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98.
Keiisz, de» 27. April
IWU.
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auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Mai und
Juni werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Mai
Und Juni, wenn am Schalter abgcholt, 84 Pfg., mit
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Eine Flottenerinnerrrng.
Anläßlich des Stapel laufs des jüngsten Linien-
schiffs unserer Marine, des „Kaisers Barbarossa",
^eist der Kaiser auf den Namen des mächtigen Hohen-
hausen-Kaisers hin, der mit dem Sehnen des
putschen Volkes nach Wiedervereinigung innig verbunden
Und eigenthümlich ist es, daß eins der ältesten
Schiffe der deutschen Marine den Namen „Barbarossa"
hshrt. Als im Jahre 1848 das machtvolle Streben im
putschen Volke nach nationaler Einheit und einer starken
Äotte sich geltend machte, da erhielt unter den in Eng-
end gekauften Kriegsfahrzeugen eine Raddampfkorvette
-kn stolzen Namen „Barbarossa". Dem herrlichen Beginn
her deutschen Reichskriegsmarine folgte ein schnelles, kläg-
,sches Ende. Die „Barbarossa" betheiligte sich an der
Spedition nach Helgoland und zeigte dort dem däni-
schen Blokadegeschwader die schwarz-rolh-goldene Flagge.
Allein England und die übrigen Seemächte mit Ausnahme
^ Vereinigten Staaten von Nordamerika hatten die
Deutsche Flagge nicht anerkannt. England erklärte dem
Bremer Senat, es kenne keine deutsche Flagge und werde
hbe solche unbekannte Flagge in See wie die von See-
uberschiffen betrachten. Einige Tage nach dem Er-
'cheiuen deutscher Kriegsschiffe in den Helgoländer Ge-
lhussern verkündete der dänenfreundliche Lord Palmer-
7°»: „Es haben sich Schiffe mit schwarz-roth-goldener
N
ugge vor Helgoland gezeigt; lassen sie sich noch einmal
Ven, so werde ich sie durch englische Kriegsschiffe als
Graten aufbringen lassen." Ein Schrei der Entrüstung
damals durch die deutschen Lande, allein die Be-
.ftdigung blieb ungerächt. Die Uneinigkeit im Reiche, die
A^ulänglichkeit der Mittel machten eine gedeihliche Ent-
'ckelung des begonnenen Werkes unmöglich. Im Herbst
wurden die Schiffe der Reichskriegsmarine in Bremen
Hannibal Fischer öffentlich meistbietend für
2?2 800 Thaler versteigert. So endete vorläufig der
^aum des deutschen Volkes von einer stolzen Flotte,
h^ußen übernahm die Fregatte „Gefion" und die Kor-
sh/e „Barbarossa". Letztere schied 1880 aus der
^'.ue der Kriegsschiffe. Am 28. Juli 1881 wurde sie im
.?ler Hafen in Gegenwart des späteren Kaisers Fried-
III. durch den jetzigen Staatssekretär des Reichs-
b>ar
^spre
>ueamts TirPitz mittelst eines Torpedos in die Luft
ngt.
Deutsches Reich
,7- Die Voss. Ztg. nimmt von angeblich verbürgten
Züchten Vermerk, nach denen sich auch der Kaiser
die „lox Heinze" ausgesprochen habe. Man er-
lo^' der Herrscher dem Reichskanzler Fürsten Hohen-
- de zum Geburtstage am 31. März ein Album mit
i Men von Gemälden, die in den königlichen Schlössern
z."6en, überbracht habe. Als Fürst Hohenlohe das
y blim aufschlug und ein Watteau'sches Bild mit ziemlich
a-s n Figuren betrachtete, habe er lächelnd zum Kaiser
lg n ^ sei nur gut, daß die „Isx Heinze" noch nicht
r.. ^raft sei, worauf der Herrscher ziemlich unumwunden
tz.s Mißfallen über die „thörichten" Beschlüsse der zweiten
'"lg ausgesprochen habe.
H 7- Der Kronprinz wächst körperlich sehr schnell.
reits ragt er ein Stückchen über den Kaiser empor. In
sx,und Ausdruck des Gesichts ähnelt er ungewöhnlich
Mutter. Der Kronprinz hat sich jetzt mit besonderem
e/hr dem Studium der Kriegswissenschaft ergeben, wobei
Unterricht von 4 Lehrern der Kriegsschule genießt,
kreis"" Der Reichstagsabgeordnete für den zweiten Wahl-
„j ? Elsaß-Lothringens, Bueb, legte heute sein Mandat
krrivn*' "" Die Wahlprüfungscommission des Reichstags
h "stehlt, die Wahl des Frhrn. v. Stumm-Trier zu
^standen.
hg,"- Die Budgetkommission des Reichstags
sied Aftern bei Weiterberathung der Flottenvorlage
^ Ul>t den von Müller-Fulda (Centr.) aufgestellten
beschäftigt:
K°tt,'p^°durch erklärt sich die Nothwendigkeit einer Schlacht.
»UL k Könnte die Absicht der verbündeten Regierungen nicht
Uwe-"5?urch erreicht werden, daß die bestehende Schlachtflotte
Und „-T^behaltung der jetzigen Zahl von Aufklärungskreuzern
Aw-EM Flottenflaggschiffes zunächst eine Vermehrung von acht
kftn erfahrt und später die acht Küstenkreuzer durch
2 Linienschiffe ersetzt werden?
ftsorb-.,-^ine Geschwaderstärke von acht Linienschiffen unbedingt
könnte auch die in der französischen Marine
Mi Z Aarke von sechs Linienschiffen für das Geschwader, bezw.
