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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
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W. 95.

Diciisllis, den 24. April

1909.

Vom Krieg in Südafrika.
Der Ansiedelung englischer Reservisten im
Dranjefreistaat wird von den Londoner Blättern
Plötzlich eifrig das Wort geredet. Den Anlaß zu dieser
Idee hat anscheinend der Umstand gegeben, daß zahlreiche
Reservisten der jetzt in Bloemfontein und Umgebung la-
gernden Truppen des Lord Roberts den Wunsch geäußert
paben, sich in dem Burenlande dauernd niederlassen zu
°ürfen. Sie rechnen darauf, daß nach Beendigung des
Krieges sich gelernten Arbeitern eine sehr günstige Kon-
junktur im Lande eröffnen dürfte. Ein Offizier eines der
^arderegimenter hat in seiner Kompagnie Erkundigungen
^gestellt und 72 Mann gefunden, welche nichts lieber
wünschten, als an Ort und Stelle zu bleiben, wenn sie
üur die Ucbcrfahrtskosten für ihre in England gebliebenen
Familien erschwingen könnten. Man schlägt nun vor, die
Regierung möge, statt die Reservisten zurücklransportiren
^ lassen, denselben lieber ihre Familie nachsenden und so
Grundstock zu einer loyalen britischen Bevölkerung in
°en Burenrepubliken legen. Auch in Offizierskreisen findet
Reser Gedanke Anklang, und es hat sich bereits ein Comits
Gebildet, um für die seinerzeitige Ansiedelung von Veteranen
Ui den Burenländern im englischen Publikum Propaganda
machen.
^ Bei alledem ist vorausgesetzt, daß die Engländer die
o'uren thatsächlich zur Unterwerfung bringen, eine Voraus-
?pung, die vor sechs Wochen als völlig sicher erschien,
Mte aber doch wieder zweifelhaft ist. Das Gegcntheil,
nämlich die Engländer von den Buren aus dem
^anjestaat wieder herausgcschlagen werden, kann man sich
nicht recht vorstellen.
^ Nach einer Timcsmeldung aus Laurenzo Marques vom
2- d. M. hätten die Republiken laut Mittheilungen aus
^kantwortlicher Quelle im Ganzen 105 000 Mann im
?Elde einschließlich der Aufständischen in den Kolonial-
^ä>rken. Die Buren verfügen jetzt noch über 80 000
^an„, von denen 50000 Mann im Freistaate, 10 000
^'änn jn den Biggarsbcrgen und 15 000 Mann in den
'strikten Fourteenstreams und Klerksdorp sich befinden.
^ Diese Angaben sind entschieden zu hoch, hätten die
^'ten wirklich zu Beginn des Krieges 105 000 Mann auf
Beinen gehabt, so wäre ihre lahme Kriegsführung
' Ladysmith, Kimberley und Mafeking ganz unver-
^'hlich.
- Die Division Rundle und die Division Gatacre, die,
- Süden kommend, den Weg nach Bloemfontein wieder
machen und besonders das Burenkommando bei De-
ktsdorp vertreiben soll, befindet sich bekanntlich seit eini-
^ Tagen im Kampfe mit ihren Gegnern. Bis jetzt geht
d °en englischen Divisionen nicht sonderlich gut. Am 22.
^.suchten die Buren den rechten Flügel Rundles zu um-
aAu, dgch gelang es den Engländern noch, sie durch
Srjss Geschützfeuer zurückzutreibcn. Am 23. d., Mittags,
ej sien die Buren Gatacres Streitmacht an, welche aus
E-goOO Mann und einer Batterie Artillerie bestand und
h''8e Kopjes bei Richtersfarm im Westen von Dewets-
e^p besetzt hielt. Um 4 Uhr Nachmittags mußte der linke
ih fische Flügel zurückgehen. Das Gefecht war
tzj ^ Hauptsache ein Schützcngefecht und dauerte bis zum
b»d ten der Dunkelheit. Die Buren hatten 1 Tobten
5 Verwundete; die englischen Verluste sind unbekannt,
dy ^on General Roberts in Bloemfontein hört man seit ein
>r Tagen gar nichts mehr. Auch auf dem westlichen,
r>uf dem Nataler Kriegsschauplatz ist zur Zeit Alles still.

