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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0493

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^ ^ Erscheint täglich.
kSonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.

F;rnsprech-Anschluß Nr. 82.


Jnjertionsgcbühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeiyen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat,
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 28

M. 102.

Mitlmch, den 2. Mai

!W0.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Mai und
Juni werden bet allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Mai
Und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg., mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.
Die Flottenvorlage in der Budgetkommission.
Berlin, 1. Mai. In der Budgetkommission
des Reichstages lief vom Abgeordneten Mülle r-Fulda
ein Unterantrag ein, der als eine nähere Erläuterung des
Centrumsantrags in der De ckungs frage sich darstellt.
Der Antrag umfaßt einen Abänderungsvorschlag zu den
Bestimmungen des Reich sstempelgesetz es vom 28. Jan.
1894, in denen Abgaben für Actien, Kuxe, Renten u.s.w
enthalten sind. Staatssekretär Dr. Frhr. v. Thielmann
erklärt, die Regierung sei zu einem nachdrücklichen Schutz
der Landwirthschaft bei der Ausarbeitung des neuen
Zolltarifs entschlossen. Eingehendere Erklärungen
Lunten erst nach Ausführung der Vorarbeiten gegeben
werden. Abg. Müller-Fulda spricht bezüglich der Leute-
*wth, die namentlich in Schlesien sehr groß sei. Abg.
ffrese (freist Vg.) bedauert die Erklärungen des Staats«
^kretärs v. Thielmann; diese Frage hinge nicht mit der
mottenvorlage zusammen. Abg. Gröber (Etr.) ist von
Entgegenkommen der Regierung an sich befriedigt.
Die Frage der Leutenoth müsse auch in Betracht gezogen
Werden. Abg. Graf Klinkowstroem (cons.): Die
Arbeitsverhältnisse seiner Heimath lägen gleichfalls sehr im
^fgen. Darauf legt Abg. Szmula (Etr.) im Einver-
.^ndniß mit der Kommission die Arbeitsverhältnisse in
/-derschlesien dar. Abg. Graf Arnim (Rp.) findet es
^verständlich, wie man diese Frage mit dem Flottengesetz
^binden könne. Abg. v. Kardorff (Rp.) warnt da-
die Erörterung in diesem Sinne weiter zu führen,
^vg. Bebel (Soz.) beanstandet es, daß die Erörterung
schränkt werde. Abg. Dr. Hasse (ntl.) warnt davor,
Landwirthschaft auf Kosten der Nationalität zu schützen.
?vg. Richter verwahrt sich dagegen, daß man die Ar-
,^er au die Scholle fesseln wolle. Abg. Bebel führt
mehr Forderungen von Menschen für das Heer

st


^ die Marine müßten unbequeme Konsequenzen für die
^Ndwirthschaft haben. Seit 1887 seien 100 000 Mann
A Gunsten des Heeres dem Lande entzogen worden. Die
^vi>wirthschaftszölle werden die Preise für die Arbeiten
Götzen. Abgeordneter Müller-Fulda bemerkt, seine
b^ltei wolle die Landwirthschaft schützen, zu deren Nachtheil
^ Industrie begünstigt werde. Die nationalen Bedenken
zurück gegenüber der großen Noth der Landwirth-
ii^t. Abg. Prinz Arenberg meint, die Regierung
^treibe die nationalen Bedenken. Die Maßnahmen der
^bischen Regierung steigerten die Noth immer mehr.
Graf Stolberg erklärt, die Industrie sei leistungs-
l?'8er als die Landwirthschaft. Es soll nunmehr über
shi. Antrag Müller-Fulda abgestimmt werden. Zur Ge-
sq "sordnung bemerkt Abg. Richter, H- 6 der Vorlage
hj^Ur ein Programm. Man müsse den Bedarf erst er-
!k, ln, ehe man Steuern bewillige. Die Erbschaftssteuer
it^vgeeignet, und er schlage deshalb die Reichsvermögens-
^ vor. Unlerstaatssccretär v. Aschenborn hält die
li^vgsfrage überhaupt für noch nicht akut. Abg. v.
orff bittet um eine Erklärung der Regierung hin-
der Vermögenssteuer. Staatssekretär Frhr. v.

