b' Erscheint täglich.
k Sonntags ausgenommen.
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mit Familtenblättern
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Jnserttonsgebühr
15 Pf. für dreispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Grafts-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82
Xr. 108.
Mittwoch, dt« 9. Moi
ISO«.
Das Kaiserpaar in Lothringen.
Kürzel, 8. Mai. Der Kais er und die Kaiserin
trafen, begleitet von den beiden jüngsten Kindern, um
10 Uhr 15 Minuten heute Vormittag hier ein und wurden
von dem Kommandirenden General des 16. Armeekorps,
Grafen Häseler, dem Bezirksprästdenten von Hammerstein,
dem Kreisdireklor, dem Bürgermeister und der prote-
stantischen und katholischen Geistlichkeit empfangen. Der
Kaiser und die Kaiserin begrüßten die Anwesenden und
unterhielten sich mit denselben. Nach einstündigem
Aufenthalt erfolgte die Weiterreise nach Schloß Urville,
des Regens wegen in geschlossenem Wagen. Ein eigen-
thümliches Zusammentreffen verdient Erwähnung. Als
Zugführer des kaiserlichen Sonderzugs fungirte ein hoch-
gewachsener strammer Elsässer, derals französischer
Kürassier im Jahre 1870 den unglücklichen Angriff
der Reiterdivision bei Reichshofen mitgemacht hatte. Er
blieb damals von dem tragischen Geschick so vieler seiner
Kameraden verschont, ließ es sich aber Wohl nicht
träumen, daß ihm dreißig Jahre nachher die Ehre be-
schieden war, den deutschen Kaiser zu fahren. Er wird
über dieses wechselnde Geschick nicht böse sein.
Aus der Budgetkommission des Reichstages.
Berlin, 8. Mai. Da der Unterausschuß seine Ar-
beiten noch nicht beendet hat, werden die Bassermannschen
Anträge berathen. Nach längeren Berathungen wird der
höhere Zoll auf ausländische Schaumweine,
wwie eine Resolution angenommen, welche die Einbringung
Eines Gesetzes betreffend die Besteuerung von irl-
ändischen Schaumweinen fordert. Nach Aeuße-
tungen der Abgg. Bebel (Soz.), Dr. Hasse (ntl.) und
dichter (freist Vp.) wird der Antrag angenommen.
Hierauf beantragt Abg. Graf Klinkowström (kons.)
höhere Zölle auf Bier aller Art. Der Antrag
b>ird schließlich angenommen, ebenso die Erhöhung des
Zolls auf Schwefcläther. Hierauf wird die Berathung
^uf morgen vertagt.
Deutsches Reich.
— Ueber eine Bemerkens werthe Anerkennung
bhferer marinetechnischen Einrichtungen berichtet
englische Fachzeitschrift Army and
^ie führende
Navy
yvzette unter dem 14. April d. I.: „Der amerikanische
'Ailitärattachs in Berlin, Commander Beehler, äußerte
^legenllich der ersten Jahresversammlung der scbiffbau-
sEchnischen Gesellschaft, nach seiner Meinung wäre die
^kutsche Abtheilung fürKriegsschifbaubesser
die gleichartigen Institute Großbritanniens und
Frankreichs. Er hätte deshalb der Regierung der
^reinigten Staaten gerathen, ihre, jungen Schiffsbau-
Echniker lieber nach Berlin zu schicken, anstatt auf die
^Nischen Schulen Englands und Frankreichs. Das eng-
Blatt bezeichnet diese Aeußerung als bedeutsam und
Klangt eine Besprechung der Angelegenheit gelegentlich
^ nächsten, in Paris stattfindenden Versammlung der
"ölischen schiffbautechnischen Gesellschaft,
b Bonn, 8. Mai. Die Torpedobootflottille ist
^bte Vormittag 11 Uhr hier eingctroffen und wurde,
des Regens, von einer vieltausendköpfigen Menschen-
öge jubelnd begrüßt.
Deutscher Reichstag. Berlin, 8. Mai. Das Haus
z,behlnjgt den Bericht der Oberrechnungskammer für das
^chnungsjahr 1897/98. Es folgt die Jnterp e ll ation
st,
die
des Abg. Grafen Schwerin-Löwitz (cons.) betreffend die
Priv attransitlager.
Ab«. Graf Schwerin begründet die Interpellation: Die
Regierung zöaere seit langem mit ihrer Antwort auf eine
im Jahre 1897 gefaßte Resolution. Selbst wenn die An-
sichten der Landwirlhe über die Frage auseinandergingen.
sei es kein Grund für die Regierung, mit ihrer Stellung-
nahme zu zögern. Aber die Landwirtbe seien völlig einig,
daß der gegenwärtige Zustand geändert werden müsse.
(Beifall rechts.)
Staatssekretär Dr. Frhr. v. Thielmann beantwortet
d-e Interpellation: Er habe allerdings der conservativen
Partei Jnconseguenz vorgeworfen. Graf Kanitz erklärte, er
habe im Jahre 1897 die Transitlager für notüwenwg ge-
halten. dann aber seine Ansicht geändert. Man stehe jetzt in
Vorbereitung eines neuen Zolltarifgesetzes. Der Staats-
sekretär bemerkt, er sei ermächtigt, zu erklären, daß die
preußische Regierung der Abschaffung der Transit-
lager geneigt sei: auf dem Standpunkte Preußens
ständen auch einige andere Regierungen.
Es folgt die Fortsetzung der Berathung der Unfall-
versicherungsnovelle.
Ohne wesentliche Diskussion wird eine Anzahl von in
der Kommisionssassung angenommen.