Deutsches Reich.
— Auf die Meldung des Stapellaufs de
Linienschiffes „Kaiser Barbarossa" durch den
Staatssekretär Tirpitz ging dem Staatssekretär folgendes
Telegramm des Kaisers zu: „Wartburg. Von
Freude erfüllt durch Ihre Meldung, sende ich meiner
Marine zu der Verstärkung meinen Glückwunsch. Ich
sende ihn von altehrwürdiger Stätte, der Wartburg,
deren Geschichte so eng mit der der Hohenstaufen vcr
Kunden ist. Möge das Schiff ein starkes Glied der Flotte
des durch den großen Hohenzollcrnkaiser wiedergeeinten
Deutschlands den Namen Barbarossas allezeit in Ehren
tragen."
Baden. O Vom Hanauerland, 22. April.
Heute fanden in Lichtenau und Rheinbischofsheim zwei gut
besuchte nationalliberale Versammlungen statt, wozu unser
Kandidat, Herr Landeskommissär Dr. Reinhard, kom-
men wollte, aber leider durch Krankheit verhindert war.
Anstelle desselben entwickelte nun ein geborener Kehler,
Herr Oberbürgermeister Hermann in Offenburg, die Haupt
punkte des Herrn Reinhard. Er that es in packender und
überzeugender Weise. Er konnte dies um so eingehender
thun, als er vor Jahren unter unserem Kandidaten
arbeitete und dessen edle Gesinnungen, dessen Pflichteifer
und Arbeitsleistungen gründlich kennen gelernt hat. Herr
Reinhard hat speziell für die Landwirthschaft mindestens
so viel Interesse als der Gegenkandidat, der Bauern
vereinsvicepräsident Schüler. Im übrigen wurde allseits
anerkannt, daß Herr Schüler als Mann höchst achtcns-
wcrth ist, daß aber die Angehörigkeit zur Centrumsfcaklion
mit der starren Disziplin ihn eben zu Abstimmungen
zwinge, wie sie im Interesse des konfessionellen Friedens
nicht wünschenswerth sind. Diese Ansicht vertrat auch un
ser Landragsabgeordneter Hauß und Herr Dekan Hanß
von Leutesheim. Es wird im Hanauerland wenig oder
gar keine Stimmen für Schüler geben, außer dort, wo
vielleicht die Einzelnen schöne Versprechungen für Thaten
nehmen. Wie auch das Wahlresultat fallen wird, die Ge-
nugthuung wird Herrn Reinhard nicht ausbleiben, daß das
Hanauerland seinen einstigen wohlwollenden Oberamtmann
nicht verlassen wird. Das muß noch gesagt werden:
Wenn auch von gegnerischer Seire der Wahlkampf so
nobel geführt wird wie von den Nationalliberalen, so
kann derselbe für künftig zum nachahmenswerthen Vorbild
dienen.
Frei bürg, 22. April. Der Geh. Oberregierungsrath Dr.
Reinhard hier ist plötzlich nicht unbedenklich erkrankt, (hob.)
Er wird deshalb wohl nicht im Stande sein, die in Aussicht genom-
menen Wahlversammlungen als Reichstagskandtdat zu halten,
da der Arzt sich aus's entschiedenste dagegen ausspricht. Für die
liberale Sache wird dieser Umstand um so mißlicher sein, als
Dr. Reinhard ein glänzender Redner ist, der sicher durch sein
Wort noch viele Wähler für sich gewonnen haben würde.
ö.O. Karlsruhe, 23. April. Die Budgetkommis-
sion genehmigte den Neubau eines zweiten Gymna-
siums in Fr ei bürg und beantragt als 1. Rate
150 000 Mk. in das jetzige Budget einzustellen. — Der
Petition der Real- und Zeichenlehrer, daß bei Be-
förderung eines Hauptlehrers zum Reallehrer der ganze
wirkliche Aktivgehalt zu Grunde gelegt und daß dieser
Maßnahme rückwirkende Kraft bis 1. September 1895 ver-
liehen werde, beantragt die Budgetkommission keine Folge
zu geben, da die Gerechtigkeit verlange, daß die städtischen
Vojksschullehrer, welche schon durch die von den Städten
gewährten höheren Gehalte einen Vorzug vor den Lehrern
auf dem Lande genießen, nicht auch bei der Anstellung als
Reallehrer einem Volksschullehrer von dem Lande gcgen-
über, wenn dieser zum Reallehrer aufrücke, in so auf-

