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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0339

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Q Erscheint täglich.
°uutags ausgenommen.
, Preis
^it Familienblättern
, monatlich 50 Pf.
^lrei in's Haus gebracht.
"Ech die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
schließlich Zustellgebühr.

^rnsPrech-Z

HcktllikPr MtW.

Anschluß Nr. 82.

JnjertionSgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82


Elkes Platt.

Samstag, de» 21. Mals

190«.

Bestellungen
die Heidelberger Zeitung für das II. Vierteljahr 1900
Erden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
ÄENten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Spedition, Untere Neckarstraße 21. angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
Fracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
^Zustellgebühr Mk. 1.65._
Verlobung des Prinzen Max von Baden.
i Die Karlsruher Zeitung bringt an der Spitze ihrer
öligen Nummer folgende hochcrfreuliche Nachricht:
Karlsruhe, den 23. März 1900.
Seine Grobherzogliche Hoheit der Prinz und Markgraf
L??rimilian von Baden hat sich mit Genehmigung
girier Königlichen Hoheit des Großherzogs und Ihrer
Hoheit der Prinzessin Wilhelm heute zu Wien

^ Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Marie
E?ise von Cu mb erlaub, Tochter Ihrer Königlichen
Seiten des Herzogs von Cumberland und der Herzogin
. Wra von Cumberland geborenen Königlichen Prinzessin
ä Dänemark verlobt.
1 Im Auftrag Seiner Königlichen Hoheit des Groß-
"ävgs bringe ich Vorstehendes zur öffentlichen Kenntniß.
Der Minister des Großherzoglichcn Hauses und der
auswärtigen Angelegenheiten.
^ von Brauer,
d.» Schon vor einigen Wochen verlautete, daß der Besuch
d ^ Prinzen Max in Wien einer Brautschau gelte. Auch
h Name der Prinzessin Marie Luise von Cumberland
- ^oe damals schon genannt. Die jetzige offizielle Näch-

st

das* der Verlobung ist daher keine Ueberraschung für
xj b badische Volk, wohl aber die erfreuliche Bestätigung
^ ch lebhaften Wunsches. Prinz Max steht jetzt im 33.
g^Efisjahr. Da die Ehe des Erbgroßherzogs kinderlos
k "eben ist, so beruht in ihm die Hoffnung auf die Fort-
"r unseres Herrscherhauses. Doppelt erfreulich ist es,
H ° die Wahl des Prinzen, nach der verfehlten russischen
js^iobung, diesmal auf eine deutsche Prinzessin gefallen
^'.."wsomehr als diese Verbindung zugleich eine gewisse
tz ""schx Bedeutung im Sinne der Aussöhnung des Hauses
^ Oberland mit den deutschen Verhältnissen hat. Der
doa § don Cumberland ist der Sohn des letzten Königs
Hannover. Das Jahr 1866 machte der Herrschaft
Paters ein Ende, indem Hannover in Preußen ein-
tz "bt wurde. Einen rückhaltlosen Anschluß an die neuen
s„yMtnisse in Deutschland hat der Herzog noch nicht ge-
sj^en, sodaß, als ihm die Nachfolge in Braunschweig zu-
, Bundesrath ihm den Antritt der Regierung nicht
»ijl^ete, vielmehr wurde Prinz Albrecht von Preußen
lfg der Regentschaft im Hcrzogthum betraut,
jcjhl' letzt der Herzog von Cumberland seine älteste, 20-
hy.'Oe Tochter mit dem Prinzen eines deutschen Fürsten-
hNes verlobt, das dem Hause Hohenzollern so nahe steht,
ih Niffex badisches Fürstenhaus, so muß diese Thatsache
ffj ^">ne der Versöhnlichkeit gedeutet werden. Erwähnt
iy ^NNi Schluß noch, daß im Welfcnhaus die Töchter
bfle°^ Begabung den Vorzug vor den Söhnen zu haben
wie denn dieses Haus der Welt eine Reihe hervor-
i>l Fürstinnen geschenkt hat. So ist die Verlobung
"5en Mgj- mit der Prinzessin Marie Luise von
tzylk ^"nd in jeder Hinsicht auf's froheste vom badischen
" Su begrüßen. _
Deutsches Reich.
Als der Kaiser vor seinem letzten Besuch in Bre-
schjfl Helgoland kommend, am 13. d. mit dem Linien-
^-Kurfürst Friedrich Wilhelm" und dem Kreuzer