8 ,1"veschlachtflotte genügen?
Algteri7,Etche Gründe werden für die gesetzliche Festlegung der
dicht Valreserve geltend gemacht? Wesdalb kann für dieselben
lahrliche Festsetzung durch den Etat Vorbehalten werden?
^ Debatte trug einen im wesentlichen vertraulichen
Charakter und ist deshalb zur Wiedergabe nicht geeignet.
Im Verlauf der Verhandlung betonte Abg. Müller-Fulda,
daß die Sozialdemokraten des Auslandes bezüglich der
Marincforderungen auf einem anderen Standpunkt stehen,
wie in Deutschland. Man möge aufhören, auch bei uns
sich ausschließlich von Parteierwägungen leiten zu lassen.
Vor der Nothwendigkeit müßten andere Wünsche
zurücktreten. Bei Punkt 3 (Materialreserve) erklärte Staats-
sekretär Tirpitz, die gesetzliche Festlegung sei nothwendig.
Für Ausfälle im Gefecht müsse man vollwerthige Reserve-
schiffe fordern. Abg. Müller-Fulda findet den Umfang der
Materialreserve sehr hoch bemessen. Abg. Graf Arnim
(Reichsp.) wünscht, man solle nicht knausern. Abg. Richter
(freist Vp.) bemerkt, in der Reserve seien auch minder
kriegsbrauchbare Schiffe noch gut zu verwenden. Staats-
sekretär Tirpitz erklärt, man müsse sich über das Minimum
solcher Schiffe einigen. Ueber den Ersatz der Ausland-
schiffe entspinnt sich eine längere Debatte. Abg. Müller-
Fulda hält ihre Zahl füc genügend; dagegen wenden sich
unter Hinweis auf Haiti, Samoa und China die Abgg.
Frese (freist Ver.) und Prinz Arcnberg (Centr.). Abg.
Richter bemerkt, ein zukünftiges Programm für die neuer-
dings nothwendigen Auslandsschiffe sei unmöglich, da die
Verhältnisse und Anforderungen zu sehr wechseln. Staats-
sekretär Tirpitz bemerk!, die Verhältnisse in Ostasien weisen
auf eine Vermehrung der Schiffe hin. Abg. Müller-Fulda
wünscht, daß die Interessenten an den Auslandsschiffen zu
den Lasten herangezogen würden. Die Abgg. Frese und
Paasche betonen, daß der Handel auf die Hilfe der Kriegs-
schiffe nicht verzichten könne. Abg. v. Kardorff bemerkt,
daß er auch eine theilweise Ablehnung der Vorlage im
Hinblick auf das Ausland sehr bedauern würde. Die
Weiterberathung wurde dann auf heute vertagt.
Deutscher Reichstag. Berlin, 26. April. Der Reichs-
tag nimmt in dritter Lesung ohne Debatte das Ueberetn-
kommen zwischen dem Reich und Oesterreich-Ungarn zum
Schutz des Urheberrechts an Werken der Kunst u. s. w. an.
Es folgt die Berathung der zum Etat gehörenden N e s 0-
lutionen. Eine Resolution Remboldt verlangt die Prüfung
der Vorschriften zur Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche, insbesondere daß vor Anordnung der Sperre
die Nothwendigkeit derselben sorgfältig geprüft und jede Ver-
zögerung bei der Aufhebung der Schutzmatzregeln vermieden
werde.
Abg. Dr. Boeckel (deutsch. Refp.) beantragt, die Resolution
dahin zu ändern, daß zur Prüfung der Nothwendigkeit der
Sperre vor ihrer Anordnung Laudwirthe zugezogen werden sollen.
Abg. Dr. Pachnicke (stets. Berg.) spricht seine Zustimmung
zur Resolution selbst aus, kann sich aber mit der Begründung
derselben, wie sie Abg. Remboldt seinerzeit gegeben hat, nicht
einverstanden erklären. Das, was die Resolution sachlich ver-
langt, sei bereits erreicht.
Abg. Graf Kanitz (cons.) kann sich persönlich für eine Mil-
derung der Sperrmaßrcgeln nicht begeistern. Diese müßten
strengstens durchgeführt werden. Redner spricht gegen den Antrag.
Der Direktor im Reichsgesundheilsamt Köhler erklärst es be-
stehe die Hoffnung, daß die im Reichsgesundheitsamte angestellten
Versuche bald zum Abschluß führen würden. Das Vorgehen
gegen die Seuche könne immer nur empirisch sein. Das Ver-
langen, die Sperre von Laien abhängig zu machen, die amtlich
sich niemals mit der Seuche befaßt hätten, würde zu bedenklichen
Folgen führen. Die Hauptsache bleibe, möglichst schnell ein-
zngretfen.
Abg. Graf Klinkow ström betont, Sperrmaßregeln könnten
nicht streng genug durchgeführt werden, wenn man der Seuche
Herr werden wolle.
Nach weiterer unerheblicher Debatte wird der erste Thcil der
Entschließung Remboldt einstimmig angenommen; der zweite
Theil mit dem Antrag Boeckel abgelehnt.
