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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0321

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^ Erscheint täglich,
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^ frei in's Haus gebracht,
^urch die Post bezogen
. vierteljährl. 1.25 Mk.
Ausschließlich Zustellgebühr.
^ernsprech-Anschluß Nr. 82.


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und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

5«-. 67.

Dienstag, den 2Ü. Mi;

I9«V.


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"uf die Heidelberger Zeitung für das II. Vierteljahr 1900
Verden bet allen Postanstalten, de» Briefträgern, den
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Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
Spracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
vit Zustellgebühr Mk. 1.65.

Die Jubiläumsfeier der Berliner Akademie
der Wissenschaften.
Berlin, 19. März. Heute Mittag um 12 Uhr fand
Vi weißen Saale des Schlosses ein Festact anläßlich der Zwei-
^hrhundertfeier der Akademie der Wissen
ichaften statt. Erschienen waren die Mitglieder der
Akademie, viele auswärtige korrespondircnde Mitglieder,
keriier die von der Akademie geladenen Gäste, Botschafter,
Gesandte, Vertreter wissenschaftlicher Institute, der Parla-
mente und der Stadt Berlin; ferner waren zugegen die
^taatsministcr, an ihrer Spitze der Reichskanzler.
Unter den Klängen eines Fanfarenmarsches des Trompeter-
kvrps erschienen in feierlichem Aufzuge die Fürstlich-
sten, voran der Kaiser in der Uniform des Gardes du
"°rps, ihm folgten die ältesten Prinzen. Der Kaiser nahm
vif dem Thronsesscl Platz, die Prinzen stellten sich an seiner
Rechten auf. Ter Chor der Hochschule sang eine Hymne;
^ folgte die Rede des Professors Auwers. Darauf
Melt der Kultusminister eine Ansprache und verlas
Aue kaiserliche Ordre, wonach die Zahl der Stellen für
ordentliche Mitglieder in jeder Klasse von 27 auf 30 er-
höht wird und theilte eine große Reihe von Ordens-
Auszeichnungen mit; u. a. erhielt Professor Mommsen
oen Rothen Adlerorden erster Klasse. Nunmehr erhob sich
vr Kaiser zu folgender Ansprache:
w Indem ich Sie an Ihrem Jubeltage in diesem, durch große
Gegebenheiten geweihten Saale meines Schlosses willkommen heiße,
Innere ich mich gern der Beziehungen, welche Ihre Körperschaft
Au Meinem königlichen Hause verknüpft. Das erkenntnißvolle
^Nt-resse, das Kurfürst Friedrich III. weitausschauenden Plänen
fvgegcnbrachte, hat sie ins Leben gerufen; der große Friedrich
M 'hr den Stempel seines Geistes aufgedrückt, alle Könige von
-streußen haben als unmittelbare Protektoren theilnehmend,
Mend und fördernd über dieser Schöpfung gewaltet, also daß
M Wort Kaiser Wilhelms des Großen: „Das in jedem preußischen
stvnige wohnende Gefühl für Wissenschaft ist auch in mir lebendig"
AVerhältniß zu Ihnen in besonderer Weise zum Ausdruck kam.
k-ich freue mich heute, anerkennen zu dürfen, daß die Akademie
jstr Wissenschaften nun schon durch zwei Jahrhunderte in unver-
uegter Lebenskraft gewaltet und daß sie den Erwartungen, die
Mne Vorfahren in sie gesetzt haben, voll entsprochen hat. Es
gewiß guten Grund, wenn sich die deutsche Wissenschaft im
,ogen Anschluß an die Universitäten entwickelt hat, und ich
»Meiste nicht, daß der Forschung, wie es unser unvergeßlicher Helm-
Utz bezeugt hat, aus dem akademischen Unterricht und dem Ver-
Nr mit der studirenden Jugend reiche Lebensströme zusließen.
A°er nicht minder bar sich die Organisalion und Ordnung wissen-
Voftlicher Arbeit durch die Akademie als eine wesenlliche und
Erreichung großer Ziele unentbehrliches Element wtssciischast-
! chen Fortschritts erwiese». Mehr als ein Jahrhundert, bevor
Ae Berliner Universität ins Leben getreten (1810). hat die
^Erliner Akademie auch früher die Aufgabe verfolgt, alle Zweige
^ Wissenschaft gleichzeitig zu pflegen. Wenn ich im weiteren
isusbau dessen heute die Zahl der ordentlichen Mitglieder in der
sMosophjsch,historischen Klasse durch Hinzufüqung einiger vor-
»"Sslveise für die deutsche Sprachforschung bestimmter Stellen
."mehrt Hobe, so lenkte mich hierbei der Gedanke, daß die
Nische Sprachforschung, die schon der StistungSbrief von 1700
zFOchrieb. in der Hauptstadt des jetzt geeinten deutschen Reiches
,sv"dere gepflegt werden müsse; zugleich erschien es mir unei-

