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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0511

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

«r. M.

Mullas, de« 7. Mai

IW«

»

Bo« den Berliner Festlichkeiten.
Berlin, 5. Mai. Die beiden Kaiser begaben
sich heute Samstag 7'/^ Uhr früh nach dem Truppen
Übungsplatz bei Jüterbog. Es fuhren ferner mit der Krön
brinz, Prinz Heinrich, das Gefolge, der Ehrendienst des
Kaisers von Oesterreich, der österreichisch-ungarische Militär-
attache, die Generaladjutanten v. Plessen, v. Hahnke, v.
scholl und Flügeladjutant Kapitän Grumme. Eine Ge-
fechtsübung wurde vorgenomen. Dabei standen im Gefecht
fschs Batterieen der Schießschule, ein Bataillon des 1.
Earderegiments und des Franz-Regiments, ein combinirteS
Aataillon, bestehend aus je einer Compagnie Gardeschützen,
dardejäger und Gardepioniere, und zwei Schwadronen Leib-
Affären, alle in Kriegsstärke. Die Artillerie gab 3000
Schüsse ab; die Fußtruppen schossen mit scharfen Patronen.
Dem Gefecht folgte eine Kritik, dann eine Parade. Bei
sich anschließenden Frühstück saß rechts neben dem
Kaiser von Oesterreich der Kronprinz, ihm gegenüber Kaiser
Wilhelm, rechts von diesem der Generalstabschef Frhr. v.
^ck. Vor dem Frühstück verlieh der Kaiser Franz Joseph
K»e Reihe Ordensauszeichnungen, so das Großkreuz des
Mabethordens der Kaiserin Auguste Victoria, der Prinzessin
Heinrich und der Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein,
I^ner das Großkreuz des Stephansordens den Prinzen
^ltei Friedrich und Adalbert. Außerdem erhielt der Reichs-
adler die Brillanten zum Stephansorden und Staats-
"Unister Dr. Miguel das Großkreuz des Stephansordens.
Der Kaiser von Oesterreich überwies dem Bürgermeister
Berlin 15 000 Mk. für die Armen Berlins, ferner
^ Kaiserin Augustehospital 2000 Mk., der Berliner
^chutzmannschaft 2000 Mk., dem Hedwig-Krankenhaus und
Hedwigskirche je 2000 Mk., den Grauen Schwestern
"00 Mk. und dem österreichisch-ungarischen Hilfsverein
-!00o Mk.
Als vor 23 Jahren der jetzige Kaiser für großjährig
. "ärt wurde, war das ein Ereigniß, das nur wenig
^rvortrat; damals nahmen die kronprinzlichen Eltern mit
jungen Prinzen Wilhelm von Preußen die Gratu-
Monscour in den beschränkten Räumen des kronprinz-
^chen Palais entgegen; dann folgte im königlichen Schlosse
^ feierliche Investitur des Kronprinzen, die Aufnahme
^ das Capitel des hohen Ordens vom Schwarzen Adler,
Ehrend gleichzeitig den Erbgroßherzögen von Baden und
ecklenburg-Strelitz und dem inzwischen verstorbenen Ecb-
^eßherzog von Sachsen-Weimar, Prinzen Friedrich
^sihelm von Hessen und General der Infanterie von
die gleiche Auszeichnung zutheil wurde. Allerdings
unser jetziger Kaiser damals noch nicht Kronprinz.
Hon ^ überhaupt erst das zweite Mal, daß in dem Hohen-
^ "ernschen Königshause ein Kronprinz als solcher großjährig
d Dieser Fall liegt jetzt vor. So ist es verständlich,
. 8 die Großjährigkeit des Kronprinzen sich zu einer um-
Än glänzenden Festlichkeit gestaltet. Die persönliche
>> Wesenheit des Kaisers und die ungemein starke Betonung
Bestandes des Dreibund.s in den beiden bis-
k,sien Kaiserreden geben ihm auch eine nicht geringe
"tische Bedeutung. _
Deutsches Reich
Der Kaiser überreichte gelegentlich der Bataillons-
hbchtjgnng auf dem Tempelhoferfelde am 4. d. dem ehe-
U^"8en Kommandeur der Garde-Kavallcrie-Division, Ge-
sy 'Kleutnant a. D. Graf Wartensleben vor, ver-
H^nieltem Offiziercorps die Rettungsmedaille am
^ "de. (Der General hatte dieser Tage, wie bereits
r^tdet, eine alte Frau, die in selbstmörderischer Absicht