Baden. Erfreuliche Offenherzigkeit ist in einer Be-
merkung der Köln. Volkszeitung zu erblicken, welche an-
läßlich der entsüto ooräials zwischen Wacker und Hans-
jakob der politischen Lage in Baden gewidmet ist.
Hansjakob will bekanntlich Wacker nur für so lange im
Kampfe folgen, bis die Klöster für Baden erreicht find,
dann aber will der Freiburger Martinspfarrer von einem
Kampfe nichts mehr wissen. Ihm mag nun das rheinische
Centrumsorgan die Augen öffnen, das mit wirklich er-
frischendem Freimuth schreibt:
Andererseits find wir mit Herrn Wacker der Ansicht, daß mit
einer Erledigung der Klosterfrage noch lange nicht die
Zeit gekommen ist, die Waffen auf dem Fechtboden niedcr-
zulegen. Solche Erwägungen mögen am Platze sein für eine
lediglich religiöse Ziele verfolgende vorübergehende Parteibildung,
nicht aber für eine politische Partei wie das badische Centrum,
das gegenüber der Regierung und den anderen Parteien Badens
wahrlich noch ganz andere Dinge zu vertreten hat, wie
die Zulassung der Männerordcn.
Was für ganz andere Dinge das sind, näher aus-
zuführcn, wurde nicht als nöthig befunden, allein man
darf sich nur an die Rede erinnern, die Herr Dieterle
neulich bei der Schuldebatte im Landtag gehalten hat,
wobei er treuherzig erklärte, das Centrum denke „vor der
Hand" noch nicht daran, die gemischten Schulen aufzuheben.
Nach solchen Aeußerungen der ultrumontanen Presse und
ultramontaner Parlamentarier wird man es der bad. Re-
gierung nicht verdenken, wenn sie in Baden auch in Zu-
kunft keine Klöster zuläßt.
Badischer Landtag. L. 6. Karlsruhe, 8. Mai.
(73. Sitzung der Zweiten Kammer.) Die Berathung
des Eisenbahnbaubudgets bietet den Abgeordneten
auf jedem Landtag eine willkommene Gelegenheit, die Eiscn-
bahnwünsche ihrer Bezirke zur Sprache zu bringe». Da
so ziemlich jede Gemeinde des Landes entweder eine Sta-
tion bezw. eine Bahn wünscht, oder an der vorhandenen
etwas auszusetzen hat, so schießen die Redner wie Pilze
aus dem Parkett des Halbmondsaals empor und bestürmen
die Regierung mit Bitten und Beschwerden. Schon heute,
am „Eröffnungstage", kamen 17 Redner zum Wort, weitere
13 sind vorgemerkt und man darf nach früheren Er-
fahrungen ganz sicher annehmeu, daß damit die Redner-
liste noch nicht abgeschlossen ist. Das badische Volk hat
also in seinem Landtag nicht nur, wie einmal Minister
Eiseulohr bemerkte, eine Landwirthschaftskammer, son-
dern auch ein Eisenbahnparlament, das allerdings kaum
den Wünschen des Eisenbahnreformers Böhtlingk ent-
sprechen dürfte.
Nachdem Abg. Pfeffer le (natl.) zunächst über die summa-
rische Nachwetsung über den Fortgang de» EisenbahnbauS
in den Jahren 1898/99 und des hiefür aus den Mitteln der
Eisenbahnschuldentilgungskaffe bestrittenen Aufwands berichtet
hatte, leitete er die allg em eine B er a thung über das Eisen-
bahnbaubudget mit einem Vortrag ein. (Aus seinem Bericht haben
wir das Wesentlichste bereits wiedergegeben.) Abg. H a u ß (natl.)
dankt für die rasche Förderung des Kehler Hafenbaues. Abg.
Weber (Centr.) bringt die Mißstände im Offenburger Bahnhof
zur Sprache. Abg. Fendrich (Soz.) bringt einen Antrag ein,
daß dos neue Aufnahmegebäude in Durlach möglichst nahe an
die Stadt herangerückt wird. Minister v. Brauer hat gegen
den Antrag nichts einzuwenden. Die Regierung wolle gerne noch
einmal mit Durlach verhandeln, ob nicht ein besserer Platz für
den neuen Bahnhof gefunden werden kann.
Der Antrag wird angenommen.
Abg. Straub (natl.) begrüßt die frische Initiative der
jetzigen Eisenbahnverwaltung, die im Gegensatz zu der früheren
auch nicht direkt rentable Linien in Angriff nehme. Der Redner
tritt mit Wärme und Geschick für eine Durchgangsbahn Kehl—
Schwarzwaldbahn—Engen—Stockach— Friedrichshafen — Vorarl-
berg-Innsbruck ein, ein Projekt, vor dessen Durchführung die
Schweiz geradezu zittere. Weiler bittet er um Errichtung eines
Holzladeplatzes in Nenzingen. Abg. Kögl er (natl.) fragt an,
wie weit die Vorarbeiten für ein neues Aufnahmegebäude in
Breiten gediehen sind; ebenda genüge auch der Rangst- und
Güterbahnhof den Anforderungen nicht mehr. Abg. Müller-
Engen unterstützt den Antrag des Abg. Straub bctr. das Bahn-
projekt Engen—Stockach und bittet, das zweite Gleise Konstanz—
Singen nach Engen weiterzuführen. Bei dieser Gelegenheit
könnten dann auch die kleinen Bahnhöfe auf jener Strecke so
ausgestaltet werden, daß sie den starken Verkehr zu bewältigen
im Stande sind. Die Abgg. Neuwtrth (natl.) und Breitner
(Centr.) befürworten das Bahnprojekt Waibstadt—Sinsheim.