Die Entschließungen betreffend Aufhebung der Zollfreiheit
der Schiffsausrüstungsgegenstände, ferner betreffend den Verkauf
von Saccharin werden von der Tagesordnung abgesetzt.
Es folgen Petitionen. Die Petition gegen unbefugte
Nachbildung von Photographien wird zur Erwägung überwiesen,
die Petition betreffend den Waarenhaudel in Togo wird zur
Kenntnißnahme überwiesen. Eine Reihe von Petitionen werden
durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Bei der Petition betreffend die Einführung einer Maximal-
arbeitszeit in der Textilindustrie beantragt die Commission
Ueberweisung zur Kenntnißnahme.
Nach unerheblicher Debatte wird der Commissionsantrag an-
genommen; hierauf vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung
morgen 1 Uhr.
Baden. In der Straßburger Post erklärt Pfarrer
Hans ja kob, er sei vor 20 Jahren einer der ent-
schiedensten politischen Gegner Wacker's gewesen, aber
schon 1888 als Kronzeuge für ihn ausgetreten.^ Die Ver-
weigerung der Ordensniederlassungen habe ihn in das
Lager Wacker's getrieben. Das System Wacker habe die
Zulassung der Missionen seither erkämpft. Man gewähre
nun noch die Ordensniederlassungen, und dann sei er,
HanSjakob, der erste, der das Kriegslager des Pfarrers
von Zähringen verläßt, falls derselbe noch weiter Krieg
führen wollte.
L.N. Frei bürg, 26. April. Gutem Vernehmen nach
ist das Befinden des Herrn Landeskommissärs Dr. Rein-
hard nicht unbedenklich. Letzte Woche war er
wegen der Kreisversammlung in Offenburg und fühlte sich
unwohl. Auf der Rückreise erlitt er im Zuge eine Art
Schlaganfall, der ihm eine Zeit lang die Besinnung raubte.
Der Arzt hat ihm jede Aufregung untersagt.
— Die Reichstagsersatzwahl im 7. bad. Wahl-
kreis ist auf Dienstag den 8. Mai vorverlegt worden, da
auf den 10. Mai, den ursprünglich angesetzten Termin,
eine größere Anzahl von Reservisten des Wahlbezirkes zu
einer militärischen Uebung einberufen worden sind.
ff Mannheim, 26. April. In seiner gestern ab-
gehaltenen Versammlung beschäftigte sich der hiesige Männer-
verein „Centrum" mit der Isx Heinze. Es wurde
einstimmig eine Resolution für die lax Heinze angenommen.
In dieser Resolution wird ausgeführt: „Es wäre ein ver-
hängriißvoller Mißgriff, wenn diejenigen Stellen, die für
das Zustandekommen eines unter der Entwickelung des
modernen Lebens und Verkehrs als nothwendig erkannten
Sittlichkeitsgesetzes verantwortlich sind, von den theils
tendenziösen (!!), theils unlauteren (!) Bestre-
bungen einzelner Kreise zurückweichen würden." Sodann
wird in der Resolution der Centrumsfraktion des Reichs-
tages und vor Allem dem Abgeordneten Roeren der innigste
pflichtschuldige Dank ausgesprochen. Die Angriffe und
Verdächtigungen der Gegner, die sich, so heißt es in der
Resolution weiter, vergebens bemühen, die Bedeutung der
christlichen Kunst eines Jahrtausends für das Kulturleben
der Menschheit herabzusetzen, reichen nicht heran an den
sittlichen Ernst, mit dem der Sprecher des Centrums die
Grundlagen dieser Kunstanschauung vertheidigt hat. (Was
man von der lax Heinze und vom Centrum zu halten hat,
das wissen unsere Leser. Red.)
Badischer Landtag. L. 6. Karlsruhe, 26. April.
(63. Sitzung der Zweiten Kammer.) Die allgemeine
Berathung des Etats der Mittelschulen wird fortge-
setzt.
Abg. Dr. Wilckens (nat.-lib.) bekennt sich als Freund der
humanistischen Bildung, steht aber auch der realistischen Vorbildung,
die er zwar nicht für gleichartig, aber im wesentlichen für gleich,
werthig hält, sympathisch gegenüber und bedauert daher, daß die
Entwicklung unserer Realanstalten unter dem Mangel der diesen
Schulen in Preußen gewährten Berechtigungen Noth zu leiden
beginnt. Ungünstig sei für fragliche Schulen auch der häufige
Wechsel der nicht etatmäßigen Lehrer, insbesondere der Prakti-
kanten, während des Schuljahrs, in welcher Richtung Redner
nähere Mittheilungen macht. Die wirksamste Abhilfe in diesen
Dingen erblickt er in einer allmählichen Vermehrung der Zahl
der etatmäßigen Stellen. Daß in dieser Hinsicht die Städte zu-
rückhaltend seien, sei nicht zutreffend. Dieselben hätten das leb.
