s Erscheint täglich.
sonntags ausgenommen.
. Preis
wit Familienblättern
. .monatlich 50 Pf.
»>.^ci in's Haus gebracht,
^ch die Post bezogen
d'erteljährl. 1.25 Mk.
'^Ichsießlich Zustellgebühr.
Jnsertionsgebühr
15 Pf. für dielspaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
Dimtiig, den 10. April
isoo.
Aus dem Budget der Verkehrsanftalten.
III.
^ 8. 0. Karlsr uhe, 6. April. Die Einnahmen aus
Güterverkehr sind für 1900 auf 41 205 000 Mk.
für 1901 auf 42 098 000 Mk. veranschlagt, während
seitherige Budgetsatz 35 284 000 Mk. betrug. Im
^'bblick auf die Kohle nnoth hat die Regierung die
c^shebung des ermäßigten Ausfuhrtarifs für
^lien in Aussicht genommen; doch kann sie auf diesem
, "biet nur im Benehmen mit den übrigen Bahnverwaltungen
?*3ehc>,. Wegen Ausdehnung der direktenExpreß-
^Abfertigungen auf den Ve, kehr zwischen Stationen
badischen Lokal- und N"b nbahnen einerseits und
j?chen der Reichscisenbakw, u in Elsaß-Lothringen und
j/ Württembergischen Sluatseisenbahnen andererseits
^b>eben noch Verhandlungen. Die Pachtzinse für
Ij^bnho sw irthscha ften haben theilweise eine crheb-
^0 Steigerung erfahren. Die Heidelberger ist z. Zt. für
dilch 0 Mk., die Karlsruher zu 20 000 Mk. jährlich ver-
^"tet; die übrigen größeren Bahnhofwirthschaften in
tz^burq, Mannheim, Offenburg, Pforzheim, Mühlacker,
"Mal, Basel, Rastatt und Appenweier werfen jährliche
s^terträgnisse von 9000 bis 4000 Mk. ab. Uebcr den
Anlaß der Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn
behenden Ausfall an Einnahmen im Güter-
ixj^teh r der M ai n - N e ckarb a hn konnte die Regierung
^.ziffernmäßige Angaben machen; sie hat aber auch bei
Hjh targfältigen Beobachtung des Verkehrs im Jahre 1899
^ Wahrnehmung gemacht, daß die in der 141. Sitzung
tzch-ijbieiteu Kammer vom 3. Mai 1899 erörterte
Mng des Einnahmeausfalls (den Minister v. Brauer
»tz ta. 500000 Mk. taxirte) sich nicht in der Hauptsache
Zutreffend erwiesen hat.
Budgetkommission wurde eine Reihe von Peti-
i>ik n von Eisenbahnbeamten und -Bedi en steten
>!>, ^richlerstattung überwiesen, die sich größtcntheils nur
ge einer Revision des Gehaltstarifs er-
taffen. Als Material für diese Revision beantragt
tir„^U(nmission, folgende Petitionen der Regierung zur
"tknahme zu überweisen: Die Eingabe der Lokomotiv-
^«vereine, der Stationsvorsteher, der Kanzleiassistenten
^Hy^ußh. Staatscisenbahnverwaltung. der Wagenwärtcr,
^ejj>/tuer, Bahn- und Weichenwärtervereine Mannheim,
,'Hüb 0' Karlsruhe und Basel, des Verbands Badischer
^°uhnbediensteter, einer Anzahl von Eisenbahnarbeitern,
bie Petition der Bremser, soweit sie auf etat-
Anstellung dieser Bediensteten abhebl, beantragt die
sision, zur Tagesordnung überzugehen.
.^Deutsches Reich
k°tlii,. Franz Joseph sagte seinen Besuch am
Hofe an, um der am 6. Mai staltfindendeu
Mv^hrigkeitserklärung des Kronprinzen
^ ^UEn.
^ Nordd. Allg. Ztg. zufolge begiebt sich der
^sunzler über die Osterfeiertage nach Nizza.
, er Herzog von Albany wird nach den
? ei„-^u Aufenthalt in Potsdam nehmen und daselbst
Zweigklasse der Lichterfelder Kadettenanstalt
^Eten Anstalt seine weitere Ausbildung finden. Es
^hgj.-^brere Kadetten erwählt, die mit dem koburg-
. Thronfolger diese Zweiganstall besuchen werden,
c Reichsanzeiger meldet: Der Geh. Ober-
nitz d s^^h Wermuth ist zum Direktor des Reichs-
^ Innern mit dem Rang der Räthe erster Klasse
^ worden.
In hohen Regionen.
Erzählung von M. A. Zwickert.
^klaus!" unterbrach der Fürst den Redenden.