Abg. Dr. Fieser (natl.) bittet bei Vergebung der Elektrizitäts-
werke in Rheinau, Karlsruhe und Donaueschingen die elektrische
Gesellschaft für Industrie zu berücksichtigen. Minister v. Brauer
erklärt, daß die Regierung der jungen Gesellschaft sympathisch
gegenüberstehe; sie betrachte es als ein noblls olLolum, Kunde
der neuen Gesellschaft zu werden.
Abg. Dr. Wilckens (nat.-lib.) befürwortet zunächst die Be-
rücksichtigung unserer einheimischen Elektrizitäts-Industrie bet der
Errichtung von elektrischen Centralen der Bahnverwaltung, die
Besserstellung der technischen Beamten, sowie die Erbauung einer
Verbindungsbahn Stockach-Engen, indem er zugleich einem
baldigen Anschluß Stockachs an die Bodenseegürtelbahn durch
das Owinger Thal das Wort redet und in humoristischer Weise
den Abg. Straub über das von ihm an die Wand gemalte Ge-
spenst eines Hafens in Heidelberg beruhigt. Er kommt dann
auf die Heidelberger Bahnhofverhältnisse zu sprechen, die er als
unbefriedigend bezeichnet. Der dortige Bahnhof sei, was die be-
triebstechnische Seite angeht, an der Grenze seiner Leistungsfähig-
keit angekommen. Der Verkehr sei in Heidelberg in den letzten
Jahren derart gewachsen, daß eine abermalige erhebliche Steigerung
der Leistungen der Verwaltung bei dieser Bahnhofanlage nicht
mehr möglich sei. Es sei auch schon der jetzige Eisenbahnbetriebs-
dienst im dortigen Bahnhof nur noch bei Aufbietung der größten
Aufmerksamkeit des Personals durchzufllhren. Die Zahl der ein-
und ausfahrenden Züge betrage in Heidelberg gegenwärtig nahezu
400 täglich, und es sei wirklich nur der Pflichttreue der Beamten
und Angestellten zu verdanken, wenn sich neuerdings keine ernsten
Unfälle ereignet hätten. Aber nicht nur vom Standpunkt des
Betriebs, sondern auch von jenem der Stadt aus seien die
Heidelberger Bahnhofverhältntffe mißlicher Art. Insbesondere
eien die Niveau-Uebergänge an der Römerstraße, an der Rohr-
bacher Straße und an der Gaisbergstraße nachgerade zu einer
Kalamität geworden. An einzelnen dieser Uebergänge, die von
den durchfahrenden Zügen aufs stärkste beansprucht würden,
werde überdies noch fortwährend ranglrt, wodurch nicht nur
häufige Sverrungen durch Schlagbäume, sondern auch Belästigungen
der Nachbarschaft durch Rauch, Ruß und dergl. herbeigeführt
würden. Es könne ja vielleicht eine gewisse Besserung dadurch
erfolgen, daß je ein weiterer Bahn-Üebergang im Rohrbacher
Viertel (etwa an der Kaiserstraße) und im Bergheimer Viertel
hergestellt werde. Es seien dies aber alles nur Nothbehelfe;
gründliche Abhilfe könne nur ein vollständiger Umbau bezw.
Neubau des Bahnhofs bringen. Dieser sei erforderlich, wenn
nicht die städtische Entwicklung, insbesondere auch die weitere
bauliche Entwicklung der neuen Stadttheile im Westen, Noth
leiden solle. Der Redner spricht daher den dringenden Wunsch
aus, daß die Sache jetzt ernstlich in Angriff genommen und im
Benehmen mit der Stadtverwaltung einer definitiven Lösung zu-
geführt werde. Die Frage, wohin der neue Bahnhof kommen
I solle, sei für Heidelberg eine hochwichtige. Die langgestreckte Lage
erthümerfunde in und um Heidelberg.
iv.
unserem letzten Berichte konnte der erste Nachweis für die
>d,ö°delung Heidelbergs in der (jüngeren) Bronzezeit erbracht
y^öer,. Weitere, im April ds. Js. gemachte Funde haben er-
ik 9>, daß auch der Stadtt heil Neuenheim schon
Her jüngeren
a^erm
geren Bronzezeit besiedelt gewesen.
Legen der Wasserleitung in der Werde rstraße,
>>i, 'Zen der Mönchhofstraße und der Weberstraße, durchschnitten
weiter ahnungslos eine B r a nd b e st a ttung; ein orna-
Xy^stter Bronzering, den Herr Brunnenmeister Fritz beachtete
tzrj°ufhob, veranlaßte den Unterzeichneten zur Durchsuchung des
nea. bhubes; es fanden sich drei weitere Bronzeringe, eine durch
deformirte Gewandnadel, calcinirle menschliche Knöchelchen.
ThV°hle sowie viele Scherben der zugehörigen Aschenurne und
kiy.öcnäpfe. Beim weiteren Nachsuchen ergab sich 17 m südlich
<8,»2weite Brandbestattung (die gleichfalls in der Trace des
sth/srleitungsgrabens gelegen); es fanden sich noch ein wohl-
sttz^stner Bronzering, Stücke eines zweiten Ringes und Bruch-
jX-xi Jweier Bronzenadcln, wiederum calcinirte Knöchelchen (auch
k, h»e) und zahlreiche Bruchstücke der Urne. Kein Zweifel,
IXy.öter an der Werderstraße ein Friedhof (Urnenfeld) der
oder jüngsten Bronzezeit gelegen; die meisten Urnen
wohl durch die Kulturarbeit von Jahrtausenden zerstört
V sein.