auch die Zahl der Stellen in der physikaltsch-maihemali-
>Men Klasse mit Rücksicht auf die heutige Bedeutung der Technik
»( derselben Weise zu erhöhen. Und wie die Akademie der
Awerischaslen von vornherein eine freie Universalität erfaßt hat,
tz^bai sie sich von der Verfolgung aller außerhalb ihrer Wissen-

schaft liegenden Interessen gänzlich ferngehalten Wohl haben
sich die großen Erlebnisse der Nation auch in ihren Werken ab-
gespiegelt und in den Worten ihrer Festredner begeisterten Aus-
druck gefunden. Aber sie hat es stets verschmäht, sich in das
Gewühl der politischen Leidenschaften hinein zu mischen, und bat
ihre oberste Pflicht allezeit in der reinen und interesselosen Pflege
der Wissenschaften erblickt. In dieser selbstlosen Hingabe, der sie
Großes verdankt, wird sie weiterhin den Erfolg ihres Schaffens
erblicken, wird sie tiefer in das Ziel alles Wissens der Mensch-
heit, in die Erkenntniß der göttlichen Wahrheit eindringen. Wie
die Naturwissenschaft in diesem Ziel den Ursprung alles Seins
und Werdens zu erforschen trachtet, so bildet, wie es Goethe,
selbst ein auswärtiges Mitglied dieser Körperschaft ausgesprochen
hat, das göttliche, einzige und tiefe Thema der Welt-u.Meuschen-
geschichte, dem alle übrigen untergeordnet sind und wie ich in
seinem Sinne hinzufügen darf, dic Thätigkeit Gottes im Menschen-
geschlecht. So bewährt sich auch an ihren Arbeiten, wie es
Leibnitz wollte, daß durch die Wissenschaft die Ehre Gottes und
das Beste der Menschen beständig gefördert werde. Daß dies
allezeit geschehe, dazu walte die Sorge des Höchsten über Ihnen
im neuen Jahrhundert.
Professor Dr. Auwers brachte hierauf ein dreifaches
Hoch auf den Kaiser aus und verlas die Ernennung von
neuen Mitgliedern. Mit einem vom Chor vorgetragcnen
„8ulvniir iao r6A6m" schloß die Feier.
Zu auswärtigen Mitgliedern der Akademie der Wissen-
schaften wurden erwählt: Professor Karl Degenbeer, ferner
Professor Theodor Noeldecke (Straßburg); zu correspon-
direnden Mitgliedern: die Professoren Benecke, Friedländer
und Gröber, sämmtlich in Straßburg, feiner die Professoren
Spengel (Gießen), Gegenbauer und Schröder (Heidel-
berg). Zn Ehrenmitgliedern wurden erwählt: der Reichskanzler
Fürst Hohenlohe, die Staatsminister Dr. Falk, Dr. von
Goßler und Dr. Studt, sowie der bayerische Gesandte von
Lerchenfeld. Wie der Kultusminister Dr. Studt miltheilte,
hat der Kaiser für die Herausgabe der Werke Wilhelm
von Humboldt's und für Herausgabe eines Wörterbuchs
der klastischen Rechtswissenschaft die erforderlichen Mittel
aus dem Dispositionsfond bewilligt.