Dich nicht wieder! Soll ich auf den Tod meines
tv°ir?^klnes Neffen ivekutirend. das Glück von der
(Fortsetzung.)
unterbrach der
von der
Ehrgeiz der
E wxis Weines Neffen spekulirend, das Glück
,, ^e das sich mir bietet? Soll der Eh
^st^er ixE^erzens Schweigen auferlegen?"
em^'ö nicht, aber vielleicht die Pflicht, Prinz
da«wÄ?ete Klaus Felsing tief ernst- »Soll dies
de^,>lhre Väter seit Urzeiten beherrschten, eines
dastkhen? Im Volke beklagt man den Un-
djx Z^""den bitter, entschlägt sich aber der Sorgen
da man auf Ew. Hoheit hofft und
s Bevölkerung WendenburgS und des ganzen
EA Hoheit aufs innigste zugethan. Welche
wuschung für die Leute, wenn der Fürst, dem sie
Ät." ' ihr Vertrauen zuwenden. sich seiner Pflicht
^Wiis,- 7) .
blickte Prinz Erich seinen Getreuen an.
d? v^'hboNp A >n Dir getäuscht — ich glaubte eine ver-
belk-» kle in Dir zu finden, einen treuen Freund,
h sen sollte, die Schwierigkeiten zu überwinden,
»Eriu^'^e tief auf, dann trat er an den Grollenden
Welt , gesagt, was ich zu sagen für meine
P ^er. dein Jota nehme ich davon.zurück. Du
' ^ Pr Du r ...
wör^ "H.E.die^Hände des Freundes. »Laß gut
er
>W'
trotzdem auf mich zählen kannst."
d-'.'oar k-ishwff die Hände des Freundes. »Luv
sii^Urger "!)>«. aber Du kennst mich ja. es ist das heiße
^ beut- das immer mit mir durchgebt. Brechen
w Noch HW Du hast .'
- — wenigstens so viel erreicht, daß
einmal streng prüfe, bevor ich daran gehe,
— Der Allg. Ztg. wird gemeldet, daß der Kaiser das
gegen den Leutnant ü la ouits der Schutztruppe für
Deutsch-Südwestafrika, Prinzen Prosper v. Aren-
berg, gefällte kriegsgerichtliche Urtheil wegen
unzureichender Bemessung der Strafe kassirt
habe. Das Urtheil hat, Gerüchten zufolge, auf 2^ Jahre
Festung gelautet.
— Das Militärverordnungsblatt veröffentlicht nach-
stehende kaiserliche Kabinetsordre:
Ich will heute, am Geburtstage meines unvergeßlichen Herrn
Großvaters, des großen Kaisers und Königs Majestät, den
Generälen meines Heeres durch Verleihung einer Aus-
zeichnung auf den Kragen und den Aufschlägen des
Interim swaffenrockes einen erneuten Beweis meiner
königlichen Gnade zu Theil werden lassen. Ich habe hierzu die
Stickerei bestimmt, welche von dem Regtmente Alt-Larisch
getragen worden ist, einem Truppentheil, der sich im sieben-
jährigen Kriege unvergänglichen Ruhm erkämpft und auch auf
feinem letzten Waffengange des preußischen Namens sich würdig
gezeigt hat. Sie haben diese meine Ordre der Armee bekannt
zu machen. Berlin, den 22. März 1900. Wilhelm.
— Die Berl. Polit. Nachr. schreiben: Die verbündeten
Regierungen-sind bereit, nicht nur in Bezug auf die Frei-
heit der Hausschlachtungen von der Fleischschau und dem
Verzicht auf die Anordnungen obligatorischer Trichinen-
schau für das ganze Reich, sondern auch in Bezug auf
das Verbot der Einfuhr von Würsten und Büchsenfleisch
und die nur bedingungsweise Zulassung von Pöckelfleisch
der Mehrheit des Reichstages große Zugeständnisse zu
machen. Man wird aber umsomehr verlangen können,
daß die Mehrheit des Reichstages neben den für sie maß-
gebenden Gesichtspunkten auch die andern bei dem Fleisch-
beschaugesetz in Betracht kommenden Rücksichten voll
würdigt, und zwar umsomehr, als sie selbst durch die Be-
seitigung des Verbots der Hausschlachtungen und der obli-
gatorischen Trichinenschau anerkannt hat, daß neben den
hygienischen auch wirthschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt
werden müssen.
— Der Abgeordnete Ahlwardt soll plötzlich zu
Reichthum gelangt sein, so lesen wir in den Deutsch-
sozialen Blättern, welche melden: „lieber den Abg. Ahl-
wardt schreibt die Chicagoer Abend-Presse: Ahlwardt soll
jetzt wohlhabend sein, fleißig Schulden bezahlen und den
Versuch machen, Thcilhaber des Berliner Antisemiten-
Organs, der Staatsbürger-Zeitung, zu werden. Es heißt,
Ahlwardt habe eine Bergwerks-Gesellschaft zu Stande ge-
bracht, welche sich den Betrieb eines verfallen gewesenen
ungarischen Bergwerks angelegen sein lasse. Als Gründer-
gewinn seien ihm fünfzehn oder sechzehn Anteilscheine zu
Theil geworden, wovon er einen für 20 000 Mk. verkauft
habe." Dazu sagt die Staatsb.-Ztg.: Was hier über die
pekuniären Verhältnisse des Abg. Ahlwardt erzählt
wird, ist uns zu unserer Freude vor einiger Zeit schon
als verbürgt mitgetheilt worden. Daß Herr Ahlwardt
aber den Versuch gemacht habe, Inhaber der Staatsbürger-
Zeitung zu werden, wissen wir nicht. Wohl aber wissen
wir, daß die zu solchen Versuchen erforderliche Voraus-
setzung auf Seiten der Staatsbürger-Zeitung nach jeder
Richtung fehlen würde. Das sollte auch der Herausgeber
der Deutsch-sozialen Blätter wissen.
