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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0443

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Sir. 91.

Donners!az, den 19. April

1SVV.

Wochen - Chronik.
(Vom 8. bis zum 14. April).
April 8.: In Washington findet eine große Versammlung
zu Gunsten der Buren statt. Zahlreiche Senatoren
und Deputirte betheiligen sich daran.
„ S.: Bei Wepener haben die Buren eine kleine
englische Truppenabtheilung eingeschlossen.
» 10.: Eine Burenabordnung, welche die europäischen
Höfe besuchen wird, trifft in Neapel ein.
„ 11.: Der König von Belgien schenkt dem belgischen
Staate eine Anzahl seiner Liegenschaften.
, 12.: Die p o r tn g i e s i s ch e Regierung hat englischen
Truppen den Durchzug dwcb portugiesisches Gebiet
in Ostafrika, von Beira nacv Rhodesia, gestattet.
, 13.: Offiziös wird erklärt, daß die Regierung dem
F l e i s ch b e s ch a u g > s c tz in der Fassung der
Kommission ihre Zuinuimung nicht erthetlen würde.
„ 14.: Die Pariser Weltausstellung, obgleich noch
unfertig, wird feierlich eröffnet.

Vom Krieg in Südafrika.
London, 18. April. Die amtliche Zeitung ver-
öffentlicht Depeschen der Generäle Buller und
Warren über die Vorgänge am Spionskop und
ferner eine Depesche von Lord Roberts an das Kriegs-
winisterium, in der die erwähnten Depeschen der beiden
anderen Generäle besprochen werden. Nachdem Lord
Roberts betont hat, daß in diesen Depeschen der Operations-
plan nicht klar dargelegt sei, tadelt er, daß Warren an
dem von Buller vorgeschriebencn Plan Aenderungen vor-
üenommen habe, und bedauert, sich der Ansicht Bullers
nicht anschließen zu können, daß Oberst Thornycroft da-
durch vorsichtig gehandelt habe, daß er den Rückzug am
Spionskop anordnete. Im Gegentheil, dieser Offizier,
über dessen persönliche Tapferkeit man sich nur - lobend
aussprechen könne, sei nicht zu entschuldigen, daß er eine
wlche Verantwortlichkeit auf sich genommen habe. Lord
Roberts müsse bedauern, daß Warren, obgleich er die ge-
fährliche Lage der Truppen kannte, nicht persönlich den
Spionskop aufgesucht habe. Mit Buller stimme er darin
Überein, daß es an der nöthigen Organisation und an
Mematischem Vorgehen gefehlt habe, was in sehr un-
günstiger Weise auf die Vertheidigung dieser Stellung
^Urückgewirkt habe. Auch halte er, Roberts, dafür, daß
der Versuch, Ladysmith zu befreien, der gut vorbereitet
-dar, hätte gelingen müssen. Die Mißerfolge seien theil-
Mse den Geländeschwierigkeiten und den beherrschenden
Stellungen des Feindes, wahrscheinlich auch dem Mangel
du Urteilsfähigkeit und administrativer
Süchtigkeit Warrens zuzuschreiben. Was für Fehler
Darren auch begangen habe, man müsse die Mißerfolge
?°er auch dem Umstande zuschreiben, daß der Oberbefehls-
haber sein Ansehen nicht genügend zur Geltung zu bringen
?ußte und es unterließ, sich davon zu überzeugen, daß
^ne Befehle auch ausgeführt würden. Roberts sagt mit
H^uugthiiung, daß aus den Depeschen Bullers und Warrens
ervorgehe, daß die Haltung der Truppen bewunderungs-
ordig gewesen sei.
H In London erregt die amtliche Veröffentlichung dieser
sichte großes Aufsehen. Der von Roberts aus-
^iprochene Tadel zwingt Buller, Warren und Oberst
bornycroft geradezu zum Rücktritt. Man ist allgemein
^ürunt, warum das Kriegsamt diese Berichte überhaupt
namentlich jetzt veröffentlicht, da sie auf die Truppen
wirken ^

nur
können.

vertrauenerschültcrnd und demoralisirend

Die Beira-Bahn.

