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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0291

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Air 61.

Deutsches Reich
— Wie die Nordd. Allg. Ztg. meldet, empfing der
Reichskanzler am 12. d. in Gegenwart des Staats-
bekretärs des Reichsjustizamtes mehrere hervorragende
Vertreter von Kunst und Wissenschaft, um sich
Uber die Bedenken näher zu unterrichten, welche gegen
^Nzelne Bestimmungen der „lex Heinzc" in künstlerischen
Und wissenschaftlichen Kreisen hervorgctreten sind. Er-
ichienen waren Professor Menzel, Professor Mommsen,
-"einhold Begas, Professor Eberlein, ferner Sudermann
Und L'Arronge. Im Verlauf der Unterredung ergab sich,
über die Tragweite der Regierungsvorlage und über
me ihr zugrunde liegende Absicht der Regierung trotz aller
bisherigen Verhandlungen noch erhebliche Mißverständ-
et obwalten. Die Herren verkannten die Berechtigung
ber geltend gemachten Gesichtspunkte nicht, vermochten aber
me Bcsorgniß nicht zu unterdrücken, daß die Fassung
mr vorgeschlagenen Bestimmungen zu einer gefährlichen
Willkür in den Kreisen der unteren polizeilichen Organe
lUhren und von den Gerichten anders ausgelegt werden
Könnten, als die Regierung sie verstanden wissen wolle.
Reichskanzler nahm daraus Anlaß, zu erklären, daß
^ letzterer Beziehung die Verhandlungen im Reichstag
Gelegenheit geben würden, die Meinung der Regierung
^zweideutig festzustellen, in crsterer Beziehung aber die
^on den Landesregierungen zu erlassenden Ausführungs-
bestinimungen empfindlichen Belastungen des Verkehrs Vor-
beugen würden. Es sei, fügte der Reichskanzler hinzu,
b^der seine, noch der verbündeten Regierungen Absicht,
ber künstlerischen und wissenschaftlichen Thätigkeit eine
beniinende Schranke zu setzen. Beim Schlüsse der Unter-
Andlung bat Professor Mommsen den Reichskanzler um
^>Nen und der verbündeten Regierungen Schutz gegen
^biaige Uebergriffe der Gesetzgebung auf dem so außer-
ordentlich feinfühligen Gebiete der Kunst und Literatur.
Her Reichskanzler sagte den Schutz bereitwilligst zu, be-
merkte aber, daß die Regierung nicht lediglich auf solche
/-ssschauungen, wie sie von den Anwesenden vertreten
Wurden, Rücksicht nehmen könne, sondern auch die
heileren Schichten des Volkes, die von anderen, zum
Hheil entgegengesetzten Empfindungen geleitet würden, hören
müsse.
^ Deutscher Reichstag. Berlin, 12. März. Zweite
^"athung des Münzgesetzes.
Zu Art. 1, Einziehung der goldenen Fünfmarkstücke, bean-
die Kommission, bei der Ausprägung von Goldmünzen auf
«e vermehrte Ausprägung von Kronen hinzuwirken,
a. Es wird verhandelt über die Art. 1 und 1 betr. die Reichs-
Mermünzen, sowie vie Einziehung von Landessilbcrmünzcn.
s,, Abg. Dr. Arendt (Reichsp.): Das Beste an dem Gesetze
i'- daß es lange Zeit zur Durchführung brauche. Die Haupt-
b Me sei die Vermehrung des Goldbestandes der Reichsbank, um
z b hoben Zinsfuß zu vermindern. Der Art. 4 sei ebenso un-
sjAMsührbar mit dem Antrag Schwarze, der beantragt, Landes-
l, o^rmjjnzen insoweit einzuzichen, als solche für die Neuprägung
z v deren Kosten erforderlich sind. Der Redner beantragt so-
sür». die Wiederherstellung des zurückgezogenenÄulrags Schwarze,
*^ie Neuprägung Silberbarren anzukaufen.
Staatssekretär Dr. Frhr. o. Thielmann bezeichnet den
zr.sfvg Arendt als unannehmbar und weist darauf hin, daß die
»j sMsbankstellen feststellten, daß die Thaler für den Verkehr
hMt überall beliebt seien. Dagegen sei von den Handelskam-
st,st" in Westphal.n eine Bewährtheit der Fünfmarkstücke festge-
"t worden.
Ar, längerer Diskussion folgt die Verhandlung über die
''2 und 3. Die Abstimmung wird zunächst ausgcsetzt.
t>, ^ibg. Arendt beantragt einen Art. 4 a, wonach Niemand
„Is ^ Mtet jst, für mehr als 1000 Mk. Fllnfmarkstücke und mehr
AfdO M sonstige Reichssilbermünzen in Zahlung zu nehmen,
tz,,?.: Arendt begründet seinen Antrag und will ihn an die Kom-
zurückverweisen.
W^kber Art. 5 findet keine erhebliche Verhandlung statt. Die

