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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1900 - 28. Februar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0203

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Fernsprech-Anschlnß Nr. 82

Xr. 42.

Montag, den 19. Februar

IWV.

Der Krieg in Südafrika.
Am Samstag Nachmittag lief hier folgendes Tele-
gramm ein, das wir durch V-rtheilung von Extrablättern
bekannt gaben:
Jacobsdal. General Cronje ist mit 10 000 Buren
in vollem Rückzuge auf Bloemfontein, verfolgt
von den Engländern. Die Buren nahmen am
Rietflusse einen großen Convoi.
Die nachfolgende etwas später cingetroffene telegraphische
Nachricht haben wir am Sonntag früh durch Anschlag an
die Plakattafeln publizirt:
London, 17. Februar. Roberts meldet aus
Jacobsdal vsn heute früh: Kelly Kenny erbeutete
gestern 78 Waggons Vorräthe, wovon 2 mit
Mauscrgewehren beladen waren; ferner 8 Kisten
Granaten und 10 Fässer Sprengstoffe. Die Beute
gehörte dem Lager Cronjes an, das die britische
Artillerie noch beschoß, als Kitchener vorstehende
Meldung absandte.
Ueber den Sonntag sind die obigen Nachrichten noch
durch folgende offizielle englische Mittheilungen vermehrt
worden:
London, 17. Febr. Das Kriegsamt veröffentlicht
nachfolgendes Telegramm Lord Roberts aus
Jacobsdal vom 15. ds. Mts.: Ich bin sehr befrie-
digt, bei der Ankunft hier eine bewunderungswür-
dige Hospitaleinrichtung zu finden, die von
der deutschen Ambulanz unter den Doktoren
Kaettner und Hildebrand getroffen worden ist.
Beide Herren mit Personal erweisen unseren Ver-
wundeten wie den Buren die größte Freundlichkeit.
Einige unserer Verwundeten sind seit Dezember hier,
andere gestern eingebracht. Ich habe das Hospital
besucht und bin höchst befriedigt über das, was ich
gesehen habe. Es liegen daselbst zwei Offiziere und
etwa 55 von unseren Verwundeten.
Jacobsdal (Oranjefreistaat), 17. Febr. Wie das
Reuler'sche Bureau meldet, war der Burengeneral
Cronje mit 10000 Mann gestern in vollem
Rückzuge auf Bloemfontein, verfolgt von
General Kelly-Kenny. Die Buren nahmen indessen
am Rietriocr einen großen Wagcnzug weg.
Jacobsdal, 17. Febr. Wegen Erschöpfung der
Zugochsen mußte Cronje mit den Wagen ein
Lager aufschlagen, das Kelly-Kenny heftig mit
Artillerie beschießt.
Völlig klar ist die Situation auf dem westlichen Kriegs-
schauplatz dem mit Spannung der Entwicklung der Dinge
harrenden Publikum nicht gemacht worden. Immerhin geht so-
viel daraus hervor, daß die Engländer einen ersten wesent-
lichen Erfolg errungen haben. Der Reiterführer, General
French, nots. bsns ein kleines rundes Männchen, hat mit
der Kavallerie und der berittenen Infanterie einen energischen
Vorstoß gemacht, Kimberley entsetzt und in dem dortigen
Kasino, wie die englischen Blätter melden, am Abend des
15. ds. gespeist. Tie Buren, die von ihm umgangen
wurden, sind ihm ausgewichen. Cronje mit der Haupt-
abtheilung des Burenheeres hat sich schleunigst ostwärts in
der Richtung von Bloemfontein hin zurückgezogen. Der
englische General Kelly Kenny hat ihn indessen eiugeholt
und zum Stehen gezwungen. Gelingt es Kelly Kenny, den
General Cronje so lange festzuhaltcn, bis die Hauptmasse
der Engländer heranrückt, dann dürfte der Burengeneral