Hasteste Interesse an der Blüthe der Realanstalten, sowie daran,
daß das alte Vorurtheil zerstört werde, als ob der Unterricht au
diesen Schulen kein vollwertiger sei. Sie bethätigtcn aber auch
dieses Interesse bei jeder Gelegenheit, was auch von den Lehrern
an diesen Schulen anerkannt werden müsse. Es seien diese
Lehrer allerdings Staatsbeamte, die Anstalten selber aber im
wesentlichen Gemeindeanstalteu, indem die Gemeinde nicht nur
die Schullokalitäten stelle, sondern auch den sachlichen Aufwand,
sowie einen großen Theil des personellen Aufwands trage. An-
gesichts dieser Leistungen müsse die Gemeinde auch Einfluß auf
die Beaufsichtigung der Schule und auf die Besetzung der Lehr-
stellen an der Anstalt haben. Dieser Einfluß werde aber nach
durchaus sachlichen Grundsätzen ausgcübt, wie auch der Herr
Oberschulrathsdirektor auerkannt habe. Eine Stelle könne eben
immer nur auch ein Bewerber erhalten. Jeder, der sich unter
den Bewerbern befunden habe und leer ausgehs, sei dann gar
leicht geneigt, zu glauben, es sei bei der Besetzung nicht korrekt
Verfahren worden. Jedenfalls hätten die Städte nur das Be-
streben. die tüchtigsten Bewerber an ihre Anstalten zu bringen.
Daß die Prüfungsbescheide den Aufsichtsräthen der Anstalten
mitgetheilt werden müßten, sei selbstverständlich. Diese Aussichts-
rälhe hätten aber auch die Pflicht zur diskreten Behandlung der
Bescheide. In dem gestern erwähnten Spezialfall, in dem anders
verfahren worden sein solle, hätten offenbar ganz besondere Ver-
hältnisse Vorgelegen. Die Auszahlung der Gehalte an die Pro-
fessoren aus der Gemeindekasse begegne in den Städten der
Städteordnung keinen Schwierigkeiten. Wollte die Großh.
Regierung in den kleineren Städten das Verfahren in dieser
Richtung ändern, so habe er nichts dagegen zu erinnern, obwohl
er nicht recht verstehe, warum es den Lehrern überhaupt peinlich
sei, aus der Gemeindekasse den Gehalt zu beziehen. Redner be-
fürwortet weiter eine Aufbesserung des Wohnungsgcldes der
Neallehrer und schließt sich bezüglich der Petition derselben den
Anträgen der Budgetkommission an. Ferner empfiehlt er staatliche
Anerkennung und Tubveimonirung der Lehrerinnen-Semtnare
in Heidelberg und Freiburg und ausgiebigere staatliche Fürsorge
für das höhere Mädchcnschulwesen, sowie die Aufnahme einer
Professorenstelle an der Heidelberger Oberrealschule in den Bud-
get-Nachtrag.
Abg. Dr. Heimburger glaubt, daß man über das Reform-
gymnasium noch kein sicheres Urtheil fällen kann; doch scheine
ihm die Erreichung des gesteckten Zieles theoretisch wohl möglich
zu sein; wenigstens haben bis jetzt die unteren Klassen gute
Resultate erzielt. Mit dem Vorschlag Weygoldt's, Lehramts-
assessoren einzuführen, sei er nicht einverstanden. Dem Miß-
verhältniß könne nur durch Errichtung weiterer etatmäßiger
Stellen abgeholfen werden. Er wundere sich, warum der Finanz-
minister das Gehalt der Lehrer nicht aus der Staatskasse zahlen
lassen will. Den durch Ueverfüllung der Schulen entstehenden
Nachtheilen für die Lehrer könne leicht durch -ine Herabsetzung
der Mintmalarbeitszeit abgeholfen werden. Zu tadeln sei, daß
viele Beiräthe ihre Befugnisse überschreiten, indem sie den
Lehrern Verweise ertheilen, was doch nur den direkten Vor-
gesetzten zustehe. Die Berichie über die Lehrthätigkeit sollten
auch den Lehrern unterbreitet werden. Die Flottenvereine sollten
an den Schulen untersagt werden, da durch die Flottenpropaganda
Lehrer, die anderer Ansicht sind, bet ihren Schülern leicht in den
Verdacht der Reichsfeindschaft kommen. Die bevorstehende
Aenderung der Prüfungsordnung begrüße er lebhaft. Die
Aeußerungen des Aög. Fendrtch über unser Lehrpersonal könne
er nicht unwidersprochen lassen. Es sei zwar nicht zu leugnen,
daß einzelne Mathematiklehrer zur Lehrthätigkeit wenig veranlagt
sind, aber man darf doch dies nicht allgemein behaupten; auch
könne man nicht sagen, daß das Benehme» der Lehrer den
Schülern gegenüber zu wünschen übrig lasse. Mit feiner Ironie
und beißendem Sarkasmus fertigte sodann der Redner den
Abg. Dieterle ab. Die Mittel, welche Dieterle zur sittlichen
Hebung der Schüler vorgeschlagen habe, könne er durchaus nicht
billigen. Die confessionclle Stellung des Lehrers sei doch nicht
matzgebend, wenn die Schüler mit Verehrung zu ihm aufblicken
sollen; hier komme lediglich die Charakterfestigkeit in Frage. Daß
die Lehrer nur um des guten Beispiels wegen in die Kirche
gehen sollen, sei ein sonderbares Verlangen. Er kenne Lehrer,
zu denen die Schüler mit größter Verehrung ausvlicken, trotzdem
sie in kirchlicher Hinsicht auf einem sehr freien Standpunkt stehen.
