Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82.
JnjertionSgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
Erstes Mt. Samstag, den 23. Zain
ISO«
«
Wegen des Gutenbergfestes in Mainz
erscheint die nächste Nummer der Heidelberger
Zeitung erst am Dienstag.
Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das III. Vierteljahr 1900
werden bei allen Postanftalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
mit Zustellgebühr Mk. 1.65.
Zur Gutenbergfeier.
Alle Zeitungsschreiber und alle Zeitungsleser haben
Ursache, in der heurigen Johanniszeit einen Augenblick in
dem Hasten der Arbeit, in dem Drange der Geschäfte
innezuhalten und ihren Blick auf den Mann zu richten,
der vor 500 Jahren dem deutschen Volk gegeben wurde,
damit er ein Verbreiter des Lichtes für die ganze Welt
werde.
Gutenberg hat die Buchstaben, die 25 Bleisoldaten,
mobil gemacht und sie befähigt, sich in unendlichen Variatio-
nen zu rangiren und ihr Abbild in endloser Zahl auszu-
senden. Wie die Sonne fortwährend Lichtstrahlen ent-
sendet, ohne an Leuchtkraft zu verlieren, so sind Guten-
bergs Typen im Verein mit der Buchdruckerpresse iw
Stande, ungezählte Bogen von Lesestoff zu entsenden. Und
wie die Sonne auf Gerechte und Ungerechte scheint, so
wendet sich die Buchdruckerpresse mit ihren Erzeugnissen
an Jedermann. Sie kann nicht untersuchen, wem ihre
Produkte nutzen und wem sie elwa schaden.
Hier in Heidelberg haben wir eine Gutenbergfeier
schon gehabt und es ist bei dieser Gelegenheit in einer
ausgezeichneten Festrede all unser spärliches Wissen von
dem Leben des Erfinders der Buchdruckerkunst mitgetheilt
worden; es ist auch der unschätzbare Werth seiner Er-
findung, die einschneidende Bedeutung derselben in warmen
Worten gewürdigt worden. So würde hier nur wieder-
holt werden können, was dort gesagt worden ist. Das
soll nicht geschehen. Wir wollen uns vielmehr damit be-
gnügen, nur das Eine festzustellen, daß auch Diejenigen
die Buchdruckerkunst nicht missen wollen, welche der Auf-
klärung der Massen nicht wohl gesinnt sind und sehr deutlich
empfinden, daß die Buchdruckerkunst ihnen die geistige Lei-
tung und Beherrschung der Völker aus der Hand ge-
nommen hat.
Ist wohl eine Erfindung von ähnlicher Art seitdem
gemacht worden; ist eine solche überhaupt möglich? Das
Einzige, was man damit in Parallele stellen könnte, ist die
Erfindung der Kurzschrift (Stenographie). Doch empfindet
ein Jeder, daß die schnelle erste Fixirung eines Ge-
dankens sich an Bedeutung bei weitem nicht mit der leichten
Wiederholung desselben in unbegrenzter Zahl messen kann.
Aber es ist doch angemessen, bei dieser Gelegenheit darauf
hinzuweisen, daß auch die Kurzschrift eine deutsche Erfindung
ist. Vielleicht gewinnt die Stenographie noch an Bedeutung;
wenigstens ist eine Zeit denkbar, in der Jeder stcno-
graphirt, und Stenogramme in der Schrift und im Druck
die jetzige Schreib- und Druckschrift ersetzen, so daß letztere
etwa nur in Urkunden oder wo es sonst auf größte Ge-
nauigkeit ankommt, angewendet würde.
Gillenberg druckte auf Pergament oder auf schönem
Hadernpapier; jetzt ist man längst beim Holzpapier an-
gekommen. Aber bald werden bei dem kolossal steigenden
Papierverbrauch die Holzbestände nicht mehr ausreichen.
Wird man nicht schließlich die Papierverschwendung da-
durch einschränken müssen, daß man, insbesondere bei Zeitungen,
die Schrift abwischbar macht, sodaß das Papier zu wieder-
holten Drucken zu benützen ist? Es wird allerdings
eine andere Zeit sein als die heutige, wenn die Zeitungs-
trägerin dem Abonnenten nicht nur das Blatt von heute
bringt, sondern auch das von gestern zurückfordert, damit
er cs morgen frisch bedruckt wieder erhalte.
Oder wird man zu jener Zeit nur noch phonographische
Walzen ausgeben, die der Redakteur — der in diesem Falle
eine angenehme Stimme besitzen müßte — „besprochen"
hat und die dem Abonnenten beim Nachmittagskaffee er-
zählen, was sich zugetragen hat?