in die Spree gegangen war, in voller Uniform mit eigener
Lebensgefahr aus dem Wasser geholt. Die Frau starb aller-
dings nachher infolge der erlittenen Aufregung. Die Red.)
— Zwischen dem deutschen Kaiser und dem
Vicekönig von Indien sind dieser Tage nachstehende
Telegramme ausgetauscht worden. Kaiser Wilhelm
telegraphirte am 3.: „Erfüllt von tiefem Mitgefühl für
das schreckliche Elend in Indien hat Berlin mit meiner
Genehmigung eine Summe von über einer halben Million
Mark aufgebracht. Ich habe Befehl gegeben, daß diese
Summe nach Kalkutta geführt und Ew. Excellenz zur Ver-
fügung gestellt wird. Möge Indien in dieser Handlung
der Hauptstadt des deutschen Reiches das Mitgefühl der
Sympathie für Indien erblicken, welches mein Volk leitet,
und das aus der Thatsache herrührt, daß Blut dicker ist
als Wasser." Der Vicekönig antwortete am 4. in einem
herzlichen Dankestelegramm.
— Dr. Lieber hat sich nach einer Meldung des
Nass. Boten wieder so weit erholt, daß er in den nächsten
Tagen zur Theilnahme an den parlamentarischen Arbeiten
nach Berlin reisen wird.
— In der Budgctkommission des Reichstags thut der
Centrumsabgeordnete Müller-Fulda außer-
ordentlich wichtig. Er ist dort der Führer des Centrums
und unermüdlich im Vorschlägen neuer Steuern zur Be-
streitung der Flottenvermehrung, obgleich man neue Steuern
dazu vielleicht gar nicht nöthig haben wird. Dieser rührige
Sleuerfinder ist auch sonst noch ein merkwürdiger Mann.
Im Zeitalter des Verkehrs hat er dieser Tage in der
Budgetkommission eine Besteuerung der Schtfffahrtskarten
empfohlen und dabei geäußert: „Der Verkehrsdusel
muß aufhören. Wenn der übergroße Verkehr einge-
schränkt wird, so wäre dies kein Unglück. Die ganze
Menschheit ist jetzt fast ununterbrochen auf der Eisenbahn.
Es wird zu viel gereist. Die Leute sollten lieber
mehr zu Haus bleiben. Es ist gar kein Fehler, wenn
der Verkehr eingeschränkt wird. In Newyork sind 1899
auf deutschen Schiffen 31867 Passagiere gelandet. Diese
würden schon 300000 Mark Stempel einbringen."
— Aus Berlin, 5. Mai wird gemeldet: Auf den
gemeinsamen Antrag des Vereins deutscher Ingenieure, des
allgemeinen deutschen Realschulmänner-Vereins, des Vereins
zur Förderung des lateinlosen höheren
Schulwesens und des Vereins für Schulreform nahm
eine von 300 Philologen besuchte Versammlung entsprechend
einer von 12 000 Personen Unterzeichneten Petition ein-
stimmig die beiden Forderungen an, daß alle Massigen
höheren Schulen, also Gymnasien, Realgymnasien und
Oberrealschulen, die gleiche Berechtigung zu den wissenschaft-
lichen Studien und höheren Laufbahnen haben müssen,
während die weitere Gestaltung aller höheren Schulen in
der Richtung zu bewirken ist, daß sie einen gemeinsamen,
die drei unteren Klassen umfassenden lateinlosen Unterbau
erhalten. Die Forderungen sollen mit der Petition dem
prcuß. Kultusminister übermittelt werden.
Köln, 4. Mai. Die Officiere und Mannschaften der
Torpedobootdivision besichtigten heute Vormittag
die Sehenswürdigkeiten Kölns. Um 11 Uhr fand Empfang
der Gäste durch die Stadtverordneten im Rathhause statt.
Später zeigte Domprobst Berlage den Officieren die Se-
henswürdigkeiten des Domes. — Die Torpedoboote bilden
fortdauernd den Gegenstand lebhafter Anziehung
für die Bevölkerung der Stadt und deren Umgegend. Das
Rheinufcr ist fortwährend von zahlreichem Publikum
besetzt.
Köln, 5. Mai. Auf das Huldigungstele-
gramm, das auf dem gestern zu Ehren der Officiere der