Mos,, glich ist, daß eine dritte Brandbestattung der jüngeren
^tkin^st. die sich gleichfalls im vorigen Monat Dank der Auf-
.ry-öikeit des Herrn Baumeisters Rcmler an der Moltke-
leststellen ließ, mit diesem Urnenfeld an der Werderstraße
d E de« 'hängt. Diese wurde beim Einsetzen einer Gcrüststange
ftckt. " Neubau des Herrn Th. Groos zerstört und dadurch ent-
Jt -F, Me Urne saß auch hier äußerst flach, kaum 0.50 m unter
Üdei ,fiäche. Als Beigabe fand sich nur eine zierliche Bronze-
nst sF.Ael der genauen Durchsuchung des anstoßenden Feldes
""scheu Arbeitern stieß man noch auf eine runde Grube mit
Holzkohle und bronzezeitlichen Scherben, außerdem zeigten sich
gleichartige Scherben und Feuersteine über das ganze Feld zer-
streut.
Fundstätten und Funde wurden seitdem von dem Großh.
Konservator, Hrn. Geh. Rath Wagner, und dessen Assistenten,
Herrn Prof. Dr. Schumacher, besichtigt. Herr Geh. Rath
Wagner wird Hrn. Aufseher Eckert versuchen lassen, aus den
Scherben die Urnen für die hiesige städt. Kunst- u. Alterthümer-
sammlung wieder hcrzustellen.
Fügen wir noch bei, daß außer obigen 4 Brandbestattungen
der jüngeren Bronzezeit (im Speyerer Baubezirk und im Neuen-
heimer Stadtviertel) schon im Jahre 1884 an der Eppe l-
Helmer Landstraße und zwar, wie jüngst festgestellt worden,
auf Heidelberger Gemarkung zwei Erdbestattungen (Gräber)
der älteren Bronzezeit gefunden wurden, deren Beigaben
mit Ausnahme eines Ringes in die Sammlung des Mannheimer
Alterthumsvereins verbracht worden sind, so liegt schon heute
der Schluß nahe, daß die Heidelberger Gemarkung bereits in der
Bronzezeit verhältnißmäßig dicht besiedelt gewesen.
Römerspuren traten in den letzten Monaten bei Erd-
arbeiten filr einen Neubau des Herrn Baumeisters Kretzer in
der Keplerstraße zu Tage, augenscheinlich der Hof eines römischen
Hauses, dessen Fundamente vor einigen Jahren dicht daneben,
an der nordöstlichen Ecke der Keplerstraße und der Ladenburger-
straße, aufgedeckt worden sind. Auf dem Estrich fanden sich
Gefäßscherben, Legionsziegel und 2 Bronzemünzen Kaiser
Trajans (Cohen 356 und 630), gleich ausgezeichnet durch
Prägung, Erhaltung und Patina, wohl die schönsten aller bisher
in Heidelberg aufgefundenen römischen Bronzemünzen.
Herr Konrad Merkel, Landwirth in Großsachsen, war
so glücklich, am 17. März 1900 beim Herstellen einer Baum-
anlage auf dem Gutleuthausfeld (neben der Post) ein zwischen
starke Fundamentmauern eines zerstörten Gebäudekomplexes ein-
gebettetes Töpfchen mit 94 Silbermünzen zu finden.
Ueber die Zusammensetzung dieses Schatzes schreibt Herr Paul
Joseph tu der Mai-Juni-Nummer der von ihm herausgegcbenen
„Münzblätter":
„Neben 7 Mannheimer Sechs-Albusstücken von 1608 des
Pfalzgrafe» Friedrich IV. und einem Thaler von 1630 der Stadt
Metz waren 8 Münzen der englischen Königin Elisabeth, 1558
bis 1603 (Sixpence und deren Hälften), ein litauer Viergröscher
von 1567 des polnischen Königs Sigismund August IL, 1548
bis 1572, im übrigen nur Gepräge der spanischen Niederlande:
77 Stück, vertreten. Von diesen stammen die meisten, nämlich
24 ganze, 5 halbe, 19 Viertel- und 26 Theilstücke des Thalers,
also 74, aus dem 16. Jahrhundert; nur drei Münzen: ein
Viertelthaler von 160l, ein gleicher von 1608 und ein halber
Thaler von 1645 aus der Münzstätte Brüssel gehören dem
17. Jahrhundert an. Die jüngste Münze war schön erhalten,
alle übrigen zeigten entsprechend dem längeren Umlauf eine starke
Abnutzung".
ES ist demnach dieser Schatz vielleicht noch im 30jährigen.
wahrscheinlicher im orleansschen Kriege vergraben worden.
Anerkennend sei hier der freundlichen und dankenswerthen
Bereitwilligkeit gedacht, mit welcher Herr Merkel sich der
Mühe unterzogen hat, die für das Studium der Keramik des
17. Jahrhunderts interessanten Gefäße bezw. Gefäß-
sch erben und Ofenkacheln, welche in obengenannten
Fundamenten zerstreut waren, sorgfältig zu sammeln und der
Städtischen Kunst- und Alterthümersammlunz in Heidelberg zu
überlassen.
Heidelberg, 7. Mai 1900.
Larl Lkakk.
Kleine Zeitung.
— Der Kronprinz als Fahrgast der Pferdebahn. Dieser
Tage hatten die Stragenpassanten in Potsdam die gewiß seltene
Gelegenheit, den Kronprinzen auf der Pferdebahn zu sehen.
Kronprinz Wilhelm bestieg nämlich, vom Königlichen Stadtschlosse
kommend, mit einigen hökercn Militärs den Vorderperron des
Straßenbahnwagens Nr. 30. An der Berliner Brücke stieg der
Kronprinz mit seinen Begleitern auf Wagen Nr. 7 um, fuhr bis
zur Gltentcker Brücke und begab sich dann zu Fuß nach Wann-
see, von wo später mit der Bahn die Rückkehr nach Potsdam
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Xr. 108.
