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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0545

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 114.

Mitlumch, de« 16. M«i

IWU.

Die Flottenvorlage in der Budgetcommission.
Berlin, 15. Mai. Die Budgetcommission des
Äej chZtags begann die zweite Lesung der Flotten-
"obelle und nahm die ersten 5 Paragraphen nach den
Beschlüssen der ersten Lesung an. Nach längerer Berathung
bsird ein aus den Abgg. Richter (freist Vp.), Dr. Pasche
(ntl.), Gröber (Centr.) und Graf Stolberg (cons.) zusam-
mengesetzter Unterausschuß gewählt zur Berathung einer
von den Abgg. Müller-Fulda und Gröber beantragten
Haftung des § 6, der besagt, daß, wenn von 1901 ab der
Mehrbedarf des ordentlichen Marinectats nicht in gleich
hohe» Mehrbeträgen der abgcändcrten Stempel-, Zoll- und
Lustigen Reichs-Einnahmen Deckung findet, letztere nicht
ourch Erhöhung der indirekten, den Massenverbrauch be-
rstenden Reichsabgaben aufgebracht werden soll. Dem
Unterausschuß wurde ferner eine Resolution Müller-Gröber
^gewiesen, daß aus den abgcändecten Stempeln und Zöllen
Nerbleibende Ueberschüsse Verwendung zur Verminderung der
meichzschuld oder Verstärkung der Betriebsmittel der Reichs-
msse gemäß den im Etat zu treffenden Bestimmungen fin-
^n sollen. Die Commission nahm sodann eine Resolution
Kar dor ff-Stumm an, die die Regierung ersucht,
lpätestens bei Beginn der nächsten Session einen Gesetz-
Mtwurf vorzulegen, wodurch die Besteuerung des
Saccharins in einer der bestehenden Zuckersteuer und der
Besteuerung künstlicher Süßstoffe entsprechenden Höhe gesichert
m>rd. Abg. Gröber regt an, ob die Frage der Steuer-
^freiung gemeinnütziger Lotterien, wozu er auch den To-
!^isator rechnet, nicht der Entscheidung des Bundesraths
Zerlassen bleiben soll. Nach längerer Debatte, in der der
.omrnissar des preußischen Landwirthschaftsministeriums
^Me eingehende Erläuterung über die wirthschaftliche Be-

A

^tung des Totalisators gegeben hatte, läßt Gröber die

hMregung fallen. Die weiter Debatte betrifft die in erster
Vung getroffenen Stemvelabänderungen. Morgen 10 Uhr

zg getroffenen Stempelabänderungen,
ueiterberathung.

Deutsches Reich
^ Mainz, 15. Mai. Zu dem gestern von dem hiesigen
^riegcrverein veranstalteten Commers zur Feier der
^Wesenheit der Torpedobootdivision hatten sich
" der Stadthalle ungefähr 3060 Personen eingefunden,
»Mer ihnen die Spitzen der Militär- und Civilbehörden.
^Sierungsrath Lochmann brachte den Trinkspruch auf
^Mser „Np Großherzog aus. Beigeordneter Baurath
^"hn begrüßte die Gäste namens der Stadt Mainz,
t?lauf Capitänleutnant Funke in echt soldatischer Weise
ü? den herzlichen Empfang dankte. Für heute ist eine
vMchtigung der Sehenswürdigkeiten der Stadt in Aus-
genommen.
i. Kürzel, 15. Mai. Der Kaiser ist heute früh
Uhr 15 Minuten nach Wiesbaden abgereist- Die
z-^iserin verbleibt mit den jüngsten Kindern noch einige
auf Schloß Urville.
.Deutscher Reichstag. Berlin, 15. Mai. Zweite Be.
tzchung der Militärstrafgerichtsordnung für
'«Ul schon.
>h„D,e Borlage wird mit einem Anträge Bassermann,
das Gesetz vis zum 9. Januar 1906 Giltigkeit haben

dgß,^»genommen, der Rest des Gesetzes gemäß der Regierungs
"age erledigt.
a.,Zweite Berathung des Seeunfallversicherungs-
"Netzes.
»Umfang der Versicherung) wird nach Ablehnung
sozialdemokratischen Antrages in der ComnussionS-
>i»vwg angenommen, die weiteren Paragraphen theils
^^unerheblicher, td'.ils ohne Debatte._

