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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0447

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

X,-. 02.

Kkiiag, den 20. April

I9VV

O

Der Protest Transvaals gegen den portugie-
sischen Neutralitätsbruch.
Der Schriftwechsel über die Beirafrage zwischen
den Regierungen von Lissabon und Pretoria wird in der
Volksstem veröffentlicht. Auf die portugiesische Anzeige
bom 8. März hat Staatssekretär Reitz denselben Tag
folgende Antwort gegeben:
Die Regierung der südafrikanischen Republik hat mit
sehr großem Leidwesen die heutige Mitthcilung empfangen,
daß Portugal es für gut befunden hat, Großbritanniens
Gesuch zu genehmigen, um Kriegspersonal und -Material
Ober Beira nach dem Hinterland m die britische Einfluß-
sphäre zu bringen. Sie bemerkt, daß die portugiesische
Legierung der Meinung war, daß sie diesen Bruch der
bis dahin völlig eingehaltcnen Neutralität hätte zu-
^ssen müssen, weil sie sich dazu verpflichtet erachtete durch
bewisse gegenseitige Erklärungen in Schriftstücken, die bei
Gelegenheit des Vertrages von 1891 ausgetauscht wurden,
^och wird noch darauf hingewiesen, daß dieser Austausch
d°n gegenseitigen Erklärungen nicht veröffentlicht
Aurde und daß ferner der Regierung der südafrikanischen
'Oepublik von dieser Uebereinkunfl vor dem Ausbruche des
^ von Großbritannien aufgedrungenen Krieges keine
. knntniß gegeben wurde. Deshalb konnte dieselbe auch
dem Kriege, in welchem das Königreich Portugal bis-
^ eine neutrale Haltung eingenommen und strikte und
^parteiisch innegehalten hat, nicht zur Ausführung kommen.
.Oenn auch die Uebereinkunfl abgeschlossen ist, so kann sie
?°ch nicht durch einen neutralen Staat zum Nachtheile von
killen Parteien zur Anwendung kommen während eines
Sieges zwischen der südafrikanischen Republik und Groß-
^Oannien. Die Wirkung des Abkommens ist durch die
Ahaisachx der Neutralität aufgehoben, ebenso wie
^kt. tz des Vertrages zwischen der Republik und Portugal,
kp die britische Regierung gutgeheißen hat. Die Re-
^blik sieht sich gegen ihren Willen in einen Krieg mit
2?oßbritannien verwickelt und die Zulassung von britischen
puppen über portugiesisches Gebiet kann nur zum Nach-
>le der Revublik dienen und muß von Seiten Vortuaals

hkn Bruch der Neutralität darstellen, die bisher,
^ mir gerne anerkennen, getreulich gehalten worden ist.
südafrikanische Republik hat stets die freundschaftlichen
H öiehungen, die auf Grund von Verträgen und von fried-
en Verhandlungen zwischen ihr und Portugal so glück-
st bestanden haben, sehr hoch geschätzt und würde es be-
Vvn wenn Portugal nun mit einem Riale den Trans-
tz feindlicher britischer Truppen möglich machen und ein
fh. pdesgenosse u nse rer F e i nde werden sollte. Sie
»Öd ^ verpflichtet, gegen diese Durchfuhr von Truppen
Kriegsmaterial zu protestiren, was sie hiermit thut.

Deutsches Reich
d o Dem Reichstag ist die erwartete Postdampfer-

6e zugegangen. Sie setzt an die Stelle der bis-

^ __
btE" Subvention für die Verbindung mit Afrika von
1^8.0 Mark eine solche von 1350000 Mk. An Stelle
sgh^?wer Fahrten nach Ostafrika bis Beira sollen Rund-
Afrika treten, in der Weise, daß abwechselnd
hej,^ .bie Ausreise durch den Suezkanal geschieht und die
r>se "ui der Westseite von Afrika und ein anderes
^r . Ausreise auf der Westseite und die Heimreise auf
ylizf^Oseite stattfindet. Der Gesetzentwurf, dem eine sehr
l. »,!'che Begründung beigegeven ist, soll mit dem
igoi m Kraft treten.

