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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1900 - 28. Februar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0181

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 38. Erlies platt.

Witlisach, den 14. Februar

!9«v.

Die Rückkehr des Prinzen Heinrich.
Berlin, 13. Febr. Die Ankunft des Prinzen
Heinrich in Berlin erfolgte heute Vormittag 11 Uhr
auf dem Anhalter Bahnhofe. Dieselbe gestaltete sich sehr
festlich. Rings um den Bahnhof hatte sich eine unge-
heuere Menschenmenge eingefunden. Kurz vor 11 Uhr
stellte sich auf dem Bahnsteige die Ehrenkompagnie der
Kaiser Alexander-Grenadiere mit Fahne und Musik auf.
Zum Empfange des Prinzen waren erschienen das gesammte
Staatsministerium, an der Spitze der Fürst zu Hohen-
lohe, die gesammte Generalität und alle in Berlin an-
wesenden Marineoffiziere. Der Kaiser erschien mit
Gefolge, von einem vieltausendstimmigen Hurrah begrüßt,
in der Uniform der Marine-Infanterie. Als der Zug in
die Bahnhofshalle einlief, spielte die Musik den Präscntir-
warsch. Der Prinz erschien am offenen Fenster des
Salonwagens und winkte schon vor dem Aussteigen dem
Kaiser lebhaft zu. Als er den Zug verließ, eilte der
Kaiser auf den Prinzen zu, ihn mehrfach umarmend und
küssend. Hierauf schritten der Kaiser und der Prinz,
gefolgt von der zahlreichen Suite, die Front der Ehren-
kompagnie ab und ließen dieselbe dann an sich vorbci-
warschircn. Zur Fahrt nach dem Schloß bestiegen der
Kaiser und Prinz Heinrich einen offenen Wagen
und fuhren unter den jubelnden Zurufen einer ge-
waltigen Menschenmenge durch das Brandenburger Thor.
Die Schulen hatten frei, die Gebäude waren reich be-
flaggt. Im Lustgarten wurden 21 Salutschüsse abge-
geben.

Gesetzentwurf über die Einführung einer Waarenhaus-
steuer in Preußen.
Der von der prcuß. Regierung ausgearbeitete Gesetzentwurf
Unterscheidet vier große Waarengruppen: L> Material- und Ko-
wnialwaaren, Eß- und Trinkwaaren, Tabak, Drogen re.;
^ Manufaktur- und Modewaaren, Wäsche, Konfektion rc;
Haus- und Küchengcräthe, Glaswaaren, Möbel re; ll. Edel-
wetalle, Kunst-, Luxus-, Kurz- und Galanteriewaareu, Papier-
waaren, Instrumente, Waffen rc. Der Entwurf bestimmt (§ 1):
»Wer das stehende Gewerbe des Klein-(Detail-)HandeIs mit
wehr als einer der im Z 5 dieses Gesetzes unterschiedenen
Waarengruppen betreibt, unterliegt, wenn der Jahresumsatz —
«nschlietzlich desjenigen der in Preußen belegenen Zwetgnieder-
jahungen, Filiale», Verkaufsstätten — 500000 übersteigt, der
«ach Vorschrift dieses Gesetzes zu entrichtenden, den Gemeinden
^fliegenden Waarenhaussteuer." Ob der Detailhandel im offenen
^ade», Waarenhaus, Lager und dergleichen oder als Vcrsand-
Uchäft, auf Bestellung oder ohne solche betrieben wird, macht
td Besteuerung keinen Unterschied. Vereine, eingetragene
Genossenschaften und Korporationen unterliege» nicht der Waaren-
^.«ussteuer, falls sie auch der Gewerbesteuer nicht unterworfen
Die Waarenhaussteuer beträgt bei einem Jahresumsatz von

mehr als
bis
Steuersatz
500 000 Mark
550 OM Mark
7 500 Mack
550 000
600 OM
8 500
600000
650 OM
9 500
650 000
700 OM
10 500
700 000
750 MO
11 500
750 000
8MM0
12500
800 000
850000
13 500
850 000
900 MO
15 000
900 000
950 MO
16 500
950 OM
1 MO 000
18(00
1000 000
1100 OM
20 MO
1 100 000
1200 OM

