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und den Plakatsäulen.
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IWV
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auf die Heidelberger Zeitung für die Monate Mai und
Juni werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckdrstr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate Mai
Und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg-, mit
Zustellgebühr Mk. 1.14.
Deutsche Schifffahrtsinteressen in Hinter-
indien.
Durch den Ankauf der beiden größten englischen
Schifffahrtslinien in Hinterindien, der Holt-Li nie und
der Scotish-Oriental-Linie seitens des Nord-
deutschen Lloyd in Bremen sind bekanntlich eine sehr
bedeutende Menge lange bestehende Zwischenlinien nach
Äirma, Siam und dem Sunda-Archipel in deutsche
Hände übergegangen. Die Zahl der auf den betreffenden
Linien befindlichen Dampfer beträgt gegenwärtig nicht
weniger als 24. Die Linien schließen in Penang bezw.
Singapore an die ostasiatische Reichslinie des Norddeutschen
Hlohd an. Da noch außerdem für die Schifffahrt auf
beui Aangtstkiang wie für die Errichtung weiterer Zwischen-
Onien eine Anzahl neuer Dampfer in Bau sind, so wird
bch binnen Kurzem.die Zahl der im Lokalverkehr mit
Hinterindien und China beschäftigten Dampfer des Nord-
deutschen Lloyd auf 40 belaufen. Da ferner die Reichs-
te nach Ostasien verdoppelt worden ist und da endlich,
Aie man hört, eine Anschlußlinie nach den Carolinen und
Mariannen hcrgestellt werden soll, hat der Norddeutsche
Hioyd sich entschlossen, in Hongkong eine eigene Inspektion
E'uzurichten, welche die lokale Leitung der nautischen und
Ichiffbautcchnischen Interessen wahrnchmen soll.
Zur Bekämpfung der Tuberkulose.
.Neapel, 28. April. Der Kongreß zur Be-
Zi mpfung der Tuberkulose hielt unter dem Vorsitz
^accellis seine Schlußsitzung ab und nahm die vom Comito
^>ter Berücksichtigung des schon auf dem Pariser Kongreß
on Prof. Schroetter ausgesprochenen Wunsches vorge-
^lagene Tagesordnung an. Diese schlägt die Einsetzung
Zies internationalen Comitss vor, in dem die
t Nationen, welche die erste Anregung zu den Kongressen
t Bekämpfung der Tuberkulose gaben, vertreten sein
"llen und dessen Aufgabe darin bestehen soll, eine inter-
zonale Liga gegen die Tuberkulose zu begründen. Als
^Oglieder des Comitas schlägt die Tagesordnung für
Deutschland den Herzog von Ratibor, für Frankreich Prof.
.Unnelongue, für Italien Minister Baccelli vor. Diese
?ben das Comits bilden und organisiren und haben die
e eviächligung, neue Mitglieder in gleicher Zahl für die
t Länder zu kooptiren. Nachdem Lannelongue im Namen
auswärtigen Kongreßmitglieder gesprochen hatte, verlas
H instler Baccelli die von der deutschen Kaiserin, dem
^ffer von Oesterreich, der Königin-Regentin von Spanien
Serbien und Rumänien
t den Königen von Portugal,
gegangenen Telegramme. Ueber den Ort des Zusammen-
des nächsten Kongresses ist noch kein Beschluß gefaßt
^°rden.
Deutsches Reich.
hj In den Auslassungen der Blätter herrscht über-
sehend die Ausfassung, daß das Zustandekommen
^„Flottengesetzes gesichert sei, wenn auch die
Schwierigkeiten, die die Deckungsfrage noch bietet, nicht
verkannt werden. Das Verlangen des Centrums nach
einer beweglichen Ergänzungssteuer und seine Forderung,
daß die Zoll- und Steuergesetze gleichzeitig mit dem Flotten-
gesetz in Kraft treten (ß 7), sind das Haupthinderniß und
es muß abgewartet werden, ob es, wie die Kreuzztg.
wünscht, gelingen werde, auf dem Wege einer Resolution
zum Ziele zu gelangen. Die Germania behauptet, das
Centrum werde unbedingt an dem Standpunkt festhalten,
daß die Deckungsfrage eine positive und gleichzeitige gesetz-
geberische Lösung erfährt. Darüber wird man nächsten
Dienstag Gewißheit erhalten, wenn die Budgetkommission
ihre Verhandlungen wieder aufnimmt. Für den Abend
vorher sind die Mitglieder der Centrumsfraklion des Reichs-
tages zu einer Fraktionssitzung einberufcn worden.
— Ueber eine andere Fassung des Fleischbeschau-
ge setzes soll nach längeren Verhandlungen eine Ver-
ständigung zwischen Graf Posadowsky und den Ver-
tretern der Mehrheitspartcien des Reichstags erzielt wor-
den sein.