Torpedodivision veranstalteten Bankett an den Kaiser
abgesandt wurde, ist der Köln. Ztg. zufolge folgendes
Antworttegramm eingegangen: „Se. Majestät haben
sich über den warmen Empfang der Torpedodivision in der
alten Hansastadt Köln sehr gefreut und lassen der Kölner
Bürgerschaft hierfür wie für den telegraphischen Huldigungs-
gruß herzlich danken. (Gez. v. Lucanus." Auch der
Marinevercin sandte dem Kaiser und dem Prinzen Heinrich
ein Huldigungstelegramm. Heute Vormittag unternahmen
die Officiere der Torped o divi sion eine Rundfahrt
durch die Stadt. Um 12 Uhr gaben die Officiere der
Garnison den Gästen im Offiziercastno ein Frühstück.
Der Zudrang des Publikums zu den Torpedobooten dauert
unablässig fort.
Wilhelmshaven, 5. Mai. Der englische
Fischdampfer „Iris" wurde heute durch das Torpedo-
Divisionsboot v 2 beim Fischfang auf deutschem
Gebiet betroffen und ein ge sch lepp t.
Badischer Landtag. L. 0. Karlsruhe, 5. Mai.
(11. Sitzung der Ersten Kammer.) Präsident Prinz
Karl erbat vor Eintritt in die Tagesordnung die Er-
mächtigung des Hauses, den kaiserlichen Majestäten anläß-
lich der Großjährigkeitseiklärung des Kronprinzen die
Glückwünsche des Hauses zu übermitteln.
Zar Berathung stand zunächst das Budget des Finanz-
ministeriums, das nach längerer Debatte, in der u. a. Geh.
Rath Engler aus wirthschaftlichen Gründen die Herabsetzung
des Petroleumzolles befürwortete, angenommen wurde. Ueber
die Bitte des oberbadischen Weinbauvereins um Aufhebung
der Weinaccise ging das Haus zur Tagesordnung über.
Finanzminister Dr. Buchenberger erklärte, daß die Frage der
Beseitigung der Weinsteuer zur Zeit nicht diskutabel sei. Sie
habe im letzten Jahrs eine Summe von 2 400000 eingetragen,
auf die das Finanzministerium nicht verzichten könne. Die Er-
gebnisse der geplanten Steuerreform liegen noch im Dunkeln, so
viel scheine ihm aber schon sicher, daß man mit einigen Mtnder-
erträgnissen zu rechnen hätte. So lange aber Bier, Branntwein,
Kaffee, Salz hohen Steuern unterlägen, hieße es eine steuerliche
Anomalie, ein relativ werthoolles Genußmittel nicht zu besteuern.
Auch gegen die Aufhebung der Weinaccise allein müsse er sich
mit Entschiedenheit aussprechen, da man mit dieser Aufhebung
zu einem Steuersystem käme, von dem lediglich das Wirths-
gewerbe einseitig getroffen werde.
In der Na chmitt a g s si tz un g wurde über die Petition
des Vereins akademisch gebildeter Lehrer Badens betr. die Be-
rechtigung der Oberrealschule verhandelt. Den Kommis-
sionsantrag (empfehlende Ueberwetsnng) unterstützte in warmen
Worten Staatsminister Dr. Nokk. Geh. Rath Honsell er-
klärte sich Namens des Ministeriums des Innern, des Finanz-
ministeriums und des Ministeriums des Großherzoglichen Hauses
und der Ausw. Angelegenheiten gegen die Ausdehnung der
Berechtigung der Oberrealschulen. Er befürchtet eine Verringerung
des Beamtenmaterials; das Exoertment würde lediglich den Ober-
realschulen zu gute kommen. Ministerialdirektor Becker betont,
daß unserem Beamtenstand eine hohe Werthschätzung der huma-
nistischen Bildung iunewohne, die er demselben nicht genommen.
Wissen möchte. Sie hätten sich aber auch selbst in ihrem Gut-
achten gegen die Ausdehnung der Berechtigung ausgesvrocheu.
Die Oberrealschulen fänden durchaus ihre Aufgaben in der Vor-
bereitung zum bürgerlichen Berufe. Geh. Rath Engler spricht
sich gleichfalls gegen die Ausdehnung der Berechtigung der Ober-
realschule aus. Wollte man sie vornehmen, so müßte man radikal
Vorgehen und sie auf sämmtliche Staatskarriören ansdehnen.
Geh. Rath Schenkel stellt den Antrag, die Petition lediglich
zur Kenntnißnahme zu überweisen. Nach längerer Debatte wurde
der Kommissionsantrag mit allen gegen 6 Stimmen abgelehnt
und der Antrag Schenkel angenommen.
L.6. Karlsruhe, 5. Mai. (71. Sitzung der
Zweiten Kammer.) Vor Eintritt in d ie Tagesordnung
gedenkt Präsident Gönner der Großjährigkeits-
erklärung des Kronprinzen FriedrichWilhelm
und schlägt vor, durch Vermittlung des Großherzogs einen
Glückwunsch auf telegraphischem Wege an den Kaiser und
die Kaiserin gelangen zu lassen. (Zustimmung.)
Die allgemeine Berathung über das Budget der Ver-
kehrsan st alten wurde sodann zu Ende geführt. In der