22 000

n^,fo fort für jede 100 000 mehr 2000 ^ Steuer mehr,
Ostens aber 2 v. H. des Ertrages.
St? . Veranlagung der Waarenhaussteuer erfolgt für jedes
tzj f^erjahr im Anschluß an die Veranlagung der allgemeinen
H wcrbesteuer. Jeder bereits zur Waarenhaussteuer veranlagte
Ja,> betreibende ist zur Angabe der Hohe seines steuerpflichtigen
des ^"wsatzcs verpflichtet. Der Steuerpflichtige ist auf Beschluß
^^*««6!chusseS verpflichtet, seine Geschäftsbücher

Stadt-Theater.
O Heidelberg, 13. Februar.
sx^Die Mütter", Schauspiel in 4 Akten von Georg Hirsch-
bie-^w Geschichte vom verlorenen und wicdergefundenen Sohn,
do^wal ins Bürgerliche, Neu-Berlinische transponirt. Er war
Und Thunichtgut, Robert. Musikalische Bilder, Träume
tih,n estalten lebten in ihm und forderten: er solle seine Kraft
^Und weihen, ihnen in der Welt Geltung zu verschaffen.
Ke ir che Knaben taugen nicht zu Söhnen von Vätern, denen
""gütig einer kaufmännisch-bürgerlichen Position für ihren
schönste Erfüllung vorschwebt. Alles, was in so einem
nach Gestaltung ringt, sind dem Vater nur „korrupte
berbi».' Knter diesem Mißverständniß des Besten, das sie hat,
2et»-> bie Jugend. Unzufriedenheit gilt ihr als das erste
daß man Wer ist. Sich selbst leben und die tiefen
dag 1?udenzen, die in einem sich regen, zur Entfaltung bringen,
dez in den Augen dieser Künstlerjugend den ganzen Werth
könne Weins aus ; wie sie mit ganzem Willen der Kunst dienen
Karn- uud unbekümmert um das Philisterthum, ist ihr die
^Uhai?ffrage. Dies Sichselbsttreubleiben wird zum wichtigsten
«vß Selbstachtung erhoben. Erfolgt dann der Zusammen-
n-. en der Besonnenheit und dem Sturm und Drang, er-
,'!>s offene Bruch, erfolgt das, was man so „Herabsinken
Age». *Ujüat" nennt, dann gehen die jungen Leute hin und
^alil-f " „ ^ haben heute nicht mehr die blutrünstige Tragik der
^flund-' man läßt ganz einfach die anständigen Leute zu
. Ei» 2°hen."
Kuns^diizirter Fall dieses allgemeinen Typus des strebeu-
» ffellsw„k. aor der Anerkennung und Entdeckung durch die
fft dieser Rudolf Freu in den Htrschfeld'schen „Müt-
Mut,» Kaufmann werden. Der Vater hielt ihn von
al« ^ hat ein Berliner Mädchen kennen gelernt,
L°ffrt -^"warbeiterin für ein großes Geschäft Lilbersachen
Olsten IjffchEs liebenswürdiges Kind mit den angenehmen
^läit« A berliner Menschen. Eines Tages hat „sie sich ihm
geht von Hause. Verstoßung. Zweijähriges Zu-