— Die nächsten Kadetten Haus-Abiturienten
werden, wie die Aerztliche Correspondenz von zuverlässigster
Seite erfährt, zum Studium der Medizin auf der
Kaiser Wilhelms-Akademie zugelassen.
— In Aurich hat dieser Tage eine Nachwahl zum
Reichstag staltgefundcn. Der Nationalliberale, Semler,
wurde gleich im ersten Wahlgang mit einer Mehrheit von
ca. 1000 Stimmen gewählt. Bei der letzten Wahl siegte
der nationalliberale Kandidat erst bei der Stichwahl.
Dabei war der Wahlkreis ein überwiegend ländlicher und
von den Agitatoren der Berliner Leitung des Bundes der
Landwirthe schon lange Jahre in Arbeit genommen wor-
den. Rückwärts geht es also mit dem Bunde in Nord-
hannover. Das ist konstatirt worden, aber auch, daß es
ein Blendwerk der Bundesleitung ist, die ländliche Be-
völkerung stände der Sicherung der Wehrkraft zur See
mißtrauisch und abgünstig gegenüber. Die Nationalliberalen
Hannovers können sich über den Sieg freuen, und um so
mehr, als sie in Dr. Semler dem Reichstag und der
nationalliberalen Fraktion ein begabtes, redegewandtes und
arbeitsfreudiges Mitglied zugeführt haben.
Baden. W Aus Baden, 28. April. Badens Volks-
schullehrer sehen mit Spannung den nächsten Landtags-
verhandlungen entgegen, worin ihre vom Obmann des ba-
dischen Lehrervereins eingereichte Petition erledigt werden
soll. Das darin unter Betonung auf Recht und Gerech-
tigkeit Geforderte läßt sich kurz dahin zusammcnfassen: Die
badischen Lehrer wollen gleiche Bezahlung
und Behandlung wie die Beamten mit gleich-
zuwerthender Vorbildung. Diesem Begehren,
gleiches Recht mit den gemäß ihrer Vorbildung gleichzu-
stellenden Beamten zu bekommen, muß gewiß die Berech-
tigung zuerkannt werden. Deshalb stehen alle Lehrer ohne
Ausnahme hinter ihrer Vereinsleitung. Schon haben Mos-
bach, Bruchsal und Lahr große Kreisversammlungen abge-
halten, Rastatt, Konstanz, Offenburg und bie übrigen Kreise
folgen heute, bezw. in den nächsten Tagen. Wenn die
jüngsten Glieder eines Standes mit den in Ehren grau
gewordenen Kollegen Schulter an Schulter bekunden, daß
der Vereinsobmann Alle hinter sich hat, so kann das un-
möglich eine gemachte Sache sein; das ist der elementare
Ausdruck allgemein empfundener Zurücksetzung. Einen tiefen
Eindruck machte gerade die Lahrer Kreisversammlung, wo
in fester, nach keiner Seite verletzender Sprache das Un-
haltbare der jetzigen Lage geschildert wurde. Die schlimmste
Gefahr besteht darin, daß wir bei weiterer Nichtgewährung
eines auskömmlichen Gehaltes einem quantitativen und qua-
litativen Lehrermangel entgegengehen, der theilwcise jetzt
schon zu bemerken ist. Schon sind die Prüfungsbchörden
genöthigt, fast alle Angemeldeten einfach aufzunchmen,
da oft kaum die erforderliche Zahl kommt. Das muß
einen bedauerlichen Rückschlag geben, den besonders das
Landvolk büßen muß, weil die Städte durch bessere Ge-
hälter die tüchtigen Lehrer an sich ziehen. Es ist, wie
der natlib. Abgeordnete Dr. Weygoldt schon 1892 sagte,
dieser schwache ungenügende Zugang zum Lehrfach ein
öffentliches Unglück. Mögen die maßgebenden Faktoren
durch zeitgemäße Regelung der Lehrergehaltsverhältnisse
dieses Unglück fernhalten; der preußische Kultusminister
sagte wahr: „Ohne gute Lehrer keine guten Schulen —
ohne gute Bezahlung keine guten Lehrer."
