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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0569

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 118.

Dmlstag, den 22. Mai

190«.

Die I-ex Heinze im Reichstag.
Aus der Sitzung vom letzten Samstag ist noch zu er-
wähnen, daß der Präsident Graf Ballestrem bei der
Festsetzung der Tagesordnung für Montag seinen Partei-
genossen, den Abg. Spahn, abfahren ließ. Der Abg.
Singer hatte beantragt, seine Interpellation betr.
den Kontraktbruch der Arbeiter auf dem Lande auf die
Tagesordnung zu setzen und er blieb bei dem Verlangen,
obgleich der Präsident erklärte, der Reichskanzler habe
sagen lassen, daß er sie erst beantworten könnte, wenn
ihm Frist gegeben werde, sich darüber mit den Verbündeten
Regierungen zu berathen. Singer also beharrte trotzdem auf
seinem Verlangen. Dann ging die Sache folgendermaßen
weiter:
Präsident Graf Ballestrem schlägt vor, als ersten Gegen-
stand die Interpellation, als zweiten Gegenstand die Isr Heinze.
Abg. Spahn (Centr.): Ich beantrage die umgekehrte Reihen-
folge. (Lärm links.)
Präsident Graf B alle st rem: Ich bin hier, um die Ge-
schäftsordnung nicht dem Buchstaben nach, wie es dieser Tage
Mehrfach geschehen ist oder verlangt wurde, sondern dem Sinne
nach auszulegen. Wenn ich die Interpellation als zweiten Punkt
aus die Tagesordnung setze, so kommt sie nicht zur Besprechung
(lebhafter Beifall linkst, und das will ich nicht thun. (Stürmi-
scher Beifall links.) Beschließt das Haus anders, dann gut.
Ich aber schlage es nicht vor. (Anhaltender Beifallssturm
links.)
Abg. S p ah n (Centr.): Ich ziehe meinen Antrag zurück.
(Stürmisches Hohngelächter.)
Präsident Graf Ballestrem: Gegen die Tagesordnung er-
hebt sich kein Widerspruch. (Anhaltende Bewegung)
Schluß 7 Uhr 40 Min.
Die Sache ist aber noch anders gekommen. Der
kürzlich zum Tode verurtheilte oder vielmehr für nicht vor-
handen erklärte Seniorenkonvcnt ist am Montag vor der
Sitzung zusammengetreten und hat beschlossen, daß am
Montag nach der Interpellation nicht die lex Heinze,
sondern das Fleischbeschau-Gesetz berathen werden sollte.
Darnach ist (siehe Reichstagsbertcht) thatsächlich verfahren
worden.
Der Umschwung in der ganzen Sache trat mit dem
Augenblick ein, da die Natioualliberalen, um die bedrohte
Geschäftsordnung zu retten, sich der Obstruktion anschlossen
und künstlich die Beschlußunfähigkeit herbeiführcn halsen.
Am nächsten Tag erklärten auch die Polen, daß sie für
Knebelung der Redefreiheit und die Erdrosfelung der
Opposition nicht zu haben seien. Das hat geholfen.
Schade, daß uns nicht der Raum zur Verfügung steht,
die Vorgänge im Reichstag eingehend zu schildern. Sie
bieten manches Interessante. Nur Einiges sei erwähnt.
Einmal versuchte das Centrum, die Sozialdemokraten
darüber zu beruhigen, daß gewisse Anträge derselben noch
Ar Debatte kommen würden. Die Sozialdemokraten ließen
sich aber durchaus nicht beschwichtigen. Da redete ihnen
der konservative märkische Junker v. Levetzow zu und ver-
sprach ihnen, daß die Anträge diskutirt werden sollten,
Und sie da: die Sozialdemokraten gaben sich zufrieden.
Dieser Vorgang hat auf das Ccntrum einen großen Ein-
druck gemacht.
Die drei Centrumsheiligen, die an der Wiege des
Kunst- und Theaterparagraphen der lsx Heinze standen,
*uaren der Kaplan Dasbach und die beiden Juristen
Aoeren und Gröber. Dasbach hat inzwischen einen Prozeß
su Trier gehabt, der ihn als Geschäftsmann und Mensch
'u einem sehr fragwürdigen Lichte zeigte. Hat doch sein
Eigner Parteifreund Roeren einst zu ihm gesagt: „Dasbach,
ivenn dich nicht dein geistliches Kleid schützen würde, dann
Aürde ich dir Eine 'runter hauen!" Ein Paar nette
Freunde, nicht wahr? Und von Herrn Gröber ist kürzlich
die interessante Thalsache bekannt geworden, daß er, der

Das Nachtmahl.
Eine Geschichte aus dem Burenleben Südafrikas.

