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Lei allen Postanstalien, den Briefträgern, den Agenten, bei
Len Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition,
Untere Neckarstraße 21, angenommen.
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Vom Krieg in Südafrika.
Ein Artikel der Londoner Times führt aus, man dürfe
Wit gutem Grunde das Vertrauen hegen, daß England
^m letzten Wendepunkt des Krieges an ge-
langt sei. Der Vormarsch der Engländer auf Bloem-
foritein mit dem Beginn der Vorwärtsbewegung an der
Sirdgreiize scheine durch die militärische Lage augezeigt.
Die größte Sorge sei die Beschaffung von frischen
Rerden in größerer Anzahl. Der Standard schreibt:
L<r weitere Feldzug sei jetzt sehr aussichtsvoll Man
Labe guten Grund zu der Annahme, daß wenn die Buren
?us ihren Verschanzungen und Bergen vertrieben werden
Junten, ihr Mangel an Mannszucht (?) und ihre Un-
fähigkeit, größere vorher geplante Bewegungen auszu-
'Lhrcn, sie in ihrer ganzen Schwäche erscheinen lassen
Werde.
Wie man hieraus sieht, setzen sich die englischen
Heilungen, nachdem die englische Armee endlich die er-
haltene Scharte ausgewetzl hat, gleich aufs hohe Roß.
könnte sich aber doch ereignen, daß sie wieder herunter
Müssen, denn allem Anschein nach ist der Krieg nicht
üu Ende.
Aus Lorenzo Marquez wird zwar der Times tele-
^aphjcrt: Leute, die aus Transvaal kommen und
glaubwürdig sind, versichern, daß es ganz un-
wahrscheinlich sei, daß die Buren nach Pretoria zurück-
gehen und dort einen letzten verzweifelten Widerstand
eisten würden. Man glaube im Gegentheil, daß
Licht nur die Bürger des Oranjefreistaates, sondern auch
wele Transvaalcr in ihre Hetmath zurückkchren werden,
Aue abzuwarten, wie die Bucentruppen sich in aller
varin ergeben. Die Burengencräle schenken den fremden
Aathgebern kein Gehör. Ihre früheren Erfolge wären
^hr ihrem Glück und den von den Engländern ge-
wachten Fehlern als ihrer Befähigung zuzuschreiben. —
Nachrichten der Times aus Lorenzo Marques
°E>chneten sich indessen bisher immer so sehr durch Mangel
L Zuverlässigkeit aus, daß man auch auf dieses Telegramm
,*chts geben kann. Möglich wäre es ja, daß die Buren
mehr weiter fechten wollen, aber sicher oder auch nur
Lwhrschxinlich ist das ganz und gar nicht.
H So wird aus Kimberlcy vom 1. d. gemeldet: Eine
^Aenabtheilung zeigte sich heute bei Klipdam, zerstörte
hwge Gehöfte und beschädigte und plünderte in Wind-
^lown-Station ebenfalls mehrere Gehöfte. Wie ver-
bemächtigten sich die Buren der Maschinen der Frank
With-Mine. Ein Theil der Buren zog nach Barkly-West
° beschießt gegenwärtig die Stadt.
Das sieht doch nicht nach Waffenstreckung aus.
llach einer Meldung der Morning Post haben die
hDschim Vorposten bei Paardeberg am 28. v. Mts. ost-
mit den Buren Fühlung gewonnen. Die Zahl
^ dortigen Buren betrug etwa 7000. Standard und
wch News bestätigen diese Nachricht.
Ler Ladysmith meldet die Times, daß seit Beginn
" ^elaaeruna 24 Offiziere und 235 Mann geiödtet. 70
Offiziere und 520 Mann verwundet wurden. 6 Offiziere
und 340 Mann starben an Krankheiten. Die Verluste
der Civilbewohner sind hier nicht einbegriffen. Die nicht
kleine Zahl der Gefangengenommenen wird von der Times
nicht angegeben.
Den Einzug Lord Dundonalds in Ladysmith schildert
der Berichterstatter der Times kurz als ein sehr bewegliches
Schauspiel. Der Stab, Offiziere, Soldaten und Civilisten
strömten den Ankömmlingen an der Klipflußfurt entgegen.
Weinende Frauen mit Kindern im Arm drängten sich durch,
um den Befreiern die Hände zu drücken. Schwestern,
Brüder, Freunde und Verwandte kamen den Natolcara-
binicrcn entgegen und manche kriegsharte Männer konnten
die Rührung nicht unterdrücken. Am 2. d. sind 73 Wagen
mit Lebensmitteln in Ladysmith eingerückt, sodaß also die
Leute dort sich wieder einmal ordentlich satt essen konnten.
Im Ganzen scheint es, daß jetzt eine längere Pause
auf dem Kriegstheater zu erwarten ist, die von beiden
Seiten zur Vorbereitung auf den Entscheidungskampf be-
nützt wird.
Deutsches Reich
— Prinz Heinrich ist am 2. ds. Mts. in Berlin
eingelroffcn.