Mittwoch, dt« 9. Moi
ISO«.
Das Kaiserpaar in Lothringen.
Kürzel, 8. Mai. Der Kais er und die Kaiserin
trafen, begleitet von den beiden jüngsten Kindern, um
10 Uhr 15 Minuten heute Vormittag hier ein und wurden
von dem Kommandirenden General des 16. Armeekorps,
Grafen Häseler, dem Bezirksprästdenten von Hammerstein,
dem Kreisdireklor, dem Bürgermeister und der prote-
stantischen und katholischen Geistlichkeit empfangen. Der
Kaiser und die Kaiserin begrüßten die Anwesenden und
unterhielten sich mit denselben. Nach einstündigem
Aufenthalt erfolgte die Weiterreise nach Schloß Urville,
des Regens wegen in geschlossenem Wagen. Ein eigen-
thümliches Zusammentreffen verdient Erwähnung. Als
Zugführer des kaiserlichen Sonderzugs fungirte ein hoch-
gewachsener strammer Elsässer, derals französischer
Kürassier im Jahre 1870 den unglücklichen Angriff
der Reiterdivision bei Reichshofen mitgemacht hatte. Er
blieb damals von dem tragischen Geschick so vieler seiner
Kameraden verschont, ließ es sich aber Wohl nicht
träumen, daß ihm dreißig Jahre nachher die Ehre be-
schieden war, den deutschen Kaiser zu fahren. Er wird
über dieses wechselnde Geschick nicht böse sein.
Aus der Budgetkommission des Reichstages.
Berlin, 8. Mai. Da der Unterausschuß seine Ar-
beiten noch nicht beendet hat, werden die Bassermannschen
Anträge berathen. Nach längeren Berathungen wird der
höhere Zoll auf ausländische Schaumweine,
wwie eine Resolution angenommen, welche die Einbringung
Eines Gesetzes betreffend die Besteuerung von irl-
ändischen Schaumweinen fordert. Nach Aeuße-
tungen der Abgg. Bebel (Soz.), Dr. Hasse (ntl.) und
dichter (freist Vp.) wird der Antrag angenommen.
Hierauf beantragt Abg. Graf Klinkowström (kons.)
höhere Zölle auf Bier aller Art. Der Antrag
b>ird schließlich angenommen, ebenso die Erhöhung des
Zolls auf Schwefcläther. Hierauf wird die Berathung
^uf morgen vertagt.
Deutsches Reich.
— Ueber eine Bemerkens werthe Anerkennung
bhferer marinetechnischen Einrichtungen berichtet
englische Fachzeitschrift Army and
^ie führende
Navy
yvzette unter dem 14. April d. I.: „Der amerikanische
'Ailitärattachs in Berlin, Commander Beehler, äußerte
^legenllich der ersten Jahresversammlung der scbiffbau-
sEchnischen Gesellschaft, nach seiner Meinung wäre die
^kutsche Abtheilung fürKriegsschifbaubesser
die gleichartigen Institute Großbritanniens und
Frankreichs. Er hätte deshalb der Regierung der
^reinigten Staaten gerathen, ihre, jungen Schiffsbau-
Echniker lieber nach Berlin zu schicken, anstatt auf die
^Nischen Schulen Englands und Frankreichs. Das eng-
Blatt bezeichnet diese Aeußerung als bedeutsam und
Klangt eine Besprechung der Angelegenheit gelegentlich
^ nächsten, in Paris stattfindenden Versammlung der
"ölischen schiffbautechnischen Gesellschaft,
b Bonn, 8. Mai. Die Torpedobootflottille ist
^bte Vormittag 11 Uhr hier eingctroffen und wurde,
des Regens, von einer vieltausendköpfigen Menschen-
öge jubelnd begrüßt.
Deutscher Reichstag. Berlin, 8. Mai. Das Haus
z,behlnjgt den Bericht der Oberrechnungskammer für das
^chnungsjahr 1897/98. Es folgt die Jnterp e ll ation
st,
die
des Abg. Grafen Schwerin-Löwitz (cons.) betreffend die
Priv attransitlager.
Ab«. Graf Schwerin begründet die Interpellation: Die
Regierung zöaere seit langem mit ihrer Antwort auf eine
im Jahre 1897 gefaßte Resolution. Selbst wenn die An-
sichten der Landwirlhe über die Frage auseinandergingen.
sei es kein Grund für die Regierung, mit ihrer Stellung-
nahme zu zögern. Aber die Landwirtbe seien völlig einig,
daß der gegenwärtige Zustand geändert werden müsse.
(Beifall rechts.)
Staatssekretär Dr. Frhr. v. Thielmann beantwortet
d-e Interpellation: Er habe allerdings der conservativen
Partei Jnconseguenz vorgeworfen. Graf Kanitz erklärte, er
habe im Jahre 1897 die Transitlager für notüwenwg ge-
halten. dann aber seine Ansicht geändert. Man stehe jetzt in
Vorbereitung eines neuen Zolltarifgesetzes. Der Staats-
sekretär bemerkt, er sei ermächtigt, zu erklären, daß die
preußische Regierung der Abschaffung der Transit-
lager geneigt sei: auf dem Standpunkte Preußens
ständen auch einige andere Regierungen.
Es folgt die Fortsetzung der Berathung der Unfall-
versicherungsnovelle.
Ohne wesentliche Diskussion wird eine Anzahl von in
der Kommisionssassung angenommen.
Baden. Erfreuliche Offenherzigkeit ist in einer Be-
merkung der Köln. Volkszeitung zu erblicken, welche an-
läßlich der entsüto ooräials zwischen Wacker und Hans-
jakob der politischen Lage in Baden gewidmet ist.