„Hela" die Weser heraufsegelte, passirte der nach Leith ab-
gehende englische Dampfer „North Star", Kapitän Spence,
die kaiserlichen Schiffe, ohne die Kriegsflagge zu
salutiren. Die Reederei des Dampfers „North Star",
die Leith Hüll and Ha 1 bürg Steam Packet Co., Limited,
hat darauf, wie die Weser-Zeitung berichtet, den Kapitän
Spence aus ihrem Dienste entlassen und dem Kaiser davon
Mittheilung gemacht und ihn um Entschuldigung gebeten.
— In einem Artikel, überschrieben „Mahnruf an
dije Industriellen Deutschlands", warnt die Nordd.
Allg. Ztg. vor Ueberreizung auf wirthschaftlichem Gebiet
und betont, daß die Folgen einer akuten Krise diesmal für
Produzenten, Konsumenten und den Staat schwerer sein
würden als je. Der Artikel empfiehlt Maßhalten auf allen
wirthschaftlichen Gebieten und fordert dazu auf, ein solches
bei der nächsten Herbstcampagne zu beweisen. Zum Zweck
der Verhinderung sprunghafter Preiserhöhungen seien kräf-
tige und große Syndikate erforderlich, die auch eine Ueber-
vortheilung des Publikums schon zu verhindern wüßten.
Die Kohlennoih sei eine unvermeidliche Folge der Umstände.
Mäßigend auf ein Uebersprndeln des Unternehmergeistes
habe der hohe Diskontsatz gewirkt.
— Aus Kamerun ist die Nachricht eingetroffen,
daß bei der Expedition des Hauptmanns v. Besser im
Norden von Kamerun sämmtliche Offiziere, Hauptmann
v. Besser, die Leutnants Buddeberg und v. Petersdorff
und der Truppenarzt Dr. Ditmer, letzterer schwer, ver-
wundet wurden. RegicruiigSasscssor Heinrich Frhr. von
Gagern ist am Hitzschlag gestorben. Die Expedition war
ausgegangen, um die Ermordung des Leutnants Quais zu
rächen.
Deutscher Reichstag. Berlin, 23. März. Das
Haus nimmt den Gesetzentwurf betreffend die Patentan-
wälte in dritter Lesung nach unerheblicher Debatte an.
Ebenso wird der Gesetzentwurf betreffend die Bestrafung
der Entziehung elektrischer Kraft in dritter
Lesung ohne Debatte angenommen.
Es folgen Petitionen.
Die Berathnng der Petition betreffend Wiedereinführung der
Prügelstrafe wird fortgesetzt. Die Commission beantragt Ucber-
gana zur Tagesordnung.
Abg. Dr. Oertel (cons.) beantragt Ueberweisnng als Material.
Abg- Beckh-Koburg (fr. Volksp.) wendet sich gegen den An-
trag Ocrtel. Verschiedene Lehrer seien wegen übermäßiger An-
wendung der Prügelstrafe abgesetzt worden. Rohheiten könnten
unmöglich mit Rohheiten bekämpft werden.
Abg. Himburg (cons.): Die Gegner der Prügelstrafe be-
handelten die Sache rein theoretisch. Gewisse Menschen könnten
nur durch die Furcht gebändigt werden. Die neulichen Aus-
führungen Groebers gegen die Prügelstrafe seien nur recht lau
gewesen.
Abg. Bebel (Soc.): Die Stellung der Socialdemokraten sei
noch immer dieselbe. In den Zuchthäusern, wo die Prügelstrafe
noch Disciplinarstrafe sei, verhielten sich die betheiligtcn Beamten,
soweit bekannt, ablehnend zu der Frage. Die Zustände in den
Gefängnissen, besonders die Gefängnißkost, sei keineswegs so
glänzend, wie es die Vertheidigcr der Prügelstrafe darstellten.
Ein Bedürfniß für letztere liege aber nicht vor. Die Gesittung
schreite weiter vor; selbst in den Colonieen werde nach dem Ge-
ständniß des Colonialdirektors zu viel geprügelt. Die zunehmenden
Rohheiten sollte man mit großen socialpolktischen Reformen, nicht
mit harten, unwürdigen Strafen bekämpfen. Gutsbesitzer und die
studirenden Söhne der begüterten Klassen begingen geradezu haar-
sträubende Rohheiten.
Abg. Dr. Oeitel (cons.): Die Petitionen stammten nicht aus
deni Osten, sondern aus dem Westen und zwar aus Städten und
spiegelten die Stimmung weiter Kreise wieder. Rohheiten seien
nicht bloß die Folgen socialer Schäden. Auch sollten nicht nur
die ärmeren Klassen dieser Strafe unterworfen werden. Wenn
die Zerstörer der Denkmäler in der Siegesallee wirklich, wie Bebel
meine, unseren Kreisen angehören, so sollten sie ebenso streng wie
andere bestraft werden.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Per.): Die Richter könnten in
mehreren angeführten Fällen auch nach dem bestehenden Gesetz
schwere Strafen verhängen. Je mehr einer klage, desto weniger
sei er berufen zum Erzieher. Die Rohheitsverbrechen hätten sich
seit langer Zeit nicht vermehrt. . .

