Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0451

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


Xr. 93. Elkes Klaff. Ämsiaa, den 2t. April

JnjertionSgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat,
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

180».

Vom Krieg in Südafrika.
Die letzten Apriltage bringen in Südafrika den Anfang
des Winters, der dann bis in den September währt. Der
Winter bringt dort nicht viel Schnee, dagegen stellenweise
Frost mit viel Sonnenschein und stiller klarer Luft. Wer
sonst unter guten Nahrungsverhältnissen lebt, kann das
sicher wohl ertragen. Aber die völlige Trockenheit erzeugt
viel Staub, und dieser wird dann von plötzlich herein-
brechenden Wirbelstürmen eine furchtbare Gefahr für alle
Wesen. Auch Regen soll es stellenweise äußerst viel geben
Die Buren kennen den Winter und missen, wie sie ihn zu
nehmen haben. Sie werden den Kleinkrieg mit Erfolg fort-
sitzen können, denn ihr Feind wird sich zumeist auf das
Stilllicgen beschränken. Außer den Bergschotten werden
kaum viele englische Soldaien, die zumeist an Kriegführung
W heißen Strichen gewöhnt sind, das Ungemach dieses
Winters besonders gut ertragen. Die Schwerfälligkeit in
der Bewegung der englischen Heeresabtheilungen wird durch
die Wetterlage noch bedeutend vermehrt werden. Wie wird
Es wohl im September aussehen?
Cccil Rhodes reist heute ganz unerwartet von London
Vach Afrika zurück. Seine Abreise hängt, wie man sagt,
vsit der gegenwärtigen Lage in Kimberlcy zusammen.
Vom Kriegsschauplatz wird gemeldet: bei Karce-
^taiion entspann sich am IS. d. ein heftiges Gefecht, das
bfnen größeren Umfang anzunehmen scheint. Starke Buren-
övge passiren Lhabanchu mit schweren Transporten; das
Nordwärts Brabants liegende Lager in Rouxville soll an-
öebljch von den Buren eingeschlossen sein und stark be-
'chossen werden.
Die Telegraphenlinie von Aliwal-North nach Lady-
^ay, die die Verbindung mit dem Basutoland vermittelt,
sik Unterbrochen. General Brabant verhaftete die Land-
Adoste von Rouxville und Debeer, sowie den früheren
^«nddrost Hoffmann. 250 Buren unter dem Comman-
vvten Odendard, die beim Anrücken Brabants in der
Achtung nach Smithfieldzurückgingen, sind nach Wepener
?orschjrt. Nach Mittheilungen der Buren beträgt die
^ohl der Buren bei Mepener annähernd 10 000 Mann
15 Geschützen. Der Landdrost von Smithfield wurde
°v den Buren gefangen genommen. Der hclio-
Aophische Nachrichtenverkehr wird durch anhaltende
Hegengüsse unmöglich gemacht. Nach weiteren
Meldungen haben die Buren bei Wepener ange-
vNgen, Forts za bauen und sie haben vier Kanonen
vjgestcllt. Sie sagen, die englische Truppe wird gezwungen
erden, sich zu ergeben. Verschiedene Stellungen sind be-
^ ^ genommen. Man sieht da wieder den alten Fehler
^ Buren: Da graben sie sich ein und halten den Gegner
^vzingelt, riskiren aber keinen Sturm und schließlich kommt
vlsatz.
^ Aus Kapstadt wird gemeldet, daß wegen Truppen-
h, Legungen die Censurbeschränkungen zeitweilig bedeutend
^ stärkt in Anwendung gebracht würden. Ob diese Be-
s^,?v»gen schon den Vormarsch von Lord Roberts dar-
H ^n. gdxr wohl hjx Vorbereitungen dazu, mag das
k. , kum erraihen. Die Berichte schweigen in Folge der
°vsur darüber.