Hansjakob will bekanntlich Wacker nur für so lange im
Kampfe folgen, bis die Klöster für Baden erreicht find,
dann aber will der Freiburger Martinspfarrer von einem
Kampfe nichts mehr wissen. Ihm mag nun das rheinische
Centrumsorgan die Augen öffnen, das mit wirklich er-
frischendem Freimuth schreibt:
Andererseits find wir mit Herrn Wacker der Ansicht, daß mit
einer Erledigung der Klosterfrage noch lange nicht die
Zeit gekommen ist, die Waffen auf dem Fechtboden niedcr-
zulegen. Solche Erwägungen mögen am Platze sein für eine
lediglich religiöse Ziele verfolgende vorübergehende Parteibildung,
nicht aber für eine politische Partei wie das badische Centrum,
das gegenüber der Regierung und den anderen Parteien Badens
wahrlich noch ganz andere Dinge zu vertreten hat, wie
die Zulassung der Männerordcn.
Was für ganz andere Dinge das sind, näher aus-
zuführcn, wurde nicht als nöthig befunden, allein man
darf sich nur an die Rede erinnern, die Herr Dieterle
neulich bei der Schuldebatte im Landtag gehalten hat,
wobei er treuherzig erklärte, das Centrum denke „vor der
Hand" noch nicht daran, die gemischten Schulen aufzuheben.
Nach solchen Aeußerungen der ultrumontanen Presse und
ultramontaner Parlamentarier wird man es der bad. Re-
gierung nicht verdenken, wenn sie in Baden auch in Zu-
kunft keine Klöster zuläßt.
Badischer Landtag. L. 6. Karlsruhe, 8. Mai.
(73. Sitzung der Zweiten Kammer.) Die Berathung
des Eisenbahnbaubudgets bietet den Abgeordneten
auf jedem Landtag eine willkommene Gelegenheit, die Eiscn-
bahnwünsche ihrer Bezirke zur Sprache zu bringe». Da
so ziemlich jede Gemeinde des Landes entweder eine Sta-
tion bezw. eine Bahn wünscht, oder an der vorhandenen
etwas auszusetzen hat, so schießen die Redner wie Pilze
aus dem Parkett des Halbmondsaals empor und bestürmen
die Regierung mit Bitten und Beschwerden. Schon heute,
am „Eröffnungstage", kamen 17 Redner zum Wort, weitere
13 sind vorgemerkt und man darf nach früheren Er-
fahrungen ganz sicher annehmeu, daß damit die Redner-
liste noch nicht abgeschlossen ist. Das badische Volk hat
also in seinem Landtag nicht nur, wie einmal Minister
Eiseulohr bemerkte, eine Landwirthschaftskammer, son-
dern auch ein Eisenbahnparlament, das allerdings kaum
den Wünschen des Eisenbahnreformers Böhtlingk ent-
sprechen dürfte.
Nachdem Abg. Pfeffer le (natl.) zunächst über die summa-
rische Nachwetsung über den Fortgang de» EisenbahnbauS
in den Jahren 1898/99 und des hiefür aus den Mitteln der
Eisenbahnschuldentilgungskaffe bestrittenen Aufwands berichtet
hatte, leitete er die allg em eine B er a thung über das Eisen-
bahnbaubudget mit einem Vortrag ein. (Aus seinem Bericht haben
wir das Wesentlichste bereits wiedergegeben.) Abg. H a u ß (natl.)
dankt für die rasche Förderung des Kehler Hafenbaues. Abg.
Weber (Centr.) bringt die Mißstände im Offenburger Bahnhof
zur Sprache. Abg. Fendrich (Soz.) bringt einen Antrag ein,
daß dos neue Aufnahmegebäude in Durlach möglichst nahe an
die Stadt herangerückt wird. Minister v. Brauer hat gegen
den Antrag nichts einzuwenden. Die Regierung wolle gerne noch
einmal mit Durlach verhandeln, ob nicht ein besserer Platz für
den neuen Bahnhof gefunden werden kann.
Der Antrag wird angenommen.
Abg. Straub (natl.) begrüßt die frische Initiative der
jetzigen Eisenbahnverwaltung, die im Gegensatz zu der früheren
auch nicht direkt rentable Linien in Angriff nehme. Der Redner
tritt mit Wärme und Geschick für eine Durchgangsbahn Kehl—
Schwarzwaldbahn—Engen—Stockach— Friedrichshafen — Vorarl-
berg-Innsbruck ein, ein Projekt, vor dessen Durchführung die
Schweiz geradezu zittere. Weiler bittet er um Errichtung eines
Holzladeplatzes in Nenzingen. Abg. Kögl er (natl.) fragt an,
wie weit die Vorarbeiten für ein neues Aufnahmegebäude in
Breiten gediehen sind; ebenda genüge auch der Rangst- und
Güterbahnhof den Anforderungen nicht mehr. Abg. Müller-
Engen unterstützt den Antrag des Abg. Straub bctr. das Bahn-
projekt Engen—Stockach und bittet, das zweite Gleise Konstanz—
Singen nach Engen weiterzuführen. Bei dieser Gelegenheit
könnten dann auch die kleinen Bahnhöfe auf jener Strecke so
ausgestaltet werden, daß sie den starken Verkehr zu bewältigen
im Stande sind. Die Abgg. Neuwtrth (natl.) und Breitner
(Centr.) befürworten das Bahnprojekt Waibstadt—Sinsheim.