Erzählt von einem deutschen Arzte im Kaplande.
12) (Fortsetzung.)
. Dann begab er sich zu Hendril's Herrn, einem alten Freunde,
°kr> er, nachdem er ihn soviel als nöthig ins Vertrauen ge-
Ugen, leicht überredete. Hendrik unter dem angegebenen
Aorwande — ein besserer ließ sich nicht finden — nach
Pause zu senden. Vergeblich wandte Hendrik ein. daß er
doch als Nenanaenommener bei der Abendmablsseier mcht
fthlen könne. Sein Herr vertröstete,hn aufs nächste Mal.
sur jetzt sei seine Anwesenheit im Hause dringend nöthig.
Und dem armen Burschen, der ja weiter nichts war als
Ln Knecht, blieb nichts anders übrig, als zu gehorchen,
gekümmert, daß er ohne Abschied von der Liebsten scheiden
?wßte, aber sich ihrer treuen Anhänglichkeit bewußt, war er
Obrere Stunden südwärts geritten, dabei immer eine in
Melden Richtung führende Karrenspur auf dem sandigen
j^ege gewahrend. Die Nachmittagssonne schien warm, als
Lutes Geschrei und Schimpfen ihn aus seinem Sinnen
Nckte. Als er um sich blickte, fand er sich Zeuge einer
Uerraschenden Scene. Ein korpulenter, rolhgefichtlger
t>°. " stand mit der Peitsche fuchtelnd zwei offenbar schwer
i.-Eunkenen Hottentotten gegenüber, die aus ihn einzudringen
^shten, wobei in des einen Hand ein Messer blitzte. Jetzt
Zflang es dem andern, die Peitsche zu fassen, worauf der
^-Nr — xx mar Jacob Smeer — ihn wüthend bei der Kehle
Mte. Wie der Blitz war Hendrik vom Pferde herunter.
»L Su Hülfe zu eilen. Und er kam im letzten Augenblick.
Ms Messer des einen Holtentoten zückte sich gegen Jacobus
i Pust, als der Braune plötzlich, wie mit eiserner Klammer
Handgelenk umfaßt fühlte, und ein Faustschlag über den

strenge Sittenrichter, zu Gunsten eines geistlichen Herrn
und Landsmannes, der wegen verschiedener Missethaten,
die an das Schutzgebiet des „Heinzegesetzes", wenn auch
nicht gerade den Künstlerparagraphen streifen, die Schweiz
aufsuchte, ein „Rechts-Gutachten" ausgefertigt habe,
auf das sich berufend die freie Schweiz vor wenigen
Jahren dem Staate Württemberg die Auslieferung
jenes Herrn erfolgreich verweigern konnte. Herr Gröber
ist in diesen Hcinzetagen in Folge dessen etwas verstört
im Reichstag einhergewandelt.
Die Last der Führung fiel dann ganz allein auf
Herrn Spahn. Spahn versuchte, wie oben geschildert,
noch im Moment, da die ganze Geschichte in's Wanken
kam, einen kecken Husarenritt, aber der ultramontane
Präsident des Reichstags selbst fiel ihm in die Zügel.
Das Centrum ist nun allmählich mürbe geworden,
aber doch erregt es einige Ueberraschung, daß es kapi-
tulirt hat. Das Nähere darüber findet der Leser weiter
unten.
Wem aber ist der ganze I-sx Loinre-Rummel zu gut
gekommen? Den Sozialdemokraten, denn ihnen fiel die
führende Rolle bei der Rettung der deutschen Kunst und
Literatur vor den Diebesgriffen des Centruins in den
Schooß.