Thielmann glaubt nicht, daß die Regierungen auf eine
directe Besteuerung durch das Reich eingehen werden, kann
aber eine Erklärung hierüber nicht abgeben. Nach längerer
Debatte vertagt sich die Commission auf Antrag des
Abg. Frese, damit die Parteien über den heutigen Antrag
Müller-Fulda Stellung nehmen können. Nächste Sitzung
morgen.

Deutsches Reich
— Seit Anfang dieses Jahres erscheint unter der
Leitung des Pfarrers Haas in Japan ein deutsches
Mouatsblatt, das den Titel Wahrheit trägt. Daß diese
deutsche Zeitung einem wirklichen Bedürfnisse cntgegen-
kommt, zeigt folgende Notiz, die Professor T. Omura
kürzlich in einem japanischen Blatte veröffentlichte: „Ein
anderes Mittel, wodurch ein geistiges Bündniß
Japans mit Deutschland gefördert werden kann, ist
die Gründung deutscher Zeitungen, evangelischer Zeitschriften
in Japan. Daß in Japan es bis jetzt noch keine einzige
deutsche Zeitung gab, befremdet wirklich, wenn man bedenkt,
wie schnell und großartig sich der Verkehr zwischen Japan
und Deutschland in neuerer Zeit entwickelt hat. Unter
solchen Verhältnissen ist eine deutsche Zeitung unentbehrlich.
Aber abgesehen von dem großen Nutzen, den eine solche
Zeitung gewähren würde — wie angenehm wäre cs für
uns, wenn wir allerlei Nachrichten von Begebenheiten, so-
wohl von solchen, die sich bei uns, als auch von solchen,
die sich in Deutschland zugetragen haben, in einer hiesigen
Zeitung auch deutsch gedruckt vor unseren Augen hätten!"
Cronbergim Taunus, 1. Mai. Der K aise r unter-
nahm heute früh 10 Uhr eine Ausfahrt mit seiner Mutter
nach der Cronbergburg und in die nähere Umgebung.
Mittags fand im engsten Kreise Familientafel statt. Um
3'/r Uhr begaben sich der Kaiser, Kaiserin Friedrich, das
Prinzenpaar Adolf von Schaumburg-Lippe und das Prinzen-
paar Friedrich Karl von Hessen nach der Saalburg bei
Homburg. Die Abfahrt des Kaisers erfolgte heute Abend
9 Uhr 30 Minuten.
Deutscher Reichstag. Berlin, 1. Mai. Das Haus
beschäftigte sich mit Wahlprüfungen.
Bezüglich der Wahl des Abg. Grafen Dönhoff-Friedrichstein
beschließt das Haus Erhebungen zu veranstalten. Die Wahl des
Abg. o. Loebell (Potsdam! beantragt die Commission für un-
giltig zu erklären. Dies geschieht.
Der Präsident verliest ein Schreiben des Abg. Sachse, in
welchem dieser miltheilt, daß er sein Mandat niedcrgelegt habe.
Hiernach ist der Commissionsantrag auf Ungiltigkeitserklärung
der Wahl erledigt.
Zu der Wahl des Abg. Will (1. Wahlkreis Köslin) beantragt
die Commission Beweiserhebung. Der Antrag wird angenommen.
Für ungiltig erklärt wird die Wahl des Abg. Harriehausen.
Nach der Wahl Harriehausen wird die Wahl des Abg. Frhrn.
v. Stumm beanstandet.
Morgen 1 Uhr: Antrag Müller-Fulda wegen Abänderung des
Stempelgesetzes.
Baden. 8.0. Karlsruhe, 1. Mai. Soeben ist der
Bericht des Abg. Pfefferte über das Budget der Eisen-
bahnbauverwaltung im Druck erschienen. Die Ge-
sammtsumme der Anforderungen beträgt 64 874 700 Mk.;
dazu kommen Restkredite im Betrag von 18 560 365 Mk.
Zieht man noch jene Summe mit in Betracht, die als
Ergänzungen der im Budget eingestellten Theilforderungen
konsequenterweise als stillschweigend genehmigt angesehen
werden können, sowie die namhafte» Summen, die aus
den laufenden Betriebsmitteln für die Vervollständigung
der Staatsbahnanlage geschöpft werden, so ergibt sich eine
Summe von weit über 100 Millionen, die zur
Erfüllung der nächsten Aufgaben der Eisenbahnverwaltung
aufgewendet werden soll. Ein Vergleich mit den Vor-