— Die Reichstagswahl in Ascherslebe n-
Calbe hat den Sozialdemokraten, die mit dem angeb-
lichen „Märtyrcrthum" ihres im Gefän.;niß eine dreijährige
Freiheitsstrafe wegen Majestätsbcleidigung verbüßenden
Genossen Schmidt krebsten, eine klägliche Niederlage be-
reitet. Genosse Schmidt unterlag seinem national-
liberalen Gegner, der gleich im ersten Wahlgange glatt
durchkam. Die Schlappe ist den Genossen umso fataler,
je voller sie vorher den Mund genommen hatten. Da der
Sieger aus seinen Sympathien für die Flotte und für die
Politik des Schutzes der nationalen Arbeit kein Geheimniß
gemacht hatte, so liefert das Wahlergebniß auch wcrthvolle
Anhaltspunkte für die Beurthcilung der Volksstimmung im
Hinblick auf eine eventuelle Reichstagsauflösung um der
Flottenvorlage willen.
— Am 1. März sind neue deutsche Postämter
in Smyrna, Beirut und Jerusalem sowie eine
Zweigstelle des deutschen Postamts in Konstantinopel zu
Pera eröffnet worden, ein Fortschritt, der von allen mit
Freuden begrüßt werden wird, die mit der Levante regere
Verkehrsbeziehungen unterhalten.
Potsdam, 2. März. Der König von Württem-
berg ist heute Vormittag hier eingetroffen und am
Bahnhof von dem Erbprinzen zu Wied, dem w irrstem-
bergischen Gesandten und Militärbevollmächtigten in Berlin
empfangen worden. Die Herrschaften fuhren nach der
Wohnung des Erbprinzen.
Deutscher Reichstag. Berlin, 2. März. Marine-
etat, verbunden mit dem des Schutzgebiets Kiautschou.
Titel 1, Staatssekretär.
Aon. Ei cd hoif (freff. Bv) beantragt die Uebenveilung
des Etats für Krauts chou an die Budgetcommission.
Für das Schutzgebiet, dessen Erwerb bei der fortschreitende»
Äuflö ung Chinas wünschenswerlh gewesen sei. se! die Er-
schließung deS kohlenreicken Hinterlandes und damit d-e
Förderung deS Eüenbahnbaues ersorderlrch. Redner kommt
auf den Uinmbarakaffce zu sprechen.
Präsident Gral Balle strem: Der Usambarakaffee
wä > st nicht in Kwu:sch"n (Hci'erken.)
Eichhoff (fortfehrend) kommt bei der Besprechung der
Denkschrift zu dem Schlüsse, daß die Berwalrungsgrundsätze, nach
denen verfahren werde, anzucrkennen seien und daß die Marine-
offiziere augenscheinlich coloniales VenvaltungStalent besitzen.
Einzig und allein die Gesundheilsverhältntsse in Kiautschou gäben
zu Bedenken Anlaß.
StaatSsecretär v. Tirpitz: Dem Wunsche der Budgetkom-
mission entsprechend bemühten wir uns, den Etat für Kiautschou
diesmal zu specialifiren. Da dies große Anstrengungen kostet,
war bei der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung stand, etwas
Vollkommenes noch nicht zu erwarten. Ueber die sonstigen Aus-
gaben bin ich bereit, in der Commission besondere Angaben zu
machen. Für die Deutschen, die sich längere Zeit in Ostasteil
aufzuhalten haben, ist die Möglichkeit geschaffen, ihrer Militär-
Pflicht in Kiautschou zu genügen. Wir glaubten dadurch einem
lebhaften Wunsch der ostasiatischen Bevölkerung entgegenzukommen.
Wie in früheren Jahren, sei er auch jetzt bemüht, im wesentlichen
nur Tbatsachen anzugeben und Speculationen über die Zukunft
möglichst zurückzuhalten. Im großen und ganzen wird auch aus
den Thatsachen ein befriedigendes Ergebniß hervorgehcn. ES ist
uns gelungen, unter Schonung der Rechts- und Culturanschauungen
der Chinesen diejenigen Rechtsgrundsätze durchzufahren, die nach
unserer Ansicht für die gedeihliche Entwickelung der deutschen
Schutzgebiete erforderlich sind. Anscheinend finden sich auch die
Chinesen unter deutscher Herrschaft in Kiautschou wohl. Nament-
lich wohlhabende Chinesen zogen in großer Anzahl in unser Ge-
biet. In großer Zahl haben ferner auch alle deutsch-ostasiatischen
Häuser sich durch Gründung von Zweiggeschäften in Kiautschou
betheiligt. Wir hoffen, daß in etwa zwei Jahren bereits die
erste Strecke der Eisenbahn von Tsintau aus er-
öffnet werden wird. Die in Kiautschou vorgenommenen
Bohrungen ergaben keine Schwierigkeiten. Im wesentlichen sind
Straßenbau und Canalisatton dort durchgeführt. In kurzer Zeit
werden für die Soldaten luftige und wohnliche Casernen fertig-
gestellt sein. Die Ursachen, die die ungünstigen Gesundheitsver«
hältnisse bedingen, dürften vorübergehen. Kiautschou ist für
chinesische Verhältnisse thatsächlich ein relativ günstiger Platz. In
der Commission würde über die Erkrankungen weiteres statistisches
Material gegeben werden. In der Colonie kam nur ein einziger
Malariafall vor, der eingeschleppt zu sein schien. Einer Central»
Wasserversorgung war von Anfang an die größte Fürsorge ge-
widmet. Die Gesundheitsoerhältuisse sind entschieden in der
Besserung begriffen. Ich glaube, daß Deutschland dort mit
der Arbeit seiner Pioniere durchaus zufrieden sein kann.
(Beifall rechts.)
Abg D>. Hasse (ntl.) siebt keinen Grund dafür, den Etat
für Kiautschou an eine Commission zu verweisen.