— Wie dem Fränk. Kurier mitgetheilt wird, ist von
den Sozialdemokraten Nürnbergs als Nachfolger Oertel's
im Reich ta gsmandat der frühere Privatdozent Dr.
Leo Arons-Berlin in Aussicht genommen.
Baden. Karlsruhe, 8. April. Die Bad. Landes-
zeitung hat eine Umfrage bei hervorragenden Aerzten über
die Zulassung der Realgymnasiasten zum Studium
der Medizin veranstaltet, wobei sich ergab, daß die
meisten der 27 Antworten die humanistische Vor-
bildung beibehalten wissen wollen. Czerny-Heidel-
berg wünscht eine Reform des Mittelschulwesens mit ge-
meinsamem Unterbau (Reformgymnasium); Gegenbauer
erklärt unumwunden die alten Sprachen für die unersetz-
liche Grundlage unserer Kultur und spricht von Herab-
steigen auf eine niedrigere Bildungsstufe Kuß maul
hält zwar auch eine Verbesserung des humanistischen Gym-
nasiums für erforderlich, will aber aus sozialen Gründen
den Zndrang zum ärztlichen Beruf nicht durch Realschulen
vermehren und mißt auch den „psychischen Imponderabilien"
bei der Thätigkeit des human gebildeten Arztes einen
wesentlichen Antheil zu. Vierordt verspricht sich die
beste Lösung von einer Reform des humanistischen Gym-
nasiums nach der naturwissenschaftlichen Seite. Andere
Stimmen, so z. B. Direktor Dr. Eschle-Ottersweier und
Prof. Döderlein-Tübingen sprechen sich für die Zulas-
sung der Realgymnastumsabiturienten zum medizinischen
Studium aus. In einigen Zuschriften wird ausgesprochen,
daß an sich die Vorbildung der Realgymnasiasten genügen
würde, aber das Standesinteresse, das Standesansehen der
Aerzte verlange die humanistische Vorbildung, so lange
dieselbe für die Juristen vorgeschrieben sei. Da das preuß.
Staatsministerium sich zu Gunsten der Realgymnasien ent-
schieden hat und dieser Beschluß auch auf die andern
Bundesstaaten einwirken muß, so hat die Umfrage der
Landeszeitung nur noch historischen Werth.
Karlsruhe, 9. April. Herr Minister von Brauer und
Fra» Gemahlin find heute früh halb zwei Uhr zu kurzem Er-
holungsaufenthalt an die oberitaltenischen Seen abgereist.
lst. Kehl, 9. April. In einer Vertrauensmänner-
versammlung, die vorgestern hier tagte, wurde der frühere
Oberamtmann hier, jetzt Landeskommissär, Dr. Reinhard,
einhellig und freudig als nationalliberaler Kandidat für
die bevorstehende Reichstagsersatzwahl aufgestellt.
Herr Reinhard entwickelte in längerer Rede seinen Stand-
punkt, der von der zahlreichen Versammlung gutgeheitzen
wurde. Unser Kandidat hat die besten Aussichten; denn er
war während seiner früheren Amtslhätigkeit allgemein
beliebt und unterhielt auch seither stets regen Verkehr mit
unserem Bezirk. Seine Kandidatur wird wohl hier im
Hanauerland eine rege Wahlbetheiligung veranlassen, was
freilich den Sieg noch nicht endgiltig verbürgt. Denn in
dem Bezirk Offenburg werden wohl wie früher meistens
Centrumsstimmen fallen, während Oberkirch sicher wieder
seinen nationalliberalen Standpunkt beweisen wird. Aber
das muß gesagt werden, daß das Centrum in Herrn
Schüler den zugkräftigsten Kandidaten aufgestellt hat. Es
stehen sich also zwei sehr populäre Herren gegenüber; die
Kandidatur des Sozialdemokraten Geiß wird nach den
Erfahrungen in andern Wahlkreisen leider sehr wahr-
scheinlich Schüler zugut kommen. Die Entscheidung wird
und muß im ersten Wahlgang fallen. Bei der Stichwahl
hat stets das Centrum gewonnen. Wir gehen einem
interessanten Wahlkampf entgegen, bei dem die Chancen
ziemlich gleich sind. Hoffentlich neigt sich der Sieg uns zu.