Jede Erfindung schafft neue Verhältnisse und weist
damit über sich selbst hinaus. Hoffen wir, daß, wenn es
gilt, die Buchdruckerkunst zu übertrumpfen, es ein Deutscher
sein wird, der sich auf die Schultern des Altmeisters Gutenberg
stellt, um den neuen Apfel vom Baume der Erkenntniß
zu pflücken!
Eine Rede des neuen Großherzogs von
Oldenburg.
Der neue Großherzog Friedrich August von
Oldenburg hielt den Staatsbeamten eine Ansprache,
aus der wir folgende Stellen herausheben:
Ich möchte Ihnen sagen, wie ich meine Stellung auf-
fasse. Ich betrachte mich als den Ersten, meinen Olden-
burgern zu dienen, und bitte Sie, daß Sie mit mir für
das Volk arbeiten und ich mit Ihnen, denn die Beamten
find des Publikums wegen da und nicht umgekehrt.
Ich habe größtes Vertrauen zu meinen Beamten und bitte
Sie um gleiches. Meine Herren, ich möchte noch eins be-
sonders sagen. Ich liebe ein offenes Wort und bitte
Sie, mit mir zu sprechen, wie Sie denken, selbst wenn es
mir unangenehm ist; ob ich dann immer so handeln
werde, ist allerdings etwas Anderes. Ich kann nicht eines
Jeden Wunsch befriedigen, aber ich möchte doch Alle
höreu. Die Beamten sollen mit dem Publikum
leben und ihm nähertreten; sie kennen deshalb seine
Wünsche am besten. Meine Herren, ich werde nun in der
nächsten Zeit auch viel im Lande herumkommen. Ich werde
mich sehr freuen, wenn die Leute zu mir kommen. Ich
bin ein Freund von einem Kranz oder einer Blume; ich
wünsche aber nicht besondere Empfänge und Festlichkeiten,
denn erstens schickt sich das nicht im Trauerjahr, und
dann wünsche ich auch nicht, daß dafür Ausgaben ge-
macht werden. Wenn ich aber Blumen erhalte, dann freue
ich mich. _
Die Wirren in China.
Man sieht auch heute die Meldung, daß die inter-
nationale Schutztruppe in Peking angekommen sei und
dort die Gesandtschaften unverletzt vorgefunden habe, als
richtig an, aber man wünscht doch sehr, daß die Nachricht
von einem Europäer, sei es von dem Admiral Seymour,
oder von einem der Gesandten in Peking bestätigt werden
möchte. So lange dies nicht der Fall ist, wird immer
noch ein Rest von Mißtrauen und Zweifel Zurückbleiben.
Sehr interessant wäre es begreiflicherWeiseauch zu hören, wie
es in Peking eigentlich zugeht, wie die Regierung zu den
Boxern steht, ob der Bestand der Regierung, wie man
agt, erschüttert sei, ob gar die angebliche Hinmordung
oder Flucht der Kaiserin sich bestätigt u. s. w. Aber da
heißt es, sich in Geduld fassen. Auffallend ist, daß Li-
Hung-Tschang nach neuern Meldungen sich nicht nach
Peking begiebt, sondern in Canton verbleibt; angeblich
muß er hier das Volk beruhigen, das ist natürlich nur
ein vorgeschobener Grund. Man möchte wermuthen, daß
die Kaiserin, die eine besondere Gönnerin Li-Hung-Tschangs
ist, nicht mehr die Zügel fest — oder vielleicht sie gar
nicht mehr — in der Hand hat, da der alte Fuchs die
Reise nach Peking unterläßt.
Ueber die Vorgänge in Tientsin liegen einige Mitthei-
lungen vor. Darnach wurde Tientsin am 15. ds. von
Horden von Boxern von zwei Seilen angegriffen. Zuerst
setzten sie die Chinesenstadt an einem Dutzend Stellen in
Brand und dann rückten sie gegen die europäische
Niederlassung vor. Die Eisenbahnstation war von
2000 Russen mit zehn Geschützen besetzt, und als die
Boxer dieselbe erreicht hatten, feuerten die Russen fünfzig
Geschosse ab. Dies schien den Boxern ganz unerwartet zu
kommen. Es folgte ein großes Blutbad, in dem 300
Boxer getödtet und 200 weitere verwundet wurden. Die
europäischen Frauen und Kinder befanden sich die ganze
Nacht hindurch in der Gordon-Halle. Sie fürchteten, der
Angriff würde erneuert werden, da man sah, daß große
Schaaren heranrückren, um die erstere Abtheilung zu ver-
stärken.
