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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0119

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^ Erscheint tätlich.
sonntags ausgenommen.

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Mit Familienblättern
monatlich 50 Ps.
Ml in's Haus gebracht,
urch die Post bezogen
., vierteljährl. 1.25 Mk.
"^icyließlich Zustellgebühr.
^rnsprech.Anschluß Nr. 82.


Jnsi-rtionsgcbühr
15 Pf. für die Ispaltige
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Für hiesige Geschäfts- und
Privatauzeigui bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Amchlag
der Inserate auf den Plakat-
tafelu der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82


Mistrz, den 2S. Isnusr

I90V.

Bestellungen
^ die Heidelberger Zeitung für die Monate Februar und
T'k'irz werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Aenlen, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Spedition, Untere Neckarstrabe 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Februar
nd März, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfennig, mit
EMellgebühr Mk. 1.14._
Der Krieg in Südafrika.
In England sind jetzt die schriftlichen Berichte der
fischen Generäle — von White über die Schlachten bei
^lencoe, Elandslaagte und Rietfontein, von General
ssmhuen über die Kämpfe bei Bclmont, Graspan und
Modder-River und von General Buller über die Schlacht bei
olenso eingetroffen. White theilte mit, am 10. Okt. habe
or Gouverneur von Natal ihm erklärt, daß eine Räumung
°vn Glencoe sehr ernste politische Folgen haben würde,
,?°ab ex nun das kleinere von zwei Uebeln zu wählen
entschlossen habe, das militärische Wagniß, Dundee
A halten, auf sich zu nehmen. Die verfehlte Absicht der
Isländer, sich im Norden von Natal zu halten, die zur
Zuschließung der besten englischen Truppen in Ladysmith
hat, ist also ein Ergebniß politischer nicht mili-
^rffcher Erwägungen gewesen. Eine Depesche des Generals
Zuller vom 17. Dezember meldet, daß er, als er von
jU Verlusten der zwei Battericen unter dem Kommando

.- 2 Obersten Long gehört hatte, der Meinung gewesen
daß dasf-iv- ^chi^et^t
.^uiöglich sei, den Uebergang über den Tugela ohne

j,/ daß sichs Feldgeschütze dasselbe Schicksal gehabt
mn. habe sich sofort dahin entschieden, daß es

hab^ ^ erzwingen. Er glaube, er würde Erfolg gehabt
„ °kii, wenn die Geschütze nicht verloreu ge-
äugen wären. Er habe Long persönlich angewiesen,
h?, den Schiffsgeschützen zu bleiben. Dieser sei jedoch
jU die Linie der Infanterie und Schiffsgeschütze
tzj gegangen. Er empfiehlt in der Depesche, das
^ Ooriakrcuz für Tapferkeit drei Offizieren und einem
h, ^°ral zu verleihen, die den Versuch gemacht hätten,
^schütz? zu retten. In einer Depesche vom 28. De-
H^uer über die Aktion bei Soutpansdrift sagt Buller:
^ setzle voraus, daß unsere Offiziere den
d/NH dxs Kundschafterdienstes vielleicht
-ü^eifen würden. Bisher aber scheinen sie trotz
k Rathschläge blindlings auf den Feind los zu gehen,
kß Der Rückzug Warrens vom Spionskop gibt den
Üblichen Blättern Stoff zu sehr ernsten Betrachtungen
^ die Aussichten des Krieges, doch hatten sie da über den
tzj^ug selbst noch immer keine näheren Nachrichten. Die
ermahnt die Regierung, sie solle sich auf das
hjst/'uimstc vorbcreiten; selbst wenn aber Buller das Land
tvx», kh vom Tugela werde aufgeben müssen und selbst
i» b ^dysmith fallen müsse, sollte man die Buren nicht
Glauben lassen, daß die Engländer mehr erlitten
>>ür . "is eine Schlappe, eine schwere Schlappe, aber doch
l>er ^we zeitweilige. Die Regierung solle den Rest
^ Einberufen, so schnell wie möglich die Mobili-
der achicn Division beschleunigen und sofort die
dgH ^Kavalleriebrigade abschicken, welche vor 14 Tagen
Kapstadt hätte abgehen sollen,
bejh N der Daily News verlautet, die Regierung werde
>»j,. Parlament sofort nach dem Zusammentritt die Be-
kys. ^öung vgn 400 Millionen Mark Kriegs-
" beantragen. Zunächst hat die englische Regierung
' ^fthl ertheilt, wodurch zwei weitere Miliz-

