Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0397

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
^frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


Jnjertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xi-. 82.

Ktitag, den 8. April

I8VV

O

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das II. Vierteljahr 1900
Werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Spedition, Untere Ncckarstr. 21, fortwährend angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
^bracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
düt Zustellgebühr Mk. 1.65.

Aus dem Budget der Perkehrsanstalten.
I.
^ L. 6. Karlsruhe, 4. April. Für Gehalte und
^ohnungsgeld der etaimaßigen Beamten begegnen wir
^Nem Budgelsatz von durchschnittlich 9 407 000 Mk. pro
Mr (gegen 8 407 710 Mk. im Jahr 1899). Die Zahl
angeforderten etatmäßigen Stellen beläuft sich auf
^10 bezw. 5407, so daß gegenüber dem Effektivetat auf
^ Juli 1899 von 4810 eine Vermehrung der Zahl der
?Pmäßigen Stellen um 470 bezw. 567 eintreten soll.
Diese Vermehrung ist zum großen Theil darauf zurück-
Mijhren, daß sich die Großh. Regierung angelegen sein
den Wünschen einer ganzen Reihe von Eisenbahn«
Saiten, soweit diese von der Zweiten Kammer befür-
?°Net waren und soweit deren Erfüllung ohne Ab-
irrung des Beamtengesetzes und der Gehaltsordnung
^"gllch erschien, nach Thunlichkeil gerecht zu werden.
Für Unterhaltung und Ergänzung der Ausstattungs-
^Senstände, sowie für Beschaffung der Betriebs-
Materialien werden für ein Jahr durchschnittlich
^95 540 Pik. angefordert. Der Bedarf an Kohlen ist
2 i. HM ivOI' in der Hauptsache schon zu Anfang
°° M^te des vorigen Jahres zur Lieferung vergeben
?rden und zwar Ruhrkohlen zu 18 Mk. 85 Pfg. die
frei Wagen Mannheim, Saarkohleu zu 11 Mk.
^ Pfg., Steinkohlenbrikcts zu 15 Mk. 60 Pfg. Infolge
H starken Verkehrezunahme werden weitere erheblich
SivnE Lieferungen erforderlich, weil die Kohlenpreise in

I-
^5


Elchen um mehr als 30 Proz. gestiegen sind. Der Be-
i an Lokomotiven, Personen- und Güt ex-
ogen konnte zum größten Theil bei einheimischen
^ bien gedeckt werden (Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe,
^Mieder und Mayer Karlsruhe, H. Fuchs in Heidelberg
Waggonfabrik in Rastatt). Es wurden im Budget
Aink vergeben: 176 Lokomotiven (darunter 72 an die
f^chinenbaugesellschaft Karlsruhe), 148 Personen- und
^ Güterwagen. Die Mischgasbeleuchtung der Eisenbahn-
soll durchgeführt werden; eine weitere Fortsetzung

versuche mit elektrischer Beleuchtung ist nicht beabsichtigt,

»ick? "'folge schlechten Verhaltens der verwendeten Batterien
^günstig ausfielen.
der Budgetperiode 1900/1901 sollen Versuche mit
wagen angestellt werden und zwar find hiefür
1 Serpolletwagen, 1 kleine Lokomotive und
betriebene Motorwagen mit oberirdischer Strom-
»>,f biung. Die Einführung des elektrischen Betriebs
Strecke Karlsruhe-Graben mittelst ober-
bix^Er Stromzuführung ist noch von dem Ergebniß
Erhebungen abhängig zu machen. Fällt dieses
""s, werden die erforderlichen Mittel in einem
ö»m Baubudget noch besonders anvcrlangt
^tq?." den Jahren 1898 und 1899 haben auf den
föhnen j„sgesammt 59 Betriebsunfälle statt-
nämlich 31 Entgleiiungen, 20 Zusammenstöße
^-Ueberfahren von Fuhrwerken, wobei 1 Reisender

