^ Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
irei in's Haus gebracht,
^urch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1,25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.
Ternsprech-Anschluß Nr. 82.
Jnsertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeiie oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigm bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Auichlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb, Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
Münks, den 12. Kimm
I8V«.
Die Organisation des Handwerks in Baden.
L.R. Das von den Handwerkern des Landes schon
lange sehnlichst erwartete Statut für die neu zu bildenden
Handwerkskammern und das Wahlverfahren zu den letzteren
'st soeben seitens des Großh. Ministeriums des Innern im
Entwurf veröffentlicht und sämmtlichen gewerblichen Ver-
einigungen zur Kenntnißnahme mitgctheilt worden. Wie
wir erfahren» kann das Statut sammt Wahlverfahren von
ledem Inhaber des Badischen Handwerkerkalenders" (Preis
1 Mk.) seitens des Verlags der Braun'schen Hofbuch-
druckerei in Karlsruhe portofrei und gratis bezogen
werden. Nach dem Entwurf sollen in Baden vier Hand-
werkskammern errichtet werden, die wohl in allernächster
Bälde in Kraft treten werden, und zwar in Karlsruhe,
Mannheim, Freiburg und Konstanz- Jede Kammer besteht
aus 20 Mitgliedern; Mitglied kann aber nur werden, wer
das 30, Lebensjahr zurückgelegt hat, im Bezirk der Hand-
werkskammer ein Handwerk mindestens seit 3 Jahren selbst-
ständig betreibt und zum Amt eines Schöffen fähig ist.
Beamte, Fabrikanten oder Handwerker a. D. können also
Nicht Mitglieder der Handwerkskammer sein. Die 20
Handwerker gehen hervor aus den Wahlen der Handwerker
stlbst. Das Recht in die Handwerkskammer zu wählen
"nd gewählt zu werden, steht nur solchen Handwerkern zu,
Welche Mitglieder einer Handwerkervereinigung (Gewerbe-
verein, Innung u. s. w.) sind, alle übrigen nichlorganisirten
Handwerker, welche bisher die Aufforderung zum Eintritt
'n den Verein zurückgewicsen oder verlacht haben, sind nun
Wi Nachthcil, da sie vom Wahlrecht ausgeschlossen sind;
Dagegen dürfen und müssen sie, ohne daß sie irgend etwas
iu den Handwerkskammern mitzusprechen hätten, zu den
Kosten der Handwerkskammer beilragen.
Da die Zahl und Art der gewerblichen Vereinigungen
Baden schon sehr groß ist (über 400 Vereine mit etwa
^5000 Mitgliedern), so werden innerhalb jedes Hand-
^erkskammerbezirks 4 Wahlkörper (Innungen, Fachgenossen-
ichaften, Handwerkervereine und Gewerbevereinc) gebildet,
^on welchen jeder eine bestimmte Zahl von Mitgliedern
"er Kammer aus den wählbaren Mitgliedern der ihm an-
üehörigen Vereinigungen wählt. Wie viel Kammermit-
lllieder von den Innungen, wie viel von den Handwerker-
Bremen u. s. w. gewählt werden dürfen, hängt von der
Bestimmung des Landeskommissärs ab, der jeder Wahl-
berechtigten Vereinigung die erforderlichen Stimmzettel zu-
Sehen läßt.
,. Damit sich nicht Handwerker an der Wahl bethciligen,
b's vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, muß jeder Verein
'e>ne Mitgliederliste dem Großh. Bezirksamt zur Prüfung
erreichen und zur Einsicht der Betheiligten bezw. zur Vor-
beugung von Einsprachen öffentlich eine Woche lang aus-
sen. Der Vorsitzende des Vereins hat die General-
"ezw. Mitgliederversammlung so frühzeitig zur Vornahme
^ Wahl einzuberufcn, daß die zur Rücksendung des
Stimmzettels festgesetzte Frist eingchaltcn weiden kann,
l^ie Versammlnng beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit
erschienenen wahlberechtigten Mitglieder, welche Personen
'w als Mitglieder der Handwerkskammer und welche als
Matzmänner wählen wollen; bei Stimmengleichheit ent-
'weidet das Loos. Dazu ist — was außerordentlich
^,'chtig ist und eine Stimmenzersplitterung vermindern
m ^ — S» bemerken, daß jede wahlberechtigte Vereinigung
,7^ Stimme einheitlich für so viele Mitglieder und
, ^atzmänner der Kammer abgiebt, als im Ganzen auf
2^ Wahlkörpcr, welchem sie angehört, entfallen.
oinnach entfällt auf die im Stimmzettel giltig ein-
L^agenen Personen jeweils diejenige Zahl von Stimmen,
Fürst Margoni.
^ Roman von Moritz Lilie.