jahren illustrirt die Steigerung des Bauaufwands. In
der Budgetperiode 1892/93 wurden inclusive Kreditreste
22 388 976 Mk. aufgewendet, 1894/95 (rund) 29 Mill.,
1896/97: 23 Will., 1898/99: 50 Mill. Mk. Nach dem
gegenwärtigen Stand der Bauarbeiten ist eine vollständige
Verwendung der vorgesehenen Beträge im Laufe der
Budgetperiode voraussichtlich nicht möglich; die Re-
gierung wollte daher eine Ermäßigung einzelner Anfor-
derungen im Gesammtbetrag von 8 453 000 Mk. eintreten
lassen. Die Kommission war aber der Ansicht, daß die
angesordertcn Positionen in ihrem ganzen Umfang aufrecht
erhalten werden sollen. Der weitaus größte Theil des
Baubudgets entfällt auf Stationen; besonders nimmt die
Trennung des Personen-, Güter- und Rangiroerkehrs auf
den verkehrsreichsten Stationen des Landes einen größeren
Umfang an, ebenso die Beseitigung der Niveauübergänge.
Für die Vermehrung der Transportmittel sind nahezu 15
Mill. Mark angefordert. Bedenken wegen der zukünftigen
Rentabilität der Bahnen ließ die Kommission nicht aut-
kommen. Die bisherigen günstigen Ergebnisse lasten mit
Sicherheit auf eine günstige Entwicklung für die Zukunft
schließen. Tie Kommission billigt das umsichtige Vorgehen
der Regierung, die sich ihrer großen und schweren Ver-
antwortlichkeit wohl bewußt ist, und deren thatkräftige
Fürsorge an dem Aufblühen unseres Verkehrswesens einen
sehr namhaften Antheil hat. In den Einzelheiten des
Berichts, auf die wir event. noch zurückkommen, wird die
Stellungnahme der Kommission zu den verschiedenen Pro-
jekten präcisirt. Sie erklärt sich in der Hauptsache mit
sämmtlichcn Anforderungen einverstanden. Die dermalige
verhältnißmäßig geringe Eisenbahnschuld beträgt 325 Mill.
Die Kommission beantragt u. A. Genehmigung der Budget-
Positionen für die Verbindungsbahn von Eppingen nach
Steinsfurth. 2. Rate für Fortsetzung der Elzthalbahn von
Waldkirch nach Elzach, Bau eines 2. Geleises von Offen-
burg nach Gengenbach. Betr. des Mannheimer Cenlral-
güterbahnhofs wird der Ankauf von Lagerhäusern, die
Herstellung einer 5. Landgüterhalle und Verladerampe und
die Herstellung eines Gleisanschlusses mit Verlängerung
der Kaimauer am Mühlaukanal als begründet erachtet,
ebenso die Erbauung weiterer Beamtem- und Arbeitcr-
wohnungen. Ferner genehmigt die Kommission die ge-
forderte Rate für den Bahnhofumbau in Durlach, die
Gesammtkosten für die Erweiterungsbauten des Rangir-
bahnhofes Karlsruhe im Betrage von 1148000 Mk., die
3. Rate für den Rheinhafen Karlsruhe: 100 000 Mk.,
die Summen für den Bahnhofsumbau in Oos, die 3. Rate
für das 2. Becken des Kehler Hafens, die 2. Rate für den
Bahnhofumbau Donaueschingen im Betrage von 966 000
Mk., 2. Rate für Herstellung eines neuen Güterbahnhofs
in Freiburg und Verlegung der Höllenthalbahn, die Ein-
richtung der Gasbeleuchtung in denPersonenwagen, 1. Rate,
ein neues Halbsalonboot für den Bodensee, Erstellung
einer elektrischen Centrale in Rheinau, die Erweiterung der
Station Wiesloch, Bahnhoferweiterung in Pforzheim mit
einem Kostenaufwand von 4 200 000 Mk. (1. Rate
100000 Mk.), Bahnhofumbau in Basel mit einem Kosten-
aufwand von 20 Mill. Mark.
Karlsruhe, 1. Mai. Wie im Ortenauer Boten
berichtet wird, ist im Befinden des Landeskommissärs Dr.
Reinhard eine Besserung eingetreten. Er leide an ner-
vöser Ueberreizung, und auf diese Ursache seien die asth-
matischen Beschwerden zurückzuführen, denen er seit einiger
Zeit unterworfen sei. Von einem Schlaganfalle sei keine
Rede.
Badischer Landtag. 8.6. Karlsruhe, 1. Mai.
(67. Sitzung der Zweiten Kammer.) Heute stand zu-