Von der Einäscherung des Fremdenviertels in Tientsin
weiß diese Meldung noch nichts, sodaß man hoffen kann,
dieselbe habe nicht stattgefunden, zumal, da man doch hört,
daß den Boxern sehr energisch entgegengetreten wurde.
Wenn außer der aus den europäischen Einwohnern ge-
bildeten Schutzwache wirklich 2000 Russen mit Kanonen
im Ort anwesend sind, so sollte es den Boxern doch seyr
schwer geworden sein, etwas Ernstliches gegen die Fremden-
viertel zu unternehmen. Eine andere Nachricht spricht
davon, daß die Fremdenviertel von chinesischen Regierungs-
truppen bombaroirt wurden. Das klingt nicht sehr glaub-
würdig, und es muß Näheres abgewartet werden.
Bemerkenswerth sind die starken Rüstungen Japans.
Nach einer Depesche der Daily Mail aus Jokohama rüstet
Japan still, aber schleunigst mit aller Macht. 15 große
Transportdampfer wurden bisher gechartert. Die Kriegs-
schiffe „Nayeyuma", „Akaschi", „Lschitose" und „ Schivani"
seien bereits nach China abgegangen. Die „Fudschi"
werde wahrscheinlich folgen. Zwölf weitere Schiffe lägen
bereit, wovon einige nach Formosa zur Deckung Fokiens
für den Fall der Theilung Chinas bestimmt seien. Jns-
gesammt seien 18 Kriegsschiffe mobil gemacht worden.
Japan gibt sich augenscheinlich alle Mühe, mit einer der
russischen ebenbürtigen Macht in China aufzutreten.
Deutsches Reich.
— Die Nordd. Allg. Zeitung schreibt zum Tode
Murawiews: Zum zweiten Male innerhalb weniger
Jahre wird dem befreundeten groben Nachbarreich in
einem Augenblick ernster Arbeit der europäischen Diplomatie
der Leiter seiner auswärtigen Politik entrissen. Der dahin-
gcgangene Staatsmann war ein überzeugter Vertreter der
Grundanschauung, daß dem deutschen und dem russischen
Reiche die Möglichkeit, ja die geschichtliche Bestimmung ge-
geben sei, in ungestörtem Frieden und treuer Nachbar-
schaft ihren Culturaufgaben zu leben.
— Die nach Ostasien zu schickenden Ver-
tärkungen dürften alles in allem die Zahl 2500 üb:r-
chreiten, da zu den beiden mobilen Seebataillonen auch
noch Artillerie und Pionierabtheilungen hinzukommen.
Eine Angabe, daß einige hundert Mann auf dem
Panzerkreuzer „Fürst Bismarck" befördert werden sollen,
darf wohl angezweifelt werden, da der Raum auf
Die Irre von Sankt Rochus.
Kriminalroman von Gustav Höcker.
23) (Fortsetzung.)
Weiberthränen waren auf Allram ohne jede Wirkung,
wenn er Grund hatte, ihnen zu mißtrauen. Hielt er sie aber
für aufrichtig, entflammten sie einer Ursache, die er klar vor
sich sah und die fein Mitgefühl erweckte, so verfehlten sie
teilen ihren Eindruck. Die Dame mit dem schlauen Zuge
War ihm nicht gerade sympathisch; aber den Schuft zu fassen,
der sie in so schändlicher Weise betrogen und sich mit
raffinirter Berechnung auch noch eines Pfandes versichert
batte, um sie noch mehr aussaugen zu können, wurde ihm Ver-
gnügen bereitet haben- .... „ >c ^ «
.Augenblicklich habe ich eine unausichiebbare Rerie vor.,
erklärte er nach einigem Besinnen; „ob ich in acht Tagen,
ob ich früher oder später zurückkehre, kann ich nicht sagen.
Wenn es Ihnen auf ein paar Fehlgänge zu mir nicht an-
kommt, gnädige Frau, und wenn es dann nicht zu^ spat ist,
io werde ich sehen, was ich in der Sache thun kann.
^ Befriedigt über diese Zusicherung, verabschiedete sich die
Dame. Während sie die Treppe hinabging, horte sie den
Detektiv langsam hinter sich Herkommen. , , ^
Auf der Straße blieb sie vor einem Schaufenster stehen»
anscheinend die Auslage betrachtend, .in Wirklichkeit aber mit
baldabgewandtem Gesicht den Detektiv im Strome der
Menschen verfolgend, von dem er in seiner Hellen
Kleidung noch lange zu unterscheiden war. In dem Blicke,
womit sie ihm nachsah. drückte sich Besorgnitz und Furcht
aus.