Bayern. München, 7. April. Auswärtige Blätter
haben von einer bevorstehenden Verlobung des
Prinzen Rupprecht, ältesten Sohnes des Prinzen
Ludwig, mit der Herzogin Marie Gabriele in
Bayern, der vierten Tochter des bekannten Augenarztes
vr. woä. Herzog Karl Theodor, berichtet. Da die Nach-
richt bisher nicht widerrufen worden ist und heute von
ihr auch die Allg. Ztg. Vermerk nimmt, scheint sie den
Thatsachen zu entsprechen; Prinz Rupprecht, der im
31. Lebensjahre steht, ist gegenwärtig Oberst und
Kommandeur des 2. Infanterieregiments, Herzogin Marie
Gabriele steht im 22. Lebensjahre. Sie entstammt der
jenes stolze Frauenderz mir unterlhan zu macken und den
Kampf aufnehme mit Karl Ludwig und don Vorurtheilen des
Hofes- Du erfährst Näheres, sobald mein Entschluß unwider-
ruflich fest steht." , . ^
Mit innigem Händedruck verabschiedete sich der Prinz
von seinem Vertranten, Klaus aber schritt bekümmerten Her-
zens von dannen. Er hatte schon schwer am eigenen Lieves-
leid zu tragen» und nun kam noch die Sorge um den ge-
liebten Herrn hinzu. Der junge Offizier verhehlte sich
keinen Augenblick, wie kritisch die Situation war. Zwischen
den beiden Brüdern, dem jugendfrischen temperamentvollen
Prinzen Erich, dessen Feuergeist sich nur zu oft über alle
Schranken der Konvenienz hinwegsetzle. und dem weit
älteren regierenden Herrn, den das Leben und trübe Schick-
sale ernst und bitter gemacht hatten, bestand ein wenig
freundliches Verhältniß; die Heiratdspläne des Prinzen
mußten den Riß vollständig machen. Prinz Erich aber
würde es zu büßen haben; denn der Landesherr war
schonungslos in seinem Groll. Tief auf seufzte der
Getreue, er stand dem Verhängngmß machtlos gegenüber
und mußte unthätig abwarten, wie die Dinge sich weiter ent-
wickeln.
He *
Während die inhaltsschwere Unterredung zwischen dem
Prinzen und seinem Vertrauten statlsand, saß Dolores von
Golm ihrer Mutter ahnungslos am Tbeetisch gegenüber in
gcmüthlicher Plauderei. Obschon die beiden Frauen nun
schon mehrere Wochen in Wendenburg waren, konnten sich
doch nur äußerst wenig Personen rühmen, die Freifrau von
Golm-Hochstedt gesprochen zu haben. Die alte Dame war
theilwecse gelähmt und vermochte sich nur im Zimmer noth-
dürftlg fortzubewegen. Freilich, wie sie,etzt auf dem Sopha
saß, kerzengerade aufgerichtet, das feingeschnittene geistreiche
Gesicht, das noch immer Spuren einstiger großer Schönheit
aufwies, leicht geröthet, die großen glänzenden Augen auf
die Tochter gerichtet, war ihr keine Spur von Gebrechlichkeit
anzumerken.
„Ich soll Dir Grüße des Intendanten bestellen, Mama,"
sagte Dolores. „Das neuliche Plauderstündchen bei Dir
ist dem Major, wie er sagt, noch in angenehmster Er-
innerung; er will Dir nächstens seine Frau bringen, damit
sie Dich kennen lerne und sich auch unser „Buen Retiro"
ansehe." . . ^ .
Die alte Dame seufzte lebe und ließ ihre Blicke im
Zimmer uwberschweifen, dessen eigenartige und kostbare,
aus Argentinien mit derübergebrachte Einrichtung wohl
sehenswerth erschien. „Reste vergangener Herrlichkeit, die
nur an verlorenes Glück gemahnen!" bemerkte sie dann
restgnirten Tones und versank in trübes Schweigen.
(Fortsetzung folgt.)
Stadt-Theater.
/I Heidelberg, 10. April.
„Neigung". Schauspiel in 4 Aufzügen von J.J. David.
Der Dichter hat sich die Figuren seines Schauspiels mit nicht
zu leugnendem Geschick zusammengesucht und jede einzelne — mit
Ausnahme der Familienmutter — sicher gezeichnet. Er führt
uns eine österreichische Beamtenfamilie vor. Der Mann ist im
Hauptberuf Kassier, im Nebenberuf unverbesserlicher Projekte-
macher; unermüdlich wälzt er unrealisirbare--Erfindungen in sei-
nem Kopf herum. Seine Freunde am Stammtisch haben ihren
Spaß daran, ihn in seine Phantastereien hineinzuheben und
L aooto seiner zukünftigen Patente auf seine Rechnung zu zechen.
Daheim bei ihm aber ist der Nothstand groß. Das Ende ist,
daß er in die Kaffe greift, um Mittel zur Ausführung seiner
Pläne in die Hand zu bekommen und sich zum Fenster hinaus-
stürzt, als die Polizei ihn zu holen kommt.
Die Frau ist durch ein dreißigjähriges Zusammenleben mit einem
solchen Mann, der „ja nichts für sich braucht" und ihr dabet
ungenirt den letzten Haushaltungsgroschen ausführt, erbit-
tert; die ewige Haushaltungsmissre drückt sie nieder, und als
ein junger^Bürgerschullchrer um ihre älteste Tochter freit, räth
sonntags ausgenommen.