Jn hohen Regionen.
Erzählung von M. A. Zwickert.
(Schluß.)
*9 selben Zeit, wo in „Villa Dolores" Prinz Erich
^»ss.^la forschte, wurde aus dem einsamen Jagdschloß
I^iiq, °urg." wohin in seinem Vaterschmerz sich der Herzog
»ZEzogen Halle, von diesem eine unbekannte Dame in
Audienz empfangen. Tief verschleiert war dieselbe
!i. Hm-?' ebenso ging sie wieder. Zum höchsten Erstaunen
V/dikn Ediensteten. welche von ihrem stolzen Herrn der-
' nicht gewohnt waren, geleitete der Fürst die Unbe-
Ude>i A Wagen, und man hörte ihn sagen: „Noch einmal
V» ^Dank. Baronesse! Ihre Hochherzigkeit wird uns
^ tz^,ukrgessen bleiben, und wenn eine spätere Zeit einmal
kp^eier lüstet, wird auch unser Weudenburger Volk

^"men nur mir dankbarer Verehrung nennen." Die
V eir*^ das Haupt, derSctlag fiel zu, und das Gefährt
!V d«. davon. Aus der Freitreppe des Schlosses aber
^ Adjutant des Herzogs ganz starr vor Staunen
^/e^uaß. sx^em Herrn zu folgen. Als die Fremde sich
k^e»d-^Eigte, war unter der Schleierbülle eine goldig
Haarsträhne zum Vorschein gekommen. „Dieses
//E Tizian'sche Blond." murmelte der Offizier, „hat
i'Vt . uur eine — Lola Golm I Dazu die Worte
«^blt — hm, wie's scheint, geschehen auch heut noch
'ft Wunder." Wiederholt den Kops schüttelnd,
.ViigufAdiutant in das Schloß zurück. Die aber, welche
p wi>r xI wirklich gewesen. Ihr Licbestraum
K. kudgittig vorüber, die Vergangenheit begraben für

is> Hxfl„ »
fällte das Rad der Zeit dahin. Wochen und
""gingen und aus den Monaten wurden Jahre.