Abg. v. Arnim (RetchSp.) stimmt dem zu; die Gesundheits-
Verhältnisse in Kiautschou könne man in der Kommission nicht
verbessern.
Abg. Richter (fr. Vp.) hält es für unmöglich, den wichtigen
Etat der Berathung der Budgetkommission zu entziehen.
Abg. Graf Roon (cons.) widerspricht dem.
Der Titel 1 wird hierauf bewilligt, desgleichen weitere Titel.
Bei Kapitel 58 „Reise-, Marsch- und Frachtkosten" wünscht Abg.
Paasche eine gesetzliche Regelung der Materie. Die Kapitel 58
und 59 werden sodann bewilligt.
Bei Kapital 60 „Instandhaltung der Flotte und der Werft"
bringt der Abg. Singer die Dienstalterszulage der Werftarbeiter
zur Sprache, die äußerst dürftig sei und trotzdem den Arbeitern
nicht einmal baar ausbezahlt würde.
Staatssekretär v. Tirpitz: Es handle sich nicht um eine
Umwandlung der Gabe, die den früheren Arbeitern gewährt
wurde. Die Verwaltung wolle den Arbeitern statt einer Gabe
ihr Recht geben und die Zulage übrigens ganz erheblicher er-
höhen, als der Abg. Singer gemeint hat. Wenn die Zulage den
Arbeitern nicht ganz ausbezahlt werde, so geschehe das, um den
Sparsinn derselben zu fördern (Aha! links). Wir rühmten nie-
mals, daß unsere Werften Musteranstalten seien. Redner betont,
daß die Regierung mit den Wohlfahrlseinrichlungen niemals ein
Geschäft machen wolle. Die Lohnsätze seien erhöht worden.
Abg. Rickert (freis. Ver.) bestätigt, daß die Werftverwal-
tungen gegen die älteren Arbeiter m t großer Rücksicht verfahren.
Bei Titel 6 beschließt das Haus gemäß dem Kommisstons-
antrag für den Polizeidtenst 7768 Mk. abzusetzen.
Der Etat der kaiserlichen Marine wird sodann nach unerheb-
licher weiterer Debatte genehmigt, der Etat für Kiautschou an die
Budgclkommission verwiesen.
Morgen 1 Uhr: Etat der Stcmpelabgaben, Steuern und Ver-
brauchssteuern.
Baden. Wie man dem Schwäb. Merk, schreibt, galt
der verstorbene Geh. Rath Prof. Dr. Georg Meyer all-
gemein , da Bassermann sich der badischen Politik gegen-
über bisher zurückgehalten hat, als der Nachfolger Fiescrs
in der Führerschaft der badischen Nationalliberalen. Fiesers
Gesundheitszustand ist leider nicht derart, daß er sich nicht
in kürzerer oder längerer Frist zur Schonung seiner Kräfte
gezwungen sehen könnte, sich von der politischen Schau-
Sidxj^^Das ^ Romanfeuilleto« findet der Leser im heutigen
Etadt-Theater.
O Heidelberg, 2. März.
H^ie Ehre". Schauspiel von Sudermann.
LAl Robert Heinecke anfinge, wenn der Graf Traft
d>vr.,Mter ihm stände? Mit dem Triumph wär's aus, der
UktvissAe Sieg des tüchtigen Vertreters der Arbeit über eine
Lstaie-. kaltherzige Sippe eben nur ein moralischer, d. h.
^ichtg ' solcher aber bedeutet in der Welt der Mühlings gar
Daß das Stück versöhnend endet mit dem Siege der
Ltgs.intellektuell und finanziell gesicherten Machtgruppe
?iach,'.^^Necke über die in moralischer Auflösung begriffene
so»A?Le Mühling, das ist es, was die vergessen, die in ihr
Male,,?--st Aufruhrgeist wittern. Anklänge an mahnende Töne
Akstg ^cher Art finden sich ja; das Pathos aber des letzten
^ssL,7?Nn Robert Gericht hält bei Mühlings, das sich in dem
steigert: „Ihr seid die Diebe", wird stark abgeschwächt
»sviißt,' daß au Roberts Seite Traft steht, dem das Ehr-
Gemisch von Scham, Stolz, Takt- und Rechts-
si"stcl>e, i"t und nur als bemerkenswertbes Objekt psycho-
sind „7-sAyse, der das Wort spricht: „Sie sind nicht schlechter,
gx,,st?"s", und in dem so wenig von einem Kämpfer für
d?L Kan,«-""d vessere Verfassung unter Menschen steckt, als
L ErkiAr^nth in seinem Worte liegt: „Ich lasse mich von
Datz i'isse» schaukeln".
AArlnAn-Ae Auffassung des Traft, das ist die Auffassung
A^ginn st?' das ist die Auffassung von der Sache, wie sie seit
sAialp!?A? Weltleute haben, die Sophisten damals und die
K zu kA? Nietzscheleute, die Jugend von heute I
H Lie Astrt steht: „Was hülfe cs dem Menschen, wenn
Aste- »A lAit gewönne und nehme doch Schaden an seiner
de, sst- A der „Ehre" ei» Rest bleiben, schwer zu
ih? Eltern ^arf uu dem menschlichen Grund in der Seele
ej?A »„/„'Ai verzweifeln, und verzweifelt er, so muß er mit
^ sich,- Daß er sie fallen läßt, stcb i» dem Hafen
„ , Daß er sie fallen läßt, sich in dem Hafen
°ren Karriere geborgen sieht und doch keinen Ausblick
hat dahin, daß die Gemeinheit doch sich brechen ließe; das
moralische Trotzdem, das Bewußtsein, daß die Welt auch zehn-
mal die Macht haben kann, ohne R cht zu haben, das tapfere
Und doch! — das fehlt dem Stück. Die Grundanschauung, daß
es moralisch Unheilbares in der Welt gäbe, und daß man am
besten thue, sich den Rückzug zu sichern, daran krankt die „Ehre".