getödtet und 10 Beamte verletzt wurden. Der hierbei
entstandene, von der Eisenbahnverwaltung zu tragende
Materialschaden beläuft sich auf etwa 116 900 Mk. Von
den 59 Betriebsunfällen wurden hexbcigeführt 41 durch
und 18 ohne Verschulden des Dienstpersonals. Außerdem
sind 248 Tödtungen und Verletzungen vorgekommen, bei
denen eigenes Verschulden der Betroffenen mitspielt, und
zwar wurden hierbei 24 Reisende getödtet und 42 verletzt
und 44 Beamte und Bedienstete getödtet und 47 verletzt.
Ein großer Theil dieser Unfälle wurde durch Zuwider-
handlungen gegen die bahnpolizeilichen Vorschriften, nament-
lich durch unbefugtes Begehen des Bahnkörpers veranlaßt.
Bei Selbstmordversuchen wurden 17 Personen ge-
tödtet und 1 verletzt.
Die Einnahmen aus dem Personen- und Ge-
päckverkehr, die im letzten Budget mit 17417500 Mk.
vorgesehen waren, sind für jedes der beiden Budgetjahre
zu 19 429 000 Mk. veranschlagt. Die Erfahrungen,
die man iu finanzieller Hinsicht mit den Kilo-
meterheften macht, sind fortdauernd günstig.
Während im Jahre 1898 verglichen mit den Vorjahren
Absatz und Einnahme eine Steigerung von 16,63 Proz.
bezw. 15,53 Proz. aufwiesen, find im Jahre 1899 zu-
sammen 157 669 Hefte verkauft und daraus einschließlich
des gewährten Rabatts von je 1 Mk. 4 470 020 Mk. ein-
genommen worden. Dies ergiebt gegen das Vorjahr einen
Mehrverkauf von 14,03 Proz. und eine Mehreinnahme
von 13,6 Proz. Gleichwohl sind auch die sonstigen Ein-
nahmen aus dem Personenverkehr noch gestiegen. Nach
den provisorischen Ermittelungen betragen die Mehr-
einnahmen im Jahre 1899 gegen 1898, abgesehen von
den Äilometerheften, etwa 942 400 Mk., d. h. 5,5 Proz.
mehr gegen das Vorjahr, während die gleiche Einnahme-
position im Jahr 1893 gegen 1897 nur eine Steigerung
von rund 4 Proz. aufwies. Den von der Eisenbahn-
verwaltung gezogenen Schluß, daß der Gebrauch von
Kilometerheften jetzt dem Beharrungszustand entgegen-
zugehcn beginnt, möchten wir füglich bezweifeln. Man
braucht nur den Preis des Kilometerhefts III. Klasse auf
20 Mk. heradzusetzen und Hefte L 500 Kilometer aus-
zugebcn, dann wird von einem „Beharrungszustand" über-
haupt keine Rede mehr sein. Leider glaubt die Verwaltung
auch diesmal, dem bezüglichen Wunsche der Kommission
keine Folge geben zu sollen, „weil vorerst das Ergebniß
der zwischen den deutschen Regierungen über die Frage
einer Tarifreform obwaltenden Verhandlungen abgewartet
werden müsse". Diese Verhandlungen haben bis jetzt
kein Ergebniß gehabt; sie sind aber noch nicht abgeschlossen
und es ist nach Ansicht der Regierung Hoffnung vor-
handen, daß sie mit einer V e rei n fa ch ung und wohl (!)
auch (!) mit einer Verbilligung des Tarifs endigen
werden.