L.6. Karlsruhe, 26. April. Die Budgetksmmission
hat das Spezialbudget der Oberrechnungskammer
pro 1900/1901 geprüft und zu Beanstandungen keinen
Anlaß gefunden; sie beantragt daher Annahme sämmtlicher
Positionen. In einer dem Landtag von der Oberrechnungs-
kammer mitgetheilten Denkschrift ist die Frage aufge-
worfen, ob es auch fernerhin uoch zulässig sei, den Ver-
^orgungsgehalt für die Beamten kirchlicher
Vermögensverwaltungen auf die Staatskasse
(Beamtenwittwenkasse) zu übernehmen. Nach dem
Etatgesetz ist dies nur so lange zulässig, als nicht ein
Staatsgesetz erlassen wird, das den Kirchen eine Be-
steuerung ihrer Angehörigen für allgemeine kirchliche
Bedürfnisse mit der Befugniß zur zwangsweisen Erhebung
der bezüglichen Steuer einräumt. Dieser Fall ist nun
durch das Gesetz vom 18. Juni 1892 betr. die Er-
hebung der allgemeinen Kirchensteuer eingctreten. Streng
genommen müßte nun, solange nicht eine Aenderung des
Etatgesetzes vorgenommen wird, die bezügliche Leistung
deS Staates eingestellt werden. Die Regierung war aber
der Ansicht, daß nach Lage der Verhältnisse eine Ein-
stellung dieser Leistungen unthunlich sei. Eine Aenderung
des Etatgesetzes sei nicht gerade nolhwendig, da ja die
jeweilige Budgetbewilligung eine genügende gesetzliche
Unterlage biete. Die Kommission schloß sich dieser Er-
wägung an und sah von einer Beanstandung ab. Auch
auf eine formale Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen
glaubte sie nicht drängen zu sollen, da eine solche ge-
legentlich anderer Revisionen erfolgen kann. Sie stellt
daher den Antrag, die Kammer wolle erklären, daß sie
von der Denkschrift der Großh. Oberrechnungskammer
vom 22. November 1899 Kenntniß genommen und
keine dieselbe beanstandende Bemerkung zu machen habe.
L.U. Karlsruhe, 29. April. Zur Feier des 1.
Mai hatten die hiesigen Sozialdemokraten einen ge-
schlossenen Zug nach dem Nachbarort Beiertheim ge-
plant. Das Bezirksamt verweigerte die Genehmigung
hierzu mit der Begründung, daß die Genehmigung zur
Veranstaltung derartiger öffentlicher Umzüge zum Zweck
parteipolitischer Kundgebungen bisher ganz allgemein ver-
sagt morden ist und auch zur Zeit kein Anlaß vorliege,
von diesem Verfahren abzugehen.
L.X. Offcnburg, 29. April. Der Parteitag der
badischen Volkspartei wurde gestern in der Michelhalle ab-
gehalten. Professor Heimburger begrüßte die Versamm-
lung, worauf Professor Osthoff-Heidelberg als 1. Vor-
sitzender und Rechtsanwalt Schneider-Offenburg als 2.
Vorsitzender für den Parteitag gewählt wurden. Den
Jahresbericht erstattete Professor Heimburger. An den
Bericht knüpfte sich eine kurze Besprechung, nach deren Er-
ledigung der bisherige Vorstand wieder gewählt wurde.
Ueber einige Auslassungen des Landtagsabgeordneten Heim-
burger im Landtage wurde dann längere Zeit debattirt.
In hohen Regionen.
Erzählung von M. A. Zwickert.
(Fortsetzung.)
Av^Utte schüttelte über die befremdliche Mittheilung den
^"d wußte nicht recht, was sie daraus machen sollte,
sthd- Mur wenige Tage sollte sic im Unklaren bleiben-
v»i ""t einer Sendung wundervoller Rosen traf von
U.-'Oankierssohn ein Brief an Jutta ein, welcher dieser
, k" des Mitleids entlockte. Er thcilte Jutta darin mit.
^ckin ^ehon immer eine schwache Brust gehabt. Eine hart-
Influenza hätte ihm den Rest gegeben, man habe ihn
Nl>,^entone an die Riviera geschickt. Auf jeine dringlichen
Kern," bin hätten die Aerzte nicht mit der Wahrheit hinterm
imtz »Schallen, nur eine Galgenfrist sei ihm noch vergönnt.
,e>>k°„ unter diesen Umständen nicht an eine Vermählung
^line, sei selbstverständlich; Jutta möge sich als voll-
NxZEn frei betrachten. Ueber die finanzielle Seite der An-
i>"belt möge der Herr Baron sich nicht beunruhigen.
?krd°v bereis seinem Vater deshalb geichrieben, und dieser
Mk», ^ ^tzte Bitte seines einzigen Sohnes nicht unerfüllt
^AfSs, Tüe Forderung seines Vaters an den Freiberrn von
Aüg, °Ung solle an dessen Tochter zedirt werden. Jutta
es Vermächtnis annehmcn als letzten Beweis der
^ldx eines treuen Herzens, das nur zu bald aushören
kemeint war diese Zuwendung jedenfalls, doch der
>e ^ jungen Aristokratin bäumte sich dagegen auf, und
Ms jZ, ^chte vor allem ihr Vater, aber auch Klaus und
NfJmzliche Brautpaar waren gegen die Annahme der
s°ii,gZ"W. Prinz Erich traf mit dem Freiherrn die nölhigen
e>> w^siugen, worauf sein bevollmächtigter Geschäftsführer
>d U erhielt, die Affäre zu regeln.