Roberts Heimkehr in den Dunstkreis des Hauses Mühling,
das es nützlich fand, sich niemals mit dem Ehrgefühl abzugeben,
wird uns noch lange intercssiren und fesseln^
Man gab die „Ehre" als Benefizvorstellung für Herrn Franz
Kauer. Der Benefiziant, der sich um unser Ensemble diesen
Winter hindurch als Regisseur und Darsteller große Verdienste
erworben hat, wurde durch großen Beifall des vollen Hauses
und wohl ein Dutzend Lorbeergewinde geehrt.
Der Traft ist eine merkwürdige Rolle. Ewig dociren und
Exempel auf Lager haben, wie der Marquis Posa vor der
Königin für den Jnfanten so vor den blasirten Lebejünglingen
über den Fall Heinicke reden und dabei doch nicht mit ganzer
Seele an all dieser Schulmeisterei betheiligt sein, wildern doch
feiner fühlen und schweigen mögen: da liegt der Fehler: in der
zwiespältigen Anlage des Traft. Leute mit seinen Erfahrungen
sind zurückhaltender.
Einen Richard. Tartüff, Harpagon, Wurm hätten wir von
Herrn Kauer gern ge ehen, nachdem er uns seinen Napoleon,
Henschel, Franz Moor. Mephistopheles zu Dank gezeigt. Er
spielte denn nun den Traft, wie immer, sehr klar, sehr besonnen,
fein abwägend, mit Haltung. Die paar kurzen Worte (III. Akt)
nach der Katastrophe im Nest der Heinecke haben uns intim be-
rührt. Etwas weniger Eile, mehr Behagen für den ersten Akt!
Etwas mehr von dem Ton, mit dem die Lebemänner abgefertigt
wurden, mit dem die Bemerkung kam: Aber, lieber Herr Kom-
merztenrath, warum denn sich mit Fluchen strapaziren? — Der
Robert des Herrn Herm. Rudolph erschien sehr treffend hin-
gestellt. wir wundern uns, daß der dritte Akt, trotzdem Herr
Rudolph gleich so energisch einsetzte, daß die Möglichkeit einer
Steigerung unwahrscheinlich erschien, so überaus gut gelang und
zum Tüchtigsten gehörte, was uns diese Bühne geboten. Eia
Temperament macht die Voraussicht der Berechnung zu Schanden-
Herr Rudolph fand gute Resonanz in Frl. Brauny (Mutter),
Herrn Meltzer (Vater) und Frl. Konrad (Alma). Die Alma
erwies sich als die beste Leistung, die wir von Frl. Konrad diesen
Winter gesehen haben. Michalsky und Frau (Herr Kurt
Rudolph und Frl. Saldern, die sich als Darstellerin von
Frauen und Mädchen dieses Genres wiederum sehr gewandt
zeigte) waren lobenswerth. In der Maske hätte Michalsky ein
Stück weniger roh sein dürf n-
Frl. Heinrich und Herr Bauer waren als Mühlingskinder
ein jedes auf seinem Gebiet durchaus am richtigen Platze. Das
würdige Ehepaar selbst und die liebenswürdigen Freunde des
Sohnes fanden treffende Darstellung durch Frl. Krüger, die
Herren Sigl. Mayrtng und We tnmann. L. V.
Kleine Zeitung.
8. Zeitgemäße Betrachtungen. Was ist der Mensch! Wer
gestern rüstig — gewandelt noch mlt frohen j Schritten, — dem
hat vielleicht die Parze listig — den Lebensfaden heut' durch-
schnitten. — Wer gestern noch am FaschingSlretben — sich hei-
tern Sinnes froh erquicket, — dem darf vielleicht den Nachruf
schreiben — man heute: er ist uns entrücket. — O Tod, o
Sensenmann, was mähst Du — so rücksichtslos der Menschheit
Schwade! — Sag an, Du Knochenmann, verstehst Du — Dich
nie zur Nachsicht, nie zur Gnade? — So müssen um den Freund,
den Leiter — wir heute trauern, heute klagen. — den eben noch
als Geistesstreiter — wir unter uns hoch sahen ragen. — Wie
oft hat als polct'scher Lehrer — er Wissensschätze uns gespendet,
— hat er ans Urthetl seiner Hörer, — an ihre Einsicht sich ge-
wendet. — Wie ein kryftall'ner Strom entflossen — die Worte
dem beredten Munde; — vom Geist der Wahrheit war durch-
flossen — das, was er sagte, jede Stunde. — Ein nobler
Kämpfer für die Sache — ver Nationalen-Liveralen, — hielr
unermüdlich treu er Wache — zur Zeit der Ruhe, wie ver Wah-
len. — Stets war er, wenn es galt, zur Stelle. — ein pflicht-
getreuer Patriot; — nun senkten zu der Feuerquellc — wir sei-
nen Leib; denn er ist todt. — ES schied aus diesem Erdeniebeu —
der allerbesten Männ.r einer; — mir Trauer, schmerzlichem Er-
beben — und auch mit Stolz sagt's Fidel Greine r.
