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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0113

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

HkiklheM Mm.

23. Erlies Klutt.

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tafeln der Heioelb. Zerrung
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Fernsprech-Anschluß Nr. 82


ZllNlstllz, de» 27. ZMuar

190«.

Der Krieg in Südafrika.
London, 26. Jan. Bull er lelegraphirte gestern
Mittag: Bedauere, melden zu müssen, daß, wie
ich heule Morgen erfahre, Warre» Spionskop
in der NachtzuheuteDonnerstag wieder
ausgeben mußte.
Der an Wendungen so reiche afrikanische Krieg hat
wieder einmal eine Ueberraschung gebracht. Am Mittwoch
faßen die Engländer stolz ans dem Spionskop, in London
fabelte man; am Donnerstag mußten sie wieder herunter
bom Kop und über Old England kam die peinliche
Stimmung der Bangigkeit und der Enttäuschung.
Hätten die Engländer den Spionskop nicht nehmen
können, so wäre es schlimm für sie gewesen, daß sie ihn
nahmen und wieder aufgcben mußten, ist noch schlimmer.
Wie dem Temps aus London tclegraphirt wird, ist der
Eindruck der Hiobspost dort um so tiefer, als die Nach-
sicht gänzlich unerwartet eintraf, denn jedermann war da
Non überzeugt, daß die nächsten Telegramme vom Kriegs-
schauplatz neue engliche Erfolge melden würden. Man
hat keine Erklärung für diese neue Schlappe. Man ver-
wuthet nur, daß die Buren durch frische Truppen ver-
markt worden sind und nun mit doppelter Kraft ihre An-
8nffe unternehmen.
Die Verluste der Engländer betrugen am 24. d. M.:
^ Offiziere todt, 13 verwundet, 18 Mann todt und 142
oerwundet, 31 vermißt. Der Kampf, der sich infolge des
Angriffe der Buren entwickelte, scheint dabei noch nicht be-
rücksichtigt zu sein. Man darf annehmen, daß die Eng-
länder ihre Stellung auf dem Spionskop doch hartnäckig
öertheidigt haben und daß sie erst gewichen sind, als sie sich
übermäßig bedrängt sahen. Ihre Verluste hierbei dürften
ebenfalls nicht gering sein.
Was die Bedeutung des Kampfes um den Spionskop
schbetrifft, so ist seine Wirkung in moralischer Beziehung
für die Buren ebenso groß und erhebend, wie für die Eng-
länder nicderdrückend. Indessen, darüber darf man sich
"och nicht täuschen, daß dieser Kampf doch nur eine Epi-
wde bildet. Schon sind die 6. und die 7. englische Di-
wsion in Afrika gelandet. Alle Anzeichen deuten darauf
wn, daß beide nach Natal entsendet werden, während die
Engländer auf dem mittleren und dem westlichen Kriegs-
schauplatz in der Defensive bleiben. Wenn die Buren in
er Lage waren, frische Truppen heranzuziehen, so sind die
Engländer in dem gleichen Fall. Das Ringen am Tugela
"'ird also mit vermehrten Kräften weiter fortgesetzt werden,
x. Nicht uninteressant ist, was Dr. Leyds, der Vertreter
^-ransvaals in Europa, zu der englischen Meldung von
/r. Einnahme des Spionskops gesagt hat. Ich hatte, so
Nßerte er, beim Lesen der Depesche und nach den Mit-
teilungen meines englischen Correspondenten den Eindruck,
die englischen Truppen diese Stellung nicht halten
»Neu. Erstens hat der Spionskop noch andere Höhen,
.wch seiner Meldung hat Warren nur eine dieser Höhen
^'genommen. Da sie anscheinend ohne große strategische
^Edentung ist, haben die Buren dort nur eine schwache
ewtzung unterhalten, die sich auf einen höheren Kop
^ ruckz^g, um dorr mit unseren Truppen den englischen
k?^wß anszuhalten. Das amtliche Telegramm ist an-
^ '»end nur in unvollständiger Fassung veröffentlicht
orden, denn alles deutet darauf hin, daß das unan-
H^bwe Artilleriefeuer der Buren den Erfolg Hatte, die
^Ränder aus ihren Stellungen zu vertreiben. Aus die
^oge, ob er die Stellung der Buren für unhaltbar halte,
n-I ^"icral Warren behaupte, äußerte Tr. Leyds, er sei
aber er sei überzeugt, daß das Armee-