Ages überraschte der Prinz seine Braut durch ein
fürstliches Geschenk- Am Rheinufer, nicht allzu-
weit von Bingen, war ein prächtiges kleines Schloß, inmitten
wohlgepflegter Gartenanlaaen, von Weinbergen umgeben und
mit einem wunderbaren Fernblick auf den Strom und die
benachbarten Höhen, zu verkaufen gewesen. Zum dauernden
Aufenthalt für den Prinzen war das Besitzthum zu klein,
doch gefiel ihm dasselbe derartig, daß er cs seiner Braut zum
Geschenk machte. Lola und ihre Mutter waren ganz entzückt
von dem kleinen Schlosse. Sogleich beim Eintritt der
warmen Witterung wollten sie dorthin übersiedeln. Man
saß dann wohlgeborgen auf seinem eigenen Grund und
Boden, fern von Wendenburg und dem Wendenburger
Klatsch.
»Villa Dolores" war daS kleine Schloß getauft worden.
Dorthin übersiedelten denn Anfang April die beiden Damen,
denen Jutta sehr bald, als lieber Besuch, folgte.
Kurze Zeit darauf brachten die Zeitungen die Nachricht:
Seine Hoheit der Erbprinz von Wendenburg ist in Wies-
baden, wo er Heilung von einem langjährigen Leiden suchte,
schwer erkrankt. Die Aerzte geben nur noch wenig Hoffnung.
— Das war ein Donnerschlag aus heiterem Himmel für
Lola. Schon am Abend desselben Tages traf ein Brief
ihres Verlobten ein, der die Zeitungsnachricht in aller Kürze
bestätigte und hinzufügte, daß jegliche Aussicht auf Besserung
geschwunden und die Auslösung icden Moment zu erwarten
sei. Nähere Mittheilungen würden folgen.
Welche Wendung des Schicksals! Lola konnte keine Ruhe
finden. Mit starren brennenden Augen blickte sie. auf dem
Balkon stehend, hinunter in das monddurchglänzte Thal,
durch welches der Rhein sein breites glitzerndes Band zog.
Die glückliche frohe Zukunft, von der sie so oft geträumt, war
aus alle Fälle dahin- Starb der Erbprinz, so war Prinz
Erich der nächstberechtigte Erbe der Krone. Sollte er ihret-
wegen etwa ganz auf seine Agnatenrechte verzichten, falls
anders ein Consens zu der Ehe nicht zu erhalten war?
Konnte sie dies auch nur wünschen? Das Opfer war
zu groß. Sein Feuergeist verlangte nur zu sehr nach »roßen
Aufgaben. Und jetzt winkte ihm die Krone, jetzt konnten alle
Träume von Ruhm und Glanz in Erfüllung gehen. Großer
Gott, wie sollte es werden?
Und auch das Wendenburger Volk, das seit Jahrhunderten
in Treue zu seinem Fürstenhause gestanden, hatte es nicht
einen Anspruch daraus, daß der letzte Sohn dieses Hauses
nun auch ihm die Treue hielte? — Starb der regierende
Herr und vcrheirathete ihr Verlobter sich unebcnbürtig,
so gelangte später eine Seitenlinie der bisherigen Dynastie
an'S Regiment, die im Auslande ansässig, dem Volke
in jeder Beziehung fremd gegenüberstand, während dem
Prinzen Erich jedes Herz im Lande freudig entgegenschlug.
Diese und ähnliche Gedanken bestürmten Lola fortgesetzt.
Mutter und Freundin fühlten das innigste Mitleid mit
der Aermsten, doch Trost und Hilfe vermachen sie nicht zu
spenden. „Noch ist ja nichts entschieden," mahnte Jutta, „der
Erbprinz kann ja noch genesen." Jedoch diese Hoffnung er-
wies sich rasch genug als eitel. Prinz Erich selbst sandte
seiner Braut in einem Telegramm die Todesbolschaft. „Der
Erbprinz beute Morgen gestorben. Der Herzog ist bereits
nach Wiesbaden abgereist. Ich folge ihm dorthin. Sorae
Dich nicht. Herzlieb! So bald ich kann, schreibe ich Näheres.
Ich bleibe allzeit — Dein getreuester Erich." Von Klaus
folgte zwei Tage darauf ein längerer Brief. Er hatte den
Prinzen auf der traurigen Fahrt begleitet. Der Herzog, so
schrieb er, wäre ganz gebrochen. Zwischen den fürstlichen
Brüdern sei durch den Tod eine Annäherung erfolgt. Prinz
Erich stehe dem regierenden Herrn in aufopferndster Weise
zur Seite. Letzterer betrachte offenbar unter den veränderten
Umständen die Aufrechterhaltung der Verlobung als aus-
geschlossen. Die Leiche des so jung verstorbenen Thron-
folgers werde nach der Heimath gebracht werden, nach dem
Begräbniß würde es jedenfalls zu einer offenen Aussprache
zwischen dem Herzog und seinem Bruder kommen. Arme Lola k
Er, der Schreiber, wisse wirklich nicht, was er wünschen
und hoffen solle. Sein Herz sei in dieser Frage getheilt.