(Fortsetzung.)
halbe Million erscheint auch mir beaehrenswerth," sagte
dy^,"^,rof lächelnd: „da wir aber auf dieselbe werden
Wns Lstg verzichten müssen, so wollen wir wenigstens nehmen,
lein uns bietet. Und dazu muß Helene hilfreiche Hand
Sn dadurch, daß sie die Kleine an uns fesselt, ihr Ver-
du^Men schafft und freundlich mit ihr verkehrt, nicht aber
schroffes und abstoßendes Entgeaentreten sie unserem
>vn,^ entfremdet, noch ehe sie eigentlich recht heimisch ge-
"ni> § Dir mußt ihr das begreiflich machen, Agathe,
chid-.R^E 'st klug und einsichtig genug, um nicht zu
die Ä'"ben. Sie wird sich dann auch nicht weigern,
Kl-j»7°"de bei Baron Esche zu besuchen: sie mag ein
Uon der vorjährigen Saison anlegen, das kennt kein
ersch h^Ebr, wenn ihr die neue Robe nicht mehr gut genug
e>Ne1?As der vorjährigen Saison?" fragte die Gräfin in
Kohl als habe sie nicht recht gehört, .das ist doch
ersch st'ust Dein Ernst. Otto! In einem vorjährigen Kostüm
kenn U D"zu bringst Du weder mich, noch Helene, und
^ob- « .stk uicht ermächtigst, im Modemagazin sich eine
lchgs. .s^ch Gefallen auszuwählen, wird sie der Abendgesell-
sthlen ^rn bleiben, obgleich sie gerade hier sehr ungern
L, wird.
E"n denn — in . . .*
^lme». ^ »Tkusels Namen! wollte er sagen, aber er ver-
L'k das derbe Wort.
stchllich ersreut^"° Zustimmung Otto?" rief Frau Agathe
doch, ja!" versetzte unfreundlich fast barsch der
g'Üruun - nur dafür, daß Helene die nöthige Auf-
^ufenik^,^^ ^ ,^dre Aufgabe ist es zunächst Valerien den
uair hier so angenehm als möglich zu machen, damit
welche als Stimmenzahl der betreffenden gewerblichen Ver-
einigung festgesetzt und auf dem Stimmzettel eingetragen
ist. Der Landeskommissär sammelt die ihm einzusendenden
Stimmzettel, stellt das Wahlergebniß in einem Protokoll
zusammen und setzt nach erfolgter Prüfung der als ge-
wählt zu betrachtenden Personen die Gewählten von der
auf sie gefallenen Wahl in Kenntniß.
In ähnlicher Weise finden auch die Wahlen zum
Gcsellcnausschuß bei der Handwerkskammer statt. Im All-
gemeinen walten die Mitglieder der Handwerkskammer
sowie des Gesellenausschusscs ihr Amt als Ehrenamt un-
entgeltlich, doch erhalten sie bei amtlichen Verrichtungen
Ersatz der baaren Auslagen und Reisespesen, sow'e Ent-
schädigung für Zeitversäumniß, und zwar die Vertreter
des Handwerks 6 Mk., die der Gesellen 4 Mk. 50 Pfg.
pro Tag. Bei etwa nöthig fallendem liebernachten wird
außerdem eine Vergütung von 2 Mk. gewährt. Wie uns
mitgctheilt wird, soll der vorliegende Entwurf vor seiner
definitiven Veröffentlichung einer Berathung mit Sach-
verständigen aus den Handwerkskreisen unterzogen werden.
Deutsches Reich.
— Die Kaiser Manöver finden in diesem Jahre
zwischen dem Gardecorps, verstärkt aus dem 3. Armee-
corps, und dem 2., verstärkt aus dem 17. Armeecorps,
statt. Beide Armeecorps bilden je drei Infanterie-Divi-
sionen. Größere Pionierübungen werden an der unteren
Weichsel und Nogat, am Oberrhein bei Neubreisach und
in der Gegend von Düren, Jülich, Köln abgehalten.
Deutscher Reichstag. Berlin 10. Febr. Flotten-
gesetz.
In der weiteren Berathung des Flottengesetzes hält Abg.
Bebel eine Rede für die Kultur, gegen den Krieg und allzu
große Kriegsrüstungen, und erklärt sich Namens seiner Partei
gegen eine Kommissionsberathung der Vorlage.
Nach einigen Gegenausführungendes Staatssekretärs Tirpitz
betont Abg. von Wangen heim (B. d. L.) den agrarischen
Standpunkt zu der Vorlage; er stimme ihr aus nationalen Ge-
sichtspunkten zu, verlange aber von der Regierung, daß in der
zukünftigen Handelspoltiik der Regierung die Landwirthschaft die
gebührende Beachtung finde. Bezüglich der Deckungsfrage fordert
er neben der Anleihe die Besteuerung der an der Flotte interes-
sirten Kreise.
Darauf nimmt der Abg. Conrad Haußmann (Demokrat)
das Wort, und begründet den grundsätzlich ablehnenden Stand-
punkt seiner Partei gegen die vorliegende Flottenvorlage in ähn-
licher Weise wie gestern Abg. Richter.
Graf Posado wsky bezeichnet diese Ausführungen als eine
Umschreibung der Rede Bebels (Widerspruch links) und spricht
von kleinlichen konstiiutionellen Bedenke» bei einer großen natio-
nalen Frage. Ohne die Armeeorganisation würden wir auch kein
deutsches Reich haben (Beifall rechts, Widerspruch links) und
keine so glänzende Entwicklung aller unserer Verhältnisse.
Abg. Ni hier (bayr. Bauernbund) hat Bedenken gegen diese
Vorlage, will sein Urtheil aber noch nicht festlegcn.
Staatssekretär T irp itz weist die Behauptung zurück, daß
das Floltengesetz von 1898 einen Pakt darstelle, der durch die
neue Vorlage durchbrochen werde.