Deutsches Reich
— Am 18. ds. Mts. fand in Berlin im Börsensaale
die von den Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft
einberufene Versammlung von Vertretern des Handels und
der Industrie einer großen Anzahl deutscher Städte behufs
Stellungnahme gegen das Fleischb eschaugcsetz statt.
Die Versammlung nahm eine Resolution an, in der es
heißt, das Verbot der Fleischeinfuhr schädige die Industrie,
den Handel und die Schifffahrt Deutschlands auf das
empfindlichste, störe die wtrthschaftlichen Beziehungen, die
Deutschlands Handel ,und Gewerbe-Fleiß zur gedeihlichen
Entwicklung bedürfen und stelle den Erfolg der Handels-
vertragsverhandlungen in Frage. Die Versammlung
erblicke in den Folgen des FleischeinfuhrVerbots eine
Schwächung der wirthschaftlichen Kraft des Deutschen
Reiches und lege gegen die Reichstagsbeschlüsse vom
9. März auf das entschiedenste Verwahrung ein.
— Die Bedeutung unserer großen Dampfer-
gesellschaften für unsere Industrie wird noch immer
vielfach unterschätzt. Der Norddeutsche Lloyd in
Bremen läßt gegenwärtig nicht weniger als 8 große
transatlantische Dampfer auf deutschen Werften
erbauen. Was das bedeutet, wird erst erklärlich, wenn
man berücksichtigt, daß sich hierunter Schiffe befinden, deren
jedes einzelne einen Werth von mehreren Millionen Mark
besitzt.
— Seit einer Reihe von Jahren wurde bekanntlich
deutschen Offizieren Urlaub nach Frankreich
nicht ertheilt. Dem Offizier, welcher sich unerlaubter
Weise nach Frankreich begab, war Verabschiedung ange-
droht. Mit Rücksicht auf die bevorstehende Weltausstellung

erwartete man seit längerer Zeit bereits eine Abände-
rung dieser Bestimmungen. Eine solche ist nunmehr er-
folgt. Uriaubsgesuche von Offizieren nach Frankreich
werden von jetzt ab ebenso behandelt, wie sonstige Urlaubs-
gesuche ins Ausland. Besondere Bestimmungen sind nur
nach folgender Richtung hin erfolgt: Urlaub nach Festungen
der Ostgrcnze und deren Umgebung (also Belfort, Nancy
u. s. w.) ist im Allgemeinen nicht zu ertheilen. Aus-
nahmen sind nur unter besonderen Verhältnissen zulässig.
Vor Antritt des Urlaubs ist den betreffenden Offizieren
einzuschärfen, daß sie sich aller Handlungen, welche auch
nur im entferntesten unter das französische Spionagegesetz
fallen könnten, mit peinlichster Sorgfalt zu enthalten haben.
Jeder nach Frankreich beurlaubte Offizier hat erstens allen
Bestimmungen der französischen Civilbehörden (Anmeldung
in Gasthof, bei Polizei u. s. w.) pünktlich nachzukommen
und sich zweitens in französischen Garnisonen sofort bei
dem militärischen Vorgesetzten, in Paris außerdem bei der
deutschen Botschaft, unter genauer Angabe seiner Wohnung
u. s. w. anzumelden.
— Ein erster Schritt zur Heranziehung der weißen
Ansiedler zur Verwaltung unserer Schutzgebiete ist
aus Südwestafrika zu verzeichnen. Nach einer amt-
lichen Bekanntmachung des Bezirkshauptmanns von Wind-
hock soll dem Wunsche der Ansiedler entsprechend bei den
gesetzgeberischen Arbeiten der Regierung ein Beirath von
drei ständigen und drei stellvertretenden Mitgli ederu gewählt
werden, und zwar aus einer bei der Bezirkshauptmannschaft
aufliegenden Liste.
Deutscher Reichstag. Berlin, 19. März. Der Etat
über den Checkverkehr wurde von der Tagesordnung ab-
gesctzt, weil der Berichterstatter verhindert ist. Es folgt
der Etat des Reichseisenbahnamts.
Bei Kapitel Gehalt des Präsidenten kritisirt der Abg. Pach-
nike (freist Vp.) die geplante Reform des Eisenbahnpeisonen-
tarifs. Mit der Vereinfachung des Tarifs müsse eine Verbil-
ligung Hand in Hand geben, dafür sei jetzt der geeignetste
Zeitpunkt, da die Eisenbahn sich gut rentire.
Der Präsident des Reichseisenbahnamtes, Schultz, erklärt,
er sei von der Ungeduld, daß die Reform des PersoneiitarffS
nicht schnell genug fortschreite, zuweilen selbst nicht frei, aber sie
hätte große Schwierigkeiten zu überwinden.
Abg. Calw er (Soc.) beschwert sich über den Druck, den
die preußische Etsenbahnverwaltung auf die braunschwei-
gische Bahn ausübe.
Der Präsident des Reichseisenbahnamts S ch u l tz erklärt:
Die Beschwerden, die Abg. Calwer vorbrachte, seien bisher nicht
an das Rcichseisenbahnamt gelangt.
Abg. Müller-Sagan (freis. Vp.): Bei der bekannten
Stellungnahme des Reichseisenbahnamts zur Tarifreformfrage
könne man sagen: Ussviats ogni spsrsnea! Wie stelle sich daS
Reichseisenbahnamt zur Frage der Tarifermäßigung für beur-
laubte Mannschaften?
Präsident Schultz: Der jetzige Tarif beruhe auf einem
Beschluß des Bundesraths; es müsse abgewartet werden, welche
Stellung der Bundesrath hierzu nevmen werde.
Abg. Rösicke befürwortet das Staffeltarifsystem.
Präsident Schultz bemerkt aus eine Anregung Schräders,
das Neichsetsenbahnamt sei mit einer Verbesserung der Wagen-
verbindungen nach amerikanischem Muster beschäftigt.
Sächsischer Bundesrathsbevollmächtigler Graf v. Hohenthal
vertheidigt die sächsische Eisenbahnverwaltung gegen die vom
Abg. Stolle erhobenen Beschwerden.
Der Etat des Rcichsetsenbahnamts wird bewilligt.
Es folgt der Etat des allgemeinen Pensionsfonds. Der Be-
richterstatter Graf Oriola weist darauf hin, daß die Ausgaben
sich verringert haben. Der Etat wird ohne Debatte bewilligt.
Morgen 1 Uhr: Fortsetzung des Etats.
Baden. Freiburg i. Br., 17. März. Auch hier fand
gestern auf Veranstaltung des liberalen Vereins im
Saale der Harmonie unter dem Namen „Bürgerabend"
eine zahlreich besuchte Versammlung gegen die
„lex Heinze" statt, in welcher Staatsanwalt Jung-
hanns einen mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag

84)

Fürst Margoni.
Roman von Moritz Lilie.
(Fortsetzung.)
H »Hast Du vielleicht das ausschließliche Privileg hier zu
gellen, »per gehör! dieses Gemach wie der Saal und alle
Zimmer zu den öffentlichen VergnüguugSräumen ?"
»„.der Angekommene ruhig zurück. „Aber Du zücktest den
y^est und ich glaube, Du würdest auch vor einem Mord
zurückichrecken» so wenig wie das Original, daS Du im
z Zum komrst. Danke es meiner Großmuth, wenn ich Dich
znl» ."'Eht züchtige wie einen Buben, dem sür seine Unge-
üknheit die Ruthe gebührt!"
nj ^E>churke! Noch einmal: wer bist Du ?" keuchte Musa-
zu k- aervor, indem er sich vergebens abmühte, seine Hand
das, "bien. „Herunter mit der Maske, wenn Du den Muth
auf Leben und Tod mit mir zu ringen! In einer
k°j„ LOtunde schaffe ich Pistolen zur Stelle, und wenn Du
d'kk Edelmann, nicht satistuciionssähig bist, schließe ich Dich
wie einen räudigen Hund!"
Zigeuner lachte höhnisch auf.
or,"^ur gemach, blutdürstiger Fischer!" spottete er, „der-
Tj,?E Schießübungen mögen in Eurem unkulnvirten Neapel
Igki," wtn, bei uns sind sie verboten, und unter Umstünden j
solche rauf- und mordlustige Kumpane ein Viertel-
fie zwischen Himmel und Eide baumeln oder wacht
Leben E">en Kops kürzer. Ich will Dir einen besseren Rath i
Wuhrü*. Tu siehst. Dein unaetrcuer Domino ist verschwunden,
Han» iEheinlich graute ihr vor einem so ungebervigen Lieb-
es ' ^r mit Dolch und Pistolen um sich wirst, als seien
such- ° Gondel»; verfüge Dich jetzt in den Saal zurück und
Eftbm.i ? LEwisjez junges Mädchen aus. das Du an ihrer alt-
welln Tracht erkennen wirst. Auf Wiederiehen. Maia-
^Oten 5 ^'Edersehen — aber ohne Blutvergießen, wenn ich