Romanfeuilleton mußte
mMeiben.

heute Raummangels wegen

Stadt-Theater.
O Heidelberg, 13. März.
h-.-D " Biberpelz". Diebskomödie in 4 Akten von Gerhart
ouvtmann.
1k verhört Hauptmann noch in der Gedankenwelt seiner
A,,^°er" und seines „Vor Sonnenaufgang" lebte und vor den
Zolas und Ibsens, Marxens und Tolstois Spenden
ir„m°chte, als er nichts war denn ein simpler Privatmann, der
Ert„ Mo bei Berlin auf dem Sande von Friedrichshagen oder
T,"" in Gemeinschaft mit den Heinrich und Julius Hart, den
tza-Ogns, Kampffmeyer, Bölsche und Bruno Wille ein idyllisch
Geir. . iührte. mag er eines schönen Tages, dieweil noch der
dai>°» Sozialistengesetzes durchs Land raste und seine Opfer
"t>Iin mußte, den Verdacht und den Unwillen eines preußischen,
Un Amtsvorstehers erregt haben.
feinnervige Dichter sich ärgern, fallen manchmal als
die A "uliat literarische Prachtstücklein ab. Daß Amtsvorfteher,
von?^mlosen Dichtern und Denkern so lästig werden können,
ein,/" Weisheit dieser Welt, ja von Einsicht, ja auch nur von
zer^ äewisscn Schlauheit sehr weit entfernt sein können, darüber
UrwiÄ. ^eh Hauptmann den Kopf und siehe — er erfand ein
Weib aus dem Volke der Mark, die mußte der
lenl„men Stelle ein Schnippchen schlagen, die mußte die privi-
>ddse„E Amtliche Weisheit nasführen. Dieweil die Polizei der
lhr f,r."Ls,"Vligiösen und Demokraten Spuren nachgräbt, tanzen
H"be auf der Nase herum I Der Dieb kann laufen,
muß der Rothe!
dg^7? ?"gt denn Hauptmann. daß die preußische Polizeiausübung
steckt, m .einem Uebermaß von politischem Geschäftseifer
deg, ^ ihre wahre Aufgabe, den Schutz des Bürgers vor
gemeinen Diebstahle, vergessen machte.
Me„i/ ?? also irgendwo bei Friedrichshagen an der Spree-
o Waschfrau Wolfs». Eine liebenswürdige Dame:
LA? - Nee! Jh bewahre. Man 'n bisken mausen!"
"tier Krügers behandeln ihre älteste Tochter, die Dienst-

Wnslog, den 13. Mn

IS«V.