kommando der Buren seinen bestimmten Plan haben
müsse; auch müßten ihnen die Bewegungen Bullers und
Warrens bekannt gewesen sein. Kurz, er glaube nicht
an einen Erfolg der Engländer. Das hat sich
nun, was den Besitz des Spionskops anbetrifft, schnell
bestätigt. Zum Schluß sagte Leyds: Ein Eindringen der
Buren in Ladysmith würde jetzt nur eine große
moralische Bedeutung haben: in materieller Hinsicht
neige er zu der Ansicht, daß man die Einnahme der
Staot absichtlich verzögere, um nicht eine zu große
Menge Kriegsgefangener hüten und nähren zu müssen.

Deutsches Reich
— Die feierliche Einsegnung der Leiche der
Herzogin Friedrich erfolgte am Nachmittag des 26. d.
in Dresden im Beisein des Kaisers und der Kaiserin, des
Königs und der Königin von Sachsen, sämmtlicher in Dres-
den anwesenden fürstlichen Personen, des diplomatischen
Corps und der Minister. Nach beendeter Feier begaben
sich der Kaiser und die Kaiserin in Begleitung des Königs
und der Königin von Sachsen nach dem Hauptbahnhof und
traten gegen 6'° die Rückreise nach Berlin an. Die Bei-
setzung der Herzogin Friedrich zu Schleswig-Holstein findet
am Sonntag in Primkenau (Schlesien) statt.
----- Die Berliner Neuesten Nachrichten melden, daß der
Regierungsarzt Dr. Plehn auf einer Concession der Süd-
kamerungesellschaft am Congofluß von Eingeborenen
durch Pfeilschüsse ermordet worden sei.
Deutscher Reichstag. Berlin, 26. Januar. Vor
Eintritt in die Tagesordnung theilt der Präsident den
Tod der Herzogin Friedrich zu Schleswig-
Holstein mit, durch den das Kaiserpaar aufs schmerz-
lichste berührt worden sei, und ersucht um die Ermächtigung
des Hauses für das Präsidium, dem Kaiscrpaar seine
innige Theilnahme auszudrücken. Der Präsident stellt die
Zustimmung des Hauses fest und wird das Erforderliche
veranlasse». Die M tglieder hatten die Mittheilung stehend
eiitgegengenoinmen.
Die Berathuug der lox Heinze wird bei H 181 b
fortgesetzt.
Abg. Stöcker (wild-cons.) hält das gegenwärtige System
mehr für eine Concessionirung, als für eine Duldung. Man
könne den Paragraphen nicht annehmen, wenn man die Prostitu-
tion bekämpfen wolle. Bei den geaegenwärtigen Zuständen sollte
man das Damoklesschwert der Polizei über den Vermietern
hängen lassen.
Abg. Dr. Höffel (Rp.): Die ganze Vorlage ruhe auf dem
falschen Gedanken, daß die Prostitution nicht nur ein Uebel,
sondern ein notwendiges Uebel sei. Die Statistik habe
vielmehr bewiesen, daß die Casernirung der Prostitution keineswegs
zu besseren Zuständen geführt habe.
Geheimrath v. Lent he: Die gegenwärtigen traurigen Zustände
hätten sich entwickelt, bevor der zur Verhandlung stehende Para-
graph Gesetz geworden sei. Es sei nicht erwiesen, daß er nicht
helfend wirken könne.
Abg. Sa lisch (cons.): Die Vorlage entspreche zwar den
Verhältnissen der großen Städte, aber nicht denen der kleinen
Städte. Als Vertreter eines östlichen Wahlkreises stimme er für
den Commissionsbeschluß.
Abg. Roeren (Ctr.): Die angeführten Reichsgerichtsentschei-
dnngen wurden in ihrer Tragweite falsch verstanden. Sie ent-
prächen durchaus dem gegenwärtigen Rechtszustand. Die Annahme
des Antrages Beckh führe nothwendig zu Winkelbordellen und
würde die einzige Schranke gegen die öffentliche Unsittlichkeit
beseitigen.
Staatssekretär Dr. Nieder ding legt dar, daß die vom
Vorredner construirten Fälle in Wirklichkeit nicht Vorkommen.
Die Vorlage bezwecke nicht, die Prostitution zu lokalisiren. Redner
verweilt bei der Auffassung der Reichsgerichtsentscheidungen; die
Rechtsprechung führe zu unhaltbaren Zuständen, denen im Wege
der Gesetzgebung entgegenzutreten sei. Das müsse jeder zugeben,
der nicht seine Augen dagegen verschließe.
N>ich wetteren Bemerkungen einer Anzab? der R-dner wird