Das Centrum hat kapitnlirt!
Berlin, 21. Mai. Das Kompromiß in der
lox Heinze ist fertig. Es ist Friede geschlossen:
Das Centrum hat völlig nachgegeben. Das
Gesetz ist als ein neuer Initiativantrag cingebracht.
Dieser wird dem Präsidenten morgen bei Fortsetzung der
Berathung vorliegen. Diese Fortsetzung wird daraufhin
unter Einverständniß aller Parteien nicht in Angriff ge-
nommen werden. Dieser Initiativantrag kommt in erster
und zweiter Lesung am Mittwoch, in dritter am Freitag
zur Verabschiedung. Dieses Kompromiß, an dessen Zu-
standekommen Präsident Graf Balle st rem einen ganz
besonders hervorragenden Antheil hat, enthält das Gesetz
bis zum Z 184einschließlich. Der Theaterparagraph,
sowie der Schaufenster- und Kunstparagraph
fallen weg, mit Ausnahme der einzigen Strafbe-
stimmung des Anbietcns oder Verkaufs unzüchtiger Dar-
stellungen und so wftter an Personen unter 16 Jahren.
Die Einwilligung des Centrums ist nur nach
schweren stundenlangen Kämpfen zu erreichen
gewesen.

Deutsches Reich
— Die ordentlichen Professoren des Straf-
rechtes an allen deutschen Universitäten haben folgende
Erklärung gegen die 88 184 a und b der lox Heinze
erlassen:
Der unter dem Namen der lex Heinze bekannte Gesetzentwurf
leidet an einer solchen Unbestimmtheit der Begriffe, daß er,
zum Gesetz erhoben, in dem verschiedensten Sinne aus-
gelegt und angewendet werden könnte. Verurtheilung oder
Freisprechung wären völlig von dem subjektiven Empfinden des
Richters abhängig. Schon ohnehin ist das Vertrauen
des Volkes zu der Rechtspflege infolge unklarer
und mangelhaft gefaßter Strafgesetze schwer er-
schüttert. Durch Annahme der lsx Heinze würde es in erheb-
lichem Maße Wetter gefährdet und so das deutsche Volk in einem
seiner idealsten Güter geschädigt werden.
Mainz, 21. Mai. Die Torpedobootsflotille
trifft am Donnerstag Nachmittag auf ihrer Rückfahrt wie-
der hier ein. Freitag Nachmittag kommt der Kaiser zu
Wagen von Wiesbaden nach Mainz, besteigt hier eines der
Torpedoboote und fährt mit der Flotille bis nach Bingen.