. Preis
wit Familienblättern
. .monatlich 50 Pf.
»>.^ci in's Haus gebracht,
^ch die Post bezogen
d'erteljährl. 1.25 Mk.
'^Ichsießlich Zustellgebühr.
Jnsertionsgebühr
15 Pf. für dielspaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
Dimtiig, den 10. April
isoo.
Aus dem Budget der Verkehrsanftalten.
III.
^ 8. 0. Karlsr uhe, 6. April. Die Einnahmen aus
Güterverkehr sind für 1900 auf 41 205 000 Mk.
für 1901 auf 42 098 000 Mk. veranschlagt, während
seitherige Budgetsatz 35 284 000 Mk. betrug. Im
^'bblick auf die Kohle nnoth hat die Regierung die
c^shebung des ermäßigten Ausfuhrtarifs für
^lien in Aussicht genommen; doch kann sie auf diesem
, "biet nur im Benehmen mit den übrigen Bahnverwaltungen
?*3ehc>,. Wegen Ausdehnung der direktenExpreß-
^Abfertigungen auf den Ve, kehr zwischen Stationen
badischen Lokal- und N"b nbahnen einerseits und
j?chen der Reichscisenbakw, u in Elsaß-Lothringen und
j/ Württembergischen Sluatseisenbahnen andererseits
^b>eben noch Verhandlungen. Die Pachtzinse für
Ij^bnho sw irthscha ften haben theilweise eine crheb-
^0 Steigerung erfahren. Die Heidelberger ist z. Zt. für
dilch 0 Mk., die Karlsruher zu 20 000 Mk. jährlich ver-
^"tet; die übrigen größeren Bahnhofwirthschaften in
tz^burq, Mannheim, Offenburg, Pforzheim, Mühlacker,
"Mal, Basel, Rastatt und Appenweier werfen jährliche
s^terträgnisse von 9000 bis 4000 Mk. ab. Uebcr den
Anlaß der Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn
behenden Ausfall an Einnahmen im Güter-
ixj^teh r der M ai n - N e ckarb a hn konnte die Regierung
^.ziffernmäßige Angaben machen; sie hat aber auch bei
Hjh targfältigen Beobachtung des Verkehrs im Jahre 1899
^ Wahrnehmung gemacht, daß die in der 141. Sitzung
tzch-ijbieiteu Kammer vom 3. Mai 1899 erörterte
Mng des Einnahmeausfalls (den Minister v. Brauer
»tz ta. 500000 Mk. taxirte) sich nicht in der Hauptsache
Zutreffend erwiesen hat.
Budgetkommission wurde eine Reihe von Peti-
i>ik n von Eisenbahnbeamten und -Bedi en steten
>!>, ^richlerstattung überwiesen, die sich größtcntheils nur
ge einer Revision des Gehaltstarifs er-
taffen. Als Material für diese Revision beantragt
tir„^U(nmission, folgende Petitionen der Regierung zur
"tknahme zu überweisen: Die Eingabe der Lokomotiv-
^«vereine, der Stationsvorsteher, der Kanzleiassistenten
^Hy^ußh. Staatscisenbahnverwaltung. der Wagenwärtcr,
^ejj>/tuer, Bahn- und Weichenwärtervereine Mannheim,
,'Hüb 0' Karlsruhe und Basel, des Verbands Badischer
^°uhnbediensteter, einer Anzahl von Eisenbahnarbeitern,
bie Petition der Bremser, soweit sie auf etat-
Anstellung dieser Bediensteten abhebl, beantragt die
sision, zur Tagesordnung überzugehen.
.^Deutsches Reich
k°tlii,. Franz Joseph sagte seinen Besuch am
Hofe an, um der am 6. Mai staltfindendeu
Mv^hrigkeitserklärung des Kronprinzen
^ ^UEn.
^ Nordd. Allg. Ztg. zufolge begiebt sich der
^sunzler über die Osterfeiertage nach Nizza.
, er Herzog von Albany wird nach den
? ei„-^u Aufenthalt in Potsdam nehmen und daselbst
Zweigklasse der Lichterfelder Kadettenanstalt
^Eten Anstalt seine weitere Ausbildung finden. Es
^hgj.-^brere Kadetten erwählt, die mit dem koburg-
. Thronfolger diese Zweiganstall besuchen werden,
c Reichsanzeiger meldet: Der Geh. Ober-
nitz d s^^h Wermuth ist zum Direktor des Reichs-
^ Innern mit dem Rang der Räthe erster Klasse
^ worden.
In hohen Regionen.
Erzählung von M. A. Zwickert.
^klaus!" unterbrach der Fürst den Redenden.