in eine schwierige Situation gerathen. Man darf indessen
annehmen, daß Cronje sich der englischen Avantgarde, die
nicht stark sein kann, erwehren wird und, ehe Roberts ein-
trifft, weiter zurückgegangen sein wird. Eine Stellung hat
er sich gewiß schon lange im voraus ausgesucht, denn die
Buren waren, als der Krieg ausbrach, darauf gefaßt, sich
im eigenen Lande vertheidigen zu müssen.
Die andere Abtheilung der Buren, die bei Spytfontein
stand, hat sich nicht nach Osten zurückziehen können, son-
dern ist nach Westen ausgewichen, also weiter ins englische
Gebiet hinein. Wie es ihr ergehen wird, bleibt ab-
zuwarten. Den nach Osten zu marschirenden Engländern
kann es kein angenehmer Gedanke sein, eine starke feind-
liche Abtheilung in ihrem Rücken zu wissen, deshalb
werden sie sich erst bemühen müssen, sie in irgend einer
Weise kalt zu stellen.
Daß die Engländer die Strecke zwischen dem Modder-
fluß und Kimberley noch durchaus nicht vom Feinde ge-
säubert haben, geht aus der Meldung hervor, daß die
Buren in der Nähe von Graspan die Bahnverbindung zu
unterbrechen versucht hätten.
Ganz eigenartig nimmt sich in den englischen Sieges-
berichten die kurze Notiz aus, daß die Buren am Rietfluß
einen englischen Transportzug von 200 Wagen erbeutet
haben. Wie ist es möglich, fragt man sich ; die Engländer
sind doch am Rietfluß, an dem Jacobsdal liegt, siegreich
im Vordringen ? sie haben doch die Buren vor sich hergetrieben
und ihnen 78 Wagen abgenommen! Die Aufklärung dieser
anscheinend nicht recht zusammenstimmenden Meldung wird
vom Bureau Reuter dahin gegeben, daß es Buren von
Colesberg, also vom mittleren Kriegsschauplatz, waren, die,
ihren Kameraden im Westen zu Hilfe ziehend, diesen Fang
gemacht haben. Der Verlust von 200 Wagen wäre, wenn
er nicht rückgängig gemacht würde, eine schwere Einbuße,
da es sich um die landesüblichen mit 9 Paar Ochsen be-
spannten Fuhrwerke handelt und abgesehen von der Ein-
buße sehr nothwendiger Vorräthe 200 Wagen ein Viertel
des schweren Trains bedeuten. — Es liegt also noch Manches
in der Situation auf dem westlichen Kriegsschauplatz, was
die Erfolge der Engländer beeinträchtigt und es kann sich
möglicherweise im weiteren Verlaufe der Dinge noch eine
für die Engländer kritische Lage entwickeln. Wenn man
indessen, wie das z. B. in Paris geschieht, annimmt, die
Engländer seien in eine von den Buren absichtlich gestellte
Falle gegangen, so muß man doch ein blinder Fanatiker
der Fallentheorie sein.
Auf dem mittleren (südlichen) Kriegsschauplatz ist
in den letzten Tagen lebhaft gekämpft worden. Das Ge-
fecht am 13. ds. wird als ein sehr heftiges geschildert.
U. A. wird darüber in englischen Berichten erzählt: Eine
Streifwache der Jnniskilling-Dragoner wurde von etwa
500 Buren umzingelt. Sie bahnten sich jedoch einen Weg,
ohne einen Mann zu verlieren. Eine Kompagnie der be-
rittenen Neu-Südwales-Jnfanterie dagegen wurde nieder-
gemacht. Die Bajonette der meisten Leute weisen die
Spuren des blutigen Kampfes auf. Von fünf Offizieren
der Kolonialtruppen ist nur einer zurückgekehrt. Es wurde
die strategische Rückwärtsbewegung nach Arundel beschlossen.
Die Geschütze wurden vom Boteskopf glücklich zurück-
gebracht. Ein Maschinengeschütz wurde zerstört, damit es
nicht in die Hände des Feindes fiel. Neun verwundete
Offiziere und 45 Mann wurden in das Hauptlazareth von
Naauwport gebracht. — Am14. ds. räumten die Engländer
dann Rensburg, wo sie große Vorräthe zurückließen, und
zogen sich auf Arundel zurück. Zwei Kompagnien des
Wiltshire-Regiments verloren, als sie sich zurückzogen, den
Weg, und werden seitdem vermißt. Am 17. ds. begannen