Die Vorlage wird hierauf an eine Kommission verwiesen.
Baden. Karlsruhe, 10. Febr. Abg. Landgerichts-
rath Lauck (Centr.) wurde zum Landgerichtsdirektor in
Waldshut ernannt.
L.O. Karlsruhe, 11 Febr. Ultramontane Blätter
besprechen eifrig das Duell Fendrich-Wacker in der
vorletzten Sitzung der Zweiten Kammer und gelangen ein-
stimmig zu dem Schluß, daß die Sozialdemokratie
zweifellos die größte und gefährlichste Feindin
der positiven christlichen Religion ist. Zu Mahl-
zeiten meidet die fromme Cenirumspresse ängstlich solche
Sprüche; da ist der Nationalliberalismus der schlimmste
Feind der Religion und die Sozialdemokratie das „kleinere"
Uebel, insbesondere wenn die Entscheidung vom Centrum
abhängt.
Karlsruhe, 10. Februar. Der Badische Eisen-
bahnrath trat heute Vormittag 10 Uhr im Gebäude
der Großh. Generaldircktion zu seiner 39. Verhandlung
unter dem Vorsitz Seiner Exzellenz des Ministers des
Großh. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten,
Herrn v. Brauer, zusammen. Die Tagesordnung hatte
folgende Punkte vorgesehen: 1. Entwurf des Sommerfahr-
plans 1900. 2. Mittheilung der Generaldircktion über
den VI. Nachtrag zum Verzeichniß der Ausnahmetarife.
3. Mittheilung der Generaldircktion über den Antrag der
Generaldirektion der Königl. Bayerischen Staatseisenbahnen
betreffend den Antrag über die Versetzung von Mehl und
Mühlcnfabrikoten in die allgemeine Wagenladungsklasse.
4. Mittheilung der Generaldircktion über die Be- und
Entladefristen für Güterwagen. Um 4 Uhr war die Sitz-
ung beendet.
Badischer Landtag. L.O Karlsruhe, 10. Februar.
(29. Sitzung de: Zweiten Kammer.)
Präsident Gönner theilt ein Schreiben des Staats-
ministeriums mit, in dem der Groß Herzog für die Bei-
leidskundgebung anläßlich des Ablebens der Herzogin von
Schleswig-Holstein den herzlichsten Dank ausspricht.
Eingegangen ist eine Petition der Gemeinde Reichen-
buch (A. Mosbach) um Erhöhung des StaatszuschusseS
zur Wasserleitung, ferner ein Gesuch der Gemeinde Stau-
fen um Erhaltung der dortigen Burgruine.
Die Berathung über den Justizetat wird fortgesetzt.
Die Abgg. Schmid und Ar mb ruft er danken für die Ein-
stellung einer Summe zur Erwerbung von Bauplätzen für Amts-
gerichtsneubauten in Eberbach bezw. Ettenheim und bitten um
thunlichste Beschleunigung des Baus. Abg.Obkircher bespricht
die baulichen Verhältnisse im Landgericht Mosbach, wo Repara-
turen sowohl in den Diensträumen als in der Präsidentenwobnung
dringend nothwendig seien. Durch einen Anbau im Hofe könnte
Abhilfe geschaffen werden. Geh. Oberreg.-Rath Becherer glaubt,
daß ein Anbau im Hofe nicht gut angche, sagt aber im übrigen
Berücksichtigung der Wünsche Obkirchers zu.
Die Einnahmen — Titel 1 — werden debattelos genehmigt.
Abg. Breit« er berichtet sodann über Titel Vll der Aus-
gaben und Titel II der Einnahmen (Strafanstalten). DaS
badische Gefängnißweseu befinde sich in einem guten, geordneten
ustand. Der Strafvollzug werde human gehandhabt. Auch der
eschäftsbetrieb sei ein geordneter, so daß man von einer Kon-
kurrenz mit den Gewerbetreibenden nicht sprechen könne. Mil
dem Regiebetrieb habe man die besten Erfahrungen gemacht im
Gegensatz zu Preußen, wo man noch das sog. Entreprise-System
hat. Der Gefangenenstand ist in derselben Höhe angenommen,
wie bisher. Angefordert sind u. A. zwei etatmäßige Hausärzte,
Gehaltserhöhung für zwei erprobte Vorstände, ferner 1 Oekonom
für das Freiburger Landesgefängniß. Im außerordentlichen
Etat findet sich u. A. eine Anforderung für die Erweiterung des
Krankenhauses des Landesgefängnisses in Bruchsal. Die Einnahmen
belaufen sich für beide Jahre auf 1929 344 die Ausgaben
im ordentlichen Etat auf 2 853578^., im außerordentlichen Etat
auf 258 990 Der Berichterstatter befürwortet schließlich die
Erbauung eines Aufseherwohngebäudes in Bruchsal, für die auch
Abg Hofmann warm eintritt. Letzterer wünscht ferner zweck-
mäßige Abänderung der Nachtwachen in der Bruchsaler Anstalt
durch Einrichtung voller Nachtwachen, so daß die Aufseher am
folgenden Tage dienstfrei sind. Geh. Oberreg.-Rath Hübsch
sagt die Erstellung eines Dienstwohngebäudes zu, sobald Mittet
vorhanden sind. Das Fürst Styrum'sche Hospitalgebäude werde
wahrscheinlich für die Zwecke eines Weiberzuchthauses Verwen-
dung finden. Eine vollständige Durchführung der Nachtwache set
nicht möglich ohne Verdoppelung des Personals.