Die Beira-Eisenbahn, deren Benutzung durch die Eng-
di? portugiesische Regierung unter Verletzung der

Neutralität gestattet hat. ist für den englischen Truppen-
transport aus einer schmalspurigen in eine breitspurige
Bahn umgewandelt worden. Nur ungefähr 100 Kilo-
meter sind noch umzubauen. Die Bahn führt von dem
Küstenplatz Beira in portugiesisch Ostafrika in westlicher
Richtung zunächst durch portugiesisches Gebiet und von da
in das englische Gebiet von Rhodesia hinein bis nach
Salisbury, der Hanptstadt genannten Gebietes. Die Bahn
ist ungefähr 600 Kilometer lang. Die Bahn von Kap-
stadt herauf führt bis Buluwayo, sodaß die englischen
Truppen, die von Beira bis Salisbury per Bahn beför-
dert werden, von Salisbury bis Buluwayo, eine Ent-
fernung von 448 Kilometer, zu Fuß marschiren bezw.
die landesüblichen Transportmittel benutzen müssen. Auf-
gabe der Buren wird es sein, die Bahn von Buluwayo
nach Kimberlcy, d>e weite Strecken an der Grenze der
Burenstaaten entlang führt, zu unterbrechen und so zu
versuchen, sich der englischen Truppen, die ihnen von
Norden über den Hals kommen, zu erwehren.
Daß englische Truppen durch portugiesisches Gebiet
gegen die Buren ziehen und daß die Portugiesen dies ge-
statten, ist ein flagranter Bruch der portugiesischen Neutrali-
tät. Von Portugal ist es ein Act der Willfährigkeit
gegen England, durch den es an seinem überhaupt nur
noch geringen Ansehen weitere Einbuße erleidet. Auch
England gewinnt dadurch nicht an Achtung, daß es solche
krumme Wege wandeln muß, um die Handvoll Buren
niederzuzwingen.

Deutsches Reich
— Im Rittersaal des königlichen Schlosses zu Berlin
fand am 18. d. Mittags die Nagelung und darauf im
Capitelsaale die Weihe der den Fuß artilleriereg i-
mentern verliehenen, bezw. erneuerten Fahnen statt.
An der Feier nahmen das Kaiserpaar, die Prinzen, die
hier anwesenden Mitglieder des königlichen Hauses und
Prinzen der regierenden deutschen Fürstenhäuser theil. Die
Weihe vollzog der evangelische Feldprobst Richter.
— Der Ausbau der Neichspostdampferlinie
des Norddeutschen Lloyd in Bremen nach Ostasien
ist in stetiger Entwicklung begriffen. Namentlich von
Singapore aus sind von dem Lloyd eine Reihe von An-
schlußlinien in's Leben gerufen, so nach Bangkok, Su-
matra, Penang u. s. w., sodaß auch in dem indischen
Archipel die deutsche Flagge immer weiter vordringt. Daß
diese Verbindungen zugleich für den deutschen Handel und
die deutsche Industrie von großer Wichtigkeit sind, bedarf
keines weiteren Hinweises.
— In Siam ist Bauroth Bethge vor einigen Tagen
an der Cholera gestorben. Seit 1889 wirkt er in siame-
sischen Diensten und hat das dortige Eisenbahnwesen ge-
leitet, das sich noch im ersten Stadium des Werdens be-
fand, als er dorthin kam. Als Ende Dec. v. I. Prinz
Heinrich von Preußen auf seiner Rückreise von Kiautschou
auch Bangkok besuchte, befuhr er unter anderen die Korat-
bahn, wobei er auf der 70 Klm. langen Strecke bis Ayuthia
die deutsche Lokomotive eigenhändig führte, ein Vorgang,
der auf die siamesische Bevölkerung einen gewaltigen Ein-
druck machte.
— Im April 1861 schrieb die Londoner Morning
Post, das gegenwärtig höfische und ministerielle Organ:
„Der Wunsch nach einer deutschen Flotte ist ein
nebelhaftes, weinerliches, albernes Sehnen und kann nur
einem Volke, das in den Wolken lebt, in den Sinn kom-
men. Wenn es in Preußen einen Staatsminister gäbe,
was nicht der Fall ist, wenn es im preußischen Mini-