In hohen Regionen.
h) Erzählung von M. A. Zwickert.
(Fortsetzung.)
Ui>>,t. lvurde spät und die älteren Besucher drängten zur
dieselbe sollte ebenfalls zu Schlitten angetreten
den,w>t Fackelbeleuchtung. So nahmen denn alle Gäste
tu^le !x.ihousberrn seiner Tochter, sowie der gestrengen
«rhH.^hrista Abschied, nur Lola und ihre Mutter blieben
s'-sin^rvollten erst später nach Wendenburg heimkchren.
„„"he Tag, der lo fröhlich verlaufen, sollte indes
q.At so i warteten tragischen Abschluß finden. Wäre Lola
vv^len ^hr mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt
Ei» n'i^sbr Hütte schon längst ausfallen müssen, daß mit
^l« ibe 'A!,Ellles in Ordnung war. Erschreckend blaß schritt
und um ihre Lippen zuckte es oft verstohlen,
sslÄ sie leden Augenblick in Weinen ausbrechen. Jedoch
"Ochsten Augenblick den Kopf, den die dunkle
Wtt E io prächtig schmückte, wieder stolz erhoben. Um-
<'akeit E ^utta hätte Klaus Felsingen durch eine sorcirte
s?""ollen können, die man sonst nicht an ihm
be,^E'"er in der Gesellschaft ahnte, daß sich zwischen
d>^be g- kn Menschen eine ebenso kurze wie inhaltsreiche
"^pwlt. entscheidend für ihre ganze Zukunft. Klaus
Atrien ^ festen Entschlüsse nach Templin heraus-
^k^kechp' die erste Gelegenheit, Jutta unter vier Augen
^?'ßhest r„ E>m Schopf zu nehmen und sich endlich volle
Messer n^bcrschaffen. Selbst die schroffste Abweisung
ffi,,." schien dies peinvolle Hangen und Bangen. DaS
^»ml-dls Mo, jungen Offizier hold; es gelang ihm, sich
L>>> abs^»!?."" Gewächshaus einige Blumen zum Tafel-
^«a^El lo«. zu nähern. Ohne Umschweife ging er auf
M N)''k^Ora wisse, daß er sie liebe, wie nur ein
-"laschen lieben könne. Wie Jutta über ihn