Morgen 1 Ubr: 3. Lesung der Militärstrofgerichtsordnung
kür Kiautschou. Rechnungssachen, Nachtragsetat und Unfall
fürsorge für Gefangene.
Abg. Rickert (fr. Vg.) bittet den Präsidenten, auf die
Tagesordnung der nächsten Sitzung das Münzgesetz zu
setzen.
Der Präsident erklärt, er habe in Aussicht genommen,
dem Hause vorzuschlagen. sobald ein passender Moment sich
finde — und er werde sich finden — das Münzgesetz auf die
Tagesordnuna zu setzen.
Schluß 5'/- Uhr.
Baden. Nach einer Wiener Meldung findet die
Trauung der Prinzessin Luise von Cumber-
land mit dem Prinzen Maximilian von Baden
am 10. Juli in der Kirche von Gmunden statt. Trau-
zeugen werden sein Kaiser Franz Joseph, Kronprinz Wil-
helm von Preußen, König Christian von Dänemark und
König Georg von Griechenland.
L6. Karlsruhe, 15. Mai. Bei der Reichstags-
stichwahl im Bezirk Offenburg-Obcrkirch-Kehl sollen die
Sozialdemokraten Stimmenthaltung beschlossen
haben. Der Rückgang der sozialdemokratischen Stimmen
in diesem Wahlkreis bedrückt die Parteileitung sehr.
L. 0. Karlsruhe, 15. Mai. Der Verband ländlicher
Kreditgenossenschaften im Großherzogthum Baden hielt
heute seinen 16 Verbandstag ab. Seitens der Regierung wohnten
die Herren Ministerialrath Krems und Reg -Rath Märklin den
Verhandlungen an. Nach dem Rechenschaftsbericht, der von dem
stellvertretenden Direktor, Herrn Bunz, erstattet wurde, hat der
Verband im letzten Jahr wieder einen bedeutenden Zuwachs er-
fahren. 23 Vereine mit 1140 Mitgliedern traten neu zu, so daß
der Verband am Schluffe des Jahres 228 Vereine mit 29450
Mitgliedern zählte. In diesem Jahre sind weitere 10 Vereine
mit 600 Mitgliedern beigetreten. Das Creditgenoffenschafts-
wesen ist in Baden noch in der Weiterentwicklung. 1898 bezifferte
sich die Gesammteinnahme der Vereine auf 19 388 728 die
Gesammtausgabe auf 18856104 der Gesammtumsatz auf
38 244 832 gegen 1897 mehr 5'/z Millionen; der Reserve-
fonds betrug Ende 1898 879915 „Ai, mehr gegen 1897 99 578
Die Geschästsantheile belaufen sich auf 1769429 „Ai, gegen 1897
mehr 201066 „A. Für 1899 ergaben sich folgende Abschlüsse: Ge-
sammteinnahmen 22461862^L, Gesammtausgaben 21835 602 „A.,
Gesammtumsatz 44297464 „A> Von der Regierung wurde dem
Verbände bei der Amortisationskasse zur Befriedigung des Credit-
bedürfnisses ein Credit von l'/z Millionen Mark bewilligt. Bis
auf 1360 000 ist dieser Fonds aber bereits in Anspruch ge-
nommen, so daß in der Versammlung vom Vorstand aus
dringendst ermahnt wurde, mit dem Gewähren von Krediten
vorsichtiger zu sein und nur den Landwirthen Darleihen zu be-
willigen, nicht aber Industriellen oder für Schulbauten oder
Arbeitern zu Häuserbauten.
Badischer Landtag. L.O. Karlsruhe, 15. Mai.
(79. Sitzung der Zweiten Kammer.) Heute endlich
wurde das Kultusbudget verabschiedet. Die Debatte
leitete Abg. Rohrhurst (nat.-lib.) mit einer äußerst wir-
kungsvollen, nach Inhalt und Form gleich vollendeten
Rede ein. .
Abg. Roh rh urst (nat.-lib.): Bezüglich des Falles in Mühl-
burg muß ich dem Abg. Wacker bemerken, daß die Sakramente
und ihre Giltigkeit nicht von dem abhängen, der sie spendet; sie
tragen ihre Heiligkeit und Wirksamkeit in sich selbst. Wer gibt
aber dem Abg. Wacker das Recht, über evangelische Geistliche
so zu urtheilen. wie er gethan hat und über sie zu Gericht zu
sitzen. Ich würde mir solches gegen katholische Geistliche nie an-
maßen. Der Redner belegt seine Ansicht über die Giltigkeit der
Taufen mit Citaten aus katholischen Schriften und weist nach,
daß bei dem Mühlburger Fall kein Grund zu einer Umlaufe vor-
handen war. Es ist dies eine Kränkung des Protestantismus und
das gleiche, als ob man in ihm nicht mehr eine Form des
Christenthums erblicke, sondern ihn mit dem Heidenthum auf
gleiche Stufe stelle. So ist cs nicht immer gewesen, erst seit
etwa 40 Jahren. Wir können dies beklagen; nichts gibt aber
dem Abg. Wacker ein Recht, dev evangelischen Geistlichen Into-
leranz vorzuwerfen, oder gar zu sagen, daß sie nicht mehr glau-
ben, was sie lehren; das muß ich mit Entrüstung zurückweisen.
Wer gibt dem Abg. Wacker ein Recht, über die innere Ueber-
zeugung der evangel. Geistlichen so zu urtheilen. Ich erinnere
daran, wie sich 1870 die größte Zahl der katholischen Geistlichen
zuerst gegen das Unfehlbarkeits-Dogma sich stellten und wie sie