sterium einen einzigen guten Politiker gäbe, was auch nicht
der Fall ist, so würde er diesem Unsinn von einer deutschen
Flotte ein Ende machen. Die Deutschen mögen die Erde
pflügen, mit den Wolken segeln oder Luftschlösser bauen,
aber nie seit dem Anfang der Zeilen halten sie den Genius,
das Weltmeer zu durchfurchen oder die hohe See oder nur
die schmalen Gewässer zu befahren." — Es ist zeitgemäß,
sich diese englische Stimme von damals in die Erinnerung
zurückzurufen; nicht um berichtigend darauf hinzuweisen,
daß die Deutschen in früheren Zeiten scemächtig waren,
sondern um an dieser verächtlichen Taxirung durch ein
englisches Blatt den inzwischen eingetrctenen Fortschritt zu
ermessen und unsere Uebcrzeugung von der Nothwendigkeit
des Weiterschreitens zu stärken.
Baden. Auf das Glückwunschschreiben, das derBadische
Frauenverein aus Anlaß der Verlobung des Prin-
zen Maximilian an die Braut, die Prinzessin Marie
Louise von Cumb erland, gerichtet hat, ist folgendes
Dankschreiben hier eingetroffen:
An das Ccntralcomils des Badischen Frauenvereins
in Karlsruhe.
Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin, als die hohe
Protektorin des Badischen Frauenvereins, hat die Gnade ge-
habt, gemeinsam mit den Mitgliedern des Centralcomitöz des
Vereins im Namen aller der Frauen, welche im Badischen
Frauenverein ein gemeinsames Band in der Uebung der Werke
christlicher Barmherzigkeit und gemeinnützigen Wirken» finden,
des zwischen dem Prinzen Maximilian, meinem theuern Ver-
lobten, und mir geschlossenen Herzensbundes mit den wärmsten
Glück- und Segenswünschen zu gedenken und mich in meiner,
so Gott will, baldigen neuen Heimath, dem schönen Badischen
Lande, und unter den Badischen Frauen willkommen zu
heißen.
Dieser Willkommensgruß hat mich tief bewegt und erfüllt
mein Herz mit aufrichtigstem Dank, den ich aus innigstem
Herzen Ihnen, gnädigste Tante, und allen Mitgliedern des
Vereins ousspreche.
Möge Gottes reichster Segen auch fernerhin auf dem
Badischen Frauenverein ruhen und möge mir, wie ich innigst
wünsche und hoffe, vergönnt sein, inmitten des Vereins an
dessen Werken christlicher Liebe und Barmherzigkeit nach besten
Kräften thellzunehmcn. (gez.) Marie Louise.
8.6. Karlsruhe, 18. April. Die Einnahmen der
bad. Bahnen betrugen im Monat März d. I. Mk. 5915890
(gegen Mk. 5541610 im Vorjahre). Im ersten Quartal bs. I.
belaufen sich die Einnahmen auf Mk. 15 825460. — Der neue
Bahnhof in Oos wird am 21. ds. Mts. in Betrieb genommen.
L.dl. Baden, 17. April. An den beiden Osterfeiertagen
tagte im Hotel „Baldreit" die Delegirten-Versammlung des
Gaues Oberrhein des Verbandes deutscher Buchdrucker. Am
Sonntag Abend fand im gleichen Lokal eine sehr gut besuchte
Festlichkeit statt, bei welcher Herr Willy aus Karlsruhe die Fest-
rede zur Feier des 500jährigen Geburtstages Johann Gutenbergs
dielt. Am Schluß der Verhandlungen am 2. Tage wurde
folgende Resolution angenommen: „Die in Baden-Baden ver-
sammelten Vertreter von ca. 700 organistrten Buchdruckern
sprechen ihr tiefstes Bedauern darüber aus, daß dem Reichstag
ein Gesetz wie die Isx Heinze vorgelegt wurde. Sie müssen im
,volle der Annahme des Gesetzes darin nicht nur eine Gefahr
für die freie Kunst erblicken, sondern auch eine Gefahr für den
eigenen Beruf ersehen. Sie erwarten daher, daß der Gesetz-
entwurf vom Reichstag abgelehnt wird." Diese Resolution wird
dem Reichstage übermittelt werden.
Preußen. Geestemünde, 13. April. Welch' ge-
waltiger Verkehr während der Char woche im
hiesigen Fischereihafen, dem größten des europäischen
Kontinents, herrschte, mögen einige Zahlen darthun.
Während der drei ersten Wochentage löschten ca. 60
Dampfer ihre Ladungen im Gesammtbetrage von ca. 25 000
Centner Fischen. Für diese wurde in den Auktionen ein
Erlös von ca. 250 000 M. erzielt. Zehn Eisenbahnzüge
mit über 300 voll beladenen Waggons brachten dies
gewaltige Quantum an die Besteller im Binnenlande.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Expeditionsassistent Adolf Würtz in Heidelberg wurde
zum Bctriebsalsiüent ernannt.