Deutsches Reich.
Gestern Vormittag wohnte der Kaiser dem Em-
d>, ^e der Abordnung des chiur gischen Kongresses
sii die Kaiserin bei.
H >?- General Hermann v.Tresckow, Flügeladjutant weiland
^^vWilhelms I., ist am 19. d. auf seinem Rittergute

Wartenberg in der Neumark im Alter ron nahezu
82 Jahren gestorben. Dem Feldzuge gegen Oesterreich
wohnte der Verstorbene als Generaladjutant im Gefolge
des Königs bei, ebenso der ersten Hälfte des Feldzugs
gegen Frankreich, bis er im November 1870 den Befehl
über die 17. Division erhielt. An der Schlacht bei Loigny
und der Einnahme von Orleans hatte er ruhmreichen
Antheil. Januar 1871 trat er wieder in seine frühere
Stellung als Chef des Militärcabinets zurück, wurde 1872
zum Kommandeur der 19. Division ernannt, Januar
1873 mit der Führung des X. Armekorps beauftragt, im
Herbst desselben Jahres zum commandirenden General des
IX. Armeekorps ernannt und trat im August 1888
in den Ruhestand.
Baden. K a rlsruh e, 20. April. Der Kaiserwird nach
den bis jetzt getroffenen Anordnungen Mittwoch den
25. April hier eintreffen und wahrscheinlich am folgenden
Tag nach D o n a u e s chi n ge n zur Auerhahnenjagd
Weiterreisen. Ob der Kaiser auch die Auerhahnjagd auf
dem Kaltenbronn besucht, ist noch ungewiß; auf der Rück-
reise von Donaueschiugen wird der Kaiser aber nochmals
hier ankehren. Auf 30. April ist die Ankunft des Kaisers
in Berlin vorgesehen.
Badischer Landtag. 8.0. Karlsruhe, 20. April.
(10. Sitzung der Ersten Kammer.) In 7stündiger
Sitzung erledigte heute die Erste Kammer das Budget
des Ministeriums des Innern.
Berichterstatter Frhr. v. Göler sprach zunächst dem Leiter
des Ministeriums des Innern volle Anerkennung aus und wandte
sich dann gegen die von der Zweiten Kammer beschlossenen Er-
höhungen einzelner Positionen, die nach Ansicht der Budget-
kommission, vom rein sachlichen Standpunkt ans betrachtet, nicht
unbegründet sind; dagegen erscheine die von der Zweiten Kammer
gewählte Maßnahme m etatrechtlicher Hinsicht nicht frei von jedem
Bedenken. Dies gelte schon von jenen Fällen, in denen Er-
höhungen bis zu einem bestimmten Betrag beschlossen wurden,
denn ein einzelnes Spezialbudget sei nicht die Vorlage des betr-
Ressortministers, sondern mir ein Bestandtheil des vom gesammten
Staatsministerium festgesetzten und unter besonderer Veranwort-
lichkeit des Finanzministers vorgelegten Staatsvoranschlags. Es
sollte eine einzelne Position nicht auf einen Kammerbcschluß hin
erhöht werden können, ohne daß dem Staatsministerium oder
dem Finanzministerium Gelegenheit geboten wird, die Frage
noch einmal zu prüfen. Der geeignete Weg sei der einer von der
Kammer zu beschließenden Resolution mit dem Ersuchen an die
Regierung »in Erhöhung der betr. Position. Noch bedenklicher
fand die Kommission die Erklärung der Ueberschreitbarkeit einer
Position ohne Angabe des Höchstbetrags, da hiedurch nicht nur
eine Unklarheit in den Voranschlag hineingetragen wird, sondern
auch, soweit es sich um Positionen des außerordentlichen Etats
handelt, die Artikel 11 und 12 des Etatsgesetzes hinfällig werden.
Die Kommission beantragt schließlich, das Budget nach Maßgabe
der Beschlüsse der Zweiten Kammer zu genehmigen, den von der
Zweiten Kammer gefaßten Resolutionen betr. die Irrenanstalten
und Hagelversicherung beizutreten, eine Resolution zu Titel XVI
(Thierhygienisches Institut) — die Regierung zu ersuchen, durch
Nachtrag zum Staatsvoranschlag einen geeigneten Beitrag zur
Einführung obligatorischer Unterrichtskurse für die Vieh- und
Fleischbeschaner anfordern zu wollen — anzunehmen und die ein-
gelaufenen Petitionen für erledigt zu erklären.
Minister Dr. Eisenlohr dankt dem Berichterstatter für
eine Ausführungen. Darüber könne kein Zweifel bestehen, daß
ohne Zustimmung der Regierung keine Position ins Budget aus-
genommen werden darf. Die Regierung trage die Verantwortung
Ar alle Ausgaben und wird dieser Verantwortung auch durch
Beschlüsse der Zweiten Kammer nicht enthoben. Der Berichter-
tatter habe den richtigen Weg angegeben: daß die Zweite Kammer
an die Regierung das Ersuchen richten soll, sie möge einen Nach-
trag einbringen; auf diese Weise werde der Einfluß der Regierung
gewahrt. Gegen den Willen der Regierung kann die Zweite
Kammer keine Position ins Budget aufnehmen. In dem Beschluß
der Zweiten Kammer bezüglich der Ueberschreitungen scheine ihm
nichts weiter zu liegen, als daß die Regierung nicht unbedingt
an die Summe gebunden ist, die im Budget steht.
Prälat Schmidt spricht seine Genugthuung über die neue
Verordnung aus, wonach durch ortspolizeiliche Vorschriften der
Wirthschaftsbetrieb an Sonntagen Vormittags bis 11 Uhr unter-