Religiöse Vereine, wie die Martanische Congregation, gehören
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Eine Flottenerinnerrrng.
Anläßlich des Stapel laufs des jüngsten Linien-
schiffs unserer Marine, des „Kaisers Barbarossa",
^eist der Kaiser auf den Namen des mächtigen Hohen-
hausen-Kaisers hin, der mit dem Sehnen des
putschen Volkes nach Wiedervereinigung innig verbunden
Und eigenthümlich ist es, daß eins der ältesten
Schiffe der deutschen Marine den Namen „Barbarossa"
hshrt. Als im Jahre 1848 das machtvolle Streben im
putschen Volke nach nationaler Einheit und einer starken
Äotte sich geltend machte, da erhielt unter den in Eng-
end gekauften Kriegsfahrzeugen eine Raddampfkorvette
-kn stolzen Namen „Barbarossa". Dem herrlichen Beginn
her deutschen Reichskriegsmarine folgte ein schnelles, kläg-
,sches Ende. Die „Barbarossa" betheiligte sich an der
Spedition nach Helgoland und zeigte dort dem däni-
schen Blokadegeschwader die schwarz-rolh-goldene Flagge.
Allein England und die übrigen Seemächte mit Ausnahme
^ Vereinigten Staaten von Nordamerika hatten die
Deutsche Flagge nicht anerkannt. England erklärte dem
Bremer Senat, es kenne keine deutsche Flagge und werde
hbe solche unbekannte Flagge in See wie die von See-
uberschiffen betrachten. Einige Tage nach dem Er-
'cheiuen deutscher Kriegsschiffe in den Helgoländer Ge-
lhussern verkündete der dänenfreundliche Lord Palmer-
7°»: „Es haben sich Schiffe mit schwarz-roth-goldener
N
ugge vor Helgoland gezeigt; lassen sie sich noch einmal
Ven, so werde ich sie durch englische Kriegsschiffe als
Graten aufbringen lassen." Ein Schrei der Entrüstung
damals durch die deutschen Lande, allein die Be-
.ftdigung blieb ungerächt. Die Uneinigkeit im Reiche, die
A^ulänglichkeit der Mittel machten eine gedeihliche Ent-
'ckelung des begonnenen Werkes unmöglich. Im Herbst
wurden die Schiffe der Reichskriegsmarine in Bremen
Hannibal Fischer öffentlich meistbietend für
2?2 800 Thaler versteigert. So endete vorläufig der
^aum des deutschen Volkes von einer stolzen Flotte,
h^ußen übernahm die Fregatte „Gefion" und die Kor-
sh/e „Barbarossa". Letztere schied 1880 aus der
^'.ue der Kriegsschiffe. Am 28. Juli 1881 wurde sie im
.?ler Hafen in Gegenwart des späteren Kaisers Fried-
III. durch den jetzigen Staatssekretär des Reichs-
b>ar
^spre
>ueamts TirPitz mittelst eines Torpedos in die Luft
ngt.
Deutsches Reich
,7- Die Voss. Ztg. nimmt von angeblich verbürgten
Züchten Vermerk, nach denen sich auch der Kaiser
die „lox Heinze" ausgesprochen habe. Man er-
lo^' der Herrscher dem Reichskanzler Fürsten Hohen-
- de zum Geburtstage am 31. März ein Album mit
i Men von Gemälden, die in den königlichen Schlössern
z."6en, überbracht habe. Als Fürst Hohenlohe das
y blim aufschlug und ein Watteau'sches Bild mit ziemlich
a-s n Figuren betrachtete, habe er lächelnd zum Kaiser
lg n ^ sei nur gut, daß die „Isx Heinze" noch nicht
r.. ^raft sei, worauf der Herrscher ziemlich unumwunden
tz.s Mißfallen über die „thörichten" Beschlüsse der zweiten
'"lg ausgesprochen habe.
H 7- Der Kronprinz wächst körperlich sehr schnell.
reits ragt er ein Stückchen über den Kaiser empor. In
sx,und Ausdruck des Gesichts ähnelt er ungewöhnlich
Mutter. Der Kronprinz hat sich jetzt mit besonderem
e/hr dem Studium der Kriegswissenschaft ergeben, wobei
Unterricht von 4 Lehrern der Kriegsschule genießt,
kreis"" Der Reichstagsabgeordnete für den zweiten Wahl-
„j ? Elsaß-Lothringens, Bueb, legte heute sein Mandat
krrivn*' "" Die Wahlprüfungscommission des Reichstags
h "stehlt, die Wahl des Frhrn. v. Stumm-Trier zu
^standen.
hg,"- Die Budgetkommission des Reichstags
sied Aftern bei Weiterberathung der Flottenvorlage
^ Ul>t den von Müller-Fulda (Centr.) aufgestellten
beschäftigt:
K°tt,'p^°durch erklärt sich die Nothwendigkeit einer Schlacht.
»UL k Könnte die Absicht der verbündeten Regierungen nicht
Uwe-"5?urch erreicht werden, daß die bestehende Schlachtflotte
Und „-T^behaltung der jetzigen Zahl von Aufklärungskreuzern
Aw-EM Flottenflaggschiffes zunächst eine Vermehrung von acht
kftn erfahrt und später die acht Küstenkreuzer durch
2 Linienschiffe ersetzt werden?
ftsorb-.,-^ine Geschwaderstärke von acht Linienschiffen unbedingt
könnte auch die in der französischen Marine
Mi Z Aarke von sechs Linienschiffen für das Geschwader, bezw.