sich später unterworfen haben. Konnte man da nicht größeren
Vorwurf gegen Sie erheben? Ich will dies nicht thun, denn ich
ehre die persönliche Ucberzeugung jedes Einzelnen; aber dagegen
muß ich mich wenden, daß solche Urtheile über protestantische
Geistliche von hier aus ins Land hinausgerufen werden und von
der Centrumspreffe verbreitet werden. Rach meiner Kenntniß
ist der evang. Pfarrer Mühlburgs ein Vertreter der Orthodoxie,
die Ausführungen des Abgeordneten Wacker treffen also auf tdn
überhaupt nicht zu. Es wäre doch mindestens Pflicht gewesen,
sich vorher hierüber zu verlässigen ehe man die Umtaufe vor-
nahm und Unruhe und Frieden in der Gemeinde hervorrief.
Was das Vorkommniß betrifft, das anläßlich eines Leichen-
begängnisses geschehen sein soll, so möchte ich nur bemerken, daß
gerade die Protestanten Ursache haben, sich in dieser Hinsicht zu
beklagen, da sie in Gemeinden, wo nur wenig Protestanten sind,
in die Ecke des Friedhofs gedrängt werden, wo sonst die Ver-
brecher und Selbstmörder ihren Platz finden (Unruhe im Cen-
trum). Wenn der Abg. Wacker von gemeingefährlicher Intole-
ranz und vom kuror aatikstbolious spricht, der bei der Ortho-
doxie nicht in gleichem Maße vorhanden sei, so muß ich sagen:
Es ist richtig, daß eine antikatholische Bewegung durch das
Volk geht: ich erinnere an den evangelischen Bund und an die
Stellung der Kirchenbehöcde. Aus den Synoden heraus, die
sonst so sehr zurückhaltend waren, ertönt jetzt der Nothruf, daß
es unmöglich geworden ist, den religiösen Frieden zu halten.
Dies war nicht immer der Fall; Protestanten und Katholiken
haben früher zusammengewirkt und es hat Frieden geherrscht,
weil man die gegenseitige Ueberzeugung ehrte. Nicht alle katho-
lischen Geistlichen sind intolerant; es giebt genug, die den
Frieden wollen, und diesen Zustand wieder herbeizufü hren, wird
stets unser Ziel sein. Wenn es aber jetzt anders ist, so kann
gegen uns nicht der Vorwurf erhoben werden, als ob wir intole-
rant seien und den Frieden stören; die Schuld liegt auf der
Gegenseite Es wurde schon erwähnt, wie vonseiten der Päpste
über den Protestantismus und die Reformation geurtheilt wurde.
Ich will diese Haltung nicht verallgemeinern und nur
einige Zeugnisse aus der neuesten Zeit anführen, die den
Geist der gegnerischen Seite kennzeichnen. Anläßlich der Verhand-
lungen über die I-sx Heinze, nannte ein elsässischer Geistlicher
das „Zuhälterthum eine Folge des Protestantismus". Ein anderer
nannte Luther „Sohn des Satans, Gesandter des bösen Geistes
und Ungeheuer von Menschen." Majunke nannte die Reformatoren
„gottesräuberische Gesellen"; der „schauerliche Mönch v. Witten-
berg habe die lüderlichsten aller Revolutionen hervorgerufen".
Römling nannte die Protestanten „Ungeheuer" und bezeichnet-
„Vandalismus und Protestantismus als identisch". Laspe ging
soweit, zu sagen: „Dte Hunde fressen am Freitag Fleisch, die
Hunde sind Protestanten". Der Redner erinnert auch an dte
Straßburger Kontroverse zum Katechismus und fragt, ob solche
Urtheile den Unzufrieden nicht ins Herz pflanzen müssen.
Die Los von Rom-Bewegung entstand aus nationalen und
religiösen Gründen. Weil das Deulschthum in Oesterreich sich
verlassen sah von denen, die dazu berufen waren, ihm in erster
Linie Schutz zu bereiten; weil die religiösen Bedürfnisse des
Volkes nicht in richtiger Weise befriedigt wurden und weil der
noch schlummernde Funke protestantischen Geistes wieder zur
Flamme emporglühte. Es ist durchaus kein Unrecht, wenn man
bei uns für diese Bewegung wirkt; wenn in England die ge-
wünschte Bewegung gegen den Protestantismus ins Leben treten
würde, dann würde sich der Abg. Wacker gewiß keinen Augenblick
bedenken, sie nach Kräften zu unterstützen. Ich gebe zu, daß die
Kampfgesetze in das kirchliche Leben der kath. Kirche eingegriffen
haben; aber sie sind gefallen unter der Mitwirkung der Regierung,
die nun der Kirche durch die Kirchensteuer reichliche Mittel zur
Bethätigung des religiösen Lebens gewährt. Sie (zum Centrum)
haben nun ih:e Missionen landauf, landab und es ist ihnen die
Bildung der Theologen zurückgegeben. Unter dem Examengesetz,
auf das im Lauf der Debatte verwiesen wurde, haben die
evangelischen Geistlichen am schwersten zu leiden gehabt. Man
hat neuerdings der katholischen Kirche die Abhaltung der Pro-
zessionen gestattet, was in weiten Kreisen Beunruhigung heroor-
rief. Unter diesen Umständen begreife ich es nicht, wie man des-
halb, weil nicht alles bis auf den kleinsten Wunsch erfüllt ist, zu
einem Minister, der so vieles gethan hat, sagen kann, er müsse
fort von seinem Posten und ihm den Vorwurf des Zuleidlcbens
macht. Es wurde gewünscht, daß wir den kulturkämpferischen
Geist aufgeben. Soll dieser Geist mit diesem Ausdruck als ein
gegen dte katholischen Lehren gerichteter bezeichnet werden, so
haben wir solchen Geist nicht (Sehr richtig); richtet sich aber der
Vorwurf dahin, daß wir die auch gottgewollten Rechte des
Staates aufgcbcn, die Leitung der Schule Ihnen überlassen, das
Theater Ihrer Kritik unterstellen und zu allem Verletzenden
schweigen sollen, dann sage ich gut, nennen Sie uns nur Kultur-
kämpfer, die Geschichte wird über uns urtheilen (Beifall). Wir