Dich nicht wieder! Soll ich auf den Tod meines
tv°ir?^klnes Neffen ivekutirend. das Glück von der
(Fortsetzung.)
unterbrach der
von der
Ehrgeiz der
E wxis Weines Neffen spekulirend, das Glück
,, ^e das sich mir bietet? Soll der Eh
^st^er ixE^erzens Schweigen auferlegen?"
em^'ö nicht, aber vielleicht die Pflicht, Prinz
da«wÄ?ete Klaus Felsing tief ernst- »Soll dies
de^,>lhre Väter seit Urzeiten beherrschten, eines
dastkhen? Im Volke beklagt man den Un-
djx Z^""den bitter, entschlägt sich aber der Sorgen
da man auf Ew. Hoheit hofft und
s Bevölkerung WendenburgS und des ganzen
EA Hoheit aufs innigste zugethan. Welche
wuschung für die Leute, wenn der Fürst, dem sie
Ät." ' ihr Vertrauen zuwenden. sich seiner Pflicht
^Wiis,- 7) .
blickte Prinz Erich seinen Getreuen an.
d? v^'hboNp A >n Dir getäuscht — ich glaubte eine ver-
belk-» kle in Dir zu finden, einen treuen Freund,
h sen sollte, die Schwierigkeiten zu überwinden,
»Eriu^'^e tief auf, dann trat er an den Grollenden
Welt , gesagt, was ich zu sagen für meine
P ^er. dein Jota nehme ich davon.zurück. Du
' ^ Pr Du r ...
wör^ "H.E.die^Hände des Freundes. »Laß gut
er
>W'
trotzdem auf mich zählen kannst."
d-'.'oar k-ishwff die Hände des Freundes. »Luv
sii^Urger "!)>«. aber Du kennst mich ja. es ist das heiße
^ beut- das immer mit mir durchgebt. Brechen
w Noch HW Du hast .'
- — wenigstens so viel erreicht, daß
einmal streng prüfe, bevor ich daran gehe,
— Der Allg. Ztg. wird gemeldet, daß der Kaiser das
gegen den Leutnant ü la ouits der Schutztruppe für
Deutsch-Südwestafrika, Prinzen Prosper v. Aren-
berg, gefällte kriegsgerichtliche Urtheil wegen
unzureichender Bemessung der Strafe kassirt
habe. Das Urtheil hat, Gerüchten zufolge, auf 2^ Jahre
Festung gelautet.
— Das Militärverordnungsblatt veröffentlicht nach-
stehende kaiserliche Kabinetsordre:
Ich will heute, am Geburtstage meines unvergeßlichen Herrn
Großvaters, des großen Kaisers und Königs Majestät, den
Generälen meines Heeres durch Verleihung einer Aus-
zeichnung auf den Kragen und den Aufschlägen des
Interim swaffenrockes einen erneuten Beweis meiner
königlichen Gnade zu Theil werden lassen. Ich habe hierzu die
Stickerei bestimmt, welche von dem Regtmente Alt-Larisch
getragen worden ist, einem Truppentheil, der sich im sieben-
jährigen Kriege unvergänglichen Ruhm erkämpft und auch auf
feinem letzten Waffengange des preußischen Namens sich würdig
gezeigt hat. Sie haben diese meine Ordre der Armee bekannt
zu machen. Berlin, den 22. März 1900. Wilhelm.
— Die Berl. Polit. Nachr. schreiben: Die verbündeten
Regierungen-sind bereit, nicht nur in Bezug auf die Frei-
heit der Hausschlachtungen von der Fleischschau und dem
Verzicht auf die Anordnungen obligatorischer Trichinen-
schau für das ganze Reich, sondern auch in Bezug auf
das Verbot der Einfuhr von Würsten und Büchsenfleisch
und die nur bedingungsweise Zulassung von Pöckelfleisch
der Mehrheit des Reichstages große Zugeständnisse zu
machen. Man wird aber umsomehr verlangen können,
daß die Mehrheit des Reichstages neben den für sie maß-
gebenden Gesichtspunkten auch die andern bei dem Fleisch-
beschaugesetz in Betracht kommenden Rücksichten voll
würdigt, und zwar umsomehr, als sie selbst durch die Be-
seitigung des Verbots der Hausschlachtungen und der obli-
gatorischen Trichinenschau anerkannt hat, daß neben den
hygienischen auch wirthschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt
werden müssen.
— Der Abgeordnete Ahlwardt soll plötzlich zu
Reichthum gelangt sein, so lesen wir in den Deutsch-
sozialen Blättern, welche melden: „lieber den Abg. Ahl-
wardt schreibt die Chicagoer Abend-Presse: Ahlwardt soll
jetzt wohlhabend sein, fleißig Schulden bezahlen und den
Versuch machen, Thcilhaber des Berliner Antisemiten-
Organs, der Staatsbürger-Zeitung, zu werden. Es heißt,
Ahlwardt habe eine Bergwerks-Gesellschaft zu Stande ge-
bracht, welche sich den Betrieb eines verfallen gewesenen
ungarischen Bergwerks angelegen sein lasse. Als Gründer-
gewinn seien ihm fünfzehn oder sechzehn Anteilscheine zu
Theil geworden, wovon er einen für 20 000 Mk. verkauft
habe." Dazu sagt die Staatsb.-Ztg.: Was hier über die
pekuniären Verhältnisse des Abg. Ahlwardt erzählt
wird, ist uns zu unserer Freude vor einiger Zeit schon
als verbürgt mitgetheilt worden. Daß Herr Ahlwardt
aber den Versuch gemacht habe, Inhaber der Staatsbürger-
Zeitung zu werden, wissen wir nicht. Wohl aber wissen
wir, daß die zu solchen Versuchen erforderliche Voraus-
setzung auf Seiten der Staatsbürger-Zeitung nach jeder
Richtung fehlen würde. Das sollte auch der Herausgeber
der Deutsch-sozialen Blätter wissen.