Der Antrag der Kommission auf Uebergang zur Tagesordnung
wird schließlich angenommen.
Die Petition betreffend Sicherung des Weltfriedens wird zur
Kenntnißnahme überwiesen; die betreffend Vogelschu tz auf Antrag
der Kommission zur Berücksichtigung überwiesen.
Montag 1 Uhr: Seemanusordnung, 3. Lesung des Etats.
Baden. 8.6. Karlsruhe, 23. März. Das Centrum
hat sich für die Landtagswahl im 30. Wahlbezirk Bühl-
Baden-Ra statt auf die Kandidatur des Hoteliers Roman
Schmid, Besitzer des Darmstädter Hofs in Baden-Baden,
geeinigt. Schmid ist ein Schwiegersohn des verstorbenen
Abg. Reichert. — Die Reichslagsersatzwahl für den 7.
bad. Wahlkreis Offcnburg-Oberkirch-Kehl ist auf den 10.
Mai festgesetzt. Der frühere Landtagsabgeorduele Geld-
reich har, den Mittelbad. Nachr. zufolge, das ihm von
den Nationalliberalen angetragcne Mandat abgelehnt. Daß
Wacker für das Centrum kandidirt, wird im Beobachter
als falsch bezeichnet.
Badischer Landtag. 8.6. Karlsruhe, 23. März.
(49. Sitzung der Zweiten Kammer.) In der heutigen
Sitzung wurde endlich die Einzelberathung über das
Budget des Ministeriums des Innern zum Ab-
schluß gebracht. Nicht weniger als 33 Redner traten in
der fünfstündigen Debatte auf den Plan, um in 86 An-
sprachen (?!) ihre Ansicht über den außerordentlichen Etat
kund zu geben, der in früheren Jahren fast debattelos ge-
nehmigt wurde. Den Record erreichte Minister Eisenl0 hr,
der mit erstaunlicher Frische und Lebhaftigkeit 16mal Rede
und Antwort stand; dann folgte, wohl mehr der Noth,
als dem eigenen Antrieb gehorchend, Berichterstatter Lauck
mit 10 einleitenden Reden und Schlußworten. Abg.
Fieser trat, wie er selbst humorvoll bemerkte, mit 5
Ansprachen als Konkurrent Birkenmayer's auf, der
auch heute wieder ein halbes Dutzend Gemeinden dem
Wohlwollen der Regierung empfahl.
Der greise Vertreter von Breiten, Abg. Kögl er (nat.-lib.)
leitete die Debatte ein mit der Bitte um Erhöhung der Staats-
beiträge für Kreisstraßen und Gemeindcwege. Abg.Höring (ntl.)
wünscht alsbaldige Erstellung des neuen Amtsgeväudes in Lahr,
die Minister Eisenl 0 hr zusagt. Abg. Birkenmayer (Ctr.)
hätte nichts dagegen, wenn die Staatsbeiträge für Kreisstraßen
und Gemeindewege für überschreitbar erklärt würden. Abg.
Klein (nat.-lib.) stellt einen entsprechenden Antrag. Abg.
Blümmel (Ctr.) bittet um reichliche Beiträge für einige Ge-
meinden des Bezirks Gückingen. Minister Eisenlohr spricht
sich gegen den Antrag Klein aus. Ohne dringenden Grund solle
man die Ordnung des Budgets nicht stören, indem man fest-
begrenzte Summen für überschreitbar erklärt Mit den seither
bewilligten Summen habe man in der Regel ausgereichl. Avg.
Greifs (nat.-lib.) unterstützt den Antrag Klein und kittet um
einen Staatszuschuß für einen Verbindungsweg von Unterhof
nach Meckesheim. Auch Abg. Mampel (Amis.) ist mit dem
Antrag Klein einverstanden und empfiehlt die Gemeinden des
Odenwalds der Berücksichtigung. Abg. Gießler (Ctr.) warnt
davor, die Position für üderschreitbar zu erklären; man sollte
höchstens beantragen, in dringenden Fällen eine Ausnahme zu
machen Abg. Neuwirth (nat.-lib.) ist dafür, daß die Kreis-
wege ebenso behandelt werden wie die Kreisstraßen. Er bittet
gleichzeitig um einen Beitrag zur Erstellung der Wasserleitung
in Sinsheim. Abg. H eimv urg er (dem.) meint, man solle
den Kommisstonsbeschluß ohne zwingenden Grund nicht umstoßen.
Das Budgetrecht der Kammer leide darunter, wenn immer wieder
Positionen für überschreitbar erklärt werden. Auch verlieren
derartige Anträge, wenn sie immer wiederkehreu, ihre Wirkung.
Der Antrag Klein wird schließlich mit allen gegen 14 Stimmen
abgelchnt. Ueber die Bitte der Gemeinde Reichend nch um
Erhöhung des Staatsbeitrags zur Wasserverso gung geht das
Haus, nachdem der Staatsbeitrag schon früher von 14000
auf 15000 erhöht wurde, zur Tagesordnung über. Abg.
Kircl. enbauer (wild) und Schaler (soc.) bitten um einen
Beitrag zur Wasserversorgung in Jöhlinzen. Abg. Fendlich
(soe.) beklagt die Verunreinigung der Murg durch die Fabriken.
Abg. Dreesbach (soc.) wünscht einen der Stadt Mannheim
würdigen Neubau des Amthauses. Abgg. Opificius, Wittum
und Hoff mann bringen das gleiche Anliegen in Betreff des
neuen Amtshauses in Pforzheim vor. Abg. Fieser warnt vor
Ueverschrettungen des Voranschlags. Abg. (Äeppert (Ctr.) er-
sucht die Regierung, ins nächste Budget eine Anforderung für
ein neues Amtshaus in Oberkirch einzustellen; auch wünscht er