Ei

Das Nachtmahl.

S)

'"k Geschichte aus dem Burenleben Südafrikas.
Erzählt von einem deutschen Arzte im Kaplande.
(Fortsetzung.)
kahler nervös ist, muß nicht auf südafrikanischen Wagen
Der Wagen schien jeden Augenblick umfallen zu
»lirm - als er auf dem jeder Beschreibung spottenden „paä"
"ie enge Bergpforte und das dahinter liegende
Flußbeet hindurchrasselte. Europäische Kutscher
Fh io etwas keine Ahnung, sie würden schaudern.
Mn i"en aber war man unbekümmert. Der alte Jan saß
Mtk'i^,,ch°ute den beiden Fahrern zu und gab ihnen gute
V>r>^w»e, um die sich diese übrigens nicht im Mindesten
An I"en, höchstens, daß Piet einmal sagte: „Ja, Baas"
« Mt. rr), um dann doch die Zügel zu halten, wie er es
Ms , . .Der vierzehnjährige Abraham interessirte sich eben-
die Mdbhgft sgr die Pferde. Bettje sah träumerisch durch
Man "b Rückseite des Wagens gen Himmel und dachte
De»> ,"^as für einen Stoff sie nun wohl für ihr neues
Mdck, ^"5en wolle. Maria aber, ein achtzehnjähriges
^vNllsiEn mit üppigem, dunkelrotbem Haare, die einige
Ms »Mvrossen üi ihrem hübsch geschnittenen Gesicht durch-
Nti entstellten, hatte sich dicht neben die Tante gesetzt.
^Mte ; r Seufzer hob plötzlich ihre Brust. Da drückte die
I .Mündlich ihre Hand und sagte: „Sei ruhig, mein
-siuimt ganz sicher." Und gewissermaßen zur Be-
mr diesen Trost, stopfte ihr Maria noch eins der
sinnen Kissen in den Rücken. So ging es einige
Mit lang in ziemlichem Stillschweigen vorwärts, bis es
^ Men , 5' die Zugthtere zu füttern und an den eigenen
" zu denken.

. .
?g„Afand sich jetzt in der Nähe eines Dammes, d. h.
"ältlichen Teiches, wie sie in dem wasserarmen Lande