Abg. Armbrust er wünscht Erstellung von Einfamilien-
häusern für die Aufseher.
Sämmtliche Titel werden genehmigt.
Nächste Sitzung: Montag, 12. Febr , Nachm. 4 Uhr. Tages-
ordnung : Petitionen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog ihaben den
Referendar Friedrich Schmitt von Neustadt unter Ernennung
diese die Heimalh bald vergesse; alles Uebrige wird sich dann
schon finden I" . ^ ,
Er verließ raschen Schrittes den Salon. . .
„Entweder Rehabilitirung oder eine Kugel - ein Drittes
gibt es nicht!" murmelte er vor sich hin. wahrend er hinter
der Portiere verschwand und den schweren Stoff so un-
sanft auseinanderschlug. daß derselbe in wogende Bewegung
"^Gkich darauf erhob sich auch die Gräfin und zog sich in
ihr Boudoir zurück.
Hl.
Im Hause des Baron Esche hatte sich eine glänzende
Gesellschaft zusammcnaefunden. Die klangvollsten Namen der
Residenz hörte man hier nennen, und keineswegs waren es
nur Vertreter der Aristokratie, welche die Raume füllten,
sondern auch die hervorragendsten Gelehrten und Künstler
— Schriftsteller. Maler, Bildhauer, Schauspieler und
Musiker — waren der Einladung des kunstliebendcn Haus-
herrn gefolgt. In ungezwungener Weise bewegten sich die
Gäste in den luxuriös ausgestattelen und alandend erleuch-
teten Räumen, und der Festgeber und seine Gattin mochten
in liebenswürdigster Art die Honneurs und trugen nicht
wenig zur Belebung der Unterhaltung bei.
Die künstlerischen Darbietungen des Abends waren vor-
über. und die Anwesenden drängten sich zu den ausgestellten
Buffets, zu deren Ausstattung alle fünf Welttheile ihre aus-
gesuchtesten Delikatessen belgesteuert hotten. Der Baron
gehörte zu den reichsten Leuten des Landes, und »eine Feste
waren wegen der Genüsse, die hier geboten wurden, bei allen
Feinschmeckern berühmt.
Die Gesellschaft begann sich >n Gruppen zu formiren, die
in den Salons und Zimmern sich zusammengefunden hatten,
wie cs gerade der Zufall fügte, und überall vernahm man
heitere Gespräche und fröhliches Lachen.
Ans einem Ecklopha hatte die Gräfin Hellwarth nnt ihrer
Tochter und Enkelin Platz genommen, ihnen gegenüber zwei
junge Offiziere von der Garde und ein älterer Herr in
Zivil, in dessen Knopfloch ein goldenes Kettchen mit einer
ganzen Garnitur in Miniaturformat nachgebildeter Orden
sich wiegle. Die Gräfin nannte ihn vertraulich „lieber
Legationsrath", und auch Helene behandelte ihn wie einen
alten Freund des Hanles, während er Valerien mit einer
gewissen zurückhaltenden Höflichkeit begegnete.
Helene sah in ihrer neuen, pfirsichblülhenfarbenen Robe
reizend aus, durch das Haar schlang sich eine feine Perlen-
schnur. die von mattrolhen Rosenknospen festaehalten wurde»
und ein ähnlicher Schmuck umschloß den Hals. Ihr Antlitz
strahlte von Glück und Frohsinn, sie lachte und scherzte mit
den Gardeoffizieren, und wer sie so beiter und fröhlich sah,
der hätte nie geglaubt, daß sie zuweilen so mißgestimmt und
launenhaft sein könne. Nur wenn einer der Offiziere sich
während der Unterhaltung zu speziell an Valerie wandte und
diese in ihrer unbefangenen Natürlichkeit ohne jede Koketterie
antwortete, warf sie die Lippe trotzig empor, und in den
Augen blitzte es auf wie Neid und Mißgunst: aber sie ver-
stand sich sofort wieder za beherrschen, - und im nächsten
Augenblick lag es auf ihrem Antlitze, wie Heller, warmer
Sonnenschein.
Und in der That hatte sie alle Ursache, auf ihre jugend-
liche Verwandte neidisch zu sein. Das vergißmeinnichtblaue
Kleid stand Valerie wunderbar, und die blonden Locken um-
wallten ihr Haupt wie goldener Schaum. Sie hatte es ver-
schmäht, im Haare irgend welchen Schmuck anznbringen,
aber gerade diele Einfachheit wirkte bestrickend und ließ diese
Zierde des Kopfes zur vollen Geltung bringen. Ihr größter
Schmuck aber waren fugend und Anmuth, die sie umflossen
wie ein duftender zarier Schleier; Helene erschien wie eine
stolze, farbenprächtige Georgine, vie ihr Haupt kalt und
selbstbewußt der Sonne zuwendet, Valerie dagegen glich
einer frisch erblühenden Rosenknospe, deren süßes Aroma und
schmelzendes Carrmn Auge und Herz erquickt.