Dte Waarenhaussteuer ist von den Gemeinden in vierteljähr-
lichen Beträgen zu erheben. Die Erträge sind von den Gemein-
den. soweit sie von den in der dritten und vierten Steuerklasse
veranlagten Gewerbetreibenden Prozente der staatlichen oder
einer besonderen Gewerbesteuer erheben, zur gleichmäßigen Er-
leichterung der von diesen Steuerklassen zu erhebenden Prozente
bezw. Steuer, andernfalls zur Bestreitung von Gemeindebedürf-
nissen zu verwenden.
Zwei Punkte des Gesetzentwurfes müssen noch besonders
bervorgehoben werden. Die Waarenhaussteuer zielt nur auf die
sogenannten Großbazare ab, d. i. in größtem Maßstabe arbei-
tcnde Detatlgeichäfte, welche mehrere miteinander nicht verwandte,
oben in vier Kategorien eingetheilte Waarengruppen seilhalten.
Die Steuer trifft also nicht solche Geschäfte, welche sich auf nur
eine Waarengruppe beschränken, mag ihr Umsatz auch beliebig
groß sein.
' Ferner wird, was die Höhe der Steuersätze anbetrifft, nach
Meinung der preuß. Regierung daran festzuhalt-n sein/ daß
die nach dem Gesetzentwurf zu erhebenden 2 v. H. des Um-
satzes die äußerste zulässige Grenze der Steuerbelastung dar-
stellen; eine noch höhere Steuer würde gegenüber manchen
Betrieben prohibiliv wirken. Eine solche Tendenz würde mit
den Grundsätzen einer richtigen Steuer- und Sozialpolitik un-
vereinbar sein.

Deutsches Reich.
— Staatssekretär v. Bülow ist an einem leichten
I nfl uen za an fall erkrankt.
— In der Generalversammlung des Bundes der
Landwirt he in Berlin sprach Frhr. v. Loen über In-
dustrie- und Agrarstaat im Hinblick auf den Burenkrieg
und suchte darzuthun, daß unser Bauernstaat einen ähn-
lichen Kampf gegen die internationale Macht des Groß-
kapitals kämpfe. Es wurde auf seinen Antrag folgendes
Telegramm an Dr. Leyds gerichtet:
7000 im Zirkus Busch versammelte Landwirthe bitten Ew.
Excelleuz unseren tapferen Berufsgenossen in Südafrika unsere
volle Hochachtung und unsere besten Wünsche betreffs fernerer
ruhmvoller Waffenthaten auszusprechen.
Den Buren brachte die Versammlung ein dreifaches
stürmisches Hoch. Die Resolution wurde hierauf ein-
stimmig angenommen.«
Wilhelmsh äsen, 13. Febr. Das neue Linien-
schiff „Wilhelm II." ist heute früh auf der kaiserl. Werft
mit Flaggenparade unter Corvetten-Capitän Scheder in
Dienst gestellt worden.
Deutscher Reichstag. Berlin, 13. Februar. Die
Freundschaftsverträge mit Tonga, Samoa und San-
sibar werden ohne Erörterung in dritter Lesung an-
genommen.
Es folgt die zweite Bcrathung des Etats der Schutz-
gebiete und des Auswärtigen Amtes, soweit er sich ans die
Kolonialverwaltung bezieht.
Die Kommission beantragt eine Resolution, den Reichskanzler
zu ersuchen: 1. Zu erwägen, ob es sich empfiehlt, die Rechnungen
für Deutsch-Ostafrika dem Reichstage in Rupien vorzulegen;
2. möglichenfalls eine Aenderung der bisherigen Verordnung
vom 9. Oktober 1898 in Eiwägung zu ziehen; 3. dahin zu
wirken, daß die unteren Kolonialbeamten aus der eingeborenen
christlichen Bevölkerung entnommen werden können; 4. auf die
Vorbildung des einheimischen Elementes zur unteren Beamten-
lavfbahn bedacht zu sein; 5. zukünftig den Kolonialetat aus-
führlicher zu gestalten; 6. bei den Ansiedelungen ehemaliger
Angehöriger der Schutztruppe von einem Nachweis des Betriebs-
kapitals Abstand zu nehmen und ihnen kostenfrei Land in ent-
sprechender Größe zu überlassen.
Bei der Bcrathung der Resolution wendet sich Abg. Graf
Stolberg (Antis.) dagegen, daß in den Schutzgebieten
Mohamedaner als Subalternbeamte angestellt werden sollen.
Abg. Dasbach (Centr.) schließt sich dem an.
Abg. Bebel (Soz.) hält es für ein Gebot der Klugheit,
intelligente rnohamedanische Elemente in den Kolonien der Ver-
waltung dienstbar zu mache».
Hierauf wird eine Reihe von Etats angenommen; ebenso der
Etat des ostafrtkanischen Schutzgebiets, nachdem bei dem Titel
Besoldung der Schutztruppe 30 840 Mk. abgesetzt worden sind.