unter Ablehnung der übrigen Anträge § 18lt> in der Fas-
sung der Regierungsvorlage angenommen.
8 182 der Vorlage setzt die Strafe für die Verführung eines
unbescholtenen Mädchens, das das 16. Jahr nicht vollendet hat,
auf Gefängniß bis 1 Jahr fest. Die Commission hat die Grenze
aus das 18. Jahr hinaufgesetzt.
Nach längerer Debatte wird der Paragraph in der Commis-
stonsfassung angenommen.
Montag 1 Uhr: Postetat.
Badischer Landtag. L.O Karlsruhe, 26. Januar-
(22. Sitzung der Zweiten Kammer.) Die heutige
Fortsetzung der Generaldebatte über den Staats-
haushalt rief dank der breit angelegten Rede WackerS
nur 5 Redner auf den Plan.
Zunächst brachte Abg. Eder (auf der Tribüne schwer ver-
ständlich) eine Reihe von Wünschen vor, die sich anscheinend auf
die Flußbausteucr, Regelung der Nheingrenze und auf das Wahl-
recht bezogen. Sodann empfahl Abg. Dr. Blankenhorn die
Petition der Gemeinde Badenweiler um Errichtung von Dampf-
bädern dem Wohlwollen der Kammer und Regierung; gleichzeitig
plädirte der nationalliberale Redner lebhaft für die baldige Er-
stellung des Oberrbeinkanals Der Kernpunkt seiner Rede aber
betraf das neue Wein ge setz. Gegenüber Schüler vertrat er
die Ansicht, daß das badische Gesetz von 1892 seinen Zweck nicht
erreicht hat. Die llttgelung durch ein Reichsgcsetz sei unbedingt
nothwendig. Deklarationszwang und Kellcrkontrolle genügen nicht
und seien auch schwer durchführbar. Ein Radikalmittel sei das
Verbot der Kunstweine. Wie das jetzige Gesetz aufgefaßt
wird, zeigen die Angebote aus der Mosel- und Rheingegend.
Redner verliest unter der Heiterkeit des Hauses den Brief eines
Weinhändlers, der schon im August jedes beliebige Quantum und
jede gewünschte Gradstärke anbot, ferner eine Annonce, in der
ein Geschäft zum Verkauf ausgeschrieben wird, „das zur rationellen
Verbesserung des Weine; vortrefflich eingerichtet ist und in dessen
unmittelbarer Nähe sich vorzügliches Quellwasser findet." Gegen-
über dem Abg. Geck vertritt Redner die Ansicht, daß die Flotten-
vorlage im Lande populär ist und vom Reichstag sicher genehmigt
wird. Abg. Dr. Hetmburger polemisirl in ruhigem sachlichem
Ton gegen die Regierungsvertreter wegen ihrer Haltung gegen-
über der Wahlrechtsfrage und der Interpellation Lreesbach über
dis Gesetz zum Schutz der Arbeitswilligen, ohne neue Gesichts-
punkte vorzubringen. Er wünscht sodann, daß die Lasten der
Flottenvermehrung nur von den wirklich starken Schultern ge-
tragen werden und tritt für baldige Aushebung der Wiltwen-
kassenbeiträge und Erdöhuna des Wohnungsgeldes ein.
Der ruhige und friedliche Ton der Debatte wurde nunmehr
durch eine heftige Philippika des Abg. Wacker unterbrochen, der
zunächst die harmlose Bemerkung des Abg. Uibel, daß Konstanz
im Budget das Aschenbrödel der bad. Städte sei, aufgriff, um
über den „parlamentarischen Neuling" herzufallen. Mit feier-
lichem Ernst versicherte Wacker, daß vor den: hohen Landtag alle
Städte gleich sind. Nach diesem höchst überflüssigen Präludium
meinte der Centrumsführer, daß vieles aus der bisherigen Debatte
hätte ausgeschieden werden können: nachdem nun aber einmal der
Anfang gemacht sei, müsse er schon wegen der „niedrig gehaltenen
Presse", die den Abgeordneten, die nicht sprechen, vorwerfe, daß
sie ihren Bezirk vernachlässigen (!), das Wort ergreifen. In be-
haglicher Breite erging sich nun Wacker über zwei Fragen, die
demnächst der Kammer zur eingehenden Berathung vorliegen
werden: über die Wahlrechts- und die Ordensfrage, wobei er seine
spitzen Pfeile hauptsächlich gegen die Regierungsbank und die
Nationalliberalen richtete. Seine Ausführungen brachten absolut
nichts Neues. Mit besonderem Nachdruck betonte er, daß feine
Partei — oder wenigstens er — nie mit einer Städtevertretung
einverstanden sei, die durch den Bürgerausschuß gewählt
wird; dagegen glaube er, daß eine Verständigung auf
Grund des Proportionalwahlverfahrens möglich sei.
Ebenso entschieden klang sein Wort, daß das Centrnm unab-
hängig von der kirchlichen Autorität ist. Als Wacker zum Schluß
das Verhalten der Regierung gegenüber dem Antrag Muser
tadelte, erklärte Minifter Dr. Eisenlohr, daß der Beschluß des
Staatsministeriums, sich auf eine schriftliche Antwort zu be-
schränken, und nicht in der Sitzung zu erscheinen, erst gefaßt
wurde, nachdem die Sitzung über die Interpellation Drcesbach
beendigt war. Der Antrag Muser durfte nach der Geschäfts-
ordnung nicht mit der Interpellation Dreesbach verbunden werden.
Hierauf wurde die Sitzung auf Montag, 29. Jan., Nachm.
4 Uhr, vertagt.
Preußen. Zu der angeblichen bevorstehenden preußischen
Schulreform schreibt die Post: Wie zuverlässig ver-
lantet, ist der Kultusminister entschlossen, eine Reform im