(Fortsetzung folgt.)
sonntags ausgenommen.
Preis
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Vierteljahr!. 1,25 Mk.
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Jnsertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeiie oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigm bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Auichlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb, Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
Münks, den 12. Kimm
I8V«.
Die Organisation des Handwerks in Baden.
L.R. Das von den Handwerkern des Landes schon
lange sehnlichst erwartete Statut für die neu zu bildenden
Handwerkskammern und das Wahlverfahren zu den letzteren
'st soeben seitens des Großh. Ministeriums des Innern im
Entwurf veröffentlicht und sämmtlichen gewerblichen Ver-
einigungen zur Kenntnißnahme mitgctheilt worden. Wie
wir erfahren» kann das Statut sammt Wahlverfahren von
ledem Inhaber des Badischen Handwerkerkalenders" (Preis
1 Mk.) seitens des Verlags der Braun'schen Hofbuch-
druckerei in Karlsruhe portofrei und gratis bezogen
werden. Nach dem Entwurf sollen in Baden vier Hand-
werkskammern errichtet werden, die wohl in allernächster
Bälde in Kraft treten werden, und zwar in Karlsruhe,
Mannheim, Freiburg und Konstanz- Jede Kammer besteht
aus 20 Mitgliedern; Mitglied kann aber nur werden, wer
das 30, Lebensjahr zurückgelegt hat, im Bezirk der Hand-
werkskammer ein Handwerk mindestens seit 3 Jahren selbst-
ständig betreibt und zum Amt eines Schöffen fähig ist.
Beamte, Fabrikanten oder Handwerker a. D. können also
Nicht Mitglieder der Handwerkskammer sein. Die 20
Handwerker gehen hervor aus den Wahlen der Handwerker
stlbst. Das Recht in die Handwerkskammer zu wählen
"nd gewählt zu werden, steht nur solchen Handwerkern zu,
Welche Mitglieder einer Handwerkervereinigung (Gewerbe-
verein, Innung u. s. w.) sind, alle übrigen nichlorganisirten
Handwerker, welche bisher die Aufforderung zum Eintritt
'n den Verein zurückgewicsen oder verlacht haben, sind nun
Wi Nachthcil, da sie vom Wahlrecht ausgeschlossen sind;
Dagegen dürfen und müssen sie, ohne daß sie irgend etwas
iu den Handwerkskammern mitzusprechen hätten, zu den
Kosten der Handwerkskammer beilragen.
Da die Zahl und Art der gewerblichen Vereinigungen
Baden schon sehr groß ist (über 400 Vereine mit etwa
^5000 Mitgliedern), so werden innerhalb jedes Hand-
^erkskammerbezirks 4 Wahlkörper (Innungen, Fachgenossen-
ichaften, Handwerkervereine und Gewerbevereinc) gebildet,
^on welchen jeder eine bestimmte Zahl von Mitgliedern
"er Kammer aus den wählbaren Mitgliedern der ihm an-
üehörigen Vereinigungen wählt. Wie viel Kammermit-
lllieder von den Innungen, wie viel von den Handwerker-
Bremen u. s. w. gewählt werden dürfen, hängt von der
Bestimmung des Landeskommissärs ab, der jeder Wahl-
berechtigten Vereinigung die erforderlichen Stimmzettel zu-
Sehen läßt.
,. Damit sich nicht Handwerker an der Wahl bethciligen,
b's vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, muß jeder Verein
'e>ne Mitgliederliste dem Großh. Bezirksamt zur Prüfung
erreichen und zur Einsicht der Betheiligten bezw. zur Vor-
beugung von Einsprachen öffentlich eine Woche lang aus-
sen. Der Vorsitzende des Vereins hat die General-
"ezw. Mitgliederversammlung so frühzeitig zur Vornahme
^ Wahl einzuberufcn, daß die zur Rücksendung des
Stimmzettels festgesetzte Frist eingchaltcn weiden kann,
l^ie Versammlnng beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit
erschienenen wahlberechtigten Mitglieder, welche Personen
'w als Mitglieder der Handwerkskammer und welche als
Matzmänner wählen wollen; bei Stimmengleichheit ent-
'weidet das Loos. Dazu ist — was außerordentlich
^,'chtig ist und eine Stimmenzersplitterung vermindern
m ^ — S» bemerken, daß jede wahlberechtigte Vereinigung
,7^ Stimme einheitlich für so viele Mitglieder und
, ^atzmänner der Kammer abgiebt, als im Ganzen auf
2^ Wahlkörpcr, welchem sie angehört, entfallen.
oinnach entfällt auf die im Stimmzettel giltig ein-
L^agenen Personen jeweils diejenige Zahl von Stimmen,
Fürst Margoni.
^ Roman von Moritz Lilie.