Abg. Dr. Fieser (natl.) bittet bei Vergebung der Elektrizitäts-
werke in Rheinau, Karlsruhe und Donaueschingen die elektrische
Gesellschaft für Industrie zu berücksichtigen. Minister v. Brauer
erklärt, daß die Regierung der jungen Gesellschaft sympathisch
gegenüberstehe; sie betrachte es als ein noblls olLolum, Kunde
der neuen Gesellschaft zu werden.
Abg. Dr. Wilckens (nat.-lib.) befürwortet zunächst die Be-
rücksichtigung unserer einheimischen Elektrizitäts-Industrie bet der
Errichtung von elektrischen Centralen der Bahnverwaltung, die
Besserstellung der technischen Beamten, sowie die Erbauung einer
Verbindungsbahn Stockach-Engen, indem er zugleich einem
baldigen Anschluß Stockachs an die Bodenseegürtelbahn durch
das Owinger Thal das Wort redet und in humoristischer Weise
den Abg. Straub über das von ihm an die Wand gemalte Ge-
spenst eines Hafens in Heidelberg beruhigt. Er kommt dann
auf die Heidelberger Bahnhofverhältnisse zu sprechen, die er als
unbefriedigend bezeichnet. Der dortige Bahnhof sei, was die be-
triebstechnische Seite angeht, an der Grenze seiner Leistungsfähig-
keit angekommen. Der Verkehr sei in Heidelberg in den letzten
Jahren derart gewachsen, daß eine abermalige erhebliche Steigerung
der Leistungen der Verwaltung bei dieser Bahnhofanlage nicht
mehr möglich sei. Es sei auch schon der jetzige Eisenbahnbetriebs-
dienst im dortigen Bahnhof nur noch bei Aufbietung der größten
Aufmerksamkeit des Personals durchzufllhren. Die Zahl der ein-
und ausfahrenden Züge betrage in Heidelberg gegenwärtig nahezu
400 täglich, und es sei wirklich nur der Pflichttreue der Beamten
und Angestellten zu verdanken, wenn sich neuerdings keine ernsten
Unfälle ereignet hätten. Aber nicht nur vom Standpunkt des
Betriebs, sondern auch von jenem der Stadt aus seien die
Heidelberger Bahnhofverhältntffe mißlicher Art. Insbesondere
eien die Niveau-Uebergänge an der Römerstraße, an der Rohr-
bacher Straße und an der Gaisbergstraße nachgerade zu einer
Kalamität geworden. An einzelnen dieser Uebergänge, die von
den durchfahrenden Zügen aufs stärkste beansprucht würden,
werde überdies noch fortwährend ranglrt, wodurch nicht nur
häufige Sverrungen durch Schlagbäume, sondern auch Belästigungen
der Nachbarschaft durch Rauch, Ruß und dergl. herbeigeführt
würden. Es könne ja vielleicht eine gewisse Besserung dadurch
erfolgen, daß je ein weiterer Bahn-Üebergang im Rohrbacher
Viertel (etwa an der Kaiserstraße) und im Bergheimer Viertel
hergestellt werde. Es seien dies aber alles nur Nothbehelfe;
gründliche Abhilfe könne nur ein vollständiger Umbau bezw.
Neubau des Bahnhofs bringen. Dieser sei erforderlich, wenn
nicht die städtische Entwicklung, insbesondere auch die weitere
bauliche Entwicklung der neuen Stadttheile im Westen, Noth
leiden solle. Der Redner spricht daher den dringenden Wunsch
aus, daß die Sache jetzt ernstlich in Angriff genommen und im
Benehmen mit der Stadtverwaltung einer definitiven Lösung zu-
geführt werde. Die Frage, wohin der neue Bahnhof kommen
I solle, sei für Heidelberg eine hochwichtige. Die langgestreckte Lage
erthümerfunde in und um Heidelberg.
iv.
unserem letzten Berichte konnte der erste Nachweis für die
>d,ö°delung Heidelbergs in der (jüngeren) Bronzezeit erbracht
y^öer,. Weitere, im April ds. Js. gemachte Funde haben er-
ik 9>, daß auch der Stadtt heil Neuenheim schon
Her jüngeren
a^erm
geren Bronzezeit besiedelt gewesen.
Legen der Wasserleitung in der Werde rstraße,
>>i, 'Zen der Mönchhofstraße und der Weberstraße, durchschnitten
weiter ahnungslos eine B r a nd b e st a ttung; ein orna-
Xy^stter Bronzering, den Herr Brunnenmeister Fritz beachtete
tzrj°ufhob, veranlaßte den Unterzeichneten zur Durchsuchung des
nea. bhubes; es fanden sich drei weitere Bronzeringe, eine durch
deformirte Gewandnadel, calcinirle menschliche Knöchelchen.
ThV°hle sowie viele Scherben der zugehörigen Aschenurne und
kiy.öcnäpfe. Beim weiteren Nachsuchen ergab sich 17 m südlich
<8,»2weite Brandbestattung (die gleichfalls in der Trace des
sth/srleitungsgrabens gelegen); es fanden sich noch ein wohl-
sttz^stner Bronzering, Stücke eines zweiten Ringes und Bruch-
jX-xi Jweier Bronzenadcln, wiederum calcinirte Knöchelchen (auch
k, h»e) und zahlreiche Bruchstücke der Urne. Kein Zweifel,
IXy.öter an der Werderstraße ein Friedhof (Urnenfeld) der
oder jüngsten Bronzezeit gelegen; die meisten Urnen
wohl durch die Kulturarbeit von Jahrtausenden zerstört
V sein.