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Len Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition,
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gebracht; durch die Post bezogen für den Monat März,
wenn am Schalter abgeholt, 42 Pfennig, mit Zustellgebühr
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Vom Krieg in Südafrika.
Ein Artikel der Londoner Times führt aus, man dürfe
Wit gutem Grunde das Vertrauen hegen, daß England
^m letzten Wendepunkt des Krieges an ge-
langt sei. Der Vormarsch der Engländer auf Bloem-
foritein mit dem Beginn der Vorwärtsbewegung an der
Sirdgreiize scheine durch die militärische Lage augezeigt.
Die größte Sorge sei die Beschaffung von frischen
Rerden in größerer Anzahl. Der Standard schreibt:
L<r weitere Feldzug sei jetzt sehr aussichtsvoll Man
Labe guten Grund zu der Annahme, daß wenn die Buren
?us ihren Verschanzungen und Bergen vertrieben werden
Junten, ihr Mangel an Mannszucht (?) und ihre Un-
fähigkeit, größere vorher geplante Bewegungen auszu-
'Lhrcn, sie in ihrer ganzen Schwäche erscheinen lassen
Werde.
Wie man hieraus sieht, setzen sich die englischen
Heilungen, nachdem die englische Armee endlich die er-
haltene Scharte ausgewetzl hat, gleich aufs hohe Roß.
könnte sich aber doch ereignen, daß sie wieder herunter
Müssen, denn allem Anschein nach ist der Krieg nicht
üu Ende.
Aus Lorenzo Marquez wird zwar der Times tele-
^aphjcrt: Leute, die aus Transvaal kommen und
glaubwürdig sind, versichern, daß es ganz un-
wahrscheinlich sei, daß die Buren nach Pretoria zurück-
gehen und dort einen letzten verzweifelten Widerstand
eisten würden. Man glaube im Gegentheil, daß
Licht nur die Bürger des Oranjefreistaates, sondern auch
wele Transvaalcr in ihre Hetmath zurückkchren werden,
Aue abzuwarten, wie die Bucentruppen sich in aller
varin ergeben. Die Burengencräle schenken den fremden
Aathgebern kein Gehör. Ihre früheren Erfolge wären
^hr ihrem Glück und den von den Engländern ge-
wachten Fehlern als ihrer Befähigung zuzuschreiben. —
Nachrichten der Times aus Lorenzo Marques
°E>chneten sich indessen bisher immer so sehr durch Mangel
L Zuverlässigkeit aus, daß man auch auf dieses Telegramm
,*chts geben kann. Möglich wäre es ja, daß die Buren
mehr weiter fechten wollen, aber sicher oder auch nur
Lwhrschxinlich ist das ganz und gar nicht.
H So wird aus Kimberlcy vom 1. d. gemeldet: Eine
^Aenabtheilung zeigte sich heute bei Klipdam, zerstörte
hwge Gehöfte und beschädigte und plünderte in Wind-
^lown-Station ebenfalls mehrere Gehöfte. Wie ver-
bemächtigten sich die Buren der Maschinen der Frank
With-Mine. Ein Theil der Buren zog nach Barkly-West
° beschießt gegenwärtig die Stadt.
Das sieht doch nicht nach Waffenstreckung aus.
llach einer Meldung der Morning Post haben die
hDschim Vorposten bei Paardeberg am 28. v. Mts. ost-
mit den Buren Fühlung gewonnen. Die Zahl
^ dortigen Buren betrug etwa 7000. Standard und
wch News bestätigen diese Nachricht.
Ler Ladysmith meldet die Times, daß seit Beginn
" ^elaaeruna 24 Offiziere und 235 Mann geiödtet. 70
Offiziere und 520 Mann verwundet wurden. 6 Offiziere
und 340 Mann starben an Krankheiten. Die Verluste
der Civilbewohner sind hier nicht einbegriffen. Die nicht
kleine Zahl der Gefangengenommenen wird von der Times
nicht angegeben.
Den Einzug Lord Dundonalds in Ladysmith schildert
der Berichterstatter der Times kurz als ein sehr bewegliches
Schauspiel. Der Stab, Offiziere, Soldaten und Civilisten
strömten den Ankömmlingen an der Klipflußfurt entgegen.
Weinende Frauen mit Kindern im Arm drängten sich durch,
um den Befreiern die Hände zu drücken. Schwestern,
Brüder, Freunde und Verwandte kamen den Natolcara-
binicrcn entgegen und manche kriegsharte Männer konnten
die Rührung nicht unterdrücken. Am 2. d. sind 73 Wagen
mit Lebensmitteln in Ladysmith eingerückt, sodaß also die
Leute dort sich wieder einmal ordentlich satt essen konnten.
Im Ganzen scheint es, daß jetzt eine längere Pause
auf dem Kriegstheater zu erwarten ist, die von beiden
Seiten zur Vorbereitung auf den Entscheidungskampf be-
nützt wird.
Deutsches Reich
— Prinz Heinrich ist am 2. ds. Mts. in Berlin
eingelroffcn.