sammenleben der juugeu Leute. Unten tief im 8. 0. hausen sic,
Skalitzerstr. 135. Da ist noch eine alte Tante des Mädchens,
Frau Printz, und deren bucklige Tochter, die Sonntags 'raus
nach Halenjee „Danzen" geht. Aus's liebevollste sorgt, arbeitet
und müht sich die Tochter des Volks für den fetunervigen Künst-
ler aus der jüdischen Kaufmannsfamilte. Aber die Freiheit und
die Liebe mache» noch nicht den Künstler. Das meiste bedeutet
für ihn der Wille. Robert gehört nicht zu Denen, die sich über
ungünstige Lebensbedingungen trotzig erhebe», dem Teufel die
Zähne zeigen, drauf los schaffen und an ihrem Künstlerthum
arbeiten. Er ist beinahe aufgerieben. Schlimm ist es, das
Klavier im Restaurant des Herrn Schulze im Hause unten be-
nutzen zu müssen, wo die große Weiße und der Kümmel zu den
bestimmenden Momenten des Milieus gehört, und die Droschken-
kutscher einkehren, ihre „Blonde mit der Strippe" zu genießen!
Und oben bei Mariens Arbeitsplatz diese ewige Atmosphäre von
Politur, Seife und Salmiak! Darüber hilft ihm keine Liebe
weg und mag sie noch so beiß sein. Und überhaupt, wenn man
von Hause aus etwas schwächlich ist! Einen rechten freudigen
Glauben hat er nie gehabt. Man möchte doch gestalten, man
kann doch nicht immer umhergehen und „nach innen" Musik
machen. Aber der Wille, die Kraft! Die Mutter hat sich auch
nicht nach ihrem Kopf auslebcn dürfen. Die Autorität des
Vaters lag wie ein Bann über dem Haus. Die begabte Frau
hat resigniren müssen. Nur für ihre Kinder hat sie gelebt. Und
nun der Sohn verloren. Da stirbt der alte Frey eines Tages.
Sein Bruder würdigt den mißrathenen Neffen keiner Benachrich-
tigung. Der muß es in der Zeitung lesen vom Tode des Vaters.
Er rafft sich auf und schreibt an die Schwester einen trostlosen
Brief voll unbestimmter Sehnsucht. Die Mutter hat längst den
Bruch verflucht; sie hat längst bereut, sie läßt den Sohn durch
einen einsichtsvollen Freund heimholen. Ob er jetzt die Kraft
haben wird, etwas Tüchtiges vor sich zu bringen? Und was
wird Vas Mädchen thun? Diese Fragen rollt das Drama auf.
Recht klar und gm, wie uns scheinen will. Die erste» beiden
Akte fanden reichen Beifall. Der dritte dehnte sich, der vierte
hätte die Begegnung der Mutter mit dem Mädchen des Sohnes
bringen müssen. Statt dessen begnügt sich der Verfasser damit.