Deutsches Reich.
— Der Kaiser erschien Donnerstag früh 8 Uhr in
der englischen Botschaft in Berlin, um dem Botschafter
seine Glückwünsche über das Mißlingen des Attentats aus-
zusprechen. Im Verlaufe des Vormittags sprachen Staats-
sekretär Graf Bülow, die Botschafter, Gesandten und zahl-
reiche Mitglieder der ersten Gesellschaftskreise vor.
— Nach der Köln. Ztg. liegt au amtlicher Stelle über
angebliche Beleidigungen des deutschen Wahl-
consuls Malcomeß in East London (Kapland) am
3. März nicht die geringste Mittheilung vor.
Wenn wirklich solche Beleidigungen vorgekommen wären,
so müsse der Vorfall zwischen dem deutschen Generalconsul

in Kapstadt und der Kapregicrung schon glatt e rledigt sein,
denn andernfalls würden zweifellos telegraphische Mel-
dungen in Berlin abgestattet worden sein.
— Der Abg. Dr. Lieber hat sich von Berlin in
seine Heimath nach Eamberg begeben.
Baden. L. Karlsruhe, 5. April. In der heu-
tigen Sitzung der Budgetkommission erklärte die
Großh. Regierung, daß die Dotation der Kreisver-
bände noch in diesem Landtage durch ein Nachtragsgesetz
von jährlich 960 000 Mk. auf 1 Million erhöht werden
soll; von der Erhöhung mit 40000 Mk. sollen dem Kreise
Konstanz 20 000 Mk., Kreis Lörrach 15 000 Mk und
Kreis Mosbach 5000 Mk. zugewiesen werden. Bezüglich
des Antrages Fieser u. Gen. auf Erhöhung der Zuschüsse
an die Kreise zu den Straßen- und Landarmenkosten er-
klärten der Minister des Innern und der Finanzminister,
daß die Großh. Regierung für die Unterstützung der Er-
bauung von Kreis- und Gemeindewegen im nächsten Bud-
get namhaft erhöhte Beträge einsetzsn wolle; bis dahin
solle noch näher erwogen werden, ob die erhöhten Zu-
schüsse vielleicht nach einem andern höheren Prozentver-
hältniß als bisher oder an die weniger leistungsfähigen
Kreise für bestimmte Projekte nach einem vorher festgestell-
ten Bauprogramm gegeben werden sollen. Die Budget-
kommission erklärte sich mit diesem Vorgehen im allgemei-
nen einverstanden und beschloß empfehlende Ueberweisung
des Antrages Fieser u. Gen. sowie der Petitionen der
Kreise in diesem Sinne an Gr. Regierung. — Wie be-
stimmt verlautet, wird dem Landtage eine Nachforde-
rung für die Verlegung des Bahnhofs Karls-
ruhe im Betrage von 1 Mill. Mk. zugehcn.
Badischer Landtag. L. 0. Karlsruhe, 5. April.
(58. Sitzung der Zweiten Kammer.) Auf der Tages-
ordnung steht die Einzelberathung über das
Domäne ubudget.
Abg. Geck (soz.) begrüßt die Verstaatlichung der Fischzucht-
anstalt in Haigerach. Wiinschenswerth wäre Einheitlichkeit der
Fischereiverordnungen. Ftnanzminister Dr. Buchen berger
weist auf die Uebereinkomwen der Staaten am Oberrhein und
am Bodensee hin. Abg. Pflüger (steif) wünscht größeres
Entgegenkommen gegenüber den privaten Fischzuchtanstalten.
Abg. Dr. Wilckens (nal.-lib.) weist darauf hin, daß die
Wiedeiherstellungsarbeilcn am Friedrichsbau des Heidelberger
Schlosses unter der kundigen Leitung des Herrn Oberbauraths
Schäfer nunmehr ihrem Enve entgegen gingen. Es müsse, wie
er glaube, anerkannt werden, daß hier ein großartiges Restau-
rirungswerk in Frage stehe. Zwar hätten einzelne der in Betracht
kommenden Herstellungen in Heidelberg lebhafte Bedenken hervor-
gerufen. Es gelte dies namentlich von den blendend weißen
Kaminköpfen auf dem Dache des Friedrichs-Baus. Aber es
handle sich hier doch eben nur um einen Spezialvunkt, welcher
die Bedeutung des Unternehmens im Ganzen nicht atteriren
könne. Auch habe die Großh. Regierung zugesagt, daß die be-
treffenden Kaminköpse mir einer künstlichen Alters-Patina ver-
sehen werden sollten, wodurch die Beschwerde überhaupt ihre
Erledigung finden dürfte. Jedenfalls sei es sehr dankenswerth,
daß die Großh. Regierung alles ausbiete, um dem Zerfall des
Heidelberger Schlosses entgegenzutrelen, und es sei ein besonderes
Verdienst des Herrn Finanzministers, an diese große Aufgabe,
die wohl nur dadurch gelöst werden könne, daß die künstlerisch
werthvollen Theile des Heidelberger Schlosses durch Restaurirung
den kommenden Geschlechtern erhalten würden, mit Energie
hcrangegangen zu sein. Redner hofft, daß nach Beendigung der
Arbeiten am Friedrichs-Bau auch der Otlo-Hcinrich-Bau, diese
Perle deutscher Renaissance, an die Reihe kommen werde, und
möchte die Inangriffnahme der Restaurirung dieses herrlichen
Bauwerks jetzt schon der Großh. Regierung wie der Volks-
vertretung ans Herz legen.
Finanzminifter Dr. Buchenberger begründet die Nach-
forderung für die Restaurirung des Mannheimer Schlosses, die
auch die Abgg. KriechIe (nat.-lib.) und Gießler (Centr.)
für gerechtfertigt halten. Abg. Franz (nat.-lib.) gibt der Freude
der Rastatter Bevölkerung über die Restaurirung des dornigen
Schlosses Ausdruck. Die Abgg. Hoffmann (dem.), Breit-
ner (Ctr.) und Frhr. v. Stockhorner (conf) wünschen, daß