8 ,1"veschlachtflotte genügen?
Algteri7,Etche Gründe werden für die gesetzliche Festlegung der
dicht Valreserve geltend gemacht? Wesdalb kann für dieselben
lahrliche Festsetzung durch den Etat Vorbehalten werden?
^ Debatte trug einen im wesentlichen vertraulichen
Charakter und ist deshalb zur Wiedergabe nicht geeignet.
Im Verlauf der Verhandlung betonte Abg. Müller-Fulda,
daß die Sozialdemokraten des Auslandes bezüglich der
Marincforderungen auf einem anderen Standpunkt stehen,
wie in Deutschland. Man möge aufhören, auch bei uns
sich ausschließlich von Parteierwägungen leiten zu lassen.
Vor der Nothwendigkeit müßten andere Wünsche
zurücktreten. Bei Punkt 3 (Materialreserve) erklärte Staats-
sekretär Tirpitz, die gesetzliche Festlegung sei nothwendig.
Für Ausfälle im Gefecht müsse man vollwerthige Reserve-
schiffe fordern. Abg. Müller-Fulda findet den Umfang der
Materialreserve sehr hoch bemessen. Abg. Graf Arnim
(Reichsp.) wünscht, man solle nicht knausern. Abg. Richter
(freist Vp.) bemerkt, in der Reserve seien auch minder
kriegsbrauchbare Schiffe noch gut zu verwenden. Staats-
sekretär Tirpitz erklärt, man müsse sich über das Minimum
solcher Schiffe einigen. Ueber den Ersatz der Ausland-
schiffe entspinnt sich eine längere Debatte. Abg. Müller-
Fulda hält ihre Zahl füc genügend; dagegen wenden sich
unter Hinweis auf Haiti, Samoa und China die Abgg.
Frese (freist Ver.) und Prinz Arcnberg (Centr.). Abg.
Richter bemerkt, ein zukünftiges Programm für die neuer-
dings nothwendigen Auslandsschiffe sei unmöglich, da die
Verhältnisse und Anforderungen zu sehr wechseln. Staats-
sekretär Tirpitz bemerk!, die Verhältnisse in Ostasien weisen
auf eine Vermehrung der Schiffe hin. Abg. Müller-Fulda
wünscht, daß die Interessenten an den Auslandsschiffen zu
den Lasten herangezogen würden. Die Abgg. Frese und
Paasche betonen, daß der Handel auf die Hilfe der Kriegs-
schiffe nicht verzichten könne. Abg. v. Kardorff bemerkt,
daß er auch eine theilweise Ablehnung der Vorlage im
Hinblick auf das Ausland sehr bedauern würde. Die
Weiterberathung wurde dann auf heute vertagt.
Deutscher Reichstag. Berlin, 26. April. Der Reichs-
tag nimmt in dritter Lesung ohne Debatte das Ueberetn-
kommen zwischen dem Reich und Oesterreich-Ungarn zum
Schutz des Urheberrechts an Werken der Kunst u. s. w. an.
Es folgt die Berathung der zum Etat gehörenden N e s 0-
lutionen. Eine Resolution Remboldt verlangt die Prüfung
der Vorschriften zur Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche, insbesondere daß vor Anordnung der Sperre
die Nothwendigkeit derselben sorgfältig geprüft und jede Ver-
zögerung bei der Aufhebung der Schutzmatzregeln vermieden
werde.
Abg. Dr. Boeckel (deutsch. Refp.) beantragt, die Resolution
dahin zu ändern, daß zur Prüfung der Nothwendigkeit der
Sperre vor ihrer Anordnung Laudwirthe zugezogen werden sollen.
Abg. Dr. Pachnicke (stets. Berg.) spricht seine Zustimmung
zur Resolution selbst aus, kann sich aber mit der Begründung
derselben, wie sie Abg. Remboldt seinerzeit gegeben hat, nicht
einverstanden erklären. Das, was die Resolution sachlich ver-
langt, sei bereits erreicht.
Abg. Graf Kanitz (cons.) kann sich persönlich für eine Mil-
derung der Sperrmaßrcgeln nicht begeistern. Diese müßten
strengstens durchgeführt werden. Redner spricht gegen den Antrag.
Der Direktor im Reichsgesundheilsamt Köhler erklärst es be-
stehe die Hoffnung, daß die im Reichsgesundheitsamte angestellten
Versuche bald zum Abschluß führen würden. Das Vorgehen
gegen die Seuche könne immer nur empirisch sein. Das Ver-
langen, die Sperre von Laien abhängig zu machen, die amtlich
sich niemals mit der Seuche befaßt hätten, würde zu bedenklichen
Folgen führen. Die Hauptsache bleibe, möglichst schnell ein-
zngretfen.
Abg. Graf Klinkow ström betont, Sperrmaßregeln könnten
nicht streng genug durchgeführt werden, wenn man der Seuche
Herr werden wolle.
Nach weiterer unerheblicher Debatte wird der erste Thcil der
Entschließung Remboldt einstimmig angenommen; der zweite
Theil mit dem Antrag Boeckel abgelehnt.