^kbl^b^ Romanfeuilleton mußte heute Raummangels wegen

oen.

Stadt-Theater.
/X Heidelberg, 26. Januar.
d-Surss Me nonit", Trauerspiel in 4 Aufzügen von E.
AUdenbruch.
sich einiger Zeit las man, daß ein Rekrut aus dem Elsaß
desbnik x^nonit geweigert habe, ein Gewehr anzurühren und
E^ülos ^Oiere und lange Freiheitsstrafe erleiden mußte, die er

bis ihn der Kaiser in eine Arbeiterkompagnie
wo er den Rest seiner Dienstzeit willig obleistet oder
find-t „ Die menonitische Idee in ihrer vollen Kraßheit
. Di. >5 auch heule noch Vertreter.
«sicht e ^schichte von dem elsässischen Rekruten zeigt, in welcher
ttp die Tragik des Menonitenthums zu finden wäre, wenn
Uer danach suchen wollte: im Leiden. Das Leiden ist
^si>d K ungeeigneter Vorwurf für eine Tragödie, das hat
als wohl gewußt und empfunden und darum hat
-ösinonu* ffinen Menoniten schrieb, in Wirklichkeit einen Antt-
, geschrieben.
Menonit ist ein Jüngling, der über die Be-
. aerijfk ^ menonitischen Lehre hinausgewachsen ist, mit ihr
Uikn.^so^a hat. Ehre und Vaterlandsliebe faßt er nicht
- 0. dak fische Weise auf, sein tragisches Schicksal besteht da-
. fistelt ic/ E solchen Anschauungen an eine Menonitengemeinde
. t.VS .Sie liefert ihn, der sich für das Schill'sche Frei-
den Zerben läßt, an die Franzosen aus, die ihn in Danzig
k . Es st°ll-" »»d erschießen.
I.. den »m »lebt Io schlimm ergangen, wenn es nicht auch
K»una „.„"°"iten hieße: „Suchet die Flau." Nicht die Auf-
dem V»? öle menonitischen Grundsätze büßt der Jüngling
das bk.;.'-. s°"üsr" lei» Unglück ist, daß er das Mädchen
s^üesukbt ^löeprasident der Menonitengemeinde sich als Frau
Beiwerk' ^ " eigentlich eine Liebesgeschichte mit menoniti-