sagt werden kann. Freih. Ferdinand v. Bodman dankt
dem Minister, daß er in so klarer Weise zu der etatrechtlichen
Frage Stellung genommen hat. Die Beschlüsse der Zwesten
Kammer bezüglich der Ueberschreitbarkeit waren unnöthig, weil die
Regierung ohnehin die Befngniß hat zur Ueberschreitung; sie
waren aber auch bedenklich insofern, als sie dadurch der Ent-
schließung der zukünftigen Kammer vorgreift. Viel ernster scheine
ihm die Frage, ob die Zweite Kammer ohne Zustimmung oer
Regierung Positionen im Budget erhöhen kann. Nach seiner An-
sicht sei dazu die Zustimmung der Regierung nothwendig.
Geh. Rath Schenkel weist daraufhin, daß die etatrechtlichen
Bestimmungen unseres Staatshaushalts früher durch Gewohn-
heitsrecht bestimmt wurden, im Jahre 1882 sind diesem Zustand
durch das Etatgesetz wesentliche Schranken gezogen worden; in-
dessen blieben die beiden vorliegenden Fragen unberührt. Nach
dem Gewohnheitsrecht kann eine Ueberschreitung nur mit Geneh-
migung der Regierung erfolgen. Erst in den letzten 15 Jahren
ist eine Aenderung in diesem Gewohnheitsrecht eingetreten, indem
die Zweite Kammer da und dort Positionen ohne weiteres für
überschreitbar erklärte. Das hängt zusammen mit den politischen
Verhältnissen. Die Kandidaten versprechen ihren Wählern meist
zuviel und jede Partei sucht einzelne Positionen möglichst hinauf-
zuschrauben, woran früher Niemand dachte. Der Mißstand zeigt
sich auch anderwärts. Verschiedene Staaten versuchten durch
Aenderung demselben entgegenzuwirken, so z. B. Frankreich durch
die Bestimmung, daß nach der Generaldiskussion keine Positions-
erhöhung beantragt werden darf und England durch eine Ver-
ordnung, wornach ohne Empfehlung Seitens der Regierung keine
Position erhöht werden darf. Auch bei uns wäre eine Ergänzung
des Etatgeseses in der Richtung wünschenswerth, daß eine Er-
höhung durch eine Resolution verlangt wird und dann die gesetz-
gebenden Faktoren an die Prüfung der Resolution hcrantreten.
Der Ueberschreitbarkeit muß unbedingt entgegengetreten werden,
insbesondere wenn gar keine Grenze angegeben wird. Dann
könnte die Regierung schließlich jede beliebige Summe ausgeben.
Ueberschreitungen sollten überhaupt nur unter zwei Bedingungen
statthaft sein: 1. wenn eine bestimmte Summe angegeben ist,
2. wenn Normativbestiminungen beigefügt sind, unter denen Ueber-
schrcitungen stattstnden können. Früher habe die Zweite Kammer
nur gestrichen, jetzt werden immer Positionen erhöht. Er halte
diese Frage für die Behandlung unseres Etatwesens von großer
Bedeutung.
Hofrath Dr- Rümelin bezweifelt, ob ein legislatorisches
Vorgehen, wie der Vorredner es wünscht, nothwendig ist. Gegen,
die Ueberschreitbarkeit hege er staatsrechtliche Bedenken. Die Zweite'
Kammer kann doch nicht darauf verzichten, die obere Grenze einer
Ausgabe festzustellen: so setzt sie gewissermaßen der Negierung
einen Blankokredit ans. Eine gesetzliche Fixirung der Ueberschreit-
barkeit halte er für unmöglich. Berichterstatter Freiherr von
Göler verspricht sich bei dem demokratisirrnden Luftzug, der
durch alle Parteien weht, nicht viel von einem gesetzgeberischen
Vorgehen. Man werde besser fahren, wenn die Regierung ihren
Standpunkt in der Weise wahrt, wie dies heute geschehen ist.
Damit ist die allgemeine Berathung beendigt. An der Einzel-
berathung betheiligen sich Commerzienrath Kr afft, Minister
Dr. Eisenlohr, Freih. Göler, Graf Hennin, Freih. Ferd.
und Franz v. Bodman, Geh. Rath Schenkel, Geb. Rath
Engler, Kommerzienrath Scipio. Um 8 Ahr Abends war
die umfangreiche Tagesordnung erledigt, worauf Prinz Karl die
Sitzung schloß.
Württemberg. Stuttgart, 20. April. Der Staats-
anzeiger veröffentlicht die Ernennung des Directors im
Justizministerium v. Weizsaecker zum Chef des Kirchen-
und Schulwesens.