Die Etats der Schutzgebiete von Kamerun und Togo werden
ohne Debatte erledigt.
Mit der Bcrathung des Etats für S ü d w e st a f r i k a wird
der Eisenbahnetat der übrigen Schutzgebiete verbunden.
Abg. Bebel (Soz.) bemängelt die mit den Eisenbahn-
arbeitern in den Kolonien abgeschlossenen Verträge; die Arbeiter
hätten sich auch über die ihnen gewährte Kost beklagt. Redner
bespricht sodann die Anschuldigungen gegen den
Prinzen Prosper v. Arenberg. Es zeige sich bet
diesem Fall, wie bei uns alle moralischen und religiösen Be-
griffe auf dem Kopfe ständen, wenn es sich um die höheren
Gesellschaftsklassen handle. Die meisten Aufstände in den
Kolonie» würden durch Hebelgriffe von Beamten und Offizieren
herbeigeführt.
Kolonialdirektor Dr. v. Buchka ist darin mit dem Vor-
redner einverstanden, daß die Thal, wenn sie ausgeübt wurde,
wie es in den Zeitungen geschildert ist, allerdings eine That sein
würde, gegen die sich jedes menschliche Gefühl empöre und die
strengste Bestrafung erfordere. Redner bedauert, Näheres nicht
miltheileu zu können; eS sei ein richterliches Urthetl, welches
der allerhöchsten Bestätigung unterliegt, noch nicht vorhanden.
Das Ganze sei noch im Stadium der Untersuchung.
Prinz Prosper v. Arenberg sei wegen Mißhandlung seines
Burschen nicht bestraft, bevor er in den Kolonialdicnst getreten
sei, sondern erst nachher und zwar mit 10 Tagen Stubenarrest;
auch habe er eine eindringliche Verwarnung erhalten. Der
Kolonialdircktor erklärt, er habe die Gouverneure in den Koloniee»
angewiesen, die Prügelstrafe möglichst wenig anzuwenden. Redner
tritt den Ausführungen entgegen, die Bebel über die Arbeiter-
Verträge in den Kolonien machte.
Abg. Gröber (Ceutr.) verlangt strenge Bestrafung des
Prinzen Arenberg.
Abg. Sachse (nat.-lib.) schließt sich dem Vorredner an und
spricht den dringenden Wunsch aus, daß in Zukunft die Auswahl
der Kolonialbeamten mit mehr Sorgfalt geschehe.
Abg. v. Kardorff (Reichsp.) fragt an, wie es der Kolonial-
direklor mit seiner Verantworlltchkeit vereinbaren könne, einen
Mann in die Kolonieen zu schicken, der wegen Mißhandlung
seines Burschen bestraft worden sei.
Kolonialdirektor Dr. v. Buchka bestreitet, die Mißhandlung
gekannt zu haben.
Abg. Bebel (Soz.): Wenn jemand nach unseren Gesetzen
den Tod verdient hätte, so wäre es der Prinz Prosper v. Uren-
berg ; er müsse schon jetzt seine Stimme dagegen erheben, daß
derselbe etwa nach kurzer Strafzeit begnadigt würde.
Abg. v. Kardorff (Rp.) entgegnet auf eine Bemerkung des
Vorredners betreffend Dr. Peters, er müsse seststellen, daß PcterS
ein gewaltiger Manu sei (Lachen links), gewaltiger als wir alle
zusammen «große Heiterkeit), an dem Deutschland nicht hübsch
gehandelt habe.
Abg. B eb el (Soz.) erklärt: Wenn ich einen Mann, der solche
Brutalitäten und Gemeinheiten begangen hat wie Peters, in
Schutz nehmen wollte, müßte ich schamroth werden; wenn Herr
v. Kardorff das nicht werden kann, bedaure ich ihn.
Präsident Graf Balle st rem rügt diesen Ausdruck und ruft
den Abg. Bebel zur Ordnung.
Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Arendt, Bebel,
Goeckel und des Kolonialdirektors wird eine Reihe von Titeln
bewilligt.
Die Etats von Südwestafrika, Neu-Guinea. Marianen und
Karolinen werden debattelos erledigt, die Resolutionen werden
angenommen.
Hierauf vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung morgen
1 Uhr: Rest des Kolonialetats, Eisenbahnsachen, Reichseisen-
bahnetat.
Baden. L.6. Karlsruhe, 13. Febr. Zur Erleichte-
rung des Besuchs der Pariser Ausstellung ist im
Staatsvoranschlag die Summe von 30 000 Mk. eingesetzt,
um Gewerbetreibenden und Arbeitern die Mittel an die
Hand zu geben, die Ausstellung zu besuchen und ihre gewerb-
lichen Kenntnisse zu bereichern. Der Landesausschuß der
badischen Gewerbevereine har nun an das Ministerium des
Innern das Ersuchen gerichtet, es möge dieser Betrag auf
das Doppelte erhöht werden. Auf Antrag der Budget-
commission ist nun der genannte Betrag auf 50000 Mk.
erhöht worden mit dem Vorbehalt, daß er nöthigenfalls
noch überschritten werden könne. Es ist vorgesehen, daß
ür jeden Besucher die Summe von 200 Mark ausge-
worfen wird.