_, (Fortsetzung folgt.)
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Und Juni, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg-, mit
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Deutsche Schifffahrtsinteressen in Hinter-
indien.
Durch den Ankauf der beiden größten englischen
Schifffahrtslinien in Hinterindien, der Holt-Li nie und
der Scotish-Oriental-Linie seitens des Nord-
deutschen Lloyd in Bremen sind bekanntlich eine sehr
bedeutende Menge lange bestehende Zwischenlinien nach
Äirma, Siam und dem Sunda-Archipel in deutsche
Hände übergegangen. Die Zahl der auf den betreffenden
Linien befindlichen Dampfer beträgt gegenwärtig nicht
weniger als 24. Die Linien schließen in Penang bezw.
Singapore an die ostasiatische Reichslinie des Norddeutschen
Hlohd an. Da noch außerdem für die Schifffahrt auf
beui Aangtstkiang wie für die Errichtung weiterer Zwischen-
Onien eine Anzahl neuer Dampfer in Bau sind, so wird
bch binnen Kurzem.die Zahl der im Lokalverkehr mit
Hinterindien und China beschäftigten Dampfer des Nord-
deutschen Lloyd auf 40 belaufen. Da ferner die Reichs-
te nach Ostasien verdoppelt worden ist und da endlich,
Aie man hört, eine Anschlußlinie nach den Carolinen und
Mariannen hcrgestellt werden soll, hat der Norddeutsche
Hioyd sich entschlossen, in Hongkong eine eigene Inspektion
E'uzurichten, welche die lokale Leitung der nautischen und
Ichiffbautcchnischen Interessen wahrnchmen soll.
Zur Bekämpfung der Tuberkulose.
.Neapel, 28. April. Der Kongreß zur Be-
Zi mpfung der Tuberkulose hielt unter dem Vorsitz
^accellis seine Schlußsitzung ab und nahm die vom Comito
^>ter Berücksichtigung des schon auf dem Pariser Kongreß
on Prof. Schroetter ausgesprochenen Wunsches vorge-
^lagene Tagesordnung an. Diese schlägt die Einsetzung
Zies internationalen Comitss vor, in dem die
t Nationen, welche die erste Anregung zu den Kongressen
t Bekämpfung der Tuberkulose gaben, vertreten sein
"llen und dessen Aufgabe darin bestehen soll, eine inter-
zonale Liga gegen die Tuberkulose zu begründen. Als
^Oglieder des Comitas schlägt die Tagesordnung für
Deutschland den Herzog von Ratibor, für Frankreich Prof.
.Unnelongue, für Italien Minister Baccelli vor. Diese
?ben das Comits bilden und organisiren und haben die
e eviächligung, neue Mitglieder in gleicher Zahl für die
t Länder zu kooptiren. Nachdem Lannelongue im Namen
auswärtigen Kongreßmitglieder gesprochen hatte, verlas
H instler Baccelli die von der deutschen Kaiserin, dem
^ffer von Oesterreich, der Königin-Regentin von Spanien
Serbien und Rumänien
t den Königen von Portugal,
gegangenen Telegramme. Ueber den Ort des Zusammen-
des nächsten Kongresses ist noch kein Beschluß gefaßt
^°rden.
Deutsches Reich.
hj In den Auslassungen der Blätter herrscht über-
sehend die Ausfassung, daß das Zustandekommen
^„Flottengesetzes gesichert sei, wenn auch die
Schwierigkeiten, die die Deckungsfrage noch bietet, nicht
verkannt werden. Das Verlangen des Centrums nach
einer beweglichen Ergänzungssteuer und seine Forderung,
daß die Zoll- und Steuergesetze gleichzeitig mit dem Flotten-
gesetz in Kraft treten (ß 7), sind das Haupthinderniß und
es muß abgewartet werden, ob es, wie die Kreuzztg.
wünscht, gelingen werde, auf dem Wege einer Resolution
zum Ziele zu gelangen. Die Germania behauptet, das
Centrum werde unbedingt an dem Standpunkt festhalten,
daß die Deckungsfrage eine positive und gleichzeitige gesetz-
geberische Lösung erfährt. Darüber wird man nächsten
Dienstag Gewißheit erhalten, wenn die Budgetkommission
ihre Verhandlungen wieder aufnimmt. Für den Abend
vorher sind die Mitglieder der Centrumsfraklion des Reichs-
tages zu einer Fraktionssitzung einberufcn worden.
— Ueber eine andere Fassung des Fleischbeschau-
ge setzes soll nach längeren Verhandlungen eine Ver-
ständigung zwischen Graf Posadowsky und den Ver-
tretern der Mehrheitspartcien des Reichstags erzielt wor-
den sein.
— Die nächsten Kadetten Haus-Abiturienten
werden, wie die Aerztliche Correspondenz von zuverlässigster
Seite erfährt, zum Studium der Medizin auf der
Kaiser Wilhelms-Akademie zugelassen.