— Wie dem Fränk. Kurier mitgetheilt wird, ist von
den Sozialdemokraten Nürnbergs als Nachfolger Oertel's
im Reich ta gsmandat der frühere Privatdozent Dr.
Leo Arons-Berlin in Aussicht genommen.
Baden. Karlsruhe, 8. April. Die Bad. Landes-
zeitung hat eine Umfrage bei hervorragenden Aerzten über
die Zulassung der Realgymnasiasten zum Studium
der Medizin veranstaltet, wobei sich ergab, daß die
meisten der 27 Antworten die humanistische Vor-
bildung beibehalten wissen wollen. Czerny-Heidel-
berg wünscht eine Reform des Mittelschulwesens mit ge-
meinsamem Unterbau (Reformgymnasium); Gegenbauer
erklärt unumwunden die alten Sprachen für die unersetz-
liche Grundlage unserer Kultur und spricht von Herab-
steigen auf eine niedrigere Bildungsstufe Kuß maul
hält zwar auch eine Verbesserung des humanistischen Gym-
nasiums für erforderlich, will aber aus sozialen Gründen
den Zndrang zum ärztlichen Beruf nicht durch Realschulen
vermehren und mißt auch den „psychischen Imponderabilien"
bei der Thätigkeit des human gebildeten Arztes einen
wesentlichen Antheil zu. Vierordt verspricht sich die
beste Lösung von einer Reform des humanistischen Gym-
nasiums nach der naturwissenschaftlichen Seite. Andere
Stimmen, so z. B. Direktor Dr. Eschle-Ottersweier und
Prof. Döderlein-Tübingen sprechen sich für die Zulas-
sung der Realgymnastumsabiturienten zum medizinischen
Studium aus. In einigen Zuschriften wird ausgesprochen,
daß an sich die Vorbildung der Realgymnasiasten genügen
würde, aber das Standesinteresse, das Standesansehen der
Aerzte verlange die humanistische Vorbildung, so lange
dieselbe für die Juristen vorgeschrieben sei. Da das preuß.
Staatsministerium sich zu Gunsten der Realgymnasien ent-
schieden hat und dieser Beschluß auch auf die andern
Bundesstaaten einwirken muß, so hat die Umfrage der
Landeszeitung nur noch historischen Werth.
Karlsruhe, 9. April. Herr Minister von Brauer und
Fra» Gemahlin find heute früh halb zwei Uhr zu kurzem Er-
holungsaufenthalt an die oberitaltenischen Seen abgereist.
lst. Kehl, 9. April. In einer Vertrauensmänner-
versammlung, die vorgestern hier tagte, wurde der frühere
Oberamtmann hier, jetzt Landeskommissär, Dr. Reinhard,
einhellig und freudig als nationalliberaler Kandidat für
die bevorstehende Reichstagsersatzwahl aufgestellt.
Herr Reinhard entwickelte in längerer Rede seinen Stand-
punkt, der von der zahlreichen Versammlung gutgeheitzen
wurde. Unser Kandidat hat die besten Aussichten; denn er
war während seiner früheren Amtslhätigkeit allgemein
beliebt und unterhielt auch seither stets regen Verkehr mit
unserem Bezirk. Seine Kandidatur wird wohl hier im
Hanauerland eine rege Wahlbetheiligung veranlassen, was
freilich den Sieg noch nicht endgiltig verbürgt. Denn in
dem Bezirk Offenburg werden wohl wie früher meistens
Centrumsstimmen fallen, während Oberkirch sicher wieder
seinen nationalliberalen Standpunkt beweisen wird. Aber
das muß gesagt werden, daß das Centrum in Herrn
Schüler den zugkräftigsten Kandidaten aufgestellt hat. Es
stehen sich also zwei sehr populäre Herren gegenüber; die
Kandidatur des Sozialdemokraten Geiß wird nach den
Erfahrungen in andern Wahlkreisen leider sehr wahr-
scheinlich Schüler zugut kommen. Die Entscheidung wird
und muß im ersten Wahlgang fallen. Bei der Stichwahl
hat stets das Centrum gewonnen. Wir gehen einem
interessanten Wahlkampf entgegen, bei dem die Chancen
ziemlich gleich sind. Hoffentlich neigt sich der Sieg uns zu.