daß Roberts Schwester der Marie ziemlich rasch beidringt, er
könne eben neben ihr nichts Rechtis schaffen, sie müsse ihn frei-
geben. Ziemlich rasch, ja sehr rasch geschieht das, trotzdem
Marie sich durch das Band der Mutterschaft aufs Neue fest an
Robert gebunden sieht.
Es ist sonst nur echte Güte und Liebe in diesem Berliner
Kind. Aus ihrem Wesen wird viel im Stück klar. Das muß
sauber gespielt werden. Nicht in der Manier des Frl. Klär.
Sie schlug beinahe den Ton der Henschelhanne bei Hauptmann
an, so blieb Vieles leer und trüb. Trotzdem hatte Frl. Klär
nach dem zweiten Akt großen Beifall. Dieser wird uns indessen
nicht von der begründeten Ansicht abbringen, daß Frl. Klär noch
zu lernen hat, um sich in der richtigen Weise unserem so gut
eingespielten Ensemble einzufügen. Vor allem muß man eine
klare Einsicht haben, was man eigentlich darstellen will. Die
läßt sich durch Studium erringen und so werden wir späterem
Auftreten des Frl. Klär mit Interesse entgegensetzen.
Vorzüglich war Frl. Krüger als Mutter Frey. Die tief
veranlagte Frau, bei der immer wieder einheimische Berliner
Derbheit durchbricht, sah aus der Gestalt des Frl. Krüger klar
heraus. Als Bäuerin im Goldbauer, als Großmutter Jensen
im Dreyer'schen „Hans" zeigte sie bereits aufs beste ihre Fähig-
keit, alles was in einer Figur liegen möge, zu überlegen und im
gegebene» Moment heraufzuholen.
Hr. Stgl spielte den überaus unangenehmen männlichen
Vertreter der Familie Frey sehr gut. Hr. Hermann Rudolph
stattete die Gestalt des Musikers Rolf Munk wieder mit all' der
Schlichtheit und Wärme aus, die ihm so gut zu Gesicht stehen.
Eine liebenswürdige Partnerin fand er in Frl. H e t nri ch.
Sehr lebendig spielte Frl. Saldern „det Helle Berliner
Mechen", Hr. Frey einen Laufburschen. Besonders loben will
ich zum Schluß Frl. Brauny, die als Tante Printz ein
Kabinetstück schuf, und den unglücklichen jugendlichen Helden
dieses Versöhnungsstückes, den Hr. Bauer darstellte. Wir
waren durch die Art, wie er seine Aufgabe anfaßte, auf's ange-
nehmste berührt. Wie schlicht konnte er trotz des Ausbruchs der
Verzweiflung sein, wie klar und schön zeigte er alle liebenswür-
digen Seiten und die ganze trostlose Unreife und Unausgeglichen-
 
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