— In Aurich hat dieser Tage eine Nachwahl zum
Reichstag staltgefundcn. Der Nationalliberale, Semler,
wurde gleich im ersten Wahlgang mit einer Mehrheit von
ca. 1000 Stimmen gewählt. Bei der letzten Wahl siegte
der nationalliberale Kandidat erst bei der Stichwahl.
Dabei war der Wahlkreis ein überwiegend ländlicher und
von den Agitatoren der Berliner Leitung des Bundes der
Landwirthe schon lange Jahre in Arbeit genommen wor-
den. Rückwärts geht es also mit dem Bunde in Nord-
hannover. Das ist konstatirt worden, aber auch, daß es
ein Blendwerk der Bundesleitung ist, die ländliche Be-
völkerung stände der Sicherung der Wehrkraft zur See
mißtrauisch und abgünstig gegenüber. Die Nationalliberalen
Hannovers können sich über den Sieg freuen, und um so
mehr, als sie in Dr. Semler dem Reichstag und der
nationalliberalen Fraktion ein begabtes, redegewandtes und
arbeitsfreudiges Mitglied zugeführt haben.
Baden. W Aus Baden, 28. April. Badens Volks-
schullehrer sehen mit Spannung den nächsten Landtags-
verhandlungen entgegen, worin ihre vom Obmann des ba-
dischen Lehrervereins eingereichte Petition erledigt werden
soll. Das darin unter Betonung auf Recht und Gerech-
tigkeit Geforderte läßt sich kurz dahin zusammcnfassen: Die
badischen Lehrer wollen gleiche Bezahlung
und Behandlung wie die Beamten mit gleich-
zuwerthender Vorbildung. Diesem Begehren,
gleiches Recht mit den gemäß ihrer Vorbildung gleichzu-
stellenden Beamten zu bekommen, muß gewiß die Berech-
tigung zuerkannt werden. Deshalb stehen alle Lehrer ohne
Ausnahme hinter ihrer Vereinsleitung. Schon haben Mos-
bach, Bruchsal und Lahr große Kreisversammlungen abge-
halten, Rastatt, Konstanz, Offenburg und bie übrigen Kreise
folgen heute, bezw. in den nächsten Tagen. Wenn die
jüngsten Glieder eines Standes mit den in Ehren grau
gewordenen Kollegen Schulter an Schulter bekunden, daß
der Vereinsobmann Alle hinter sich hat, so kann das un-
möglich eine gemachte Sache sein; das ist der elementare
Ausdruck allgemein empfundener Zurücksetzung. Einen tiefen
Eindruck machte gerade die Lahrer Kreisversammlung, wo
in fester, nach keiner Seite verletzender Sprache das Un-
haltbare der jetzigen Lage geschildert wurde. Die schlimmste
Gefahr besteht darin, daß wir bei weiterer Nichtgewährung
eines auskömmlichen Gehaltes einem quantitativen und qua-
litativen Lehrermangel entgegengehen, der theilwcise jetzt
schon zu bemerken ist. Schon sind die Prüfungsbchörden
genöthigt, fast alle Angemeldeten einfach aufzunchmen,
da oft kaum die erforderliche Zahl kommt. Das muß
einen bedauerlichen Rückschlag geben, den besonders das
Landvolk büßen muß, weil die Städte durch bessere Ge-
hälter die tüchtigen Lehrer an sich ziehen. Es ist, wie
der natlib. Abgeordnete Dr. Weygoldt schon 1892 sagte,
dieser schwache ungenügende Zugang zum Lehrfach ein
öffentliches Unglück. Mögen die maßgebenden Faktoren
durch zeitgemäße Regelung der Lehrergehaltsverhältnisse
dieses Unglück fernhalten; der preußische Kultusminister
sagte wahr: „Ohne gute Lehrer keine guten Schulen —
ohne gute Bezahlung keine guten Lehrer."