— Der General der Kavallerie v. Rosenberg ist
am 19. April in Rathenow gestorben. (Der berühmte
Reiterführer war zuletzt, bis zu seiner Verabschiedung,
Inspektor der 2. Cavallcrie-Jnspektion und Vorsitzender
der Cavallerie-Commisston. Von ihm stammt das viel-
angeführte Wort: „Wer spielt, ist kein Gentleman!" Red.)
— Frhr. v. Reitz enstein, Major im Generalstabe
der 11. Division, ist, wie die Nat.-Ztg. meldet, vom süd-
afrikanischen Kriegsschauplatz nach Europa zurückgekehrt.
Frhr. v. Reitzenstein hat bekanntlich im Burenlager den
Feldzug mitgemacht. Er hatte einen neunmonatigen Urlaub,
der am 5. Mai abläuft. Den Rest desselben gedenkt er in
Italien zuzubringen, um dann nach Berlin zurückzukehren
und seine Aufzeichnungen und Erlebnisse demnächst als
größeres kriegsgeschichtliches Werk herauszugeben, in dem
dann die eingereichten Berichte ebenfalls Platz finden dürf-
ten. Aeußerst interessant und packend ist darin der Tod
des bekannten ehemaligen Leutnants v. Brüsewitz ge-
schildert, der mit einer kleinen Schaar Buren bis auf
wenige Schritte an die Mündung der englischen Gewehre
herangekommen, von den feindlichen Kugeln in Hals und
Herz getroffen, sofort todt niederstürzte. Den verstorbenen
Oberkommandircnden General Joubert hält der Bericht-
erstatter als Führer durchaus nicht für so bedeutend, wie
meistens hingestellt wird. Abgesehen davon, daß er eine
große Portion unglaublichen Eigensinns und Selbst-
überhebung nicht nur in rein militärischen Dingen besessen
habe; er habe auch seiner Frau einen viel zu großen Ein-
fluß auf sich cingeräumt, die thatsächlich selbst bei mili-
tärischen Anordnungen und Unternehmungen verwirrend
eingegriffen habe.
— Der erste Sekretär bei der deutschen Botschaft in
Petersb urg, Legationsrath v. Tschirschky u. Bögsndorff,
hat Petersburg verlassen, um sich dem Gefolge des Kai-
sers auf dessen Reise nach Mittel- und Südwestdeutsch-
land als Vertreter des Auswärtigen Amtes anzuschließen.
Baden. Wie s. Zt. mitge'heilt wurde, ist gegen Prof.
Böhtlingk in Karlsruhe wegen einer Rede, die er dort
im Eisenbahnreformverein am 19. Januar gehalten hat,
Anklage wegen Beleidigung zweier Minister erhoben wor-
den. Die Anklage stützt sich auf ein Referat des Bad.
Beob., in dem gesagt wurde, der Redner habe den Aus-
druck Schwindel in Bezug auf die Aufstellung des Eisen-
bahnbudgets gebraucht. Es ist für jeden objektiven Be-
urthetler klar, daß Herr Böthlingk den Ausdruck Schwindel
mit Bezug auf die Aufstellung des Eisenbahnbudgets nicht
gebraucht haben kann, denn wie soll da ein Schwindel
überhaupt möglich sein? Jedes Budget schließt sich an
das vorhergehende an. Die veranschlagten Einnahmen und
Ausgaben werden mit Bezug auf die Ergebnisse des vor-
hergehenden Budgets erläutert und erklärt und von einer
Kommission geprüft. Da ist also jedes Schwindeln schon
thatsächlich ausgeschlossen —, abgesehen ganz von den
Persönlichkeiten, die dabei in Frage kommen. Professor
Böthlingk hat denn auch gleich in einer Berichtigung er-
klärt, daß der Beobachter-Referent ihm falsch aufgefaßt
habe. Er giebt nun außerdem in einer Erklärung folgende
Darstellung des Sachverhalts:
Ich habe nicht nur diese oder eine irgend ähnliche Aeußerung
nicht gethan, sondern das Wort „Eisenbahnbudget" den ganzen
Abend überhaupt nicht über die Lippe gebracht Ich habe nur,
als ich auf die Eisenbahnrente zu sprechen kam, in einem
kurzen Excurs ausgeführt, wie das übliche Auswerfen der
Eisenbahnrente eine unhaltbare Calkulation sei. Die Rente werde
nämlich amtlich auf dreierlei Arten berechnet: 1) Nach dem
sogen. Anlagekapital, 2) nach den Baukosten und 3) endlich nach
der sogen, reinen Etsenbahnschuld. Daß die beiden ersten
Rechnungsarten, denen ein Kapital zur Voraussetzung dient,
welches sich gar nicht feststellen lasse, „Schwindel" sei; daß aus-