Deutscher Reichstag. Berlin, 21. Mai. Präsident
Graf Ballestrem verliest die I nt e r p ell a t i o n der Sozial-
demokraten betreffend die Bestrafung des Contract-
bruchs ländlicher Arbeiter.
Das Haus ist stark besetzt.
Staatssecretär Dr. Nieberding erklärt sich bereit,
die Interpellation namens des Reichskanzlers zu beant-
worten. Da aber vorher ein Einvernehmen mit den be-
theiligten Regierungen erforderlich sei, so werde die Beant-
wortung erst am 30. Mai erfolgen.
Der Präsident erklärt damit die Interpellation für heute
für erledigt und wird sie daher am 30. Mai auf die
Tagesordnung setzen.
Scdann schlägt der Präsident dem Haus vor, den 4.
Gegenstand der Tagesordnung zuerst zu berathen, nämlich
das Fleischbcschaugesetz. Das Haus ist damit ein-
verstanden.
Der größte Theil des Centrums verläßt
hierauf den Saal, und das Haus tritt in die dritte
Lesung des Fleischbeschaugesetzes ein.
Im Laufe der Debatte erklärte Staatssecretär Po sado Ws ky:
Der Antrag Aich dichter bildet die äußerste Grenze der
für die Regierung annehmbaren Concessionen. Die anderen, zur
dritten Lesung gestellten conservativen Anträge sind unannehmbar.
Die Generaldiscussion brachte keine neuen Gesichtspunkte,
zeigte auch keine geänderte Stellung der Parteien.
Morgen 1 Ubr: Isx Heinze, Fleischbeschau, 3, Berathung der
Gewerbeordnungsnovelle.
Baden. Karlsruhe, 21. Mai. Das sozialdemo-
kratische Wahlcomito O ffenburg-Kehl fordert in
längerem Aufruf unter scharfer Kritik der Centrumspolitik
der letzten Jahre zur Stimmenabgabe für den nat.-
lib. Kandidaten Reinhard auf. (Die Thatsache, daß die
Sozialdemokraten sich veranlaßt sehen, für einen
nationalliberalen Beamten mit dem Stimmzettel
einzutreten, spricht ganze Bände über die plump-einfältige
Ccntrumspolitik der letzten Zeit, welche die deutsche Kunst
und die deutsche Literatur so im Vorbeigehen in den ultra-
montanen Sack zu stecken gedachte.)
Badischer Landtag. L. 6. Karlsruhe, 19. Mai.
(14. Sitzung der Erste Kammer.) Zur Berathung stand
zunächst das Budget des Kultus.
Berichterstatter Geh. Rath Schenkel erläuterte kurz die
einzelnen Positionen und bemerkte, daß die Kommission keinen
Anlaß hatte, die Beschlüsse des andern Hauses zu beanstanden.
Den Zuschuß zum Gehalt des Prälaten hielt die Kommission
mit Rücksicht auf die allgemeine und staatliche Bedeutung seines
Amtes für durchaus begründet. In seinen weiteren Darlegungen
warf der Berichterstatter einen Rückblick auf die Entwicklung der
christlichen Kirchen und kam zu der Ansicht, daß sich heute die
Auffassung Durchbruch verschafft habe, daß die Kirche unserem
Volke ein sittliches und geistiges Gut, eine sichere, gefestigte Welt-
anschauung vermittelt und ihm die religiöse Grundlage für eine
gesunde und kräftige Sittlichkeit erschaffe. Die Kirche habe sich
blühend entwickelt und es sind daher die Klagen, die man da
und dort (auf gut deutsch gesagt: in der Zweiten Kammer von
den Herren Wacker, Dieterle und Hennig l) hört, nicht berechtigt.
Auch Prälat Schmidt stellt fest, daß die Kirche in ihrem
Innern ihr selbständiges Leben gewahrt und nach Außen hin im
Verein mit dem Staat Erfreuliches geleistet hat. Die Kirche
müsse dankbar sein für die reichen Mittel» die ihr Regierung und
Kammer zuwenden. Graf Helmstatt anerkennt ebenfalls, daß
die katholische Kirche reichliche Beihilfe erhalten hat, wenn auch
noch nicht alle ihre Wünsche erfüllt sind. Das gebesihm keinen
Anlaß zur Klage, es sei dies vielmehr für ihn ein Ansporn, auf
dem verfassungsmäßigen Wege die Wünsche der kathol. Kirche,
wie sie das Programm der kathol. Volkspartei (d. h. des Cen-
lrums!) enthält, auch weiter zu vertreten. Er hoffe, daß die im
Besitz der Altkatholiken befindlichen Kirchen den Katholiken bald
zurückgegeben werden. Redner gibt seiner Befriedigung Ausdruck
über die Erklärungen der Regierung im andern Hause in Betreff
der Dotation des Freiburger Seminars. Geh. Rath Dr. Schnei-
der erörterte eingehend die Frage der Eintragung kirchlichen
Eigenthums ins Grundbuch und gab seinem Erstaunen Ausdruck,
daß der kathol. Oberstiftungsrath ohne Benehmen mit den Be-