8)

In hohen Regionen.
Erzählung von M. A. Zwickert.
(Fortsetzung.)
botte mit dem ganzen bestrickenden Wohllaut seiner
vh^o^e gesprochen, der schon manches Fiauenherz bethört:
!chn,„?us seinen Worten sprach zugleich ein tiefes leiden-
>vidÄ.ches Gefühl. Lola rang nach Athem, nach Worten;
»>,t stlreitende Gefühle bewegten sie. Sie fühlte sich
ivgei^agnetischer Gewalt zu dem ungestümen Manne hinge-
Me«' .sie die Arme um seinen Hals werfen und ihm zu-
Mbw. nimm mich bin, ich bin Dein mit
, und Seele; denn ich liebe Dich, liebe Dich grenzenlos!"
zugleich regte sich auch ein Gefühl der Furcht in ihrer
sie dachte an die Kämpfe, welche der Entschluß des


^Use^' mit ihr zu verbinden, nothwendigerweise hervor-
M n,?ußte; vor allem aber scheute sie instinktiv zurück vor
Me »gründen in der Natur des jungen Fürsten. Würde
Urd» die so vulkanisch emporgelodert, von Dauer sein,
ü Ost A^selbe sich fortgesetzt stark genug erweisen, um jede
*4 de, ^n Gegensatz zu überbrücken? Lolas Herz kramvfte
tz'OiNen „her Vorstellung vom Gegentheil schmerzhaft zu-
dMwen ^ schlang die Hände ineinander und wußte keinen
bc"gen, °os diesem Labyrinth widerstreitender Empfin-
Mlejt-!!"^ Gedanken. Prinz Erich ahnte, was in seiner
yf ökr K," borging. Mit bestrickendem Schmeichellaut
Mbe wandte er sich ihr wieder zu: „Lola, finden
Gst henden Worte denn gar keinen Widerhall in Ihrer
tapferen Mädchen lag

tn^bjen bgen neigte sie bei den letzten Worten des
ia,. Oternk b Kopf und wollte dann, ihren Seelenzustand
ttz-^Ke u ungestümen Werber um Frist bitten, der aber
E^alt. sisib schlang kühn den Arm um die schlanke
ue leidenschaftlich an sich presfend: „O. dann ist