L.6. Karlsruhe, 26. April. Die Budgetksmmission
hat das Spezialbudget der Oberrechnungskammer
pro 1900/1901 geprüft und zu Beanstandungen keinen
Anlaß gefunden; sie beantragt daher Annahme sämmtlicher
Positionen. In einer dem Landtag von der Oberrechnungs-
kammer mitgetheilten Denkschrift ist die Frage aufge-
worfen, ob es auch fernerhin uoch zulässig sei, den Ver-
^orgungsgehalt für die Beamten kirchlicher
Vermögensverwaltungen auf die Staatskasse
(Beamtenwittwenkasse) zu übernehmen. Nach dem
Etatgesetz ist dies nur so lange zulässig, als nicht ein
Staatsgesetz erlassen wird, das den Kirchen eine Be-
steuerung ihrer Angehörigen für allgemeine kirchliche
Bedürfnisse mit der Befugniß zur zwangsweisen Erhebung
der bezüglichen Steuer einräumt. Dieser Fall ist nun
durch das Gesetz vom 18. Juni 1892 betr. die Er-
hebung der allgemeinen Kirchensteuer eingctreten. Streng
genommen müßte nun, solange nicht eine Aenderung des
Etatgesetzes vorgenommen wird, die bezügliche Leistung
deS Staates eingestellt werden. Die Regierung war aber
der Ansicht, daß nach Lage der Verhältnisse eine Ein-
stellung dieser Leistungen unthunlich sei. Eine Aenderung
des Etatgesetzes sei nicht gerade nolhwendig, da ja die
jeweilige Budgetbewilligung eine genügende gesetzliche
Unterlage biete. Die Kommission schloß sich dieser Er-
wägung an und sah von einer Beanstandung ab. Auch
auf eine formale Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen
glaubte sie nicht drängen zu sollen, da eine solche ge-
legentlich anderer Revisionen erfolgen kann. Sie stellt
daher den Antrag, die Kammer wolle erklären, daß sie
von der Denkschrift der Großh. Oberrechnungskammer
vom 22. November 1899 Kenntniß genommen und
keine dieselbe beanstandende Bemerkung zu machen habe.
L.U. Karlsruhe, 29. April. Zur Feier des 1.
Mai hatten die hiesigen Sozialdemokraten einen ge-
schlossenen Zug nach dem Nachbarort Beiertheim ge-
plant. Das Bezirksamt verweigerte die Genehmigung
hierzu mit der Begründung, daß die Genehmigung zur
Veranstaltung derartiger öffentlicher Umzüge zum Zweck
parteipolitischer Kundgebungen bisher ganz allgemein ver-
sagt morden ist und auch zur Zeit kein Anlaß vorliege,
von diesem Verfahren abzugehen.
L.X. Offcnburg, 29. April. Der Parteitag der
badischen Volkspartei wurde gestern in der Michelhalle ab-
gehalten. Professor Heimburger begrüßte die Versamm-
lung, worauf Professor Osthoff-Heidelberg als 1. Vor-
sitzender und Rechtsanwalt Schneider-Offenburg als 2.
Vorsitzender für den Parteitag gewählt wurden. Den
Jahresbericht erstattete Professor Heimburger. An den
Bericht knüpfte sich eine kurze Besprechung, nach deren Er-
ledigung der bisherige Vorstand wieder gewählt wurde.
Ueber einige Auslassungen des Landtagsabgeordneten Heim-
burger im Landtage wurde dann längere Zeit debattirt.
In hohen Regionen.
Erzählung von M. A. Zwickert.
(Fortsetzung.)
Av^Utte schüttelte über die befremdliche Mittheilung den
^"d wußte nicht recht, was sie daraus machen sollte,
sthd- Mur wenige Tage sollte sic im Unklaren bleiben-
v»i ""t einer Sendung wundervoller Rosen traf von
U.-'Oankierssohn ein Brief an Jutta ein, welcher dieser
, k" des Mitleids entlockte. Er thcilte Jutta darin mit.
^ckin ^ehon immer eine schwache Brust gehabt. Eine hart-
Influenza hätte ihm den Rest gegeben, man habe ihn
Nl>,^entone an die Riviera geschickt. Auf jeine dringlichen
Kern," bin hätten die Aerzte nicht mit der Wahrheit hinterm
imtz »Schallen, nur eine Galgenfrist sei ihm noch vergönnt.
,e>>k°„ unter diesen Umständen nicht an eine Vermählung
^line, sei selbstverständlich; Jutta möge sich als voll-
NxZEn frei betrachten. Ueber die finanzielle Seite der An-
i>"belt möge der Herr Baron sich nicht beunruhigen.
?krd°v bereis seinem Vater deshalb geichrieben, und dieser
Mk», ^ ^tzte Bitte seines einzigen Sohnes nicht unerfüllt
^AfSs, Tüe Forderung seines Vaters an den Freiberrn von
Aüg, °Ung solle an dessen Tochter zedirt werden. Jutta
es Vermächtnis annehmcn als letzten Beweis der
^ldx eines treuen Herzens, das nur zu bald aushören
kemeint war diese Zuwendung jedenfalls, doch der
>e ^ jungen Aristokratin bäumte sich dagegen auf, und
Ms jZ, ^chte vor allem ihr Vater, aber auch Klaus und
NfJmzliche Brautpaar waren gegen die Annahme der
s°ii,gZ"W. Prinz Erich traf mit dem Freiherrn die nölhigen
e>> w^siugen, worauf sein bevollmächtigter Geschäftsführer
>d U erhielt, die Affäre zu regeln.