(Fortsetzung.)
halbe Million erscheint auch mir beaehrenswerth," sagte
dy^,"^,rof lächelnd: „da wir aber auf dieselbe werden
Wns Lstg verzichten müssen, so wollen wir wenigstens nehmen,
lein uns bietet. Und dazu muß Helene hilfreiche Hand
Sn dadurch, daß sie die Kleine an uns fesselt, ihr Ver-
du^Men schafft und freundlich mit ihr verkehrt, nicht aber
schroffes und abstoßendes Entgeaentreten sie unserem
>vn,^ entfremdet, noch ehe sie eigentlich recht heimisch ge-
"ni> § Dir mußt ihr das begreiflich machen, Agathe,
chid-.R^E 'st klug und einsichtig genug, um nicht zu
die Ä'"ben. Sie wird sich dann auch nicht weigern,
Kl-j»7°"de bei Baron Esche zu besuchen: sie mag ein
Uon der vorjährigen Saison anlegen, das kennt kein
ersch h^Ebr, wenn ihr die neue Robe nicht mehr gut genug
e>Ne1?As der vorjährigen Saison?" fragte die Gräfin in
Kohl als habe sie nicht recht gehört, .das ist doch
ersch st'ust Dein Ernst. Otto! In einem vorjährigen Kostüm
kenn U D"zu bringst Du weder mich, noch Helene, und
^ob- « .stk uicht ermächtigst, im Modemagazin sich eine
lchgs. .s^ch Gefallen auszuwählen, wird sie der Abendgesell-
sthlen ^rn bleiben, obgleich sie gerade hier sehr ungern
L, wird.
E"n denn — in . . .*
^lme». ^ »Tkusels Namen! wollte er sagen, aber er ver-
L'k das derbe Wort.
stchllich ersreut^"° Zustimmung Otto?" rief Frau Agathe
doch, ja!" versetzte unfreundlich fast barsch der
g'Üruun - nur dafür, daß Helene die nöthige Auf-
^ufenik^,^^ ^ ,^dre Aufgabe ist es zunächst Valerien den
uair hier so angenehm als möglich zu machen, damit
welche als Stimmenzahl der betreffenden gewerblichen Ver-
einigung festgesetzt und auf dem Stimmzettel eingetragen
ist. Der Landeskommissär sammelt die ihm einzusendenden
Stimmzettel, stellt das Wahlergebniß in einem Protokoll
zusammen und setzt nach erfolgter Prüfung der als ge-
wählt zu betrachtenden Personen die Gewählten von der
auf sie gefallenen Wahl in Kenntniß.
In ähnlicher Weise finden auch die Wahlen zum
Gcsellcnausschuß bei der Handwerkskammer statt. Im All-
gemeinen walten die Mitglieder der Handwerkskammer
sowie des Gesellenausschusscs ihr Amt als Ehrenamt un-
entgeltlich, doch erhalten sie bei amtlichen Verrichtungen
Ersatz der baaren Auslagen und Reisespesen, sow'e Ent-
schädigung für Zeitversäumniß, und zwar die Vertreter
des Handwerks 6 Mk., die der Gesellen 4 Mk. 50 Pfg.
pro Tag. Bei etwa nöthig fallendem liebernachten wird
außerdem eine Vergütung von 2 Mk. gewährt. Wie uns
mitgctheilt wird, soll der vorliegende Entwurf vor seiner
definitiven Veröffentlichung einer Berathung mit Sach-
verständigen aus den Handwerkskreisen unterzogen werden.
Deutsches Reich.
— Die Kaiser Manöver finden in diesem Jahre
zwischen dem Gardecorps, verstärkt aus dem 3. Armee-
corps, und dem 2., verstärkt aus dem 17. Armeecorps,
statt. Beide Armeecorps bilden je drei Infanterie-Divi-
sionen. Größere Pionierübungen werden an der unteren
Weichsel und Nogat, am Oberrhein bei Neubreisach und
in der Gegend von Düren, Jülich, Köln abgehalten.
Deutscher Reichstag. Berlin 10. Febr. Flotten-
gesetz.
In der weiteren Berathung des Flottengesetzes hält Abg.
Bebel eine Rede für die Kultur, gegen den Krieg und allzu
große Kriegsrüstungen, und erklärt sich Namens seiner Partei
gegen eine Kommissionsberathung der Vorlage.
Nach einigen Gegenausführungendes Staatssekretärs Tirpitz
betont Abg. von Wangen heim (B. d. L.) den agrarischen
Standpunkt zu der Vorlage; er stimme ihr aus nationalen Ge-
sichtspunkten zu, verlange aber von der Regierung, daß in der
zukünftigen Handelspoltiik der Regierung die Landwirthschaft die
gebührende Beachtung finde. Bezüglich der Deckungsfrage fordert
er neben der Anleihe die Besteuerung der an der Flotte interes-
sirten Kreise.
Darauf nimmt der Abg. Conrad Haußmann (Demokrat)
das Wort, und begründet den grundsätzlich ablehnenden Stand-
punkt seiner Partei gegen die vorliegende Flottenvorlage in ähn-
licher Weise wie gestern Abg. Richter.
Graf Posado wsky bezeichnet diese Ausführungen als eine
Umschreibung der Rede Bebels (Widerspruch links) und spricht
von kleinlichen konstiiutionellen Bedenke» bei einer großen natio-
nalen Frage. Ohne die Armeeorganisation würden wir auch kein
deutsches Reich haben (Beifall rechts, Widerspruch links) und
keine so glänzende Entwicklung aller unserer Verhältnisse.
Abg. Ni hier (bayr. Bauernbund) hat Bedenken gegen diese
Vorlage, will sein Urtheil aber noch nicht festlegcn.
Staatssekretär T irp itz weist die Behauptung zurück, daß
das Floltengesetz von 1898 einen Pakt darstelle, der durch die
neue Vorlage durchbrochen werde.