Als Allram verschwunden war, bestieg sie eine Droschke
Und lietz sich nach einem der Bahnhöfe fahren. Dort betrat
sie die große Halle, wo sich die Billettschalter und die Gepäck-
ervedition befanden. Hier gab es viel Gedränge, denn es
war gerade um eine Stunde, wo mehrere Züge nach ver-
schiedenen Richtungen abgehen sollten, und unaufhörlich
tönte das Dröhnen der Stempel, welche sich auf die Fahr-
billetts drückten, das Klimpern des eilig aufaezählten Geldes
und das Rasseln der mit Koffern und Körben beladenen
Karren, welche unter dem beständig wiederholten Rufe „Vor-
sicht!" in ungestümer Hast auf den Perron hinausgeschoben
wurden.
Ueber jedem Schalter war in großen Buchstaben die
Bahnlinie, für welche die Fahrscheine hier zu lösen waren,
mit ihren Hauptorten angegeben.
„Hält dieser Zug in Wörb?" frug die Dame, als es ihr.
dank ihrer Energie und ihren Ellbogen gelungen war, sich
an einen der Billettschalker heranzudrängen.
„Nein, es ist ein Schnellzug," antwortete der Beamte.
„Erst der nächste Zug hält in Wörb."
„Wann geht der nächste ab?"
„In einer Stunde."
Die Stunde, die sie warten mußte, schien ihr zu einer
Ewigkeit zu werden. Sie fand nirgends Ruhe, sondern
wandelte in der Promenadenanlage vor dem Bahnhöfe rastlos
aus und ab, beständig ihre goldene Uhr ziehend.
Endlich saß sie in einem Koupee zweiter Klasse und
wurde in brausender Fahrt ihrem Ziele entgegengetragen.
Sie hatte kein Auge für die Felder, Wälder, Berge und
Ortschaften, die an ihr vorüberflogen, und nur karge, zer-
streute Antworten für die redselige Mitreisende, die gern ein
Gespräch mit ihr angeknüpst hätte, dieses Bemühen aber als
hoffnungslos endlich aufgab.
Nach mehrstündiger Reise stieg unsere Dame in Wörb
aus, einem kleinen Städtchen. Sie durcheilte die tobten
Gassen und erreichte bald einen Feldweg, der nach halb»
ständiger Wanderung an das User eines breiten, kräftig
dahin brausenden Stromes führte. Dorr lag ein Fährboot,
in welchem bereits eine Anzahl Personen Platz genommen
hatten, zumeist Marktweiber aus den Dörfern, welche weiter
landeinwärts auf der anderen Flußseite lagen. Die Dame
stieg ebenfalls in das Boot und der Fährmann steuerte das-
selbe mittels eines Segels dem jenseitigen Ufer zu, wo ein
kleines Fährhaus stand, während weiterhin ein größeres Ge-
bäude lag, an dessen dem Flusse zugekehrter Schmalseite ein
mächtiges Rad von den Wellen in Bewegung gesetzt wurde.
Das ununterbrochene Kreischen einer Säge und die von der
Hauptfront des Hauses umherliegenden Baumstämme ließen
erkennen, daß es eine Schneidemühle war. In entgegen-
gesetzter Richtung, stromaufwärts, sah man die eiserne Eisen-
bahnbrücke, über welche die Bahnlinie, auf der die Reisende
gekommen war, weilerführte. Blickte man zurück nach dem
Ufer, von welchem das Boot abgestoßen war, so hatte man
die Aussicht auf einen großen, von Linden überschatteten
Garten, der vom Flusse durch einen hohen Lattenzaun abge-
grenzt war, sodaß nur ein schmaler Fußweg am User hin-
führte. Der Garten, aus welchem ein weißgelünchtes
Häuschen hervorschimmerte, war auf beiden Seiten von hohen
Mauern umschlossen und gehörte zu einem dahinter liegen-
den, vom Flusse aus nicht sichtbaren Gute» der „Lindenhos"
genannt.
„Nun Jungmagd," wandte sich einer der Fahrgäste, seiner
Kleidung nach ein Förster, an seine Nachbarin, eine dralle
Bauerndirne, „wie stebt's denn mit Eurem Pächter?" Er
wies mit seiner kurzen Pfeife nach der Richtung des Linden-
hofes. „Hat er sich das Zigarrenrauchen w eder abgewöhnt?
Ißt er nun wieder für einen, statt für zwei? Heh?"
Es lag etwas Verschmitztes in der Art, wie die Frage
gestellt wurde, und verschmitzt klang auch die Antwort der
Jungmagd- „Rauchen thut er nicht mehr, aber essen thut er
immer noch für zwei."