schließlich die Berechnungsart nach der reinen Eisenbahnschuld
einen greifbaren Halt biete und man daher am Besten thäte,
sich an diese dritte Berechnuugsart zu halten, wonach die Rente
zur Zeit an 7Vü°/» betrage. Ich bemerke hierbei ausdrücklich,
daß diese dritte Berechnung»«« nicht etwa, wie mir aus Mtß-
verständniß unterstellt worden ist, eine von mir stammende, den
beiden andern entgegengesetzte ist, dieselbe ist vielmehr bei der
Großh. Generaldirektion und in allen Budgetberichtcn (insbesondere
auch in denjenigen des Herrn Abg. Gießler, dessen Commisstons-
bericht an dem Abend zur Kritik stand) neben den beiden andern
seit Jahr und Tag üblich. Den Ausdruck „Schwindel" habe ich
nachweislich nur in Bezug auf die beiden ersten Rechnungsarten
gebraucht und dieses keineswegs in der Bedeutung von „absicht-
licher Täuschung" oder „Betrug", sondern in rein wissenschaft-
lichem Sinne, in Beziehung auf den Begriff „Rente", welche
nichts ist, als ein Zinssatz in Bezug auf ein bestimmtes Kapital;
fehlt das Kapital, läßt sich dasselbe, wie im vorliegenden Falle,
nicht feststellen, so fehlt im rechnerischen Aufbau das Fundament
und die ganze Rechnung steht daher in der Luft. Dies habe ich
vom wissenschaftlichen Standpunkt aus „Schwindel" genannt.
Da diese Rentenberechnung amtlich als offene, strittige Frage
behandelt und nur einer vagen Statistik gleich geachtet wird, so
hat dieselbe innerhalb des Budgets nur eine akademische Bedeu.
tuug; die Art der Aufstellung des Budgets wird dadurch in keiner
Weise tangirt; es ist daher vollständig ausgeschlossen, daß meine
Kritik irgend eine Person oder gar die verantwortlichen Herren
Minister selbst getroffen haben kann. Jndeß da die Herren Minister
durch die Entstellung meiner Rede in den Zeitungsberichten, ins-
besondere durch den Bad. Beobachter, der sich deswegen noch vor
Gericht zu verantworten haben wird, dahin irregeleitet worden
sind, daß sie eine persönliche Beschimpfung durch mich in Be-
ziehung auf ihren Beruf vorausgesetzt haben, so stehe ich nicht
an, meiner obigen sachlichen Erklärung nachdrücklichst hinzu-
zufügen, daß mir nichts ferner gelegen hat, als Ihren Excellenzen
in irgend einer Weise zu nahe zu treten oder gar deren guten
Glauben in Frage zu stellen. Wenn ich in der Berichtigung,
welche ich seinerzeit dem Bad. Beobachter auf seinen „Bericht"
über meine Rede sofort habe zugehen lassen, bemerkt hatte, das
Wort „Schwindel" sei mir „entschlüpft", so habe ich damit
keineswegs den beleidigenden Charakter des Wortes zugestehen
wollen; ich habe vielmehr damit nur meinem Bedauern Ausdruck
gegeben, ein Wort gebraucht zu haben, welches, obgleich dasselbe
in der Art, wie ich es angewendet habe, absolut nichts Be-
leidigendes an sich hatte, wie aus dem Artikel des Bad. Beob.
erhellte, derart hat mißdeutet und mißbraucht werden können.
Karlsruhe, den 19. April 1900.
Prof. Dr. Arth. Boehtling k,
Vorstand des Südd. Eisenbahn-Reform-Vereins.
O. Kehl, 19. April. Der Wahlkampf zur bevor-
stehenden Reichstagsnachwahl scheint sich in ord-
nungsmäßigen Grenzen zu bewegen. Denn von national-
liberaler Seite aus wurde gleich zu Beginn der Agitation
betont, daß persönliche Angriffe möglichst vermieden werden
sollen. Sowohl in Freistett als in Willstett, wo letzten
Samstag aufklärende Vorversammlungen abgehalten wur-
den, wurden diesem Vorsatz getreu nur die prinzipiellen
Parteiunterschiede besprochen und das Wahlprogramm des
nationalliberalen Kandidaten Reinhard dargelegt. Das
Centrum scheint nun ebenfalls diese Kampfweise zur Parole
machen zu wollen. Sicherem Vernehmen nach ist von
dieser Seite beschlossen worden, bis nach vollzogener Wahl
in den drei in Betracht kommenden Bezirken Oberkirch,
Offenburg und Kehl keine Bauernbundsversammlungen ab-
zuhalten, damit alles vermieden werde, was einer Be-
nützung des Bauernbundes zu politischen Zwecken ähnlich
sehen könnte. Herr Schüler ist ja Vizepräsident dieser
Vereinigung. Wenn nur unter der Hand keine vertraulichen
Aufforderungen kommen. Nächsten Sonntag wird unser
Kandidat in Freistett selbst sprechen. Wie der Ausgang
sein wird, ist zur Stunde absolut unmöglich zu sagen.
Aber soviel erscheint als gewiß, daß am 10. Mai der
Sieger nur einige Stimmen mehr haben wird als der Be-
siegte. Auf beiden Seiten ergeht deßhalb allgemein die
Aufforderung: „Alle Mann auf Deck!"
L. 0. Karlsruhe, 19. April. Die badischen
Volksschullehrer haben sich mit einer Denkschrift über