Kommission beantragt einen Art. 6, wonach der Bundesrath er-
mächtigt sein soll, Fünf- und Zweimarkstücke als Denkmünzen in
anderer Prägung Herstellen zu lassen. Hierzu liegt ein redaktio-
neller Antrag Kirsch und ein Antrag Fischbeck auf Streichung
des Artikels vor.
Nach Bemerkungen der Abgg. Kirsch, Fischbeck und Gamv.
sowie des Staatssekretärs Dr. Frhrn. v Thielmann verliest der
Berichterstatter den Bericht über die Petitionen zu dem Gesetz.
Sodann vertagt sich das Haus.
Morgen 1 Uhr: Rechnungssachen, lsx Heinze, Abstimmungen
über das Münzgesetz
Badischer Landtag. 6. 6. Karlsruhe, 12. März.
(43. Sitzung der Zweiten Kammer.) Die Bitte des
Bad. Geometcrvereins um Besserstellung der Geometer
und der Bureauassistenten bei den Bezirksgeomcterstellen
um Abänderung ihres Titels und Einweisung in die Ge-
haltsklasse H wird gemäß den früher mitgetheiltcn Kom-
missionsanträgen erledigt.
Abg. Frank berichtet hierauf über Titel XIV des Budgets
des Ministeriums des Innern (Lande s st atistik). Die Kom-
mission beantragte Ablehnung der von der Regierung geforderten
weiteren Revisorstelle und der angeforderten Stelle eines wissen-
schaftlich gebildeten Assistenten. Minister Dr. Eisenlohr, der
noch in der letzten Stunde ein Schreiben an die Bndgetkommis-
sion gerichtet hatte, da« aber den Mitgliedern erst heute zuging,
bat dringend, die Positionen zu genehmigen. Das statistische
Landesamt. das mit Arbeiten überhäuft sei, habe dringende Auf-
gaben zu erledigen, u. a. eine Statistik über den Besitz der tobten
Hand, über die Schuldverhültntsse auf dem Lande; ferner sei die
längst begonnene Gewerbestatistik noch nicht zu Ende geführt.
Die Abgg. Dr. Fieser und Dr. W i l cke n s beantragten hierauf,
die Position wiederherzustellen. Abg. Wacker glaubt, daß man
auf dem Gebiet der Landesstatislik recht weitherzig sein müsse,
Er vermisse u. a. auch noch eine Landtagswahlstatistik. Wenn
die Kommission einmal ans Streichen gehe, dann sollte sie wenig-
stens größere Posten streichen. (Heiterkeit.) Die Anträge Dr.
Fieser und Dr. Wilckens werden hierauf einstimmig ange-
nommen, ebenso die übrigen Positionen des Titels.
Abg. Frank berichtet weiter über Titel XV: Förderung der
Gewerbe. Minister Dr. Etsenlohr bemerkt, daß er für
seine Person gegen die Erhöhung der Position 4 (zum Besuch der
Pariser Weltausstellung) von 30001 auf 51000 Mark nichts
einzuwenden habe; dagegen widerspreche der Herr Finanzminister
der Aenderung des Budgets. Er sei aber gerne bereit, einen
entsprechenden Posten im Nachtrag zum Budget einzustellen.
Redner schlägt daher vor, nur die ursprüngliche Summe von
30 000 Mark zunächst zu bewilligen und den Nachtrag abzuwarteu.
Abg. Fieser glaubt, daß die Erklärung des Finanzministers
eine Prinzipienfrage berühre. Das Haus müsse schon der Konse-
quenzen wegen auf dem Kommissionsbeschluß beharren, zumal
ihm zweifellos verfassungsmäßig das Recht zustehe, auch ohne
Zustimmung des Finanzministers eine Position zu erhöhen.
Uebcrdies stimme der Ressortminister der durchaus berechtigten
Erhöhung zu. Der Ansicht Fieser's schlossen sich Birken-
mayer, Dr. Hetmburger, Höring und Wacker an.
Minister Dr. Eisenlohr erklärt, daß die Sache nicht die Be-
deutung habe, die Fieser ihr beilege. Es könne allerdings keinem
Zweifel unterliegen, daß die Budgetkommission das Recht habe,
einzelne Positionen zu erhöhen, allein die Regierung trage für
die Ausgaben die Verantwortung. Man müsse eine Verständigung
suchen in der Weise, daß das Haus die Regierung auffordert,
eine Nachtragsforderung einzubringen. Nicht unbedenklich scheine
ihm der Antrag, die Position für übecschreitbar zu erklären, ohne
daß der Regierung eine bestimmte Direktive gegeben wird. Die
Zahl der Gesuche würde sich dadurch in's Ungemessenc steigern.
Abg. Grüninger bittet die Regierung, der Lehrlingszüchlerei
ihr Augenmerk zuzuwenden. Zum Besuch der Weltausstellung
sollten auch Gewerbetreibende, die keiner Vereinigung angehören,
Unterstützung erhalten Abg. Blatt mann wünscht schärfere
Kontrolle des Flaschenbierhandels, der auch zur Besteuerung
herangezogen werden sollte- Abg. Hoffmann bittet die Bei-
träge zum Besuch der Weltausstellung in erster Linie bedürftigen
Gewervetreivenden zuzuwenden; ferner möge die Regierung darauf
scheu, daß in den Handwerkskammern möglichst viele Berufsorten
vertreten sind. Abg Eder begrüßt die größeren Anforderungen
in Titel XV. In seinem Bezirk gaben die Gewerbetreibenden
noch wenig von den Staatsunterstüßunge» zu sgüren bekommen.
Abg. Schaier criucllt die Regierung, daraus zu achten, daß die
1'chrlinge nur in Werkst tteu kommen, in denen keine Soezial-
arlikel gefertigt werden, damit sie eine durchgreifende Ausbildung
erhalte". Adg. Mampel wundert sich, daß für die Landwirthe
ie Ine Beiträge zum Besuch der Weltausstellung einaeüellt sind.