die Buren den Vormarsch auf die englischen Stellungen
bei Molteno. Sie führten einige Geschütze mit sich und
eröffnten das Feuer auf die englischen Feldwachen. —
Damit schließen die Berichte von dort.
Was den östlichen (Transvaaler) Kriegsschauplatz
anbetrifft, so liegt folgende Meldung vor:
London, 17. Febr. Die Evening News melden aus
Lorenzo Marques: Von Seite der Buren wird berichtet,
daß Bull er wieder den Vaalkranz angreift. Ein sehr
heftiger Kampf ist im Gange. Zur Zeit halten die
Buren ihre Stellungen.

Deutsches Reich
— Was Anfangs bestritten wurde, wird nach der
Franks. Ztg. seit einigen Tagen zugegeben: Ter Kaiser
hat dem Herzog-Regenten Johann Albrecht
von Mecklenburg-Schwerin schriftlich ernste Vor-
haltungen gemacht, weil er sich von einem Korrespon-
denten des Pariser Eclair hat interviewen lassen und weil
er dabei ziemlich weitgehende politische Aeußeruugen gcthan
hat. Es wurde dann erzählt, daß dieses Schreiben in
einem sehr entschiedenen Ton gehalten gewesen sei, und
dann von anderer Seite wieder versichert, daß der Herzog
ebenso entschieden geantwortet und energisch seine Selbst-
ständigkeit gewahrt habe. Man kennt natürlich den Inhalt
dieses Briefwechsels nicht, aber es wird jetzt offenbar in-
spirirt in mehreren Blättern gleichzeitig erklärt, die An-
gelegenheit sei in befriedigender bundesfreundlicher Weise
erledigt worden. Das eine Blatt fügt sogar hinzu, es sei
das bei dem Charakter der betheiligten hohen Persönlich-
keiten nicht anders zu erwarten gewesen. Als besonders
erschwerend führt die Nationalztg. an. daß der Pariser
Eclair das Organ des Generals Mercier ist und in hohem
Grade zu Angriffen auf die Pariser Militärattaches bei-
getragen hat.
— Infolge des herrschenden Mangels an männlichen
Chemikern hat sich der Ausschuß des Vereins der
Deutschen Zucker-Industrie dafür ausgesprochen,
daß künftig Frauen für die einfacheren chemischen
Arbeiten in Zuckerfabriken insbesondere für die
Untersuchung der Zuckerrüben auf Gehalt heraugezogen
werden. Zugleich wurde gestattet, daß das Vereins-Labo-
ratorium die Ausbildung und Prüfung unternimmt uni»
dafür die entsprechenden Vorschriften erlassen.
Kiel, 16. Februar. Der Erbprinz und die Erb-
prinzessin von Meiningen sind heute Nachmittag
hier eingetroffen; Prinz Heinrich nahm sie am Bahnhof in
Empfang. Die Erbprinzessin ist bekanntlich eine Schwester
des Prinzen Heinrich.
Bade«. L.6. Karlsruhe, 18. Febr. Dem Stadtrath ging
die offizielle Mittheilung zu, daß dem Kaplan Epp,
der sich durch Vertheilung unpassender Schriften an die Schüler
und durch ungehörige Aeußeruugen im Religionsunterricht mehr-
fach gegen die Schulordnung verfehlt hat. auf Antrag des Ober»
schulrathS von der Kirchenbehörde der Religionsunterricht am
Realgymnasium entzogen worden ist. — Aehnltche Beschuldi-
gungen werden neuerdings von der Bad. Ldszlg, auch gegen den
Pfarrkuraten Isenmann vom Stadttheil Mühlburg erhoben.
Badischer Landtag. L.O. Karlsruhe, 17. Februar.
(5. Sitzung der Ersten Kammer.) Präsident Prinz
Karl gedachte vor Eintritt in die Tagesordnung des Ab-
lebens der Herzogin von Schleswig-Holstein. Minister
Dr. Eisenlohr legte dem hohen Hause einen Gesetz-
entwurf betr. die Zwangserziehung und die Be-
vormundung durch die Armenverwaltung vor.
Graf Helmstatl berichtete hieraus über das Budget des
Stalsministeriums und des Ministeriums des Großh- HauseS
und der Answ. Angel-aenheiten und beantragt, beide