Und geräuschlos, wie er gekommen, verschwand er wieder.
„Hat sich denn heute alles gegen nno verschworen?"
murmelte der Fischer vor fick hm- „Auch dieser Schutt von
Zigeuner kennt mich offenbar, wahrend ich keine Ahnung habe,
wer er ist. Mein kleiner Domino ist auf und davon, ohne sich
zu erkennen gegeben zu haben. Darum fort — fort in den
Saal, man wird mich vermissen , , , .
Er ging- in der Ecke aber saß Valerie wie festgebannt,
es war ihr. als seien ihre Füße aeiähmt. Das plötzliche Er-
scheinen des räthselhafren Zigeuners hatte sie erschreckt, noch
mehr sein furchtloses Auftreten dem Fischer geaenüber. das
einen hoben Grad von Muth verrietst Sie zitterte für ihn,
als jener den Dolch zückte, und wußte nicht warum, sie hätte
ihm Beifall klatschen mögen, als er die Herausforderung auf
Pistolen so gründlich zurückwics, obgleich sie sich sagen mußte,
daß er eigentlich der Beleidiger sei; sie empfand ein mehr
als gewöhnliches Interesse für den Mann, der sich ui ein
so schwer zu enthüllendes GeheuNmß barg, während er
ihr doch ein völlig Fremder war. Und was sprach er
von einem Mädchen in allegyptischer Tracht? Meinte
er sie damit oder gab es noch andere ähnliche Masken im
^De^r Kops schmerzte ihr, sie sehnte sich nach Hause. Müh-
sam erhob sie sich, um sich von den Großeltern zu verab-
schieden.
X.
In einem Seitenzimmer saß eine Gesellschaft älterer
Herren und Damen beim L'Hombre. unter ihnen Gräfin
Hellwarth. Ihr Gatte halte in einem daranstoßenden Ge-
mach Platz genommen, wo ein kleines Roulette veranstaltet
worden war. Er zog das letztere aufregendere Spiel dem
Nachdenken erfordernden, leidenschaslsloseren L'Hombre vor,
zumal bei diesem auch nur wenig zu gewinnen war. während
gerade daS hohe Spiel auf ihn einen unwiderstehlichen
Reiz ausübte. Hin und wieder betrat eine Maske daS
Zimmer und schaute dem Sviele eine Zeit lang zu oder ste
poinlirte wohl auch einige Male, um dann, von dem Klange

der wiederbcginnenden Musik gelockt, in den Ballsaal zurück-
zueilen.
Der Graf spielte mit entschiedenem Unglück; setzte er
auf Roth, so siet die Kugel fast immer auf Schwarz, hielt er
es mit einer geraden Zahl, so kam eine ungerade heran«.
Obgleich er keine allzu Hohen Einsätze riskirte, was ihm seine
Mittel nicht erlaubte», batte er doch eine für seine Vermögens-
verhälinisse bedeutende Summe verloren; aber das veranlaßte
ihn nur, mit um so größerem Elfer dieser verderblichen
Unterhaltung obzuliegen. Mit Schrecken sah er ein Goldstück
nach dem anderen verschwinden, zitternd vor Aufregung folgte
er den hüpfenden Bewegungen der kleinen Elfenbeinkugel.
von welcher Gewinn und Verlust abhing, und kreidebleich
schaute er zu, wenn die Harke des Cioupiers die verlorenen
Summen hinüberzog zu den Gold- und Banknvtenhausen,
die vor dem Bankhalter lagen. Dann schaute sich der Graf
um, als erwarte er jemand, der ihm Hilfe bringen müsse,
bis er zögernd ein neues Goldstück hervorlangte — mit dem-
selben negativen Erfolg. Er halte erst vor einigen Tagen
den Vierteljadrsbetrag von Valeriens Zinsen durch Gebrüder
Dornfelder zugesandl erhalten und jetzt besaß er fast nichts
mehr davon; wenn er das Geld nicht wieder gewann, so wußte
er nicht, woher er den Unterhalt für seine Familie nehmen
sollte.
(Fortsetzung folgt.)

Stadt-Theater.
Heidelberg, 19. März.
„Die Fledermaus", komische Operette in drei Akten.
Musik vou Johann Strauß.
Die klassische Operette, die beste unter den Operetten deutschen
Ursprungs, erschien noch kurz vor Thorschluß, vielleicht aufge-
scheucht durch die Furcht, unter der lox Heinze keine Auferstehung
mehr feiern zu könne».
Der Dirigent Waliczek brachte ihr recht viel Verständnis
 
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