Die Vorlage wird hierauf an eine Kommission verwiesen.
Baden. Karlsruhe, 10. Febr. Abg. Landgerichts-
rath Lauck (Centr.) wurde zum Landgerichtsdirektor in
Waldshut ernannt.
L.O. Karlsruhe, 11 Febr. Ultramontane Blätter
besprechen eifrig das Duell Fendrich-Wacker in der
vorletzten Sitzung der Zweiten Kammer und gelangen ein-
stimmig zu dem Schluß, daß die Sozialdemokratie
zweifellos die größte und gefährlichste Feindin
der positiven christlichen Religion ist. Zu Mahl-
zeiten meidet die fromme Cenirumspresse ängstlich solche
Sprüche; da ist der Nationalliberalismus der schlimmste
Feind der Religion und die Sozialdemokratie das „kleinere"
Uebel, insbesondere wenn die Entscheidung vom Centrum
abhängt.
Karlsruhe, 10. Februar. Der Badische Eisen-
bahnrath trat heute Vormittag 10 Uhr im Gebäude
der Großh. Generaldircktion zu seiner 39. Verhandlung
unter dem Vorsitz Seiner Exzellenz des Ministers des
Großh. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten,
Herrn v. Brauer, zusammen. Die Tagesordnung hatte
folgende Punkte vorgesehen: 1. Entwurf des Sommerfahr-
plans 1900. 2. Mittheilung der Generaldircktion über
den VI. Nachtrag zum Verzeichniß der Ausnahmetarife.
3. Mittheilung der Generaldircktion über den Antrag der
Generaldirektion der Königl. Bayerischen Staatseisenbahnen
betreffend den Antrag über die Versetzung von Mehl und
Mühlcnfabrikoten in die allgemeine Wagenladungsklasse.
4. Mittheilung der Generaldircktion über die Be- und
Entladefristen für Güterwagen. Um 4 Uhr war die Sitz-
ung beendet.
Badischer Landtag. L.O Karlsruhe, 10. Februar.
(29. Sitzung de: Zweiten Kammer.)
Präsident Gönner theilt ein Schreiben des Staats-
ministeriums mit, in dem der Groß Herzog für die Bei-
leidskundgebung anläßlich des Ablebens der Herzogin von
Schleswig-Holstein den herzlichsten Dank ausspricht.
Eingegangen ist eine Petition der Gemeinde Reichen-
buch (A. Mosbach) um Erhöhung des StaatszuschusseS
zur Wasserleitung, ferner ein Gesuch der Gemeinde Stau-
fen um Erhaltung der dortigen Burgruine.
Die Berathung über den Justizetat wird fortgesetzt.
Die Abgg. Schmid und Ar mb ruft er danken für die Ein-
stellung einer Summe zur Erwerbung von Bauplätzen für Amts-
gerichtsneubauten in Eberbach bezw. Ettenheim und bitten um
thunlichste Beschleunigung des Baus. Abg.Obkircher bespricht
die baulichen Verhältnisse im Landgericht Mosbach, wo Repara-
turen sowohl in den Diensträumen als in der Präsidentenwobnung
dringend nothwendig seien. Durch einen Anbau im Hofe könnte
Abhilfe geschaffen werden. Geh. Oberreg.-Rath Becherer glaubt,
daß ein Anbau im Hofe nicht gut angche, sagt aber im übrigen
Berücksichtigung der Wünsche Obkirchers zu.
Die Einnahmen — Titel 1 — werden debattelos genehmigt.
Abg. Breit« er berichtet sodann über Titel Vll der Aus-
gaben und Titel II der Einnahmen (Strafanstalten). DaS
badische Gefängnißweseu befinde sich in einem guten, geordneten
ustand. Der Strafvollzug werde human gehandhabt. Auch der
eschäftsbetrieb sei ein geordneter, so daß man von einer Kon-
kurrenz mit den Gewerbetreibenden nicht sprechen könne. Mil
dem Regiebetrieb habe man die besten Erfahrungen gemacht im
Gegensatz zu Preußen, wo man noch das sog. Entreprise-System
hat. Der Gefangenenstand ist in derselben Höhe angenommen,
wie bisher. Angefordert sind u. A. zwei etatmäßige Hausärzte,
Gehaltserhöhung für zwei erprobte Vorstände, ferner 1 Oekonom
für das Freiburger Landesgefängniß. Im außerordentlichen
Etat findet sich u. A. eine Anforderung für die Erweiterung des
Krankenhauses des Landesgefängnisses in Bruchsal. Die Einnahmen
belaufen sich für beide Jahre auf 1929 344 die Ausgaben
im ordentlichen Etat auf 2 853578^., im außerordentlichen Etat
auf 258 990 Der Berichterstatter befürwortet schließlich die
Erbauung eines Aufseherwohngebäudes in Bruchsal, für die auch
Abg Hofmann warm eintritt. Letzterer wünscht ferner zweck-
mäßige Abänderung der Nachtwachen in der Bruchsaler Anstalt
durch Einrichtung voller Nachtwachen, so daß die Aufseher am
folgenden Tage dienstfrei sind. Geh. Oberreg.-Rath Hübsch
sagt die Erstellung eines Dienstwohngebäudes zu, sobald Mittet
vorhanden sind. Das Fürst Styrum'sche Hospitalgebäude werde
wahrscheinlich für die Zwecke eines Weiberzuchthauses Verwen-
dung finden. Eine vollständige Durchführung der Nachtwache set
nicht möglich ohne Verdoppelung des Personals.