sallender Weise bevorzugt werden können. Der einzige
Weg, auf dem die Kommission eine Möglichkeit des Ent-
gegenkommens gegen die städt. Volksschulhauptlehrer beim
Aufrücken zum Reallehrer erblickt, wäre der, daß bei der
Revision des Beamtengesetzes bezw. Gehalts-
tarifs eine Bestimmung ausgenommen würde, wonach
diesen Lehrern der bei ihrer Verwendung als städtische
Volksschulhauptlehrer erlangte, den Anfangsgehalt über-
steigende Mehrbetrag ihres Gehalts als Nebengehalt zwar
überlassen, dieser Nebengehalt aber auf die Zulagen aus-
gerechnet bezw. durch Zulagen aufgesaugt werde. Von einer
Rückwirkung der Besserstellung auf den September 1895
aber könne keine Rede sein. In diesem Sinn beantragt
die Kommission, die Bitte Großh. Regierung zur Kenntniß-
nahme und Berücksichtigung bei Revision des Beamten-
gesetzes und des Gehaltstarifs zu überweisen. Mit der
weiteren Forderung, daß für die Zukunft 50 Proz. der
Reallchrer (bisher nur der fünfte Theil) in die I. Gehalts-
klasse (I'. 4) eingetheilt werden, war die Kommission im
Wesentlichen einverstanden. Sie wünscht, daß bei Be-
rathung des neuen Gehaltstarifs ein wesentlich höherer
Prozentsatz (mindestens 40 Proz.) der Reallehrer in die
Gehaltsklasfe I ausgenommen wird und stellt hiernach den
Antrag, die Petition bezüglich der Ziffer 1 in dem er-
wähnten Sinne zur Kenn tnißn ahme, zu Ziff. 2 aber
empfehlend zu überweisen.
6. 6. Karlsruhe, 22. April. Ein ultramontanes Blatt
im badischen Oberland hatte die Bibel Luther's ein
gotteslästerliches Buch genannt und wurde deshalb
vom Schöffengericht wegen „groben Unfugs" in eine Geld-
strafe genommen. Das Landgericht Waldshut hob aber das
Urtheil auf und sprach den Redakteur frei. Gegen dieses Urtheil
legte die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Revision ein.
Dieses hat nun das Erkenntntß des Landgerichts bestätigt.
Badischer Landtag. L. 0. Karlsruhe, 23. April.
(60. Sitzung der Zweiten Kammer.) Präsident
Gönner entbot den Abgeordneten, die heute fast voll-
zählig aus den Osterferien zurückgekehrt waren, einen
herzlichen Willkommgruß. Der Halbmondsaal hat in der
14tägigen Osterpause eine kleine Renovation erfahren, in-
dem der alte, ziemlich „abgetretene" Bodenbelag durch
einen rothen Teppich ersetzt wurde.
Unter den eingelaufenen Petitionen befindet sich eine
Bitte um Erweiterung der Station Wiesloch, eine Ein-
gabe des Kreisverbands Mosbach um Erhöhung ver-
staatlichen Kreisdotation und eine vom Abg. Pfefferte
übergebene Petition um Aufhebung der Weinaccise. Vor
Eintritt in die Tagesordnung gedachte Präsident Gönner
in ehrenden Worten der jüngst verstorbenen ehemaligen
Mitglieder des Hauses, namentlich der Herren: Karl Hug,
Altbürgermeister von Bühl, Abg. des Bezirks Oberkirch-
Achern in den Jahren 1875—1878, Dr. Karl Köhler,
Rechtsanwalt in Freiburg (1877/78 Vertreter des Wahl-
bezirks Kenzingen—Ettenheim), Eduard Büh ler, Bijouterie-
Fabrikant (Pforzheim—Stadt 1875—1878), Karl Seiz,
Kreisschulraih (Konstanz 1861—1870), Karl Müller,
Apotheker (Konstanz—Radolfzell 1871—1876 und 1885
bis 1888), Reinhold Baumstark, Landgerichtspräsident
in Mannheim (Säckingen—Laufenbucg—Schönau 1869/70
und Baden—Stadt 1879—1882), Philipp Schwein-
urth, Gemeinderath (Sinsheim 1891—1894), Johann
Georg Ha es, Altbürgermeister von Meißenheim (Lahr—
Land 1889/90). Die Abgeordneten erheben sich zum
ehrenden Gedächtniß dieser Männer von ihren Sitzen.
Zur Berathung stand der Gesetzentwurf betreffend das
Genehmigungsverfahren bei Eisenbahn an lagen.
Den Bericht erstattete Abg. Zehnter (Centr.). Die lichtvolle
und gründliche Arbeit des Berichterstatters erntet sowohl bei den
Volks- als bei den Regierungsoertretern uneingeschränktes Lob.