an geeigneten Stellen angelegt werden, um das Vieh dort
zu tränken, und besonders auch, um Wasser für die Zeit der
Trockenheit zu sparen. Hier wurde Halt gemacht. Schnell
waren die Thiere ausgeschirrt und, nachdem sie sich >m
Sande gewälzt und abgekühlt hatten, zum Wasser getrieben.
Sodann wurden sie gespannt, d. h. eins der Vorderbeine
, hoch an den Halfter gebunden, um das Weglaufen zu ver-
hindern, bis in den an der Deichsel befestigten, während der
! Fahrt aufgerollten Segeltuckkrippen ihr Mahl von Kaff und
! Korn gemischt war. Wahrend dies von den Männern
i besorgt wurde, hatte Abraham dürres Holz aus den
i Büschen herbeigeschafft und schnell brannte ein lustiges
Feuer. In einem großen, schwarzen Kessel, der in die
Flammen hineingestellt wurde, kochte das Wasser zum un-
entbehrlichen Kaffee, und unweit des Feuers hatten sich bald
, Alle gelagert, um an den mitgenommen Mundvorräthen ihren
gesunden Appetit zu befriedigen. Denn es war die erste
Mahlzeit, die man heute einahm. Der Hotlcntot Piet
empfing sein Deputat, einen Becher Kaffee mit viel Zucker,
ein gewaltiges Stück Brod und kaltes Fleisch, womit er sich
zu den Pferden verfügte. Denn der braune Dienstbote darf
selbstverständlich nicht bei der Herrschaft sitzen, lieber der
Szene wölbe sich ein wolkenloser blauer Himmel, von dem
die Sonne jetzt warm herabstrahlte. Sind die Winternächte
in jener Gegend oft auch bitter kalt, bei Tage wird es doch
regelmäßig wieder wurm, bisweilen sogar heiß. Von Süden
her grüßten die hohen Gipfel eines imposanten Gebirges;
an seinem Fuß lag das Ziel der Reise, „bst äorp", der
Mittelpunkt des ganzen Distrikts.
Der Kaffee war getrunken, der Hunger gestillt. Aus
einer armseligen Hütte vom Rande des Dammes waren
einige zerlumpte und unsagbar schmutzige braune Kinder
scheu zum Vorschein gekommen, um die Ueberrestc des
Mahles für sich zu erbetteln, die ihnen nicht verweigert
wurden.
Jetzt erschien auch ein uralter, greiser Hottentott, um den
Kaffeesatz für sich zu beanspruchen, woraus dann immer und

immer wieder sogenannter Kaffee bereitet wird, so lange das
Wasser sich noch färbt. Diese Eingeborenen machen auf den
europäischen Neuling im Lande einen höchst kläglichen Ein-
druck. Es ist verkommenes degenerirtes Volk, ohne Energie,
ohne Ehrgefühl, dazu meist nicht einmal reine Rasse. Die
ersten holländischen Ansiedler, die ohne Frauen ankamen,
nahmen sich Frauen von den Hottentotten. Später haben
sie dann ihre eigene Bastardnachkommenschaft entweder aus
ihrem Gebiete verjagt, oder sie gleich den unvermischten
Hottentotten zu Sklaven gemacht. Und obgleich es seit
nahezu 70 Jahren in Südafrika keine Sklaverei mehr giebt»
ist der Sklavensinn in den Braunen geblieben und die Be-
handlung, die ihnen seitens der Weißen widerfährt, ist oft
wenig besser als die von Sklaven. Leider verdienen sie
manchmal auch keine andere.
Man rüstete sich nach kurzer Rast schon wieder zum
Aufbruch, als plötzlich um eine Felsecke hcrumbiegend, in
kurzer Entfernung ein anderes Gefährt sich zeigte, eine mit
vier Eseln bespannte offene Karre (ein zweirädriges Fuhr-
werk), in der ein lovial aussehender, fetter Mann in
mittleren Jahren selbst die Zugel führte. Nachdem er diese
seinem neben ihm sitzenden Hottentotten anvertrauk hatte und
etwas schwerfällig von seinem primitiven Fuhrwerk herab-
aeklettert war, wurde er von dem Ehepaar höchst freund-
lich als nosk (Neffe), von den Söhnen als Ohm Jakobus
begrüßt. Des letzteren Titels bedienten sich auch die beiden
Mädchen bei ihrer Begrüßung, die bei Bettie etwas hoch-
müthig, bei Maria sehr gleichgültig auSficl. Der Dicke schien
sich indeß nichts daraus zn machen, wischte sich sein rothes
Gesicht ab, erkundigte sich nach dem Wohlergehen der Familie,
bedauerte, daß sie den Kaffee bereits ohne ihn getrunken
hätten und machte schließlich den Vorschlag, ihn selbst zu
gemeinsamer Fortsetzung der Reise in den Wagen aufzu-
nehmen, wenn der jüngere Jan statt seiner die Karre fahren
wolle. Dies wurde bereitwilligst acceptirt und nach kurzer
Frist setzte man sich, die Karre voran, wieder in Bewegung.
(Fortsetzung folgt.)
 
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