Klaus Felsingen war unter den veränderten Verhältnissen
in Wendenburg geblieben und batte Jutta von Wolfsburg
heimgefuhrt. Zwei muntere Kinder, ein Knabe und ein
Mädchen, Erich und Lola genannt, blühten neben den Eltern
fröhlich empor- Der präsumtive Thronfolger des Herzog-
thums, Prinz Erich, war ein häufiger Gast des Hauses, in
welchem das Glück wohnte. Allsommerlich aber verreiste
Jutta mit den Kindern an den Rhein nach der „Villa
Dolores", wo die in ganz Deutschland bekannte und gefeierte
königl. Hosschauspielerin Lola Golm ihre Ferienzeit bei der
Mutter verlebte. An letzterer schienen die Jahre spurlos
vorüberzugehen. Still und friedlich lebte sie in der ein-
samen Villa ihren Erinnerungen: nur die Besuche der
Tochter, die sich auch außerhalb der sommerlichen Ferien-
zeit des Oefteren einstellte, brachten ihr einige Abwechslung.
Allein das genügte der Freifrau vollkommen. Von ihrem
Schlößchen aus verfolgte sie die Triumphfahrten Lolas mit
Aufmerksamkeit, und diese that nie etwas, ohne vorher den
Rath der Mutter eingeholt zu haben.
Lola war in voller Schönheit erblüht; was sie damals
in schwerer Stunde gehofft, hatte sich erfüllt. Ihre hehre >
Kunst war ihr zur Trösterin geworden und hatte sie empor»
gehoben in Regionen, wo Erdengluck und Erdenweh keine
Bedeutung mehr haben. Vergessen hatte sie darum nicht.
Wurde unvermuthet der Name des Prinzen Erichs vor ihrem
Ohr genannt, stieg jedesmal ein Helles Roth in ihr Gesicht,
und waren Felsinaens in „Villa Dolores" angelangt, ward
regelmäßig das erste Alleinsein der beiden Freundinnen dazu
benutzt, eingehend über die alten Zelten zu sprechen und über
ihn, den Unvergessenen.
Erst nach Jahr und Tag. als der allmächtige Einfluß
der Zeit noch weiterhin lindernd gewirkt, trafen Prinz Erich
und Lola von Golm durch Zufall noch einmal Persönlich zu-
sammen. Karl Ludwig war zu seinen Vätern versammelt
und sein Bruder ihm in der Regierung gefolgt. Die Pflicht
gegen sein Volk gebot dem neuen Herrscher, alsbald sich zu
i vermählen. Er wählte die durch Herzensgüte und Edelsinn

ausgezeichnete Prinzessin Bathfllis von 2. Oa er derselben
von seiner Jugendliebe Mittheilung gemachl? — Als das
hohe Paar in Berlin zum Besuch weilte, besuchte es me,hr«
sach das Theater, an dem Lola gerade einen Gastspielcyk us
absolvirte, und eines Abends, da sie als Maria Stuart alle
Herzen erschüttert, ließ ihre Hoheit die Herzogin von Wenden-
burg sie in ihre Loge entbieten. Lola wollte sich nicder-
beugen, um der hohen Frau die Hand zu küssen, diese jedoch
zog sie empor und schloß sie in ihre Arme. Dann nahm die
Fürstin die diademartige, mit Brillanten und Saphiren reich
besetzte Spange aus ihrem Haar und befestigte sie in dem
goldigen Gewoge von Lolas Haupt. „Tragen Sie dieses
Kleinod, es war ein Brautgeschenk meines Mannes, zum An-
denken an mich und an diese Begegnung!" Herzog Erich
aber stand daneben. Er reichte Lola mit innigem Druck die
Hand, und beide sahen sich sekundenlang tief in die Augen,
gesprochen wurde dabei kein einziges Wort.

Kleine Zeitung.
Dessau, 1. Mai. Der Wirkliche Geheime Rath und
Hosdanguier Frhr- v. Cohn — der bekannte Leibbanquier
Kaiser Wilhelms 1. — ist vergangene Nacht im Alter
von 87 Jahren gestorben. Erst vor wenigen Tagen
hatte ihm Kaiser Wilhelm II. den Kronenorden 1. Klasse ver-
liehen.
— Bonn, 1. Mai. Der Maler von Munkacsy ist
heute Mittag in der Heilanstalt .Endenich bei Bonn in den
Armen seiner Frau gestorben. Die Leiche wird nach
Pest übergeführt werden. (Michael v. Munkacsy, eigentlich
Lieb geheißen, war am 20. Februar 1844 zu MunkacS ln Ungarn
als Sohn eines Tischlers geboren unv wurde auch anfangs
in diesem Handwerk erzogen, bis er nach Wien und München
ging, um sich in der Malerei auszubitden. 1867 ging er
nach Düsseldorf, wo er sich unter Knaus und Vauner weiter
ausbildele. 1872 siedelte er nach Paris über, wo er von der
bisher gepflegten Genremalerei zur monumental-religiösen
Malerei überging. Die Hauptwerke dieser Richtung erregten
 
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