Abg. Armbrust er wünscht Erstellung von Einfamilien-
häusern für die Aufseher.
Sämmtliche Titel werden genehmigt.
Nächste Sitzung: Montag, 12. Febr , Nachm. 4 Uhr. Tages-
ordnung : Petitionen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog ihaben den
Referendar Friedrich Schmitt von Neustadt unter Ernennung
diese die Heimalh bald vergesse; alles Uebrige wird sich dann
schon finden I" . ^ ,
Er verließ raschen Schrittes den Salon. . .
„Entweder Rehabilitirung oder eine Kugel - ein Drittes
gibt es nicht!" murmelte er vor sich hin. wahrend er hinter
der Portiere verschwand und den schweren Stoff so un-
sanft auseinanderschlug. daß derselbe in wogende Bewegung
"^Gkich darauf erhob sich auch die Gräfin und zog sich in
ihr Boudoir zurück.
Hl.
Im Hause des Baron Esche hatte sich eine glänzende
Gesellschaft zusammcnaefunden. Die klangvollsten Namen der
Residenz hörte man hier nennen, und keineswegs waren es
nur Vertreter der Aristokratie, welche die Raume füllten,
sondern auch die hervorragendsten Gelehrten und Künstler
— Schriftsteller. Maler, Bildhauer, Schauspieler und
Musiker — waren der Einladung des kunstliebendcn Haus-
herrn gefolgt. In ungezwungener Weise bewegten sich die
Gäste in den luxuriös ausgestattelen und alandend erleuch-
teten Räumen, und der Festgeber und seine Gattin mochten
in liebenswürdigster Art die Honneurs und trugen nicht
wenig zur Belebung der Unterhaltung bei.
Die künstlerischen Darbietungen des Abends waren vor-
über. und die Anwesenden drängten sich zu den ausgestellten
Buffets, zu deren Ausstattung alle fünf Welttheile ihre aus-
gesuchtesten Delikatessen belgesteuert hotten. Der Baron
gehörte zu den reichsten Leuten des Landes, und »eine Feste
waren wegen der Genüsse, die hier geboten wurden, bei allen
Feinschmeckern berühmt.
Die Gesellschaft begann sich >n Gruppen zu formiren, die
in den Salons und Zimmern sich zusammengefunden hatten,
wie cs gerade der Zufall fügte, und überall vernahm man
heitere Gespräche und fröhliches Lachen.
Ans einem Ecklopha hatte die Gräfin Hellwarth nnt ihrer
Tochter und Enkelin Platz genommen, ihnen gegenüber zwei
junge Offiziere von der Garde und ein älterer Herr in
Zivil, in dessen Knopfloch ein goldenes Kettchen mit einer
ganzen Garnitur in Miniaturformat nachgebildeter Orden
sich wiegle. Die Gräfin nannte ihn vertraulich „lieber
Legationsrath", und auch Helene behandelte ihn wie einen
alten Freund des Hanles, während er Valerien mit einer
gewissen zurückhaltenden Höflichkeit begegnete.
Helene sah in ihrer neuen, pfirsichblülhenfarbenen Robe
reizend aus, durch das Haar schlang sich eine feine Perlen-
schnur. die von mattrolhen Rosenknospen festaehalten wurde»
und ein ähnlicher Schmuck umschloß den Hals. Ihr Antlitz
strahlte von Glück und Frohsinn, sie lachte und scherzte mit
den Gardeoffizieren, und wer sie so beiter und fröhlich sah,
der hätte nie geglaubt, daß sie zuweilen so mißgestimmt und
launenhaft sein könne. Nur wenn einer der Offiziere sich
während der Unterhaltung zu speziell an Valerie wandte und
diese in ihrer unbefangenen Natürlichkeit ohne jede Koketterie
antwortete, warf sie die Lippe trotzig empor, und in den
Augen blitzte es auf wie Neid und Mißgunst: aber sie ver-
stand sich sofort wieder za beherrschen, - und im nächsten
Augenblick lag es auf ihrem Antlitze, wie Heller, warmer
Sonnenschein.
Und in der That hatte sie alle Ursache, auf ihre jugend-
liche Verwandte neidisch zu sein. Das vergißmeinnichtblaue
Kleid stand Valerie wunderbar, und die blonden Locken um-
wallten ihr Haupt wie goldener Schaum. Sie hatte es ver-
schmäht, im Haare irgend welchen Schmuck anznbringen,
aber gerade diele Einfachheit wirkte bestrickend und ließ diese
Zierde des Kopfes zur vollen Geltung bringen. Ihr größter
Schmuck aber waren fugend und Anmuth, die sie umflossen
wie ein duftender zarier Schleier; Helene erschien wie eine
stolze, farbenprächtige Georgine, vie ihr Haupt kalt und
selbstbewußt der Sonne zuwendet, Valerie dagegen glich
einer frisch erblühenden Rosenknospe, deren süßes Aroma und
schmelzendes Carrmn Auge und Herz erquickt.
(Fortsetzung folgt.)