Das Boot, in welchem die Gesellschaft ziemlich zusammen»
gedrängt saß, war nicht groß, die Luft war still und das
Geräusch der Sägemühle fern genug, sodaß Alle die laut
geführte Unterhaltung hatten hören können. Einige der
Marktweiber waren neugierig geworden und wollten wissen,
was das mit dem Pächter wäre.
(Fortsetzung folgt.)
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Ursache, in der heurigen Johanniszeit einen Augenblick in
dem Hasten der Arbeit, in dem Drange der Geschäfte
innezuhalten und ihren Blick auf den Mann zu richten,
der vor 500 Jahren dem deutschen Volk gegeben wurde,
damit er ein Verbreiter des Lichtes für die ganze Welt
werde.
Gutenberg hat die Buchstaben, die 25 Bleisoldaten,
mobil gemacht und sie befähigt, sich in unendlichen Variatio-
nen zu rangiren und ihr Abbild in endloser Zahl auszu-
senden. Wie die Sonne fortwährend Lichtstrahlen ent-
sendet, ohne an Leuchtkraft zu verlieren, so sind Guten-
bergs Typen im Verein mit der Buchdruckerpresse iw
Stande, ungezählte Bogen von Lesestoff zu entsenden. Und
wie die Sonne auf Gerechte und Ungerechte scheint, so
wendet sich die Buchdruckerpresse mit ihren Erzeugnissen
an Jedermann. Sie kann nicht untersuchen, wem ihre
Produkte nutzen und wem sie elwa schaden.
Hier in Heidelberg haben wir eine Gutenbergfeier
schon gehabt und es ist bei dieser Gelegenheit in einer
ausgezeichneten Festrede all unser spärliches Wissen von
dem Leben des Erfinders der Buchdruckerkunst mitgetheilt
worden; es ist auch der unschätzbare Werth seiner Er-
findung, die einschneidende Bedeutung derselben in warmen
Worten gewürdigt worden. So würde hier nur wieder-
holt werden können, was dort gesagt worden ist. Das
soll nicht geschehen. Wir wollen uns vielmehr damit be-
gnügen, nur das Eine festzustellen, daß auch Diejenigen
die Buchdruckerkunst nicht missen wollen, welche der Auf-
klärung der Massen nicht wohl gesinnt sind und sehr deutlich
empfinden, daß die Buchdruckerkunst ihnen die geistige Lei-
tung und Beherrschung der Völker aus der Hand ge-
nommen hat.
Ist wohl eine Erfindung von ähnlicher Art seitdem
gemacht worden; ist eine solche überhaupt möglich? Das
Einzige, was man damit in Parallele stellen könnte, ist die
Erfindung der Kurzschrift (Stenographie). Doch empfindet
ein Jeder, daß die schnelle erste Fixirung eines Ge-
dankens sich an Bedeutung bei weitem nicht mit der leichten
Wiederholung desselben in unbegrenzter Zahl messen kann.
Aber es ist doch angemessen, bei dieser Gelegenheit darauf
hinzuweisen, daß auch die Kurzschrift eine deutsche Erfindung
ist. Vielleicht gewinnt die Stenographie noch an Bedeutung;
wenigstens ist eine Zeit denkbar, in der Jeder stcno-
graphirt, und Stenogramme in der Schrift und im Druck
die jetzige Schreib- und Druckschrift ersetzen, so daß letztere
etwa nur in Urkunden oder wo es sonst auf größte Ge-
nauigkeit ankommt, angewendet würde.
Gillenberg druckte auf Pergament oder auf schönem
Hadernpapier; jetzt ist man längst beim Holzpapier an-
gekommen. Aber bald werden bei dem kolossal steigenden
Papierverbrauch die Holzbestände nicht mehr ausreichen.
Wird man nicht schließlich die Papierverschwendung da-
durch einschränken müssen, daß man, insbesondere bei Zeitungen,
die Schrift abwischbar macht, sodaß das Papier zu wieder-
holten Drucken zu benützen ist? Es wird allerdings
eine andere Zeit sein als die heutige, wenn die Zeitungs-
trägerin dem Abonnenten nicht nur das Blatt von heute
bringt, sondern auch das von gestern zurückfordert, damit
er cs morgen frisch bedruckt wieder erhalte.
Oder wird man zu jener Zeit nur noch phonographische
Walzen ausgeben, die der Redakteur — der in diesem Falle
eine angenehme Stimme besitzen müßte — „besprochen"
hat und die dem Abonnenten beim Nachmittagskaffee er-
zählen, was sich zugetragen hat?
Jede Erfindung schafft neue Verhältnisse und weist
damit über sich selbst hinaus. Hoffen wir, daß, wenn es
gilt, die Buchdruckerkunst zu übertrumpfen, es ein Deutscher
sein wird, der sich auf die Schultern des Altmeisters Gutenberg
stellt, um den neuen Apfel vom Baume der Erkenntniß
zu pflücken!