Mos,, glich ist, daß eine dritte Brandbestattung der jüngeren
^tkin^st. die sich gleichfalls im vorigen Monat Dank der Auf-
.ry-öikeit des Herrn Baumeisters Rcmler an der Moltke-
leststellen ließ, mit diesem Urnenfeld an der Werderstraße
d E de« 'hängt. Diese wurde beim Einsetzen einer Gcrüststange
ftckt. " Neubau des Herrn Th. Groos zerstört und dadurch ent-
Jt -F, Me Urne saß auch hier äußerst flach, kaum 0.50 m unter
Üdei ,fiäche. Als Beigabe fand sich nur eine zierliche Bronze-
nst sF.Ael der genauen Durchsuchung des anstoßenden Feldes
""scheu Arbeitern stieß man noch auf eine runde Grube mit
Holzkohle und bronzezeitlichen Scherben, außerdem zeigten sich
gleichartige Scherben und Feuersteine über das ganze Feld zer-
streut.
Fundstätten und Funde wurden seitdem von dem Großh.
Konservator, Hrn. Geh. Rath Wagner, und dessen Assistenten,
Herrn Prof. Dr. Schumacher, besichtigt. Herr Geh. Rath
Wagner wird Hrn. Aufseher Eckert versuchen lassen, aus den
Scherben die Urnen für die hiesige städt. Kunst- u. Alterthümer-
sammlung wieder hcrzustellen.
Fügen wir noch bei, daß außer obigen 4 Brandbestattungen
der jüngeren Bronzezeit (im Speyerer Baubezirk und im Neuen-
heimer Stadtviertel) schon im Jahre 1884 an der Eppe l-
Helmer Landstraße und zwar, wie jüngst festgestellt worden,
auf Heidelberger Gemarkung zwei Erdbestattungen (Gräber)
der älteren Bronzezeit gefunden wurden, deren Beigaben
mit Ausnahme eines Ringes in die Sammlung des Mannheimer
Alterthumsvereins verbracht worden sind, so liegt schon heute
der Schluß nahe, daß die Heidelberger Gemarkung bereits in der
Bronzezeit verhältnißmäßig dicht besiedelt gewesen.
Römerspuren traten in den letzten Monaten bei Erd-
arbeiten filr einen Neubau des Herrn Baumeisters Kretzer in
der Keplerstraße zu Tage, augenscheinlich der Hof eines römischen
Hauses, dessen Fundamente vor einigen Jahren dicht daneben,
an der nordöstlichen Ecke der Keplerstraße und der Ladenburger-
straße, aufgedeckt worden sind. Auf dem Estrich fanden sich
Gefäßscherben, Legionsziegel und 2 Bronzemünzen Kaiser
Trajans (Cohen 356 und 630), gleich ausgezeichnet durch
Prägung, Erhaltung und Patina, wohl die schönsten aller bisher
in Heidelberg aufgefundenen römischen Bronzemünzen.
Herr Konrad Merkel, Landwirth in Großsachsen, war
so glücklich, am 17. März 1900 beim Herstellen einer Baum-
anlage auf dem Gutleuthausfeld (neben der Post) ein zwischen
starke Fundamentmauern eines zerstörten Gebäudekomplexes ein-
gebettetes Töpfchen mit 94 Silbermünzen zu finden.
Ueber die Zusammensetzung dieses Schatzes schreibt Herr Paul
Joseph tu der Mai-Juni-Nummer der von ihm herausgegcbenen
„Münzblätter":
„Neben 7 Mannheimer Sechs-Albusstücken von 1608 des
Pfalzgrafe» Friedrich IV. und einem Thaler von 1630 der Stadt
Metz waren 8 Münzen der englischen Königin Elisabeth, 1558
bis 1603 (Sixpence und deren Hälften), ein litauer Viergröscher
von 1567 des polnischen Königs Sigismund August IL, 1548
bis 1572, im übrigen nur Gepräge der spanischen Niederlande:
77 Stück, vertreten. Von diesen stammen die meisten, nämlich
24 ganze, 5 halbe, 19 Viertel- und 26 Theilstücke des Thalers,
also 74, aus dem 16. Jahrhundert; nur drei Münzen: ein
Viertelthaler von 160l, ein gleicher von 1608 und ein halber
Thaler von 1645 aus der Münzstätte Brüssel gehören dem
17. Jahrhundert an. Die jüngste Münze war schön erhalten,
alle übrigen zeigten entsprechend dem längeren Umlauf eine starke
Abnutzung".
ES ist demnach dieser Schatz vielleicht noch im 30jährigen.
wahrscheinlicher im orleansschen Kriege vergraben worden.
Anerkennend sei hier der freundlichen und dankenswerthen
Bereitwilligkeit gedacht, mit welcher Herr Merkel sich der
Mühe unterzogen hat, die für das Studium der Keramik des
17. Jahrhunderts interessanten Gefäße bezw. Gefäß-
sch erben und Ofenkacheln, welche in obengenannten
Fundamenten zerstreut waren, sorgfältig zu sammeln und der
Städtischen Kunst- und Alterthümersammlunz in Heidelberg zu
überlassen.
Heidelberg, 7. Mai 1900.
Larl Lkakk.
Kleine Zeitung.
— Der Kronprinz als Fahrgast der Pferdebahn. Dieser
Tage hatten die Stragenpassanten in Potsdam die gewiß seltene
Gelegenheit, den Kronprinzen auf der Pferdebahn zu sehen.
Kronprinz Wilhelm bestieg nämlich, vom Königlichen Stadtschlosse
kommend, mit einigen hökercn Militärs den Vorderperron des
Straßenbahnwagens Nr. 30. An der Berliner Brücke stieg der
Kronprinz mit seinen Begleitern auf Wagen Nr. 7 um, fuhr bis
zur Gltentcker Brücke und begab sich dann zu Fuß nach Wann-
see, von wo später mit der Bahn die Rückkehr nach Potsdam