bataillone und eine Abtheilung Milizartillerie
eiuberufen werden.
Ueber die strategische Bedeutung des Spionskop und
des vergeblichen englischen Angriffs auf denselben ist man
sich noch immer nicht ganz klar. Wie der Daily Chronicle
berichtet, ist der Spionskop 4800 Fuß hoch und der
Gipfel liegt ungefähr 6'/, Klm. nördlich von Trichards
Drift (oder Wagon Drift), wo Warren über den Tugela
gegangen war. Der Spionskop erhebt sich am östlichen
Rande eines Plateaus, das 8—10 Klm. lang und ungefähr
5 Klm. breit ist und dessen westlicher Rand die Linie von
Wagon Drift nach Acton Homes überschaut. Das Vor-
rücken der englischen Truppen war dadurch erschwert, daß
die felsigen Höhenzüge von tiefeinschneidenden Flußläufen
durchzogen werden, so daß die Engländer nur in getrennten
Abtheilungen operiren konnten, während die von Spions-
kop ausgehenden Felsvorsprünge den Scharfschützen der
Buren ausgezeichnete Stellungen boten. Ob die Gesammt-
stellung der Buren auf dem Spionskop als der strategische
Schlüssel zum Kriegstheatcr in Natal zu bezeichnen ist,
bleibe dahingestellt; soviel erscheint indessen als sicher, daß
die Stellung, welche die Engländer am Abend des Diens-
tag nahmen, nur ein Theil jener Position ist. Aus dem
Umstand, daß General Warren sie nur schwach besetzt fand
und daß sie alsbald von den Buren unter Geschützfeuer
genommen wurde, ist zu schließen, daß sie verhältnißmäßig
unwichtig, nur eine vorgeschobene Position war. Der Ge-
danke, daß die Buren die Engländer absichtlich dorthin
gelockt haben, gewinnt an Wahrscheinlichkeit.
Was die Verluste der Engländer anbetrifft, so wird
jetzt offiziell zugegeben, daß die 142 Tobten gar nicht die
ganze Warren'sche Abtheilung, sondern nur die Brigade
Lyttleton betreffen, welche die Hauptschlacht gar nicht mit-
gemacht hat. Andererseits wird versichert, die Angabe,
Warren habe 800 Tobte, 1500 Verwundete und die Hälfte
seiner Artillerie verloren, sei nicht bestätigt. Das Kriegs,
amt halte die Nachricht für falsch. Französische Blätter
freilich versichern, daß sich die schlimmsten Befürchtungen
bald bestätigen würden, wenn das englische Kriegsamt
wagte, die ihm zugegangenen Depeschen zu publiziren.
Die gesammte Division Warren sei nach verzweifeltem
Kamps über den Tugela zurückgeworfen uno könne
sich erst südlich vom Tugela unter ungeheuren Verlusten
mit Blühe wieder vereinigen. Ueber die Brigade Dundonald
fehle jede Nachricht. General Lyttleton stehe in Gefahr,
zwischen zwei feindlichen Armeen zermalmt zu werden.
(Siehe den folgenden Artikel.)

Rückzug der Engländer über de« Tugela.
Die Vermuthung, daß die Engländer wieder über
den Tugela zurück mußten, hat sich bestätigt. Es
liegt über den Rückzug folgendes, gestern Abend hier ein-
getroffenes Telegramm vor:
London, 28. Januar. Buller telegraphirt
aus Spearmanscamp unterm 27. Januar:
Nachdem die Truppen Warrens den Spions-
kop aufgegeben hatten, hielt ich einen zweiten
Angriff für unnütz, denn der rechte Flügel der
Buren ist zu stark, als daß ich einen Durch-
bruch erzwingen könnte. Ich beschloß jdeshalb,
die Truppen südlich hinter denTugela
zurückzuziehen und am 27. Januar, 8 Uhr
Morgens hatte Warren seine Trupven südlich des