Die Entschließungen betreffend Aufhebung der Zollfreiheit
der Schiffsausrüstungsgegenstände, ferner betreffend den Verkauf
von Saccharin werden von der Tagesordnung abgesetzt.
Es folgen Petitionen. Die Petition gegen unbefugte
Nachbildung von Photographien wird zur Erwägung überwiesen,
die Petition betreffend den Waarenhaudel in Togo wird zur
Kenntnißnahme überwiesen. Eine Reihe von Petitionen werden
durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Bei der Petition betreffend die Einführung einer Maximal-
arbeitszeit in der Textilindustrie beantragt die Commission
Ueberweisung zur Kenntnißnahme.
Nach unerheblicher Debatte wird der Commissionsantrag an-
genommen; hierauf vertagt sich das Haus. Nächste Sitzung
morgen 1 Uhr.
Baden. In der Straßburger Post erklärt Pfarrer
Hans ja kob, er sei vor 20 Jahren einer der ent-
schiedensten politischen Gegner Wacker's gewesen, aber
schon 1888 als Kronzeuge für ihn ausgetreten.^ Die Ver-
weigerung der Ordensniederlassungen habe ihn in das
Lager Wacker's getrieben. Das System Wacker habe die
Zulassung der Missionen seither erkämpft. Man gewähre
nun noch die Ordensniederlassungen, und dann sei er,
HanSjakob, der erste, der das Kriegslager des Pfarrers
von Zähringen verläßt, falls derselbe noch weiter Krieg
führen wollte.
L.N. Frei bürg, 26. April. Gutem Vernehmen nach
ist das Befinden des Herrn Landeskommissärs Dr. Rein-
hard nicht unbedenklich. Letzte Woche war er
wegen der Kreisversammlung in Offenburg und fühlte sich
unwohl. Auf der Rückreise erlitt er im Zuge eine Art
Schlaganfall, der ihm eine Zeit lang die Besinnung raubte.
Der Arzt hat ihm jede Aufregung untersagt.
— Die Reichstagsersatzwahl im 7. bad. Wahl-
kreis ist auf Dienstag den 8. Mai vorverlegt worden, da
auf den 10. Mai, den ursprünglich angesetzten Termin,
eine größere Anzahl von Reservisten des Wahlbezirkes zu
einer militärischen Uebung einberufen worden sind.
ff Mannheim, 26. April. In seiner gestern ab-
gehaltenen Versammlung beschäftigte sich der hiesige Männer-
verein „Centrum" mit der Isx Heinze. Es wurde
einstimmig eine Resolution für die lax Heinze angenommen.
In dieser Resolution wird ausgeführt: „Es wäre ein ver-
hängriißvoller Mißgriff, wenn diejenigen Stellen, die für
das Zustandekommen eines unter der Entwickelung des
modernen Lebens und Verkehrs als nothwendig erkannten
Sittlichkeitsgesetzes verantwortlich sind, von den theils
tendenziösen (!!), theils unlauteren (!) Bestre-
bungen einzelner Kreise zurückweichen würden." Sodann
wird in der Resolution der Centrumsfraktion des Reichs-
tages und vor Allem dem Abgeordneten Roeren der innigste
pflichtschuldige Dank ausgesprochen. Die Angriffe und
Verdächtigungen der Gegner, die sich, so heißt es in der
Resolution weiter, vergebens bemühen, die Bedeutung der
christlichen Kunst eines Jahrtausends für das Kulturleben
der Menschheit herabzusetzen, reichen nicht heran an den
sittlichen Ernst, mit dem der Sprecher des Centrums die
Grundlagen dieser Kunstanschauung vertheidigt hat. (Was
man von der lax Heinze und vom Centrum zu halten hat,
das wissen unsere Leser. Red.)
Badischer Landtag. L. 6. Karlsruhe, 26. April.
(63. Sitzung der Zweiten Kammer.) Die allgemeine
Berathung des Etats der Mittelschulen wird fortge-
setzt.
Abg. Dr. Wilckens (nat.-lib.) bekennt sich als Freund der
humanistischen Bildung, steht aber auch der realistischen Vorbildung,
die er zwar nicht für gleichartig, aber im wesentlichen für gleich,
werthig hält, sympathisch gegenüber und bedauert daher, daß die
Entwicklung unserer Realanstalten unter dem Mangel der diesen
Schulen in Preußen gewährten Berechtigungen Noth zu leiden
beginnt. Ungünstig sei für fragliche Schulen auch der häufige
Wechsel der nicht etatmäßigen Lehrer, insbesondere der Prakti-
kanten, während des Schuljahrs, in welcher Richtung Redner
nähere Mittheilungen macht. Die wirksamste Abhilfe in diesen
Dingen erblickt er in einer allmählichen Vermehrung der Zahl
der etatmäßigen Stellen. Daß in dieser Hinsicht die Städte zu-
rückhaltend seien, sei nicht zutreffend. Dieselben hätten das leb.