Die Sprache Wildenbruchs ist kräftig, klar und schwungvoll,
geht aber manchmal über die Situation wett hinaus und ver-
zögert zuweilen die Handlung in einer Weise, die unangenehm
empfunden wird. Aber das Stück ist geschickt aufgebaut und
macht Eindruck. Die patriotischen Töne, die der Dichter an-
schlägt machen es sehr geeignet zur Aufführung an vaterländi-
schen Festtagen.
Den jungen Menoniten Reinhold spielte Hr. Bauer und er
bewältigte seine große Aufgabe mit anerkennenswerthem Geschick.
Besonders in dem zweiten Akt. wo der Konflikt zwischen Ehre
und Liebe einerseits und den Geboten des menonitischen .Be-
kenntnisses andererseits scharf zum Durchbruch kommt, zeigte er
Natürlichkeit und anerkennenswerthe Kraft des Spiels. Im
ersten Akt klang in seinen Worten das innere Empfinden nicht
recht durch und auch später hatte man öfters das Gefühl, als
spräche er nicht in der Muttersprache der Statur. Wtldenbruch
verführt eben sehr zum Deklamiren.
In der Rolle der Maria zeigte Frl- Heinrich ihr hübsches
Talent für feines innerliches Spiel. Sie verkörperte die sympa-
thische Figur in sehr anerkennenswerther Weise. Für die Be-
schränktheit in der menonitischen Gemeinde hat der Dichter drei
Repräsentanten ausgestellt; die absolute verkörpert das Gemeinde-
mitglied Justus, die zur Schlechtigkeit gewordene Mathias, die
aus der Resignation geborene der Gemeindeälteste Waldemar.
Die Herren Meltzer-Burg. Kauer und Si gl stellten.
Jeder in seiner Art, eine recht charakteristische Figur hin. wie
man das von diesen denkenden, mit den Erfordernissen der Schau-
spielkunst wohl vertrauten Künstlern gewohnt ist.
Die Vorstellung wurde im Hinblick auf den Geburtstag des
Kaisers mit Webers Fest-Ouocrlüre etngelcitet. Die National-
hymne Hörle das Publikum stehend an. k. dl.

Meine Zeitung.
— Endbahnhof einer elektrischen Fernbahn. Der Verein
deutscher Maschinen-Jngenieure erläßt für das Jahr 1900 ein

Preisausschreib en (Beuth-Aufgabe), das den Entwurf zu
einem Endbahnhof einer elektrisch zu betreibenden Fernbahn zum
Gegenstand hat- Die Züge sollen mit 200 Klm. Stunden-
geschwindigkeit in schneller Zugfolge verkehren und aus zwei
sechsachsigen Fahrzeugen, einem Triebwagen und einem Anhänge-
wagen, bestehen und insgesammt mindestens 150 Sitzplätze ent-
halten. Zur Vermeidung hoher Grunderwerbskosten soll die Bahn
innerhalb der Stadt als eiserne Hochbahn und theilweise über
die Häuser hinweg geführt werden. Die Bahnsteige des End-
bahnhofes sind in etwa 25 Mir. Höhe über der Fahrbahn der
angrenzenden Straßen anzuordnen. Zur Zu- und Abführung der
Reisenden und des Gepäcks sind Wasserdruck-Hebewerke anzuord-
nen. Der gelammte Höhenunterschied zwischen den Schienerober-
kante» des Bahnhofs und der Einführungsstelle der Bahn in die
Stadt beträgt 60 Mtr. Dieser Höhenunterschied soll nutzbar ge-
macht werden, einmal um die Züge schnell in Gang zu bringen,
dann um deren Anhalten mit thunlichster Vermeidung von
Arbeitsverlust und Abnutzung der Schienen und Radreifen zu
bewirken. Diese Aufgabe ist von besonderem Interesse, weil sie
sich an ein Problem anlehnt, dessen Lösung dem neuen Jahr-
hundert vielleicht Vorbehalten ist. Die Erbauung von Eisenbahnen
mit 200 Klm. Stundengeschwindigkeit ist über die Erörterung in
Zeitschriften und Broschüren zur Zeit noch nicht htnansgekommen.
Durch diese Aufgabe will der Verein deutscher Maschinen-
Jngenieure, ohne zu der Frage selbst Stellung zu nehmen, an-
regend wirken, in der Annahme, daß jeder Beitrag, der die
Lösung des Problems fördert, von allgemeinem Werth ist. Für
eingehende pretswürdtge Lösungen werden nach Ermessen des
Preisrichter-Ausschusses goldene Beulh-Medaillen, für die beste
außerdem ein Geldprers von 1200 Mk. (Veitmeyer-Preis) ver-
liehen. Ist der Bewerber ein Regierungs-Bauführer, so kann
dessen Bearbeitung zur Annahme als häusliche Probe-Arbeit für
die zweite Staatsprüfung im Maschincnbaufach empfohlen werdeir.
 
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