Sh>eite„^s Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen

V. städtisches Symphonic-Concert.
^2 Heidelberg, 23. März.
»,^dte„ ^deutet immer ein Vorgreifen, wenn sich ein Unter-
wie die Symphonie - Concerte es lhaten, selbst von
„populär" bezeichnet. Erst der Erfolg kann dieses
, iwcert- (Waffen. Jetzt haben sich die städtischen Symphonie.
"'Hlick - n Titel, den sie sich beilegten, wirklich redlich und
-"°°rben.
saeysg ,A,wixtz in hohem Maße der letzte der Abende, der ein
rm^eiae,^. iches als ungewöhnlich beifallsfreudiges Publikum
r Ritd--er hatte. Das bewies die spontane Ovation, die Herrn
ststkt Ra 0 ig nach der Aufführung der Symphonie be-
° "K onn ""d welche durch die Ueberreichung zweier Riesen-
^Sezei ki"?gt wurde. Sie war ein verdienter Dank für seine
Die ^ Dirigententhätigke't.
Ar auck ! EEüabe der Schubert'schen L-änr-Symphonie war
ristch ei,,e der That ein geeigneter Anknüpfungspunkt für
>tzig a»s ^""tne Anerkennung. Sie war so sauber, klar und
-stst entm?(?*beitet, daß der künstlerisch-reinen Vorführung auch
^wpdn„,(cchende Wirkung folgte. Die nicht allzu bekannte

»>>"<: erst»» »oa; reinen ooureisen scyuocri. Er ist in
m<stäer. Katzen »och ganz Schüler, noch nicht der große
d,„stwg g.??. Variationen-Thema ist an sich in seiner Aus-
A, Elben entzückend, aber das gleichförmige Ausspinnen
das k?-?Einen „göttlichen Längen" geradezu ermüdend.
vnu?b"t'sciik^§" Scherzo steht noch nicht so recht auf echt
Ne^wniener -Dagegen ist der Schlußsatz schon ein mit
erb ' könnt? ^Eistmchaft gefaßter Juwel. Vom Ganzen los-
"n Ra»„-„ Er sich als eine fieudentrunkene Lustspielouverlure
""»es prasentiren.