Flusses konzenirirt, ohne einen Mann ver-
loren zu haben.
Der Rückzug der Engländer über den Tugela ist das
Eingcständniß, daß der Vorstoß der Buller'schen Armee
zum Entsatz von Ladysmith vollständig mißglückt
ist. Die Truppe in Ladysmith, welche schon die Kanonen
der Befreier donnern hörte und sicher auf baldigsten Ent-
satz rechnete, wird durch den Rückzug Bullers nun wohl
sehr stark entmuthigt werden. Schon der erste vergebliche
Vorstoß Bullers über Colenso wirkte stark deprimirend
auf die Garnison; ob sie das Zusammenstürzen ihrer
festen Hoffnungen auch dieses zweite Mal erträgt, erscheint
uns als fraglich. Wenn jetzt die Nachricht von der Kapi-
tulation von Ladysmith kommt, dann wird sich Niemand
mehr wundern. Wohl vermögen die Buren die englische
Garnison nicht direkt zur Uebergabe zu zwingen, allein ohne
Aussicht auf Entsetzung noch länger gegen Krankheit und
den herannahenden Hunger zu kämpfen und sich dem
„Long Tom" und den andern Burengeschützen als Ziel-
punkt darzubieten, das dürfte den englischen Truppen in
Ladysmith bald als zwecklos erscheinen.
In England wird man nun seine Hoffnung darauf
setzen, daß zwei weitere Divisionen inzwischen am Kap eiu-
detroffen sind und demnächst auf dem Kriegstheater in
Natal erscheinen werden. Daß England den Krieg jetzt
schon aufgibt, ist nicht zu erwarten. Möglicherweise ändert
die englische Kriegsführung ihren Plan, indem sie Lady-
smith abbricht, Buller südlich am Tugela Vertheidigungs-
stellung nehmen läßt und den Hauptangriff auf den mitt-
leren Kriegsschauplatz gegen die Grenze des Oranjestaates
verlegt.
Daß die Verluste der Engländer bei dem Ringen
um den Spionskop sehr starke gewesen sein müssen, läßt
sich nach der Situation und dem Verlauf des Unternehmens
fchließen. Eine offizielle englische Nachricht liegt hierüber
noch nicht vor, dagegen folgende Reutermeldung von der
Burenseite:
Berlin, 28. Jan. (Meldung des Bureau
Reuter aus Lorenzo Marquez vom 26. Jan.):
Aus dem Burenlager in Modderspruit bei Lady-
smith wird unterni 25. Januar gemeldet: Die
Engländer ließen gestern auf dem Schlachtfelde
1500 Todte zurück. General Buller soll
einen Fieberanfall gehabt haben, aber wieder
hergestellt sein.
Da Warrens Heer ca. 14 000 Mann zählte, so wäre
eine Verlust von 1500 Todtcn ein ganz enormer.

Deutsches Reich.
— Anläßlich des Geburtstages des Kaisers
fand in Berlin am 27. Januar früh großes Wecken statt.
Mittags begab sich der Kaiser zu Fuß zur Paroleaus-
gabe und wurde von der trotz des Regenwetters zahlreich
versammelten Menge lebhaft begrüßt. Während der Parole-
ausgabe, au der die Generalität und Abordnungen des
Offizierkorps des Gardekorps theilnahmen, feuerte eine
Batterie im Lustgarten den Kaisersalut. Nach der Parole-
ausgabe fand im Schloß Früstückstasel statt, Abends ist
Abendtafel im engeren Kreise. Aus allen Lheilen des
Reiches gehen Telegramme über festliche Veranstaltungen
zur Feier des Geburtstags des Kaisers, sowie zahlreiche
Meldungen über Feiern im Ausland ein.
— Wie aus Lübeck gemeldet wird, ist der Forst-
assessor, Expeditionsführer Dr. Rudolf Plehn, Ober-
leutnant im reitenden Feldjägerkorps (nicht sein Bruder
Oberstabsarzt Dr. Plehn, wie anderweitig gemeldet worden

''Sie

Marcell's Debüt.
dem Theaterleden einer deutschen Mittelstadt.
Von Hans Hagen.
(Fortsetzung.)

Kk
Wiederholt sich ihre letzten Worte. Sie waren
d, Herzen gesprochen I Wenn er doch dabliebe!
Wir ^ er dafür thun konnte, hatte Schüler geldan. Seine
M i»>ne ^ Ende. Und was ist das gegen die schreiende
ideell Zirkus I Und der gerade jetzt hier, wo sein
Wn Wtiren soll! Wo ihm nach langem Uncher-
"derbübne »u Wanderbühne endlich einmal
j,. st""en i gegeben ist, an einem besseren Sladtlheatcr an-
. E^Pk/.Ei" Marcell war doch ein so begabter Mensch. Bloß
Solch ein Held!
Karsai das alles, wenn die großen Herren
.^>r ^rav„ 'Reiterin Sellina und Rosa, die Königin
Oks^Me v?' bewundern geben! Wer besaß jetzt die Macht.
Kunst vor der brutalen Muse vom Pferdestall zu
^vf^er
W?" ^err Fi wohl ein Freund von Ihnen. Herr

sest^,^'Ei>er herübergekommcn und hält ihre dunklen
oo '»"b" Zeitungsmann gerichtet.
Neuer mir ^