Ages überraschte der Prinz seine Braut durch ein
fürstliches Geschenk- Am Rheinufer, nicht allzu-
weit von Bingen, war ein prächtiges kleines Schloß, inmitten
wohlgepflegter Gartenanlaaen, von Weinbergen umgeben und
mit einem wunderbaren Fernblick auf den Strom und die
benachbarten Höhen, zu verkaufen gewesen. Zum dauernden
Aufenthalt für den Prinzen war das Besitzthum zu klein,
doch gefiel ihm dasselbe derartig, daß er cs seiner Braut zum
Geschenk machte. Lola und ihre Mutter waren ganz entzückt
von dem kleinen Schlosse. Sogleich beim Eintritt der
warmen Witterung wollten sie dorthin übersiedeln. Man
saß dann wohlgeborgen auf seinem eigenen Grund und
Boden, fern von Wendenburg und dem Wendenburger
Klatsch.
»Villa Dolores" war daS kleine Schloß getauft worden.
Dorthin übersiedelten denn Anfang April die beiden Damen,
denen Jutta sehr bald, als lieber Besuch, folgte.
Kurze Zeit darauf brachten die Zeitungen die Nachricht:
Seine Hoheit der Erbprinz von Wendenburg ist in Wies-
baden, wo er Heilung von einem langjährigen Leiden suchte,
schwer erkrankt. Die Aerzte geben nur noch wenig Hoffnung.
— Das war ein Donnerschlag aus heiterem Himmel für
Lola. Schon am Abend desselben Tages traf ein Brief
ihres Verlobten ein, der die Zeitungsnachricht in aller Kürze
bestätigte und hinzufügte, daß jegliche Aussicht auf Besserung
geschwunden und die Auslösung icden Moment zu erwarten
sei. Nähere Mittheilungen würden folgen.
Welche Wendung des Schicksals! Lola konnte keine Ruhe
finden. Mit starren brennenden Augen blickte sie. auf dem
Balkon stehend, hinunter in das monddurchglänzte Thal,
durch welches der Rhein sein breites glitzerndes Band zog.
Die glückliche frohe Zukunft, von der sie so oft geträumt, war
aus alle Fälle dahin- Starb der Erbprinz, so war Prinz
Erich der nächstberechtigte Erbe der Krone. Sollte er ihret-
wegen etwa ganz auf seine Agnatenrechte verzichten, falls
anders ein Consens zu der Ehe nicht zu erhalten war?
Konnte sie dies auch nur wünschen? Das Opfer war
zu groß. Sein Feuergeist verlangte nur zu sehr nach »roßen
Aufgaben. Und jetzt winkte ihm die Krone, jetzt konnten alle
Träume von Ruhm und Glanz in Erfüllung gehen. Großer
Gott, wie sollte es werden?
Und auch das Wendenburger Volk, das seit Jahrhunderten
in Treue zu seinem Fürstenhause gestanden, hatte es nicht
einen Anspruch daraus, daß der letzte Sohn dieses Hauses
nun auch ihm die Treue hielte? — Starb der regierende
Herr und vcrheirathete ihr Verlobter sich unebcnbürtig,
so gelangte später eine Seitenlinie der bisherigen Dynastie
an'S Regiment, die im Auslande ansässig, dem Volke
in jeder Beziehung fremd gegenüberstand, während dem
Prinzen Erich jedes Herz im Lande freudig entgegenschlug.
Diese und ähnliche Gedanken bestürmten Lola fortgesetzt.
Mutter und Freundin fühlten das innigste Mitleid mit
der Aermsten, doch Trost und Hilfe vermachen sie nicht zu
spenden. „Noch ist ja nichts entschieden," mahnte Jutta, „der
Erbprinz kann ja noch genesen." Jedoch diese Hoffnung er-
wies sich rasch genug als eitel. Prinz Erich selbst sandte
seiner Braut in einem Telegramm die Todesbolschaft. „Der
Erbprinz beute Morgen gestorben. Der Herzog ist bereits
nach Wiesbaden abgereist. Ich folge ihm dorthin. Sorae
Dich nicht. Herzlieb! So bald ich kann, schreibe ich Näheres.
Ich bleibe allzeit — Dein getreuester Erich." Von Klaus
folgte zwei Tage darauf ein längerer Brief. Er hatte den
Prinzen auf der traurigen Fahrt begleitet. Der Herzog, so
schrieb er, wäre ganz gebrochen. Zwischen den fürstlichen
Brüdern sei durch den Tod eine Annäherung erfolgt. Prinz
Erich stehe dem regierenden Herrn in aufopferndster Weise
zur Seite. Letzterer betrachte offenbar unter den veränderten
Umständen die Aufrechterhaltung der Verlobung als aus-
geschlossen. Die Leiche des so jung verstorbenen Thron-
folgers werde nach der Heimath gebracht werden, nach dem
Begräbniß würde es jedenfalls zu einer offenen Aussprache
zwischen dem Herzog und seinem Bruder kommen. Arme Lola k
Er, der Schreiber, wisse wirklich nicht, was er wünschen
und hoffen solle. Sein Herz sei in dieser Frage getheilt.
_, (Fortsetzung folgt.)