Hasteste Interesse an der Blüthe der Realanstalten, sowie daran,
daß das alte Vorurtheil zerstört werde, als ob der Unterricht au
diesen Schulen kein vollwertiger sei. Sie bethätigtcn aber auch
dieses Interesse bei jeder Gelegenheit, was auch von den Lehrern
an diesen Schulen anerkannt werden müsse. Es seien diese
Lehrer allerdings Staatsbeamte, die Anstalten selber aber im
wesentlichen Gemeindeanstalteu, indem die Gemeinde nicht nur
die Schullokalitäten stelle, sondern auch den sachlichen Aufwand,
sowie einen großen Theil des personellen Aufwands trage. An-
gesichts dieser Leistungen müsse die Gemeinde auch Einfluß auf
die Beaufsichtigung der Schule und auf die Besetzung der Lehr-
stellen an der Anstalt haben. Dieser Einfluß werde aber nach
durchaus sachlichen Grundsätzen ausgcübt, wie auch der Herr
Oberschulrathsdirektor auerkannt habe. Eine Stelle könne eben
immer nur auch ein Bewerber erhalten. Jeder, der sich unter
den Bewerbern befunden habe und leer ausgehs, sei dann gar
leicht geneigt, zu glauben, es sei bei der Besetzung nicht korrekt
Verfahren worden. Jedenfalls hätten die Städte nur das Be-
streben. die tüchtigsten Bewerber an ihre Anstalten zu bringen.
Daß die Prüfungsbescheide den Aufsichtsräthen der Anstalten
mitgetheilt werden müßten, sei selbstverständlich. Diese Aussichts-
rälhe hätten aber auch die Pflicht zur diskreten Behandlung der
Bescheide. In dem gestern erwähnten Spezialfall, in dem anders
verfahren worden sein solle, hätten offenbar ganz besondere Ver-
hältnisse Vorgelegen. Die Auszahlung der Gehalte an die Pro-
fessoren aus der Gemeindekasse begegne in den Städten der
Städteordnung keinen Schwierigkeiten. Wollte die Großh.
Regierung in den kleineren Städten das Verfahren in dieser
Richtung ändern, so habe er nichts dagegen zu erinnern, obwohl
er nicht recht verstehe, warum es den Lehrern überhaupt peinlich
sei, aus der Gemeindekasse den Gehalt zu beziehen. Redner be-
fürwortet weiter eine Aufbesserung des Wohnungsgcldes der
Neallehrer und schließt sich bezüglich der Petition derselben den
Anträgen der Budgetkommission an. Ferner empfiehlt er staatliche
Anerkennung und Tubveimonirung der Lehrerinnen-Semtnare
in Heidelberg und Freiburg und ausgiebigere staatliche Fürsorge
für das höhere Mädchcnschulwesen, sowie die Aufnahme einer
Professorenstelle an der Heidelberger Oberrealschule in den Bud-
get-Nachtrag.
Abg. Dr. Heimburger glaubt, daß man über das Reform-
gymnasium noch kein sicheres Urtheil fällen kann; doch scheine
ihm die Erreichung des gesteckten Zieles theoretisch wohl möglich
zu sein; wenigstens haben bis jetzt die unteren Klassen gute
Resultate erzielt. Mit dem Vorschlag Weygoldt's, Lehramts-
assessoren einzuführen, sei er nicht einverstanden. Dem Miß-
verhältniß könne nur durch Errichtung weiterer etatmäßiger
Stellen abgeholfen werden. Er wundere sich, warum der Finanz-
minister das Gehalt der Lehrer nicht aus der Staatskasse zahlen
lassen will. Den durch Ueverfüllung der Schulen entstehenden
Nachtheilen für die Lehrer könne leicht durch -ine Herabsetzung
der Mintmalarbeitszeit abgeholfen werden. Zu tadeln sei, daß
viele Beiräthe ihre Befugnisse überschreiten, indem sie den
Lehrern Verweise ertheilen, was doch nur den direkten Vor-
gesetzten zustehe. Die Berichie über die Lehrthätigkeit sollten
auch den Lehrern unterbreitet werden. Die Flottenvereine sollten
an den Schulen untersagt werden, da durch die Flottenpropaganda
Lehrer, die anderer Ansicht sind, bet ihren Schülern leicht in den
Verdacht der Reichsfeindschaft kommen. Die bevorstehende
Aenderung der Prüfungsordnung begrüße er lebhaft. Die
Aeußerungen des Aög. Fendrtch über unser Lehrpersonal könne
er nicht unwidersprochen lassen. Es sei zwar nicht zu leugnen,
daß einzelne Mathematiklehrer zur Lehrthätigkeit wenig veranlagt
sind, aber man darf doch dies nicht allgemein behaupten; auch
könne man nicht sagen, daß das Benehme» der Lehrer den
Schülern gegenüber zu wünschen übrig lasse. Mit feiner Ironie
und beißendem Sarkasmus fertigte sodann der Redner den
Abg. Dieterle ab. Die Mittel, welche Dieterle zur sittlichen
Hebung der Schüler vorgeschlagen habe, könne er durchaus nicht
billigen. Die confessionclle Stellung des Lehrers sei doch nicht
matzgebend, wenn die Schüler mit Verehrung zu ihm aufblicken
sollen; hier komme lediglich die Charakterfestigkeit in Frage. Daß
die Lehrer nur um des guten Beispiels wegen in die Kirche
gehen sollen, sei ein sonderbares Verlangen. Er kenne Lehrer,
zu denen die Schüler mit größter Verehrung ausvlicken, trotzdem
sie in kirchlicher Hinsicht auf einem sehr freien Standpunkt stehen.
Religiöse Vereine, wie die Martanische Congregation, gehören