Fürst Margout.

12)

Roman von Moritz Lilie.
(Fortsetzung.)


„Es werden ihr vermuthlich viele Vergnügungen ge-
boten?" fragte der junge Mann, mit der Hand über die
Stirn und durch das dichte braune Haar streichend, als
wolle er die Wolke, die sich dort zu lagern begann, weg-
Wischen.
„Daran wird es ihr sicher nicht fehlen, die Hell-
warths haben zahlreiche Bekanntschaften und werden viel
Ungeladen," bemerkte Dornselder. „Da lebte sie in meinem
Dause freilich still und eingezogen wie eine Nonne,
Und außer ihrer täglichen Spazierfahrt und hin und
Wieder einmal dem Besuch des Theaters vermochte ich ihr
wchts zu bieten, was sie hätte unterhalten und zerstreuen
Wunen."
y „Und dennoch war sie hier sehr glücklich!" fiel der junge
Monn rasch ein, „und der Gedanke, Ihr Haus verlassen zu
wussen, war ihr lange Zeit unerträglich."
Der Handelsherr warf einen raschen, prüfenden Blick
"Uf,einen Prokuristen.
„DaS habe ich auch geglaubt, und deshalb bin ich einiger-
jUotzen überrascht, daß Valerie die alten Verhältnisse, in
°ki>en sie aufgewachsen, so schnell vergessen konnte," sagte
cr mit einem unverkennbaren Anflug von Unmuth. „Sie
A,Üfte viel Anhänglichkeit an mich und mein Haus, das sie
ihre Heimath zu betrachten gewöhnt war. Auch Dir.
Lwm Jugendgespielen, ,war sie stets mit schwesterlicher
L'kde zugethan, und als Ihr beide noch Kinder wäret, nannte
ssuch das ganze Haus scherzweise kaum anders als „die
"uwesischen Zwillinge," damit andeutend, daß Ihr unzer»
^ennlich wart. Das mußte freilich in den Jahren anders
^ Erden; Dich nahm ich in unser Geschäft als Lehrling auf,
das Heranwachsende Mädchen durfte nicht mehr mit Dir
^wbaten svielcn. wie sie sonst so oft oetban. sondern mnstte