Ans der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Grobherzog haben dem
Bahnwärter Martin Henneberger auf Wartstation 2t der
Tauberthalbahn die silberne Verdienstmedaille verliehen, dem
Postdirektor Raimund Freiherrn von Hu nolt stein aus Ett-
lingen vie Vorsteherstelle beim Bahnpostamt Nr. 27 in Mannheim
übertragen und den Expeditor Edmund Kaufmann am Land-
gericht in Konstanz auf 1. Mai l. I. in gleicher Eigenschaft zum
Landgericht in Freiburg versetzt.
— Polizeikommissär Johann Baptist Kaiser in Pforzheim
wurde zu Großh. Bezirksamt Fretburg versetzt.
Karlsruhe, 20. April. Nach l Uhr begaben sich
heute der Groß Herzog und die Großh erzogin zum
Hauptbahnhof, wo um 1 Uhr 36 Minuten die Kaiserin
Friedrich, aus Italien heimkehrend, eintraf. Die Groß-
herzoglichen Herrschaften begrüßten die Kaiserin in ihrem

Von der Pariser Weltausstellung.
sisirr Dienstag Vormittag, kaum drei Tage nach der
yey/ 'Heu Eröffnung der Ausstellung, hat, wie schon kurz
^sis>,!n ' Präsident Loubet dem weiten Felde einen zweiten
tz. N abgestattet. Diesmal galt es der russischen
^Na ^ausstellung, die sich in ziemlicher Ausdeh-
Sieh? "" den Hängen zwischen Trocadero und Seine Hin-
dun, Anbetracht des zwischen Frankreich und
bestehenden Freundschaftsbundes, wohl eine be-
»le^e Einweihung werth war. Zu diesem mehr allge-
»vch man möchte sagen „theoretischen Grunde" kam
Hxri»bM besonderer: die feierliche Uebergabe des kostbaren
^sise!"^ des Zaren an das französische Staatsoberhaupt.
schenk, die schnell zu großer Berühmtheit ge-
dhz ' in Edelsteinen, Halbedelsteinen und Edelmetallen
gh führte Karte von Frankreich, ist schon früher
?her , r Stelle kurz beschrieben worden. Es sei
e>>, ^ beute nur noch nachgetragen, daß das Kunstwerk
Wg^°°eat von einem Meter Seitenlänge ist, auf einer
Mii. "^Unterlage ruht und unter Brüdern seine drei
dsie, werth sein soll. Es machte denn auch auf
ö» Gesicht bekamen, einen märchenhaften Ein-
?sisj„'""d djx ^rte, mit denen Fürst Urussow, der
?hr n«?'isibhe Botschafter, die Uebergabe begleitete, wirkten
si dxx ^ur eine ganz kleine Enttäuschung ist Loubet
^tiyxr,,7?up.fangnahme nicht erspart geblieben. Wie
fty ^ sind die Städte — allerdings nur die größe-
aus dxx Karte durch Edelsteine verschiedener Art

r-°..