Eine Rede des neuen Großherzogs von
Oldenburg.
Der neue Großherzog Friedrich August von
Oldenburg hielt den Staatsbeamten eine Ansprache,
aus der wir folgende Stellen herausheben:
Ich möchte Ihnen sagen, wie ich meine Stellung auf-
fasse. Ich betrachte mich als den Ersten, meinen Olden-
burgern zu dienen, und bitte Sie, daß Sie mit mir für
das Volk arbeiten und ich mit Ihnen, denn die Beamten
find des Publikums wegen da und nicht umgekehrt.
Ich habe größtes Vertrauen zu meinen Beamten und bitte
Sie um gleiches. Meine Herren, ich möchte noch eins be-
sonders sagen. Ich liebe ein offenes Wort und bitte
Sie, mit mir zu sprechen, wie Sie denken, selbst wenn es
mir unangenehm ist; ob ich dann immer so handeln
werde, ist allerdings etwas Anderes. Ich kann nicht eines
Jeden Wunsch befriedigen, aber ich möchte doch Alle
höreu. Die Beamten sollen mit dem Publikum
leben und ihm nähertreten; sie kennen deshalb seine
Wünsche am besten. Meine Herren, ich werde nun in der
nächsten Zeit auch viel im Lande herumkommen. Ich werde
mich sehr freuen, wenn die Leute zu mir kommen. Ich
bin ein Freund von einem Kranz oder einer Blume; ich
wünsche aber nicht besondere Empfänge und Festlichkeiten,
denn erstens schickt sich das nicht im Trauerjahr, und
dann wünsche ich auch nicht, daß dafür Ausgaben ge-
macht werden. Wenn ich aber Blumen erhalte, dann freue
ich mich. _
Die Wirren in China.
Man sieht auch heute die Meldung, daß die inter-
nationale Schutztruppe in Peking angekommen sei und
dort die Gesandtschaften unverletzt vorgefunden habe, als
richtig an, aber man wünscht doch sehr, daß die Nachricht
von einem Europäer, sei es von dem Admiral Seymour,
oder von einem der Gesandten in Peking bestätigt werden
möchte. So lange dies nicht der Fall ist, wird immer
noch ein Rest von Mißtrauen und Zweifel Zurückbleiben.
Sehr interessant wäre es begreiflicherWeiseauch zu hören, wie
es in Peking eigentlich zugeht, wie die Regierung zu den
Boxern steht, ob der Bestand der Regierung, wie man
agt, erschüttert sei, ob gar die angebliche Hinmordung
oder Flucht der Kaiserin sich bestätigt u. s. w. Aber da
heißt es, sich in Geduld fassen. Auffallend ist, daß Li-
Hung-Tschang nach neuern Meldungen sich nicht nach
Peking begiebt, sondern in Canton verbleibt; angeblich
muß er hier das Volk beruhigen, das ist natürlich nur
ein vorgeschobener Grund. Man möchte wermuthen, daß
die Kaiserin, die eine besondere Gönnerin Li-Hung-Tschangs
ist, nicht mehr die Zügel fest — oder vielleicht sie gar
nicht mehr — in der Hand hat, da der alte Fuchs die
Reise nach Peking unterläßt.
Ueber die Vorgänge in Tientsin liegen einige Mitthei-
lungen vor. Darnach wurde Tientsin am 15. ds. von
Horden von Boxern von zwei Seilen angegriffen. Zuerst
setzten sie die Chinesenstadt an einem Dutzend Stellen in
Brand und dann rückten sie gegen die europäische
Niederlassung vor. Die Eisenbahnstation war von
2000 Russen mit zehn Geschützen besetzt, und als die
Boxer dieselbe erreicht hatten, feuerten die Russen fünfzig
Geschosse ab. Dies schien den Boxern ganz unerwartet zu
kommen. Es folgte ein großes Blutbad, in dem 300
Boxer getödtet und 200 weitere verwundet wurden. Die
europäischen Frauen und Kinder befanden sich die ganze
Nacht hindurch in der Gordon-Halle. Sie fürchteten, der
Angriff würde erneuert werden, da man sah, daß große
Schaaren heranrückren, um die erstere Abtheilung zu ver-
stärken.
Von der Einäscherung des Fremdenviertels in Tientsin
weiß diese Meldung noch nichts, sodaß man hoffen kann,
dieselbe habe nicht stattgefunden, zumal, da man doch hört,
daß den Boxern sehr energisch entgegengetreten wurde.