— Die Reichstagswahl in Ascherslebe n-
Calbe hat den Sozialdemokraten, die mit dem angeb-
lichen „Märtyrcrthum" ihres im Gefän.;niß eine dreijährige
Freiheitsstrafe wegen Majestätsbcleidigung verbüßenden
Genossen Schmidt krebsten, eine klägliche Niederlage be-
reitet. Genosse Schmidt unterlag seinem national-
liberalen Gegner, der gleich im ersten Wahlgange glatt
durchkam. Die Schlappe ist den Genossen umso fataler,
je voller sie vorher den Mund genommen hatten. Da der
Sieger aus seinen Sympathien für die Flotte und für die
Politik des Schutzes der nationalen Arbeit kein Geheimniß
gemacht hatte, so liefert das Wahlergebniß auch wcrthvolle
Anhaltspunkte für die Beurthcilung der Volksstimmung im
Hinblick auf eine eventuelle Reichstagsauflösung um der
Flottenvorlage willen.
— Am 1. März sind neue deutsche Postämter
in Smyrna, Beirut und Jerusalem sowie eine
Zweigstelle des deutschen Postamts in Konstantinopel zu
Pera eröffnet worden, ein Fortschritt, der von allen mit
Freuden begrüßt werden wird, die mit der Levante regere
Verkehrsbeziehungen unterhalten.
Potsdam, 2. März. Der König von Württem-
berg ist heute Vormittag hier eingetroffen und am
Bahnhof von dem Erbprinzen zu Wied, dem w irrstem-
bergischen Gesandten und Militärbevollmächtigten in Berlin
empfangen worden. Die Herrschaften fuhren nach der
Wohnung des Erbprinzen.
Deutscher Reichstag. Berlin, 2. März. Marine-
etat, verbunden mit dem des Schutzgebiets Kiautschou.
Titel 1, Staatssekretär.
Aon. Ei cd hoif (freff. Bv) beantragt die Uebenveilung
des Etats für Krauts chou an die Budgetcommission.
Für das Schutzgebiet, dessen Erwerb bei der fortschreitende»
Äuflö ung Chinas wünschenswerlh gewesen sei. se! die Er-
schließung deS kohlenreicken Hinterlandes und damit d-e
Förderung deS Eüenbahnbaues ersorderlrch. Redner kommt
auf den Uinmbarakaffce zu sprechen.
Präsident Gral Balle strem: Der Usambarakaffee
wä > st nicht in Kwu:sch"n (Hci'erken.)
Eichhoff (fortfehrend) kommt bei der Besprechung der
Denkschrift zu dem Schlüsse, daß die Berwalrungsgrundsätze, nach
denen verfahren werde, anzucrkennen seien und daß die Marine-
offiziere augenscheinlich coloniales VenvaltungStalent besitzen.
Einzig und allein die Gesundheilsverhältntsse in Kiautschou gäben
zu Bedenken Anlaß.
StaatSsecretär v. Tirpitz: Dem Wunsche der Budgetkom-
mission entsprechend bemühten wir uns, den Etat für Kiautschou
diesmal zu specialifiren. Da dies große Anstrengungen kostet,
war bei der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung stand, etwas
Vollkommenes noch nicht zu erwarten. Ueber die sonstigen Aus-
gaben bin ich bereit, in der Commission besondere Angaben zu
machen. Für die Deutschen, die sich längere Zeit in Ostasteil
aufzuhalten haben, ist die Möglichkeit geschaffen, ihrer Militär-
Pflicht in Kiautschou zu genügen. Wir glaubten dadurch einem
lebhaften Wunsch der ostasiatischen Bevölkerung entgegenzukommen.
Wie in früheren Jahren, sei er auch jetzt bemüht, im wesentlichen
nur Tbatsachen anzugeben und Speculationen über die Zukunft
möglichst zurückzuhalten. Im großen und ganzen wird auch aus
den Thatsachen ein befriedigendes Ergebniß hervorgehcn. ES ist
uns gelungen, unter Schonung der Rechts- und Culturanschauungen
der Chinesen diejenigen Rechtsgrundsätze durchzufahren, die nach
unserer Ansicht für die gedeihliche Entwickelung der deutschen
Schutzgebiete erforderlich sind. Anscheinend finden sich auch die
Chinesen unter deutscher Herrschaft in Kiautschou wohl. Nament-
lich wohlhabende Chinesen zogen in großer Anzahl in unser Ge-
biet. In großer Zahl haben ferner auch alle deutsch-ostasiatischen
Häuser sich durch Gründung von Zweiggeschäften in Kiautschou
betheiligt. Wir hoffen, daß in etwa zwei Jahren bereits die
erste Strecke der Eisenbahn von Tsintau aus er-
öffnet werden wird. Die in Kiautschou vorgenommenen
Bohrungen ergaben keine Schwierigkeiten. Im wesentlichen sind
Straßenbau und Canalisatton dort durchgeführt. In kurzer Zeit
werden für die Soldaten luftige und wohnliche Casernen fertig-
gestellt sein. Die Ursachen, die die ungünstigen Gesundheitsver«
hältnisse bedingen, dürften vorübergehen. Kiautschou ist für
chinesische Verhältnisse thatsächlich ein relativ günstiger Platz. In
der Commission würde über die Erkrankungen weiteres statistisches
Material gegeben werden. In der Colonie kam nur ein einziger
Malariafall vor, der eingeschleppt zu sein schien. Einer Central»
Wasserversorgung war von Anfang an die größte Fürsorge ge-
widmet. Die Gesundheitsoerhältuisse sind entschieden in der
Besserung begriffen. Ich glaube, daß Deutschland dort mit
der Arbeit seiner Pioniere durchaus zufrieden sein kann.
(Beifall rechts.)
Abg D>. Hasse (ntl.) siebt keinen Grund dafür, den Etat
für Kiautschou an eine Commission zu verweisen.