alles aut!" triumphirte er. „Gestehe es nur, Du liebst mich,
nur die Verhältnisse flößen Dir Furcht ein. Aber das laß
meine Sorge sein, und wenn sich die Hindernisse bergehoch
zwischen uns thürmen. ich überwinde sie alle, alle!"
Er schlug der Willenlosen den Schleier zurück und drückte
flammende Küsse auf ihre Stirn, ihre Augen, ihren Mund.
„O, sprich es nur ein einziges Mal, aus, daß;Du mich lieb
dast," flehte der Prinz. „Sage Lola, hast Du mich lieb?"
Er sah ihr tief in die Augen, und sie flüsterte, hingerissen
von seiner Leidenschaft, ein leises „Ja" und schmiegte sich
an ihn. das Gesicht an seiner Schulter verbergend.
Hell leuchtete es in den Augen des Prinzen aus, und
das stolze Lächeln des Siegers flog über sein Gesicht. Im
gleichen Augenblick aber erforderten die feurigen ungeduldig
gewordenen Pferde seine volle Aufmerksamkeit, auch mahnte
die immer tiefer sinkende Sonne zur Rückkehr, so daß er Lola
nur noch innig die Hand drücken und ihr zurufen konnte:
„Erst spreche ich mit dem Herzog, dann mit Deiner Mutter,
bis dahin muß unser Glück Geheunniß bleiben I" Dann wandte
er das Gefährt, und in pfeilschneller Fahrt, die jeden
intimeren Gedankenaustausch unmöglich machte, ging es
zurück. Lola aber kauerte in ihrer Schlittenecke, ganz ihren
Gedanken hingegeben. Immer wieder tauchte die Frage in
ihr aus: Thal ich recht — winkt mir wirklich das Glück?
Schließlich aber sagte sie fick, daß sie nicht anders hatte
handeln können, daß die Leidenschaft stärker gewesen als sie
selbst. Mit kecker Hand hatte der ungestüme Werber den
Schleier, der das Geheimniß ihres Herzens verhüllte, herab-
gerissen. Was sie vordem sich selber einzugestehen kaum
gewagt hätte, stand jetzt als Thatsache vor ihr: Sie liebte
den Prinzen schon lange, lange; ihr eigenes Herz würde
wild rebelliren, hätte sie ihn zurückweisen wollen. So
mochten die Ereignisse denn ihren Gang gehen; die Liebe
sollte fortan der Leitstern sein, dem sic folgte; auch ihre
Hehre Kunst wollte sie derselben willig zum Opser bringen,
vielleicht, daß die dunklen Schicksalsmächte, die dem Sterb-
lichen kein vollkommenes Glück gönnen, dadurch versöhnt
Würden.
So schnell auch der Heimweg zuruckgelegt worden war.

das Paar langte doch zu spät im Templiner Herrenhause an;
alle übrigen Theilnehmer der Fahrt waren schon lange vor-
her wieder cingetroffen. Der Respekt vor dem Prinzen hielt
freilich jede laute Bemerkung zurück, aber insgeheim machte
man um so ungenirter seine Glossen und flüsterte sich aller-
lei pikante Bosheiten über die vielbenetdere Künstlerin und
ihren fürstlichen Begleiter ins Ohr. Lola eilte bei der An-
kunft aus ihre Mutter zu und preßte in wilder Erregung
wieberholt heiße Küsse auf die welke Hand derselben. Auch
ein minder scharfer Geist als Freifrau von Golm ihn besaß,
wäre bei diesem ausfälligen Gebaren zu allerlei Vermuldungen
gelangt. Ernst und forschend, ja satt drohend, richtete die
Matrone die Augen auf die Tochter; erst als diese den Blick
ohne Scheu auShielt. milderte sie die Strenge desselben,
und liebkosend strich die Greisin über Lolas rothblonde Locken.
Sie wußte, zur Lüge und Verstellung ihr gegenüber war ihr
Kind unfähig. . ... - - ^
Bei Tische ging es überaus heiter her. Prinz Erich
zeigte sich als der liebe,iswürdlgite Kavalier, der hinreißendste
Gesellschafter. Mit überlegenem Geiste geherrschte er die
Unterhaltung. Hatte sein Humor ffonst aber einen Beigeschmack
ätzender Ironie, so zeigte sich heute Abend keine Spur da-
von; alle Härten seines Wesens schienen verschwunden. In
LolaS Brust aber zog ein stolzes sieghaftes Freudengefühl ein,
daß dieser glänzende, alle anderen um Haupteslänge über-
ragende Mann ihr gehörte. Jetzt war sie nicht mehr zweifel-
haft, bangte ihr nicht mehr vor der Zukunft und den Kon-
flikten, die diese bringen mußte. Eine Siegernatur wie Prinz
Erich warf alle Hindernisse nieder und triumphirte über alle
Gegner. Und mochte die Liede zu ihm ihr auch Leid und
Schmerzen bringen, so war dafür auch das Glück, die
Seligkeit, welche sie genoß, um so größer. Lieber im
stürml'chen Meer versinke», dessen Wogen gigantisch wild
emporbranden, als in einem stillen Teich voll flüsternder
Wasserrosen I
(Fortsetzung folgt.)
 
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