Wenn außer der aus den europäischen Einwohnern ge-
bildeten Schutzwache wirklich 2000 Russen mit Kanonen
im Ort anwesend sind, so sollte es den Boxern doch seyr
schwer geworden sein, etwas Ernstliches gegen die Fremden-
viertel zu unternehmen. Eine andere Nachricht spricht
davon, daß die Fremdenviertel von chinesischen Regierungs-
truppen bombaroirt wurden. Das klingt nicht sehr glaub-
würdig, und es muß Näheres abgewartet werden.
Bemerkenswerth sind die starken Rüstungen Japans.
Nach einer Depesche der Daily Mail aus Jokohama rüstet
Japan still, aber schleunigst mit aller Macht. 15 große
Transportdampfer wurden bisher gechartert. Die Kriegs-
schiffe „Nayeyuma", „Akaschi", „Lschitose" und „ Schivani"
seien bereits nach China abgegangen. Die „Fudschi"
werde wahrscheinlich folgen. Zwölf weitere Schiffe lägen
bereit, wovon einige nach Formosa zur Deckung Fokiens
für den Fall der Theilung Chinas bestimmt seien. Jns-
gesammt seien 18 Kriegsschiffe mobil gemacht worden.
Japan gibt sich augenscheinlich alle Mühe, mit einer der
russischen ebenbürtigen Macht in China aufzutreten.
Deutsches Reich.
— Die Nordd. Allg. Zeitung schreibt zum Tode
Murawiews: Zum zweiten Male innerhalb weniger
Jahre wird dem befreundeten groben Nachbarreich in
einem Augenblick ernster Arbeit der europäischen Diplomatie
der Leiter seiner auswärtigen Politik entrissen. Der dahin-
gcgangene Staatsmann war ein überzeugter Vertreter der
Grundanschauung, daß dem deutschen und dem russischen
Reiche die Möglichkeit, ja die geschichtliche Bestimmung ge-
geben sei, in ungestörtem Frieden und treuer Nachbar-
schaft ihren Culturaufgaben zu leben.
— Die nach Ostasien zu schickenden Ver-
tärkungen dürften alles in allem die Zahl 2500 üb:r-
chreiten, da zu den beiden mobilen Seebataillonen auch
noch Artillerie und Pionierabtheilungen hinzukommen.
Eine Angabe, daß einige hundert Mann auf dem
Panzerkreuzer „Fürst Bismarck" befördert werden sollen,
darf wohl angezweifelt werden, da der Raum auf
Die Irre von Sankt Rochus.
Kriminalroman von Gustav Höcker.
23) (Fortsetzung.)
Weiberthränen waren auf Allram ohne jede Wirkung,
wenn er Grund hatte, ihnen zu mißtrauen. Hielt er sie aber
für aufrichtig, entflammten sie einer Ursache, die er klar vor
sich sah und die fein Mitgefühl erweckte, so verfehlten sie
teilen ihren Eindruck. Die Dame mit dem schlauen Zuge
War ihm nicht gerade sympathisch; aber den Schuft zu fassen,
der sie in so schändlicher Weise betrogen und sich mit
raffinirter Berechnung auch noch eines Pfandes versichert
batte, um sie noch mehr aussaugen zu können, wurde ihm Ver-
gnügen bereitet haben- .... „ >c ^ «
.Augenblicklich habe ich eine unausichiebbare Rerie vor.,
erklärte er nach einigem Besinnen; „ob ich in acht Tagen,
ob ich früher oder später zurückkehre, kann ich nicht sagen.
Wenn es Ihnen auf ein paar Fehlgänge zu mir nicht an-
kommt, gnädige Frau, und wenn es dann nicht zu^ spat ist,
io werde ich sehen, was ich in der Sache thun kann.
^ Befriedigt über diese Zusicherung, verabschiedete sich die
Dame. Während sie die Treppe hinabging, horte sie den
Detektiv langsam hinter sich Herkommen. , , ^
Auf der Straße blieb sie vor einem Schaufenster stehen»
anscheinend die Auslage betrachtend, .in Wirklichkeit aber mit
baldabgewandtem Gesicht den Detektiv im Strome der
Menschen verfolgend, von dem er in seiner Hellen
Kleidung noch lange zu unterscheiden war. In dem Blicke,
womit sie ihm nachsah. drückte sich Besorgnitz und Furcht
aus.