Abg. v. Arnim (RetchSp.) stimmt dem zu; die Gesundheits-
Verhältnisse in Kiautschou könne man in der Kommission nicht
verbessern.
Abg. Richter (fr. Vp.) hält es für unmöglich, den wichtigen
Etat der Berathung der Budgetkommission zu entziehen.
Abg. Graf Roon (cons.) widerspricht dem.
Der Titel 1 wird hierauf bewilligt, desgleichen weitere Titel.
Bei Kapitel 58 „Reise-, Marsch- und Frachtkosten" wünscht Abg.
Paasche eine gesetzliche Regelung der Materie. Die Kapitel 58
und 59 werden sodann bewilligt.
Bei Kapital 60 „Instandhaltung der Flotte und der Werft"
bringt der Abg. Singer die Dienstalterszulage der Werftarbeiter
zur Sprache, die äußerst dürftig sei und trotzdem den Arbeitern
nicht einmal baar ausbezahlt würde.
Staatssekretär v. Tirpitz: Es handle sich nicht um eine
Umwandlung der Gabe, die den früheren Arbeitern gewährt
wurde. Die Verwaltung wolle den Arbeitern statt einer Gabe
ihr Recht geben und die Zulage übrigens ganz erheblicher er-
höhen, als der Abg. Singer gemeint hat. Wenn die Zulage den
Arbeitern nicht ganz ausbezahlt werde, so geschehe das, um den
Sparsinn derselben zu fördern (Aha! links). Wir rühmten nie-
mals, daß unsere Werften Musteranstalten seien. Redner betont,
daß die Regierung mit den Wohlfahrlseinrichlungen niemals ein
Geschäft machen wolle. Die Lohnsätze seien erhöht worden.
Abg. Rickert (freis. Ver.) bestätigt, daß die Werftverwal-
tungen gegen die älteren Arbeiter m t großer Rücksicht verfahren.
Bei Titel 6 beschließt das Haus gemäß dem Kommisstons-
antrag für den Polizeidtenst 7768 Mk. abzusetzen.
Der Etat der kaiserlichen Marine wird sodann nach unerheb-
licher weiterer Debatte genehmigt, der Etat für Kiautschou an die
Budgclkommission verwiesen.
Morgen 1 Uhr: Etat der Stcmpelabgaben, Steuern und Ver-
brauchssteuern.
Baden. Wie man dem Schwäb. Merk, schreibt, galt
der verstorbene Geh. Rath Prof. Dr. Georg Meyer all-
gemein , da Bassermann sich der badischen Politik gegen-
über bisher zurückgehalten hat, als der Nachfolger Fiescrs
in der Führerschaft der badischen Nationalliberalen. Fiesers
Gesundheitszustand ist leider nicht derart, daß er sich nicht
in kürzerer oder längerer Frist zur Schonung seiner Kräfte
gezwungen sehen könnte, sich von der politischen Schau-
Sidxj^^Das ^ Romanfeuilleto« findet der Leser im heutigen
Etadt-Theater.
O Heidelberg, 2. März.
H^ie Ehre". Schauspiel von Sudermann.
LAl Robert Heinecke anfinge, wenn der Graf Traft
d>vr.,Mter ihm stände? Mit dem Triumph wär's aus, der
UktvissAe Sieg des tüchtigen Vertreters der Arbeit über eine
Lstaie-. kaltherzige Sippe eben nur ein moralischer, d. h.
^ichtg ' solcher aber bedeutet in der Welt der Mühlings gar
Daß das Stück versöhnend endet mit dem Siege der
Ltgs.intellektuell und finanziell gesicherten Machtgruppe
?iach,'.^^Necke über die in moralischer Auflösung begriffene
so»A?Le Mühling, das ist es, was die vergessen, die in ihr
Male,,?--st Aufruhrgeist wittern. Anklänge an mahnende Töne
Akstg ^cher Art finden sich ja; das Pathos aber des letzten
^ssL,7?Nn Robert Gericht hält bei Mühlings, das sich in dem
steigert: „Ihr seid die Diebe", wird stark abgeschwächt
»sviißt,' daß au Roberts Seite Traft steht, dem das Ehr-
Gemisch von Scham, Stolz, Takt- und Rechts-
si"stcl>e, i"t und nur als bemerkenswertbes Objekt psycho-
sind „7-sAyse, der das Wort spricht: „Sie sind nicht schlechter,
gx,,st?"s", und in dem so wenig von einem Kämpfer für
d?L Kan,«-""d vessere Verfassung unter Menschen steckt, als
L ErkiAr^nth in seinem Worte liegt: „Ich lasse mich von
Datz i'isse» schaukeln".
AArlnAn-Ae Auffassung des Traft, das ist die Auffassung
A^ginn st?' das ist die Auffassung von der Sache, wie sie seit
sAialp!?A? Weltleute haben, die Sophisten damals und die
K zu kA? Nietzscheleute, die Jugend von heute I
H Lie Astrt steht: „Was hülfe cs dem Menschen, wenn
Aste- »A lAit gewönne und nehme doch Schaden an seiner
de, sst- A der „Ehre" ei» Rest bleiben, schwer zu
ih? Eltern ^arf uu dem menschlichen Grund in der Seele
ej?A »„/„'Ai verzweifeln, und verzweifelt er, so muß er mit
^ sich,- Daß er sie fallen läßt, stcb i» dem Hafen
„ , Daß er sie fallen läßt, sich in dem Hafen
°ren Karriere geborgen sieht und doch keinen Ausblick
hat dahin, daß die Gemeinheit doch sich brechen ließe; das
moralische Trotzdem, das Bewußtsein, daß die Welt auch zehn-
mal die Macht haben kann, ohne R cht zu haben, das tapfere
Und doch! — das fehlt dem Stück. Die Grundanschauung, daß
es moralisch Unheilbares in der Welt gäbe, und daß man am
besten thue, sich den Rückzug zu sichern, daran krankt die „Ehre".