Das Nachtmahl.
'"e Geschichte aus dem Burenleben Südafrikas.
^ Erzählt von einem deutschen Arzte im Kaplande.
(Fortsetzung.)
Herzen manch' alten Paares, das jetzt mit Kindern
h.."lndeskindern am Feuer saß, hatten sich vor Jahren
«Imidin solchen Abend gesunden, und sie hatten sich Treue
fürs Leben. Und so wehrten sie dem jungen Geschlecht
«U 'b^n Fußtapfcn zu wandeln und es ebenso zu
wie dereinst sie.
IzV'r Jacobus Aerger erwiesen sich die Tante und Bettie
redselig all' den Freunden gegenüber, die man fort-
l>tgV?nd traf, daß sie kaum vom Fleck zu bringen waren.
°"v ° War still und sprach fast nichts. Jacobus se bst aber
Ili^w es njchj vermeiden, mit einem der angesehensten
^sdi-x^änner, auf den er Rücksicht nehmen mußte, in ein
hstrM verwickelt zu werden, zumal ihn der Gegenstand
itik'urte. Es handelte sich um Angelegenheiten des
°cvv?berbonds. der politischen Partei der Buren, der
iijj "sw selbst natürlich mit Leib und Seele angehorte.
jftte„i "4 endlich losgemacht und sich wieder seinen Be-
"EN zugewandt batte, war Maria verschwunden.
^>t-i"w meinte gleichmüthig, sie sei jedenfalls in Gesell-
Einer Freundin und werde sich schon wieder zurück-
chkejf.Jacobus aber war innerlich erbost, setzte alle Höf-
. Wn?Ei Seite und drückte sich ebenfalls.
w befand sich unterdessen in verschwiegenem Dunkel
Heg -°cs Pastors Gartenmauer in Gesellschaft des statt-
lich w"6en Mannes, den sie mit Erröthen in der Kirche
de», '.und dessen Namen beim Verlesen der Konfirmanden
Elte„ w freudigen Eindruck auf sie gemacht hatte. Sie
sttljch "ch innig umschlungen. „Hendrik," flüsterte sie
' -wie froh bin ich, Dich wiederzusehen, und wie stolz