Kops ihm fast die Besinnung raubte. Leiwt wurden
nun die beiden Männer auch mit dem andern Buben
fertig. Zu Erörterungen war zunächst keine Zeit. Bald
lagen die beiden Attentäter fest mit Riemen gebunden am
Boden.
Nicht recht wissend, womit beginnen, standen nun die
Männer einander gegenüber. Noch vor Erregung und An-
strengung keuchend und Hendrik die Hand hinstreckend, sagte
Jacobus endlich: „Ihr kamt zur rechten Zeit, Gott lohne
es Euch; ohne Eure Dazwischenkunst säße letzt das Messer
in meiner Brust- Aber was hat Euch denn auf einmal
diesen Weg geführt?" „Dasselbe kann ich Euch kragen,"
erwiderte Hendrik," „wir waren >a doch beide heute Morgen
noch im Dorf. Mich hat man plötzlich weggeschickt, man will
mich dort nicht haben." Die letzte Bemerkung reute ihn
sofort, aber das gepreßte Herz hatte sich nun einmal Luft
gemacht. Jacobus schaute ihn aufmerksam an und sagte:
„Hört. Hendrik, wir haben, glaube ich, einander etwas mit-
zutbeilen." Und nun begann er von der Leber weg, seinem
Retter von seiner verunglückten Werbung und seinem Groll
und Aerger zu erzählen. „Hendrik." schloß er ganz bewegt,
diesem wiederum die Hand drückend, „ich irre mich wobl
nicht, wenn ich annehme. Mama liebt Euch; und Ihr sollt
sie haben, so war ich Jacobus Smeer heiße." Hendrik konnte
nun auch nichts anders thun, als sein ganzes Herz aus-
schütten, und so saßen die früheren Nebenbuhler nun als
gute Freunde im Schatten von Jacobus Karren, während
dieser nun auch Aufklärung darüber gab, wodurch er in den
Zwist mit den beiden braunen Burschen gerochen sei.
Es erhellte aus seiner Schilderung und aus dem ange-
stellren Verhör, wobei die beiden Sünder in wenig cere-
monieller Weise zum Reden veranlaßt wurden, das Folgende:
Jacobus hatte sich nach der ruhelosen Nacht und dem starken
Frühschoppen allmählich recht schläfrig gefühlt; zudem mußten
die Thiere gefüttert werden, und so hatte er an dieser Stelle
ausgespannt. Nachdem er zur Beschwichtigung seiner Ge-

^ danken und zur Beförderung garer Ruhe noch einen Trunk
ans einer der mitgebrachten Flasche genommen, hatte er sich
in einiger Entfernung an einem schattigen Plätzchen nieder-
gelegr und war bald fest eingeschlafen. Sein Hoitentott halte
ihn wohl beobachtet und hatte der Versuchung nicht wider-
stehen können, die angebrochene Flasche aus der Karrenkiste
zu nehmen und sich gleichfalls zu stärken. Wie es immer
geht, so auch diesmal; auf den ersten Schluck, den er noch
zu verheimlichen gehofft hatte, folgte der zweite, und damit
war die Furcht von den unausbleiblichen Prügeln ver-
schwunden, zumal sich Gesellschaft einfand. Ein herum-
streichender Hoitentott hakte den glücklichen Flaschenbesitzer
erspäht und forderte nun nach dem unter den Braunen
geltenden Rechte des Kommunismus seinen Antheil. Und
nun begann das Zechen; aus die erste folgte die zweite und
dann die dritte Flasche, bis der nun beginnende Skandal,
dessen sich kein Hoitentott im betrunkenen Zustande ent-
schlaaen kann, Jacobus aus seinem Schlaf ausweckke. Mit
der Peitsche war er nun aus seinen Knecht losgegangen. um
ihn durch eine wohlverdiente Züchtigung zu ernüchtern.
Aber dieser hatte sich mtt Hülse seines Zechkumpans wider-
setzt. wobei letzterer, ein herrenloser Vagabund, sein
Messer gezogen batte. Die Sache würde ohne Hendriks
Dazwischenkunst für Jacobus ein schlimmes Ende genommen
haben.
Nach dem Dorfe mußten sie nun zurückkehren, schon um
die beiden Missetäter der Obrigkeit zu überliefern. Konnte
wegen des Diebstahls allenfalls auch ein Auge zugedrückt
werden, die Widersetzlichkeit und der Anfall mit dem Messer
erforderten Bestrafung. So wurden die beiden jetzt
wieder etwas ernüchterten Sünder rechts und links
an den Sattel gebunden, während Hendrik zwischen ihnen
reitend, wohl auf sie acht gab und Jacobus mit seiner Karre
»olgle.
(Fortsetzung folgt.)
 
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