Ein Bonner Stndentenfest
!d>eli 2. April. Ein eigenartiges humorvolles Fest
A ffch nach der Köln. Ztg. am Samstag Abend in
^erhall? ab. Es galt den mit dem 31. März von
Schaubühne des öffentlichen Lebens abtretenden
Pächtern, denen unsere akademische Jugend einen
^ttx, ollen Abschied zu bereiten sich gedrungen gefühlt
>ff 30 Zahl der geladenen Nachtwächter belief sich
' Sie hatten an fein-säuberlich gedeckter besonderer
genommen, frische Maiglöckchen schmückten ihre
NistJ ^orn gegenüber saßen die Musensöhne, Corps-
denn diese waren di: Veranstalter des Festes,
."rer ihnen, eanck. jur. H., trug neben dem Corps-
e auch die übrigen angelegt halten, einen etwa
breiten Lederrieme», an dessen Ende zwei
^gekreuzte Nachtwächterschlüssel prangten. Er war
!>?^en ^enniitgliede dieser ehrsamen Zunft geschmiedet
d? Fest das Präsidium, ein alter Herr der Saxonia,
>?? krs!p d^"d mit einigen Worten eröffnet hatte, wurde
lb dg«» ""orlied „O alte Burschenherrlichkeil" gesungen
^ Fu» "urde ein alter Herr der Straßburger Alsatia
i?Hter ^/"ajor ernannt und an die Tafel der Nächt-
ig Herr ^oanuandirt. c^tzt wurde Speise und Trank
^ e,„ des Tages aufgctcagcn. Weihevolle Stille
H i ols sich das Präsidium zur Festrede erhob,
tz^te,, y.oo beklagte es, daß aus dem mit Hermelinpelz
Lurpurmantel der alten Burschenherrlichkeit ein
bem andern herausgerissen werde. Die
als ein Opfer des Fortschrittes und