Geb. Oberreg.-Rath Braun macht Mittheilungen über die
Betheiligung der badischen Industrie an der Pariser Welt-
ausstellung. Von den ca. 1200 deutschen Ausstellern sind über
100 Badener. Die Hauptgruppen enthalten: Optik. Maschinen,
Nahrungsmittelindustrie (Freiburger Bretzel), Kunstgewerbe,
Möbel- und Tapezierarbeiten, Keramik, Chemie, Papierfabrikation,
Bijouterie, Schwarz«. Uhrenindustrie, Arbeitswohlfahrt, Pläne,
Modelle. Er hege die Zuversicht, daß Baden ehrenvoll vertreten
sein und zum Erfolg der deutschen Abtheilung wesentlich
heitragen wird. Die eingestellten Beiträge werden ausschließlich
für Industrielle, Gewerbetreibende, Handwerker und Arbeiter ver-
wendet. Die Regierung rechne auf die gewerblichen Vereinigungen,
daß sie solche Leute bezeichne, die geeignet sind. Redner giebt
weiter seiner Freude Ausdruck, daß die Wahlordnung für die
Handwerkskammern in den betheiligten Kreisen eine so günstige
Aufnahme gefunden hat. Wünschenswerth wäre es, wenn die
Handwerkskammern dem Genossenschaftswesen ihr Augenmerk
zuwenden würden; der Unterstützung der Regierung dürfen sie
sicher sein. Gegen die Lehrlingszüchterei sei die Regierung, seit-
dem sie die gesetzlichen Mittel an der Hand habe, stets mit
Energie aufgetreten. Redner dankt schließlich für die freundliche
Aufnahme des Gewerbebudgets.
I» der Einzelberathung bemerkt Abg. Dr. WilckenS, daß
die Kommission es als ganz selbstverständlich vorausgesetzt habe,
daß die cinlaufendeu Gesuche um Beihilfe zum Besuch der Welt-
ausstellung sorgfältig geprüft werden. In den Blättern des
Landes sollte übrigens eine Bekanntmachung erlassen werden,
unter welchen Bedingungen eine Unterstützung zu erreichen ist
und an wen die Gesuche zu richten sind. Die einzelnen Positionen
werden genehmigt.
Schluß der Sitzung 7 Uhr. Nächste Sitzung morgen- Tages-
ordnung : Allgemeine Berathung über das Budget de»
Ministeriums des Innern.
Bayern. Ein Kellnerinnen-Verein ist vorige
Woche in München gegründet worden. Er stellt sich oen
M. N. N. zufolge zur Aufgabe, für gesetzgeberische Maß-
nahmen einzutreten, durch die die zahlreichen sanitären,
moralischen und sozialen Mißstände im Gewerbe der Kell-
nerinnen thunlichst beseitigt werden können. Auch soll der
Verein an der Hebung der Uebelstände arbeiten, an denen
die Kellnerinnen selbst schuld sind (Ueberangebot, Preis-
drückung). Er will den Kellnerinnen Nachrichten über den
Stand des Arbcitsmarktes zukommen lassen und insbesondere
den gedankenlosen Zuzug solcher Mädchen vom Lande fern-
zuhalteu suchen, denen der Beruf der Kellnerinnen als Ideal
vorschwebe. Ganz besonders wichtig aber ist Gewährung
kostenloser Stellenvermittlung für die Mitglieder, die am
besten in Anlehnung an das städtische Arbeitsamt erfolgen
wird. Nachdem der Vorstand, der aus neun Kellnerinnen
besteht, gewählt war, wurde oer Beirath konjtituirt, dem
angehören: Fräul. Freudenberg, Frl. Fellmcr, Frau v.
Trentini; die Herren Dr. Cohen, Dr. Brendel, Dr. Fritz
Trefz.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Kgl. Hoheit der Großherzog haben den evangel.
Pfarrern Friedrich Fath in Seckenheim und Theodor Nüßle
in Rüppurr das Ritterkreuz erster Klasse des Ordens vom Zäh.
ringer Löwen verliehen.
Karlsruhe, 12. März. In dem Befinden der Gro ß-
herzog in ist noch keine wesentliche Aenderung eingetreten.
Die Temperatur und der Puls sind noch immer nicht nor-
mal, wenn auch die Krankheitserscheinungen etwas abge-
nommen haben. Die zwei letzten Nächte waren schlafreich
und die Nahrungsaufnahme hat etwas zugenommen. Heule
Vormittag halb 11 Uhr erhielt der Großherzog den Besuch
des Prinzen Karl und des Grafen Rhena.