sich gewöhnen, fein sittsem und ehrlich auSzuschauen, wie es,
nach Ansicht der Leute, sich für eine Jungfrau geziemt.
Ehrlich gesagt, mir war es lieber, wenn sie wie früher
munter und unbefangen im Garten umhersprang und singend
und jubelnd durch die Zimmer stürmte ; da war doch Leben
im Hause, während es mir bei dem Stillsiben todt und un-
heimlich crlchien."
„Komteß Valerie wird nicht wieder hierher zurückkehren?"
forschte Georg. .....
„Dazu ist jetzt keine Aussicht, und ich fürchte auch, daß
man sie in der Residenz so zu fesseln wissen wird, daß sie
kein Verlangen trägt, dieselbe zu verlassen," erwiderte Dorn-
felder. „Indessen wird es sich voraussichtlich schon in den
nächsten Tagen nöthig machen, daß ein Beauftragter des Ge-
schäftes nach der Hauptstadt fährt» um eine finanzielle
Differenz mit dem Grafen Hellwarth zu ordnen, was per-
sönlich und mündlich weit besser geschehen kann, als auf
schriftlichem Wege- Zu dieser kleinen Geschäftsreise habe ich
Dich auSersehen. Georg; indessen müssen w>r erst noch einen
Brief vom Grafen abwarten, bevor wir uns entscheiden; Du
erhältst dann von mir weitere Ordre."
Er wandte sich wieder dem Schreibtische zu, für den
Prokuristen dos Zeichen, daß er entlassen sei. Letzterer trat
in das Komptmr zurück, vertheilte die Briefe an die be-
treffenden Korrespondenten und behielt nur die schwierigsten
für sich zur Beantwortung zurück.
Wiederholt setzte er die Feder an, aber er vermochte sich
nicht zu sammeln, seine Gedanken weilten ganz wo anders.
Die Blicke lenkten sich rückwärts in die Vergangenheit, in die
glückliche Kinderzeit. Sein Vater war Komptoirdiener im
Dornfelderschen Hause gewesen und hatte schon dem Vor-
gänger der gegenwärtigen Inhaber treu gedient. Dunkel
und unklar schwebte die Gestalt des Vaters vor dem geistigen
Auge des Jünglings, der noch im zartesten Kindesalter stand,
als jener das Zeitliche segnete. Sebald Dornfelder nahm sich
des verwaisten Knaben an, ließ ihm eine gute Erziehung
angedeihen und sorgte wie ein Vater für dessen leibliches
und geistiges Wohl. Später mutzte der kleine Schützling

seinen Gönner täglich einige stunden besuchen, und der Um-
gang mit dem hübschen, aufgeweckten und befähigten
Knaben gewährte ihm viel Vergnügen. Als der Kauf-
herr seine kleine Nichte Valerie in sein Haus ausge-
nommen hatte, schloß sich Georg rasch nach Kinderart an daS
Mädchen an, und bald waren sie unzertrennliche Freunde
geworden.
Aber die frohe Kmderzeit ging vorüber. Georg wurde
konfirmirt und besuchte die Handelsschule, um einige Jahre
später als Lehrling in das Dornfeldersche Geschäft einzutreten.
Um diese Zeit verließ auch Valerie die Schule, und die
lungen Leute sahen sich jetzt seltener als früher; denn der
angehende junge Kaufmann war tagsüber an das Bureau
gefesselt. Nur in den Abendstunden kamen sie noch zu-
sammen, uns während der schönen Jahreszeit lustwandelten
sie im Garten, bei ungünstigem Wetter aber saßen sie in
Gemeinschaft mit Sebald in dessen Zimmer und lasen ab-
wechselnd vor. oder machten ein gemeinschaftliches Spiel.
Es war ganz das Verhältniß zwischen Bruder und Schwester,
welches sich zwischen den beiden ausgebildet hatte, und das
war ihnen so zur Gewohnheit geworden, daß sie gar nicht an
die Aenderung desselben dachten.
Inzwischen hatte sich Georg zu einem tüchtigen, kenntniß-
reichen Kaufmann ausgcbildet, von seinen Chefs den Lehr-
brief erhalten und war bald darauf zum Prokuristen ernannt
worden, ein Zeichen des hohen Vertrauens, dessen sich der
junge Mann bei seinen Prinzipalen erfreute. Die Stellung
der jungen Leute zu einander war nach und nach doch eine
andere geworden und obwohl beide noch mit der gleichen
Freundlichkeit wie früher einander begegneten, so fühlten sie
doch, daß der harmlose, ungezwungene Verkehr sich nicht mehr
mit ihrer gegenseitigen Situation vertrage. Aus dem mun-
teren, unbefangenen Kinde Valerie war ein gnädiges Fräu-
lein, eine Komteß geworden, und auch der junge Kaufmann
durfte als Prokurist der hochangesehenen Firma Gebrüder
Dornselder Anspruch auf eine geachtete, gesellschaftliche
Stellung erheben. ^ . . , ..
(Fortsetzung folgt.)
 
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