In hohen Regionen.

12)

Erzählung von M. A. Zwickert.
^ (Fortsetzung.)
glücklich reiste der Vater mit mir nach Templin zurück,
stierlj^o Werner in Berlin blieb, nachdem er dem Vater
iein Ehrenwort verpfändet, nie wieder eine
s'öhyh.^urübren. Auch ich stieg erleichtert in den Eiien-
wblx^llen. Ein warmes Dankgefühl gegen meinen Ver-
r„,Jeelte mich: es erschien mir damals gar nicht als
L-fche Ungeheuerlichkeit, denselben zu Heilathen. Aus
Mellich sollte versucht werden, die Schuld bei
N wiT^ter zu tilgen. Zu Hause angekommen, bemächtigte
Mt sofort der Zügel des Hauswesens. Nach kurzer
MriiAar ich orientirk; ich sah, daß sich ansehnliche Er-
khen würden machen lassen. Letzteres ist denn auch ge-
s. lila.»""" Es gelang uns, Papas sonstige Schulden sämmtlich
Mljch n. Von der großen Summe bei dem Bankier ist
!Me «.Erst ein Drittel abgetragen. Ich ließ mir anfangs
a Haare darum wachsen, da aber kreuzte Klaus
S?"zes ^uensweg; er warb um meine Liebe, und auch mein
Mrbiii^Erz flog ihm zu. Dachte ich jetzt noch an eine
efd u mit dem Bankiersohn, so überlies mich ein Schauer
L?bjen r^'^Ens. Trotzdem habe ich mit meinem rebellischen
Mt N^^Esetzt gekämpft. In kränkender Weise wies ich
tzÄ"er sogar Klaus' redliche Werbung zurück; eine
hA'ckla, ich ausrichten zwischen ihm und mir, aber das
sjM iu, "V Nch gegen mich verschworen. Vor allen Leuten
Liebe zu ihm verrathen. O Lola, Lola! Wie
ich gelitten! Und wie entsetzlich leide ich jetzt
..Änakl °'Esem Zwiespalt der Gefühle. Dazu die Sorge
th°2ola den Verunglückten - Oh!"
(Aller. N?-* tiefste erschüttert, Hier war guter Rath
llur" doch beläuft sich Eure Schuld?" fragte sie end-
"w schließlich irgend etwas zu sagen.