Li^orden. So stellt ein funkelnder Diamant Paris,
Ntstadt", dar, ein mild blauer Türkis Lyon u. s. w.

Als nun der Präsident das Wunderwerk besieht, da lenken
sich seine Blicke ganz naturgemäß, gewissermaßen von selbst,
nach dem Rhonethale, in die Gegend seiner Heimath. Doch
soviel er auch forscht und sucht, sein geliebtes Monte-
limar findet er nicht. Freilich das Städtchen hat
nur ein paar Tausend Einwohner und außer seinem Non-
gat und Herrn Loubet kaum irgend welche Berühmtheit
hervorgebracht. Mit etwas Aufmerksamkeit hätte man aber
sehr gut auch Montelimac durch einen kleinen Edelstein
auszeichnen können, und daß man es in Rußland vergaß,
erscheint um so sonderbarer, als das Kunstwerk nicht nur
in Paris ausgestellt werden soll, sondern ein „erb- und
eigenthümliches" Geschenk des Zaren an Herrn Loubet dar-
stcllt. Wie der Präsident aber in seiner Antwort dem
Fürsten Ussurow mitgetheilt hat, soll die Karte von Frank-
reich nach Schluß der Ausstellung nicht in den Privatbesitz
des gegenwärtigen französischen Staatsoberhauptes über-
gehen , sondern dauernd im Louvre-Museum Unterkunft
finden.
Es hat große Anziehungskraft, zuzuschaucn, wie die
fremdländischen Arbeiter in den oft asiatischen
Pavillons am Trocadero die Dekorationsmalerei besorgen.
Da sitzen oder knien sie auf leichten Gerüsten, den langen
Zopf zusammengerollt und unter eine Pelzkappe gesteckt,
mit großen Shawls aus blauer Wolle oder grüner Seide,
deren Enden ihnen gelegentlich auch als Schnupftücher
dienen, um den Hals, denn sie sind sehr empfindlich gegen
die Kälte. Neben ihnen stehen schadhafte Tassen aus
chinesischem Porzellan oder Fayence, in die sie die Pinsel
tauchen und dann mit flinker Hand in leuchtendem Roth,

Grün oder Blau zierliche Blumengewinde, dicht gedrängte
Personengruppen oder schreckliche Drachen auf die Wände
malen. Dabei rauchen sie französische Cigaretten in dünnen
Cigarrenspitzen aus Bambusrohr und sprechen zu einander,
oder versuchen auch mit lebhaften Geberden, sich den fran-
zösischen Arbeitern verständlich zu machen. So haben sie
ihren Pariser Kameraden zu verstehen gegeben, daß sie die
Franzosen in Paris und Marseille so viel freundlicher und
liebenswürdiger fänden, als im fernen Indo-China, wo
diese sich oft als harte Herren aufspielten. Trotzdem haben
sie auch hier ihr Mißtrauen noch nicht ganz überwunden,
denn sie gehen nur gruppenweise von und zu ihrer Arbeit.
Um 5 Uhr nehmen-sie ihre Abendmahlzeit. Eine anami-
tische Frau bringt eine Reihe von Blechkannen und Päck-
chen an einem Stocke hängend, den sie auf der Schulter
trägt. Das Effen besteht in gekochtem Reis und klein-
geschnittenem Rindfleisch mit einer schwarzen Zwiebcltunke,
das Fleisch picken sie mit ihren Gabeln aus der Schüssel
auf. Einige essen Brod dazu, andere rühren es nicht an,
aber alle mögen den Wein gern. Einige der Pavillons
sind ganz fertig und eine Menge von Ausstellern in rothem
Fez, gelben Pantoffeln, weißem Burnus nehmen Besitz von
ihren Plätzen und überwachen das Auspacken ihrer Maaren.
Die Madagassen, welche in der vorigen Woche in Paris
eintrafen, richten im Panorama von Madagaskar, das
über dem alten Bassin vor dem Trocadero erbaut ist, eine
Strohhülte auf. Sie leiden noch sehr unter der Kälte
und sehen verstört und nicht ohne Gehässigkeit auf die
Neugierigen, die ihrerseits sie verwundert anstarren.
„Nach Paris, nach Paris, zieh' nicht nach Paris, mein
 
Annotationen