beethovens „Neunte" bedeutet immer eine Thal und — ein
Wagniß.
Die drei Jnstrumcntalsätze bieten im Grund keine Hindernisse,
die nicht mit Geschick und Glück genommen werden könnten. Der
letzte ist in der Aufführung kaum vollkommen denkbar. Der erste
Satz klang gestern etwas monoton und farblos, dazu kamen
bäufig störende Unreinheiten, namentlich in den Violinen. Dafür
entschädigte das Scherzo, das mit großem Glück und Verständniß
ausgeführt wurde. Das schwierige Hornthema erstand tadellos,
nicht minder das dtfficile Holzbläserspiel. Schade, daß die Pauke
eine Idee in der Stimmung herabsank. Auch das göttliche
Adagio erklang klar und in vollkommener Reinheit. Nur wurde
im Orchester eine wenig geschleppt und etwas zu gleichförmig
gelassen gespielt.
Was der Schlußsatz fordert, wissen so recht nur Dirigenten
 
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