bin ich auf Dich." „Maria," antwortete er. „seitdem Dein
Ohm mir als einem unwissenden Bettler die Thür gewiesen
hat, war es mein fester Entschluß, das sobald als möglich
nachzuhoien, was mein Vater leider an mir versäumt hat;
und es ist mir leicht geworden, die Liebe bat es gethan."
„Ich bleib' Dir treu, mein Hendrik," sagte Maria, „und die
Tante ist ganz auf unserer Seite. Aber obwohl der Ohm
ja nicht lange mehr Gewalt über mich hat, so möchte ick ihn
doch uni keinen Preis betrüben. Er ist mein zweiter Vater
und meint es so gut mit mir. Wir müssen geduldig warten,
kommt Zeit, kommt Rath. Aber ich muß fort, ich bin schon
zu lange geblieben. Morgen Abend wieder hier an der-
selben Stelle, hier sucht uns Niemand. Adieu so lange, mein
Hendrik." Noch ein herzlicher Kuß und weg war sie.
Doch wir müssen nun zunächst einen kurzen Blick auf die
Vergangenheit unseres Liebespaares werfen.
Maria's Vater war vor sechs Jahren als Vieh- und
Straußenzüchter im südlichen Theile des deutschen, großen
Namaqualands gestorben. Besonders die Straußenzucht
hatte ihn zu der Zeit, als die Federn noch hoch im Preise
standen, zum reichen Manne gemocht. Er hatte spät ge-
heirathet und keine Frau, die er bald verlor, hinterlieb ihm
dies einzige Kind. Er war ein rauher, rastloser Mann,
und nicht nur mußte er beständig auf seinem weiten Grund
und Boden überall nach dem Rechten sehen, sondern sein
Geschäft zwang ihn auch, häufig die weite Reise noch der
Kapstadt zum Verkauf der Straußenfedern und der Felle des
zahlreich erlegten Wildes zu machen. Die Aufsicht über
seinen eigentlichen Wohnplatz uverlieb er einem in seinem
Dienste siebenden verarmten Bur, Hendrik van Zijl'S Vater»
und in dessen Hause, als Hendriks Gespielin, war Maria
ausgewachsen. .. , . . ^
Auch van Zijl besaß nur dies einige Kind; die beiden
waren aus einander angewiesen, und trotz des fünf Jahre
betragenden Altersunterschiedes waren ste stets durch innigste
Kinderfreundschaft mit einander verbunden gewesen. Von
der Welt draußen wußten und erfuhren ste nichts; wie