Bayern. München, 7. April. Auswärtige Blätter
haben von einer bevorstehenden Verlobung des
Prinzen Rupprecht, ältesten Sohnes des Prinzen
Ludwig, mit der Herzogin Marie Gabriele in
Bayern, der vierten Tochter des bekannten Augenarztes
vr. woä. Herzog Karl Theodor, berichtet. Da die Nach-
richt bisher nicht widerrufen worden ist und heute von
ihr auch die Allg. Ztg. Vermerk nimmt, scheint sie den
Thatsachen zu entsprechen; Prinz Rupprecht, der im
31. Lebensjahre steht, ist gegenwärtig Oberst und
Kommandeur des 2. Infanterieregiments, Herzogin Marie
Gabriele steht im 22. Lebensjahre. Sie entstammt der
jenes stolze Frauenderz mir unterlhan zu macken und den
Kampf aufnehme mit Karl Ludwig und don Vorurtheilen des
Hofes- Du erfährst Näheres, sobald mein Entschluß unwider-
ruflich fest steht." , . ^
Mit innigem Händedruck verabschiedete sich der Prinz
von seinem Vertranten, Klaus aber schritt bekümmerten Her-
zens von dannen. Er hatte schon schwer am eigenen Lieves-
leid zu tragen» und nun kam noch die Sorge um den ge-
liebten Herrn hinzu. Der junge Offizier verhehlte sich
keinen Augenblick, wie kritisch die Situation war. Zwischen
den beiden Brüdern, dem jugendfrischen temperamentvollen
Prinzen Erich, dessen Feuergeist sich nur zu oft über alle
Schranken der Konvenienz hinwegsetzle. und dem weit
älteren regierenden Herrn, den das Leben und trübe Schick-
sale ernst und bitter gemacht hatten, bestand ein wenig
freundliches Verhältniß; die Heiratdspläne des Prinzen
mußten den Riß vollständig machen. Prinz Erich aber
würde es zu büßen haben; denn der Landesherr war
schonungslos in seinem Groll. Tief auf seufzte der
Getreue, er stand dem Verhängngmß machtlos gegenüber
und mußte unthätig abwarten, wie die Dinge sich weiter ent-
wickeln.
He *
Während die inhaltsschwere Unterredung zwischen dem
Prinzen und seinem Vertrauten statlsand, saß Dolores von
Golm ihrer Mutter ahnungslos am Tbeetisch gegenüber in
gcmüthlicher Plauderei. Obschon die beiden Frauen nun
schon mehrere Wochen in Wendenburg waren, konnten sich
doch nur äußerst wenig Personen rühmen, die Freifrau von
Golm-Hochstedt gesprochen zu haben. Die alte Dame war
theilwecse gelähmt und vermochte sich nur im Zimmer noth-
dürftlg fortzubewegen. Freilich, wie sie,etzt auf dem Sopha
saß, kerzengerade aufgerichtet, das feingeschnittene geistreiche
Gesicht, das noch immer Spuren einstiger großer Schönheit
aufwies, leicht geröthet, die großen glänzenden Augen auf
die Tochter gerichtet, war ihr keine Spur von Gebrechlichkeit
anzumerken.
„Ich soll Dir Grüße des Intendanten bestellen, Mama,"
sagte Dolores. „Das neuliche Plauderstündchen bei Dir
ist dem Major, wie er sagt, noch in angenehmster Er-
innerung; er will Dir nächstens seine Frau bringen, damit
sie Dich kennen lerne und sich auch unser „Buen Retiro"
ansehe." . . ^ .
Die alte Dame seufzte lebe und ließ ihre Blicke im
Zimmer uwberschweifen, dessen eigenartige und kostbare,
aus Argentinien mit derübergebrachte Einrichtung wohl
sehenswerth erschien. „Reste vergangener Herrlichkeit, die
nur an verlorenes Glück gemahnen!" bemerkte sie dann
restgnirten Tones und versank in trübes Schweigen.
(Fortsetzung folgt.)
Stadt-Theater.
/I Heidelberg, 10. April.
„Neigung". Schauspiel in 4 Aufzügen von J.J. David.
Der Dichter hat sich die Figuren seines Schauspiels mit nicht
zu leugnendem Geschick zusammengesucht und jede einzelne — mit
Ausnahme der Familienmutter — sicher gezeichnet. Er führt
uns eine österreichische Beamtenfamilie vor. Der Mann ist im
Hauptberuf Kassier, im Nebenberuf unverbesserlicher Projekte-
macher; unermüdlich wälzt er unrealisirbare--Erfindungen in sei-
nem Kopf herum. Seine Freunde am Stammtisch haben ihren
Spaß daran, ihn in seine Phantastereien hineinzuheben und
L aooto seiner zukünftigen Patente auf seine Rechnung zu zechen.
Daheim bei ihm aber ist der Nothstand groß. Das Ende ist,
daß er in die Kaffe greift, um Mittel zur Ausführung seiner
Pläne in die Hand zu bekommen und sich zum Fenster hinaus-
stürzt, als die Polizei ihn zu holen kommt.
Die Frau ist durch ein dreißigjähriges Zusammenleben mit einem
solchen Mann, der „ja nichts für sich braucht" und ihr dabet
ungenirt den letzten Haushaltungsgroschen ausführt, erbit-
tert; die ewige Haushaltungsmissre drückt sie nieder, und als
ein junger^Bürgerschullchrer um ihre älteste Tochter freit, räth