! „Es sind immerhin noch an hunderttausend Mark," er-
widerte Jutta. „Vor einem Jahre hat sich Werner sehr
reich verheiralhet; er zahlte damals sofort eine ansehnliche
Summe ab. — Ach, es ist ja auch nicht das Geld allein," fuhr
sie klagend fort, „der Bankierssohn hat Anspruch auf unfern
Dank, wir sind chm verpflichtet. Auch hat er sich in der
Zwischenzeit musterhaft benommen. Nur prachtvolle Blumen-
sendungen zu Neujahr und zu meinem .Geburstoge erinnerten
mich an seine Existenz, sonst ließ er mich unbehelligt. Selbst
wenn wir das Geld noch rechtzeitig beschaffen könnten, blieben
wir seine «Schuldner. Es wäre das erste Mal. daß die
Wolfsburgs einer Verpflichtung nicht nachkämen. Daher
nimmt auch der Vater es als selbstverständlich an, daß die
Leirath statlfindet."
„Das mag alles sein," erwiderte Lola nachdenklich, „trotz-
dem darfst Du Klaus jetzt nicht mehr aufgeben, liebes Herz;
Du machst nicht nur Dich elend, sondern zertrümmerst aller
Wahrscheinlichkeit nach auch sein ganzes Lebensglück. Be-
trachte den Unfall Felsinaens als eine höhere Fügung; der
Himmel will nicht, daß Du Dich opferst! Bei einem Konflikt
zweier Pflichten muß man der höheren folgen. Die höhere
Pflicht hier jedoch ist unbedingt die gegen Dich selber und
gegen Klaus."
Mit aufleuchtenden Augen hatte Jutta der Freundin
zugehört. „Ob. Du Gute!" rief sie, „was Du ausge-
sprochen, habe ich selbst wohl schon dunkel empfunden, doch
ich konnte nie zur Klarheit kommen, traute mir selber
ja nicht. Ach, hätte ich Dir nur schon eher mein Herz aus-
geschüttet!"
Lola nickte zustimmend. „Du wirst an den Bankierssohn
schreiben müssen, Jutta, und zwar je eher desto besser, und
mit vollster Offenheit."
Jutta schrack zusammen. «Es wird mir schwer werden,"
rief sie. „Du mußt mir beistehen, Liebste!"
„Das will ich gern," entgegnete die treue Freundin,
„doch ich bin nicht mehr alleinige Herrin meiner Hand-
lungen —"

„Lola," schrie Jutta auf, vor Ueberraschung fassungslos.
„Wer — der Prinz — seit wann?"
„Forsche jetzt nicht weiter, Herzenskind, meine Lippen
sind fürs erste noch versiegelt. Sobald alles geordnet, sollst
Du's wissen. Die Hauptsorge für uns ist zunächst Klaus'
Wiederherstellung."
Die letzten Worte der Freundin lenkten Juttas Gedanken
wieder ausschließlich auf den kranken Liebsten. Sie sprang
auf, um nach seinem Befinden zu fragen. Die Auskunft
war leider eine wenig erfreuliche: Klaus lag im heftigsten
Fieber und phantasirte.
Das war eine schlechte Nacht für die Tenrplmer. Die
verzehrende Herzensangst, welche Jutta um den Verunglückten
empfand, machte ihr selber erst die Innigkeit ihrer
Zuneigung offenbar. Lola hatte recht, ein Leben ohne
Klaus war für sie undenkbar, mochte geschehen was da
wollte.
Für die vielen Klatschbasen weiblichen und männlichen
Geschlechts in Wendenburg war eine goldene Zeit ange-
brochen. Gleich nach den Festtagen hatte sich die Kunde von
den Vorfällen in Templin überall in der kleinen Residenz
verbreitet. Der Unfall des Premierleutnants Felsingen
wurde lebhaft besprochen und das Verhalten Juttas dabei
sehr vcrschiedenfach glosstrt. Mehr aber noch als mit Jutta
und Klaus beschäftigte man sich mit Lola von Golm und
dem Prinzen. Daß beide fick mit ihrem Schlitten von den
sonstigen Theilnehmern der Fahrt getrennt und einen ein»
famen Waldweg eingeschlagen und dann weit später zurück-
gekehrt waren als alle übrigen, war ja geradezu anstößig.
Sollte vielleicht doch etwas daran sein, wovon früher schon
hier und da gemunkelt worden, daß der Prinz Beziehungen
zu der gefeierten Schauipielerin habe? LolaS neidische
Kolleginnen lriumphirlen. , .
(Fortsetzung folgt.)
 
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