Ausland.
England. London, 12. März. Roberts tclegraphirt aus
Drietfonlain vom 8.: Ich habe dem Präsidenten von
Transvaal und dem des Oranjefreistaats Telegramme ge-
sandt, worin ich neuerdings gegen den Mißbrauch der
Weißen Flagge vrotestirte. Ich habe dieselben benachrichtigt.

Mädchen dort ist (Leontine heißt sie ausgerechnet Leontine!) nach
ihrer Meinung zn schlecht. „Schmd'st Du meine Kmd-r stehC
ich Dir Dein Holz", argumentirt die Wolffm Sie hat eben
ein energisches Temperament oder „Temperatur wie sie selbst
es nennt.
Zufällig äußert nun der Ehrenmann Schiffer Wulkow, der
der Wolffn ab und zu einen Rehbock abkauft (der Ehemann
Schiffer Wolfs wildert daun und wann), den Wunsch nach einem
Pelz. So was möchte er gern kaufen, und wenn er 60 Thaler
anlegen müßte! Dem Manne kann geholfen werden, den»
Mutter Wolffn. Wozu hat sich denn Rentier Krüger erst neu-
lich einen Biberpelz angeschafft? Gedacht, gethan. Der andre
aber geht und klagt; Rentier Krüger nämlich geht zum Amtsvorsteher
von Wehrhau Anzeige machen, erst wegen des gestohlenen Holzes,
nun wegen des Biberpelzes. Da kommt er aber schlecht an.
v. Wehrhan hat anders zu thun, als ,olche Unterstichungen ein-
zuleiten. Er möchte gern in die Hohe und zu dem Zweck einen
recht fetten Fang au Sozialisten und vermeintlichen Staatsver-
schwörern thun: „Die allgemeine Säuberung ist die Parole!
Zwei famose Amtsoerhandlungen sind dann der Kern der
Sache, Verhandlungen, die zu dem Lustigsten gehören, was wir
auf der dichterischen Bühne zu sehen bekommen. Der Anzeige
Erftattende (Krüger) möchte immer, daß seine Sache, der Dieb-
stahl, verhandelt werde, und der Amtsvorsteher mochte, durch
einen Vigilanten (.Schriftsteller" Motes) aufmerksam gemacht,
immer die Staatsverschwörung entdecken. So verstehen sie sich
nicht.
Das Publikum ging auf den komischen Ton der Sache gutge-
launt ein und amüsirte sich vortrefflich. Leider hat der Dichter
den guten Amtsvorsteher arg grell getuscht Dieser Chef der
Polizei ist einfach dümmer als es die Polizei erlaubt. Sonst ist
das Lustspiel an Feinheiten. Beziehungen, geistreichen Wendungen
überreich Hervorgehoben sei nur Zweierlei. Einmal: Die Wolffn
läßt sich, als sie sich zum Diebszug alffmacht, vom nichtsahnen-
den Amtsdiener Milteldorf die Stricke reichen und die Laterne
Hallen. Zum Andern: Amtsvorsteher v. Wehrhan erbittet sich
von derselben Mutter Wolffn, der Diebin, die er aber für die