von mir und mir scheint von Ihnen
ki, ei, Poldi, wie kann man so schnell

Forcen eur lacht sic an. Daß das Mädchen sich für
Asiz Ar ersch°,"n^essirt. läßt sie ihm plötzlich viel sym-
x dieses Gewiß! Einen eigenen pikanten
L, ^ PriM^.t'r Diese feurigen Augen, dieses fein-
on knn»( durchsichtige sammetarlige Haut!
"E«Ung bei schon begreifen, daß Poldi solch eine
et den Stammgästen einnahm. Besonders

die aus der „ersten Klasse" drüben, hatte sie alle unterm
Pantoffel.
Ganz wie ihre Schwester in dem großen Mode-
geschäst über'm Platz die Damen der Stadt, -denkt Schüler,
indem er nach den großen Auslagen des Geschäftes hin-
übersiebt.
Plötzlich kratzt er sich an der Stirn. Ihm ist, als kribbelte
ihm ein rettender Gedanke im Hirn.
Poldi lehnt am Kamin und studirt den Theaterzettel für
Marcell's Debüt.
„Den Heinrich spielt er wohl, Herr Doktor? Nicht
wahr, das ist er? Ach ja, ich Hab' schon oft davon gehört,
voriges Jahr wurde es ein paar Mal hier gegeben. Da
gastirte auch jemand. Eine Dame vom Hostheater als
Ra — na — Rau —"
„Rautendelein I — Weiß schon- Poldi, möchten Sle
morgen Abend gern ins Theater? Ich verschaffe Ihnen ein
Billet."
„Ins Theater, aber das wär' fein!"
„Möchte vielleicht Ihre Fräulein Schwester auch mit
geben ?"
„No, denken Sie, etwa nicht?" .
„Schön denn, hier sind zwei erste Rang-Plätze, die schenke
ich Ihnen. Da!"
„Nein, sind Sie aber gut, Herr Doktor. Dank schön I"
„Aber eine Bitte habe ich, Poldi!"
„Was denn?"
Schüler winkt ihr bedeutsam. Poldi nimmt einen Stuhl
und setzt sich zu ihm. Eine Weile plaudern die Beiden ver-
traulich.
Dann gebt Hermann Schüler. Er pfeift wieder das
„Bienenhaus", aber diesmal klingt's heiterer.
Zehn Minuten darauf huscht Poldi über den Platz und
verschwindet drüben in dem großen Modegeschäft.
* .
„Aber Herr Direktor, das verbitte ich mir!"
„Na, Poldichen I Wenn man mal das Glück hat, der erste
zu sein l"

Poldi bleibt am Tische stehen und blickt den alten
Gecken schelmisch lachend an. Wie er verliebt in sic ist, bis
über beide Ohren verliebt!
„Gehen Sie morgen ins Theater, Herr Bankdirektor?"
„Versunkene Glocke? Nein! — Habe ich schon in
Berlin gesehen. In solche Sachen gehe ich nur in der
Großstadt."
„'s >st morgen ein Gast da."
„Erster Held und Liebhaber aus Buxtehude, weiß schon.
War bei mir. wollte sich vorstellen."
„Haben ihn Herr Direktor gesehen?"
„Nein! Nehme solche Leute nie an."
„Bildschöner Mensch!"
„Ach, was Sie sagen?"
„Ich gehe morgen auch 'rein. Habe mir schon Billets ge-
kauft. Da. Ich glaube, morgen wirds schrecklich voll!"
Der Direktor sieht erstaunt die Billets in Poldi's
Hand.
„Pardon, Gäste!"
Poldi rennt nach dem Büffet. Das Zimmer füllt sich.
Der Herr Oberbürgermeister, der Herr Kommerzienrath ge-
wichtige Herren im städtischen Thraterausschuß.
Auch jüngere Herren kommen, Offiziere, Ingenieure.
Doktoren.
„Superbes Weib! Großartig!" Der junge, schneidige
Betriebsckef eines großen Werkes zeigt die Photographie
der Parfvrcereiterin herum. Ein paar Kavallerieleutnants
reißen sie ihm vor lauter Enthusiasmus aus der Hand.
(Schluß folgt.)

Matinve Seelig-Grau-Brumm.
L*2 Heidelberg, 29. Januar.
Daß gerade die letzte Matinee am stärksten besucht war, be-
weist. daß das Publikum bei diesen Veranstaltungen seine volle
Befriedigung gefunden hat.
Als erste Nummer hatten die Herren Seelig und Grau eine
 
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