Roberts Heimkehr in den Dunstkreis des Hauses Mühling,
das es nützlich fand, sich niemals mit dem Ehrgefühl abzugeben,
wird uns noch lange intercssiren und fesseln^
Man gab die „Ehre" als Benefizvorstellung für Herrn Franz
Kauer. Der Benefiziant, der sich um unser Ensemble diesen
Winter hindurch als Regisseur und Darsteller große Verdienste
erworben hat, wurde durch großen Beifall des vollen Hauses
und wohl ein Dutzend Lorbeergewinde geehrt.
Der Traft ist eine merkwürdige Rolle. Ewig dociren und
Exempel auf Lager haben, wie der Marquis Posa vor der
Königin für den Jnfanten so vor den blasirten Lebejünglingen
über den Fall Heinicke reden und dabei doch nicht mit ganzer
Seele an all dieser Schulmeisterei betheiligt sein, wildern doch
feiner fühlen und schweigen mögen: da liegt der Fehler: in der
zwiespältigen Anlage des Traft. Leute mit seinen Erfahrungen
sind zurückhaltender.
Einen Richard. Tartüff, Harpagon, Wurm hätten wir von
Herrn Kauer gern ge ehen, nachdem er uns seinen Napoleon,
Henschel, Franz Moor. Mephistopheles zu Dank gezeigt. Er
spielte denn nun den Traft, wie immer, sehr klar, sehr besonnen,
fein abwägend, mit Haltung. Die paar kurzen Worte (III. Akt)
nach der Katastrophe im Nest der Heinecke haben uns intim be-
rührt. Etwas weniger Eile, mehr Behagen für den ersten Akt!
Etwas mehr von dem Ton, mit dem die Lebemänner abgefertigt
wurden, mit dem die Bemerkung kam: Aber, lieber Herr Kom-
merztenrath, warum denn sich mit Fluchen strapaziren? — Der
Robert des Herrn Herm. Rudolph erschien sehr treffend hin-
gestellt. wir wundern uns, daß der dritte Akt, trotzdem Herr
Rudolph gleich so energisch einsetzte, daß die Möglichkeit einer
Steigerung unwahrscheinlich erschien, so überaus gut gelang und
zum Tüchtigsten gehörte, was uns diese Bühne geboten. Eia
Temperament macht die Voraussicht der Berechnung zu Schanden-
Herr Rudolph fand gute Resonanz in Frl. Brauny (Mutter),
Herrn Meltzer (Vater) und Frl. Konrad (Alma). Die Alma
erwies sich als die beste Leistung, die wir von Frl. Konrad diesen
Winter gesehen haben. Michalsky und Frau (Herr Kurt
Rudolph und Frl. Saldern, die sich als Darstellerin von
Frauen und Mädchen dieses Genres wiederum sehr gewandt
zeigte) waren lobenswerth. In der Maske hätte Michalsky ein
Stück weniger roh sein dürf n-
Frl. Heinrich und Herr Bauer waren als Mühlingskinder
ein jedes auf seinem Gebiet durchaus am richtigen Platze. Das
würdige Ehepaar selbst und die liebenswürdigen Freunde des
Sohnes fanden treffende Darstellung durch Frl. Krüger, die
Herren Sigl. Mayrtng und We tnmann. L. V.
Kleine Zeitung.
8. Zeitgemäße Betrachtungen. Was ist der Mensch! Wer
gestern rüstig — gewandelt noch mlt frohen j Schritten, — dem
hat vielleicht die Parze listig — den Lebensfaden heut' durch-
schnitten. — Wer gestern noch am FaschingSlretben — sich hei-
tern Sinnes froh erquicket, — dem darf vielleicht den Nachruf
schreiben — man heute: er ist uns entrücket. — O Tod, o
Sensenmann, was mähst Du — so rücksichtslos der Menschheit
Schwade! — Sag an, Du Knochenmann, verstehst Du — Dich
nie zur Nachsicht, nie zur Gnade? — So müssen um den Freund,
den Leiter — wir heute trauern, heute klagen. — den eben noch
als Geistesstreiter — wir unter uns hoch sahen ragen. — Wie
oft hat als polct'scher Lehrer — er Wissensschätze uns gespendet,
— hat er ans Urthetl seiner Hörer, — an ihre Einsicht sich ge-
wendet. — Wie ein kryftall'ner Strom entflossen — die Worte
dem beredten Munde; — vom Geist der Wahrheit war durch-
flossen — das, was er sagte, jede Stunde. — Ein nobler
Kämpfer für die Sache — ver Nationalen-Liveralen, — hielr
unermüdlich treu er Wache — zur Zeit der Ruhe, wie ver Wah-
len. — Stets war er, wenn es galt, zur Stelle. — ein pflicht-
getreuer Patriot; — nun senkten zu der Feuerquellc — wir sei-
nen Leib; denn er ist todt. — ES schied aus diesem Erdeniebeu —
der allerbesten Männ.r einer; — mir Trauer, schmerzlichem Er-
beben — und auch mit Stolz sagt's Fidel Greine r.