denke, wisse er dagegen nicht. Einmal wäre sie gütig gegen
ihn, so daß in seiner Brust die seliuften Hoffnungen wach
würden, das andere Mal behandle sie ihn rauh und ab-
stoßend. als sei er ihr zuwider. Unfreiwillig habe er neulich
bei Golms den Lauscher gespielt und Andeutungen ausge»
sangen, die ihn, falls er sie recht verstanden, beglückt und
betrübt zu gleicher Zeit. Habe Jutta einen geheimen
Kummer, solle sie dieien getrost aus ihn werfen, er habe
breite Schultern und könne vieles tragen. Treu und ehrlich
lege er ihr jetzt sein Herz zu Füßen und bitte um eine ent-
scheidende Antwort.
In Juttas Gesicht kam und ging die Farbe. Sie preßte
die Hand auf das laut pochende Herz, wie um dessen unge-
stümen Schlag zu dämpfen. Ach, hätte er nur darin lesen
können, würde ihr nur die Qual der Antwort erspart! Am
liebsten hätte sie sich ihm ja ohne weitere Worte an die
Brust geworfen. Aber sie durfte es ja nicht, und so flüsterte
eine innere Stimme ihr zu, eine kalte grausame Stimme:
„Mach' ein Ende mit seiner und Deiner Qial. ein sür
allemal!" Und als sie dann dastand und zögerte, und er
schließlich fragte: „!9as darf ich hoffen, Jutta?" da kam cs
über ihre Lippen, das kleine Wort, das ihr Lebensglück zer-
stören mußte — „Nichts!" Klaus Felsingen fuhr zusammen
und wankte einen Moment, richtete sich dann aber straff auf
und sagte sich verneigend: , „So bitte ich das gnädige Fräu-
lein um Verzeihung, daß ich gewagt, es hier zu belästigen."
Als er gegangen, sank Jutta wie vernichtet aus eine Bank;
alles drehte sich um sie im Kreise, und in ihr Ohr klang es
monoton in einem fort: „Nun isl s aus — aus!" Wie
lange sie so gesessen, wußte sie nicht, erst als näherkommende
Schritte laut wurden, raffte sie sich gewaltsam auf. Klaus
Felsingen vermied es den Tag über, in ihre Nähe zu kommen
und ein Wort oder einen Blick mit ihr zu wechseln. Wider
seine Gewohnheit stürzte er mehrere Gläser Wein hinunter
und zeigte sich dann ungewöhnlich munter, ja ausgelassen,
so daß die jungen Damen, denen er sich widmete, gar nicht
aus dem Lachen herauskamen. Jutta krampfte sich das

Herz zusammen vor Weh und Mitgefühl. Er spielt Komödie,
jagte sie sich, um nicht zu zeigen, wie seine Seele blutet.
Armer Klaus I

Als die Heimfahrt angetreten werden sollte, zeigte sich,
daß nicht Raum genug in den Schlitten war. Eine zahl-
reiche Familie aus Wendenburg war zu Fuß nach Templin
herausgekommen. Glücklicherweise ließ sich im nahen Dorfe
ein geräumiger Schlitten reguiriren; Klaus erklärte, auf
seinen Platz verzichten und heimwärts reiten zu wollen.
Baron von Wolfsburg habe ja wohl ein Reitpferd im Stalle.
Der alte Herr nickte: „Ja, den schwarzen Schnitan; er ge-
hört meinem Sohn» ein ganz prächtiges Tier, trägt aber
seinen Namen mit Recht, denn er hat den Teufel im Leibe
und ist voller Eigensinn und Bosheit. Deswegen ist es hier,
ich soll es verkaufen. Nun hat es lange im Stall gestanden
— ich möchte Ihnen daher wirklich nicht rathen, Herr
Premierleutnant, es zu besteigen. Wer weiß, ob die
Schlittenglocken und Fackeln das Thier nicht am Ende
scheu machen?"
„O, Herr von Wolfsburg, da haben Sie von einem
Ulanenleutnant als Reiter einen schlechten Begriff!" scherzte
Klaus. „Ich komme ja um mein Renommee bei den
Damen. Nein, der Gaul soll schon merken, was eine eiserne
Soldatensaust vermag. Sie dürfen außer Sorge sein, Herr
Baron," fuhr er ernsthafter fort, „als Reiter stelle ich jeder-
zeit meinen Mann."
In der Thal, Klaus batte nicht zu viel versprochen.
Zwar bäumte sich der prächtige Rappe hoch aus und schien
Lust zu haben, seinen Reiter abzuwerfen, aber er wurde
nach kurzem erbitterten Kampfe völlig zur Raiion gebracht,
und der junge Offizier erntete enthusiastisches Lob. Alles
war nun zur Abfahrt bereit. , . ^
(Fortsetzung folgt.)
 
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