ehrlichste Seele von der Welt hält, Auskunft über verschiedene
„Individuen", die ihm verdächtig erscheinen!
Das ist sehr komisch.
Seit vor sieben oder acht Jahren der „Biberpelz" im Deutschen
Theater in Berlin seinen heiß bekämpften Erfolg errang, hat der
Geist unserer lieben Berliner sich zu Gunsten Hauptmanns ent-
schieden, und so erleben denn auch wir endlich eine Erstaufführung
dieser lustigen Komödie. Daß der dritte zum ersten, der vierte
zum zweiten Akt in einem bedenklichen Parallelismus steht, kann
den Werth des Stückes nicht in Frage stellen. Wer 'mal an-
ständig, nicht aus Anlaß einer Blumenthaleret, lachen will, schau
sich den „Biberpelz" an.
Und wie überaus brav war dazu die Aufführung auf unsrer
Bühne! Wahrhaft niederländisch-Tenierssches Halbdunkel lagerte
über der Höhle des Schiffers Wolfs. Wie nett die Ausstattung
des Amtslokals! Wie sehr zu loben die Jnscenirung und die
Regie des Herrn Kauerl Er spielte den Wehrhan. Man muß
es sehen, wie er seinen langen Bleistift benutzte, um die nöthige
Distance zwischen sich und den Leuten zu schaffen. Wie fein
sprach er alles und jedes ins Besondre. z. B. das köstliche:
„Ekelhaft", oder die liebenswürdige Herablassung in der Ver-
handlung mit der Wolffn. Diese war Frl. Krüger. Sie trug
das Stück und gab Vorzügliches. Hart, verschlagen, nüchtern
im Ton, dann wieder nicht ohne Wärme und Freundlichkeit. Ausge-
zeichnet die beiden Scenen im ersten und dritten Akt mit dem Bieder-
mann von Gatten, dreist, ruhig, überlegen in den Verhandlungen mit
Krüger, den Herr Sigl vorzüglich verkörperte. Der kleine Ren-
tier, Mitglied des liberalen Bezirksvereins, knorrig, polternd, der
Behörde vorsichtig nahend, dann bei der nöthigen Ursache los-
brechend. Alles war da, alles kam so schön heraus, die Maske
überaus wirksam; wir waren durch den frischen Poltergeist, der
aus der Gestalt des Herrn Sigl herausbrach, überrascht und er-
freut. Leontine war Frl. Klär. Die andere Tochter der Wolffn
fpielte Frl. Saldern sehr echt, im Ton ohne jede Uebertreibung.
Das sagt viel. Alle übrigen Gestalten schlossen sich zu einem vor-
züglich treffenden Gesammtbild zusammen. . , ^ . ...
Herr Bauer hatte den Schiffer Wolfs in letzter Stunde über-
 
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