Auch das Lohengrinvorspiel war mit viel Sorgfalt und
Feinheit vorbereitet und konnte in dem breit genommenen Tempo
sich in seiner ganzen Schönheit entsalten. Was hier unserem
Orchester einzig fehlt, ist ein gewisser weicher Wohlklang, der
dem rhythmischen Anfang und Schluß des Vorspiels un-
entbehrlich ist.
In dem Walkürenbruchstück gelang der Feuerzauber besonders
gut. Für Wagner könnte unser Orchester im Uebrigen noch mehr
Füllung in den Mittelstimmen brauchen.
In bester Disposition besand sich an dem Concertabend Herr
Grau, der ein Adagio von Spobr (klassische süße, leider bei-
nahe süßliche Musv) und ein ungarisches Stück von Nachez auf
der Violine bot. Ec wurde, dank seiner weichen, angenehm
singenden Vortragsweise, die sich besonders durch ungetrüvte
Reinheit auszeichnete, mit Beifall überschüttet. Die hervorragende
virtuose Technik, mit welcher er den capriciösen zweiten Satz der
ungarischen Nummer herauSbrachte, hätte nur durch mehr
Temperament unterstützt werden sollen.
Der Baryton der Mannheimer Nachbarbühne, Herr Moh-
Winkel, der an der Stätte seines Wirkens große Erfolge er-
zielt, hat uns hier zum ersten Male Gelegenheit gegeben, seine
drüben so hochgeschätzten und gerühmten Eigenschaften kennen zu
lernen.
Der Sänger besitzt eine sehr große, echt dramatische und wohl-
klingende Stimme. Er singt bühnengemäß mit viel deklamatorischem
Pathos und großem Stimmaufwand. Herr Mohwinkel ist mit
seinem Material sicherlich für Großes und Bedeutendes geschaffen.
Hierzu bedarf es aber noch eines tüchtigen Ausreifens. Die
Stimme, die sehr leicht in den tieferen Lagen einen gedeckten
Klang annimmt, müßte auch im Piano klingen, das zur Zeit noch
meist dumpf aeräth. Darum befriedigten in Wotans Abschied
mehr die Kraftstellen als die zarten Momente- Dann muß Herr
Mohwinkel vermeiden, mit der Intonation nicht ganz sicher zu
gehen. Die ganze Sangsweise hat noch nicht die Feinheit und
Siiktilität. wie sie der Concertiaal fordert.

Lange ist kein Sänger mit so viel Beifall überhäuft worden,
wie der Mannheimer Gast, dessen wuchtiges Organ offenbar eine
gewaltige Wirkung ausübt. Nach Schuberts „Aufenthalt" (gerade
hier störte die nicht reine Tongebung) sang er Franz' „Im
Herbst" etwas stark theatralisch zersetzt, und ein Lied von EverS.
Herr Mohwinkel erwies sich von ungewöhnlicher Liebens-
würdigkeit. Auf den immer wachsenden Beifall gab er Lied um
Lied zu.
Herr Mohwinkel beging aber den Fehler, in seiner Liebens-
würdigkeit lauter kaum concertfähige Banalitäten zu bringen, die
den Eindruck seiner ernsten Leistungen stark beeinträchtigten.
vr. 8.

Kleine Zeitung.
g. Zeitgemäße Betrachtungen. Auf dem Philosophenwege —
ging ich neulich füll fürbaß: — ob der Frühling sich schon rege, —
nachzuschauen macht mir Spaß. — Richtig! vor dem Kuß der
Sonne, — vor des Lichtes heil'gem Strahl — schwand die Starre;
Lebenswonne — rieselt schon durch Berg und Thal. — Mandel-
schon und Pfirsichblüthen — haben ihren Knauf gesprengt, —
da zu ängstlichem Behüten — keine Heinze lsx sie drängt. —
Folgen werden bald die andern, — wenn die Sonne wieder
lacht; — es umfängt alsbald beim Wandern — dich des Früh-
lings volle Pracht. — Auch des deutschen Volkes Leben — hat
sich wunderbar erneut, — seit sein Einigkeitsbestreben — ward
erfüllt in großer Zeit. — Wo man hinblickt, knospt und sprießt
es, — regt sich neue, junge Kraft — schaffensfroh; du fühlst,
du siehst es: — Deutschland steht in neuem Saft- — Süße
Früchte wird sie bringen — Deutschlands neue Zeit, denn Keiner —
ließ von Pflichttreu' sich durchdringen — wie der Deutsche.
Fidel Greiner.
 
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