Als Allram verschwunden war, bestieg sie eine Droschke
Und lietz sich nach einem der Bahnhöfe fahren. Dort betrat
sie die große Halle, wo sich die Billettschalter und die Gepäck-
ervedition befanden. Hier gab es viel Gedränge, denn es
war gerade um eine Stunde, wo mehrere Züge nach ver-
schiedenen Richtungen abgehen sollten, und unaufhörlich
tönte das Dröhnen der Stempel, welche sich auf die Fahr-
billetts drückten, das Klimpern des eilig aufaezählten Geldes
und das Rasseln der mit Koffern und Körben beladenen
Karren, welche unter dem beständig wiederholten Rufe „Vor-
sicht!" in ungestümer Hast auf den Perron hinausgeschoben
wurden.
Ueber jedem Schalter war in großen Buchstaben die
Bahnlinie, für welche die Fahrscheine hier zu lösen waren,
mit ihren Hauptorten angegeben.
„Hält dieser Zug in Wörb?" frug die Dame, als es ihr.
dank ihrer Energie und ihren Ellbogen gelungen war, sich
an einen der Billettschalker heranzudrängen.
„Nein, es ist ein Schnellzug," antwortete der Beamte.
„Erst der nächste Zug hält in Wörb."
„Wann geht der nächste ab?"
„In einer Stunde."
Die Stunde, die sie warten mußte, schien ihr zu einer
Ewigkeit zu werden. Sie fand nirgends Ruhe, sondern
wandelte in der Promenadenanlage vor dem Bahnhöfe rastlos
aus und ab, beständig ihre goldene Uhr ziehend.
Endlich saß sie in einem Koupee zweiter Klasse und
wurde in brausender Fahrt ihrem Ziele entgegengetragen.
Sie hatte kein Auge für die Felder, Wälder, Berge und
Ortschaften, die an ihr vorüberflogen, und nur karge, zer-
streute Antworten für die redselige Mitreisende, die gern ein
Gespräch mit ihr angeknüpst hätte, dieses Bemühen aber als
hoffnungslos endlich aufgab.
Nach mehrstündiger Reise stieg unsere Dame in Wörb
aus, einem kleinen Städtchen. Sie durcheilte die tobten
Gassen und erreichte bald einen Feldweg, der nach halb»
ständiger Wanderung an das User eines breiten, kräftig
dahin brausenden Stromes führte. Dorr lag ein Fährboot,
in welchem bereits eine Anzahl Personen Platz genommen
hatten, zumeist Marktweiber aus den Dörfern, welche weiter
landeinwärts auf der anderen Flußseite lagen. Die Dame
stieg ebenfalls in das Boot und der Fährmann steuerte das-
selbe mittels eines Segels dem jenseitigen Ufer zu, wo ein
kleines Fährhaus stand, während weiterhin ein größeres Ge-
bäude lag, an dessen dem Flusse zugekehrter Schmalseite ein
mächtiges Rad von den Wellen in Bewegung gesetzt wurde.
Das ununterbrochene Kreischen einer Säge und die von der
Hauptfront des Hauses umherliegenden Baumstämme ließen
erkennen, daß es eine Schneidemühle war. In entgegen-
gesetzter Richtung, stromaufwärts, sah man die eiserne Eisen-
bahnbrücke, über welche die Bahnlinie, auf der die Reisende
gekommen war, weilerführte. Blickte man zurück nach dem
Ufer, von welchem das Boot abgestoßen war, so hatte man
die Aussicht auf einen großen, von Linden überschatteten
Garten, der vom Flusse durch einen hohen Lattenzaun abge-
grenzt war, sodaß nur ein schmaler Fußweg am User hin-
führte. Der Garten, aus welchem ein weißgelünchtes
Häuschen hervorschimmerte, war auf beiden Seiten von hohen
Mauern umschlossen und gehörte zu einem dahinter liegen-
den, vom Flusse aus nicht sichtbaren Gute» der „Lindenhos"
genannt.
„Nun Jungmagd," wandte sich einer der Fahrgäste, seiner
Kleidung nach ein Förster, an seine Nachbarin, eine dralle
Bauerndirne, „wie stebt's denn mit Eurem Pächter?" Er
wies mit seiner kurzen Pfeife nach der Richtung des Linden-
hofes. „Hat er sich das Zigarrenrauchen w eder abgewöhnt?
Ißt er nun wieder für einen, statt für zwei? Heh?"
Es lag etwas Verschmitztes in der Art, wie die Frage
gestellt wurde, und verschmitzt klang auch die Antwort der
Jungmagd- „Rauchen thut er nicht mehr, aber essen thut er
immer noch für zwei."
Das Boot, in welchem die Gesellschaft ziemlich zusammen»
gedrängt saß, war nicht groß, die Luft war still und das
Geräusch der Sägemühle fern genug, sodaß Alle die laut
geführte Unterhaltung hatten hören können. Einige der
Marktweiber waren neugierig geworden und wollten wissen,
was das mit dem Pächter wäre.
(Fortsetzung folgt.)