die halben Wilden trieben sie sich in den Sanddünen umher,
die sich dort am Rande der Kalahariwüste aufthürmen;
Hunde, Ziegenlämmer und Meerkatjes, (eine Art großer
Feldmaus) die Hendrik fing und zähmte, waren ihre Spiel-
gefährten. Niemand dachte daran, sie zu unterrichten, in
vollster Unwissenheit wuchsen sie auf, gleich den Kindern
der Stammhottentotten, deren eigenthümliche Klipsprache
ihnen ebenso geläufig war, wie ihr verdorbenes Holländisch,
mit denen sie sich jedoch nie näher einlicßen. Denn der
Stolz der Abkunft steckt schon im Kmderblut. Maria dachte
noch oft an dies verwahrloste, aber doch so glückliche Kinder-
dasein zurück- Besonders ein Erlebniß hatte sich ihr unaus-
löschlich eingeprägt» und diese Erinnerung war es, die aus
dem Samen der Freundschaft die Blume der Liebe hatte
erblühen lassen.
Maria war damals 10. Hendrik 15 Jahre alt gewesen.
Der letztere war eines Nachmittags ausgeschickt worden»
um einen der im Felde befindlichen Esel deimzuholen, und
Maria war. wie gewöhnlich, mitgelaufen. Barfüßig wandelten
die beiden durch die Büsche, Hendrik der Spur des Esels
folgend, während Maria sich etwas von ihm entfernt hatte,
um die spärlich wachsenden Frühlingsblumen zu pflücken.
Plötzlich ertönte ein greller Angstschrei an des Burschen
Ohr. „Hendrik, Hendrik, ein Cobra, hier dicht bei mir," rief
das zu Tode erschreckte Mädchen, und als er hinblickte, gewahrte
er nur wenige Schritte von der vor Entsetzen erstarrten
Gespielin das giftige, im Sonnenschein goldgelb glitzernde,
sieben Fuß lange Unthier, wie es den unschuldigen Stören-
fried seiner Ruhe erhobenen Hauptes drohend anzüngelte.
Neben der noch gefährlicheren Pfuffotter ist die Oobra
Lapslla die gefürchtetste Giftschlange Südafrikas, deren
Biß fast ausnahmslos tödtlich ist. Hcndrick besann
sich keinen Augenblick- „Steh' still und rüh' Dich nicht,"
schrie er.
(Fortsetzung folgt.)
 
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