des 20. Jahrhunderts, unfern Nachkommen werde es wie
ein Märchen aus Tausend und eine Nacht einmal erklingen,
wenn sie von den Nachtwächtern hörten, die in dem
„gemüthlichen,' ewig jugendfrischen Bonn zu alten Zeiten
ihr sogenanntes Schwert als Scepter geschwungen hätten".
Redner führte dann einzelne Belege für die Güte und
Fürsorge der Nachtwächter vor.
Saß man auf der Kneipe, so erschien Punkt 11 Uhr der
Nachtwächter in Begleitung zweier oder auch dreier Ämts-
genossen, um nach dem Zustande seiner Schutzbefohlenen zu
forschen. Fand er den Zustand schon Bedenken erregend, so
Hais er in der liebenswürdigsten, zuvorkommendsten und auf-
opferndsten Weise das Faß leeren. Verspürte man einmal
Lust zu nächtlicher Ruhestörung, so wandte man sich an den
Nacktwächter und dann bietz es: „Herr Doktor, gohn Le in
de Bachstraß, dä Nachtwächter von do is grad ov der Wach,
da könnt er et jöcke." Auch sunktionirte ihr Nachrwächter-
dienst besser wie jedes Geheimpolizistenkureau. Nur ein Fall
sei erwähnt: Ein jetzt schon in Amt und Würden stehender
alter Herr der Palana wurde wegen seiner Verdienste um
das Beleuchtungswesen in der Nachtwächtersprache „Et Biest"
genannt. Einmal war dieser zwei Jahre lang abwesend;
als er eines Tages um 8 Uhr Abends wieder hier eintraf,
vernahm man schon eine halbe Stunde später auch im ent-
ferntesten Stadtviertel, wie ein Nachtwächter dem andern
zurief: „Du Juv, häste es alt gehört, et Biest is wedder do!"
Ja. giebt cs eine Polizeibehörde, die findiger wäre, als
unser Nachtwächterkorps? Und heute scheiden sie von uns.
Je zwei von ihnen werden durch einen Schutzmann ersetzt,
weil ein Schutzmann so viel leisten soll, wie zwei Nacht-
wächter. Schon an anderer Stelle ist dem Magistrat gesagt
worden, daß dies unmöglich sei. Denn kein Schutzmann
kann so viel Kaffee umsonst im KaisercafS trinken, wie zwei
Nachtwächter, kein Schutzmann kann so viel schlafen wie
zwei Nachtwächter. Aber wie dem auch sein mag, wir Corps-
studenten wollen ihnen immer ein treues Andenken bewahren '

und uns stets der heiteren Momente erinnern, die sie uns
bereitet haben.
Kaum war die Festrede und der stürmische Beifall,
den sie gefunden, verklungen, als auch schon der Vertreter
der Nachtwächter, Kraus mit Namen, sich zur Gegenrede
erhob und sich für die Anerkennung bedankte, die sie
wenigstens bei den Studenten gefunden, und die ihnen
ein Trost sei für das ihnen zugefügke Leid. Auch er er-
klärte, daß ihnen die mit den Studenten verlebten schönen
Stunden unvergeßlich bleiben würden. Als dann das den
„lieben Gästen" gespendete Mahl sestl Ende erreicht hatte, be-
gann die „Fidulitas". Kraus wurde unter Musikbegleitung
auf den Präsioentensitz geführt, es wurde „bunte Reihe"
gemacht, nichts unterblieb, was bei einem solchen festlichen
Gelage zur Tagesordnung gehört. Auch ein Semester-
reiben wurde vorgenommen, und dabei kamen die Semester
in Betracht, die man „im Dienste der Universität" ver-
lebt; dabei erreichten natürlich wieder die Nachtwächter
die höchsten Stellen. Nur ein alter Herr eines Breslauer
Corps, Dr. F., überstieg sie mit seinen 56 Semestern
und ein Anderer der mit seinen 64 Semestern den
Gipfel erklomm. Besondere Freude erregte auch eine
improvisirte Postansichtskarte, auf der ein „Polyp" im
Glanze der ausgehenden Jahrhundertsonne stolz dem traurig
abziehenden Nachtwächter nachsieht. Sie wurde dem
Oberbürgermeister mit Grüßen sämmtlicher Anwesenden
übersandt. Tiefen Eindruck machte cs auch, als Nachtrath
Kraus unter seinem Regiment das Lied anstimmen hieß:
„Hinaus in die Ferne mit lautem Hörnerklang!" Zu
mitternächtlicher Stunde zog man dann auch wirklich in
 
Annotationen