Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0407

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
vierteljährl. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.

Fernfprech-Anschluß Nr. 82.


Jnscrtionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.

Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernfprech-Anschluß Skr. 82

84. Erstes Klaff.

Montag, den 9. AM

I9VV.

Vom deutschen Handelstag.
Berlin, 7. April. In der heutigen Sitzung des
deutschen Handelstages wurde die vom Ausschuß
vorgeschlagene Neuordnung des Handelstages angenommen,
in der unter anderem die Erweiterung des Verbandes,
Aufnahme industrieller Fachvereine und Erhöhung der
Umlagen vorgesehen wird. Im Laufe der Verhandlung
wurde die Nothwendigkeit des Zusammengehens von Handel
»nd Industrie lebhaft betont und sodann nach kurzer Be-
sprechung einstimmig ein Beschluß angenommen, in dem
der Handelstag als grundsätzlicher Gegner jeder Umsatz-
steuer sich gegen die von kleine» und mittleren Mühlen-
besitzern geforderte gestaffelte Umsatzsteuer erklärt, die mit
der steigenden Produktion die Erzeugungskosten erhöhen
und dadurch den großen Mühlen den Mitbewerb er-
schweren sollen. Sodann wurde zu dem Punkte „Ein-
richtungen zur Förderung des auswärtigen Handels und
Auskunft über den Ausfuhrhandel im Auslande" eine
vom Ausschuß empfohlene Erklärung angenommen, in der
der Handelstag die Errichtung von Handelskammern durch
deutsche Kaufleutc im Auslande als ein werlhvolles Mittel
Sur Förderung des auswärtigen Handels beantragt »H>
rine wohlwollende Unterstützung derartiger Organe durch
die verbündeten Regierungen mit Freuden begrüßen würde.

Deutsches Reich
— Recht bemerkenswerth ist, daß bei den meisten
Nazareth- und Verbandgegenständen bei den engl. Truppen
Südafrika die deutsche Fabrikmarke iu Osr-
sich findet. So kommt cs denn, daß die durch
^lupp'sche oder Mauser'sche, also deutsche Geschosse verur-
sachten Wunden mit deutsche» Verbandsstoffen geheilt wer-
den, was alles wohl auf die Tüchtigkeit der deutschen Er-
eignisse schließen läßt.
Baden. 8.6. Karls ruhe, 8. April. Die L and boten haben
Mein den Halbmondsaal verlassen, um in der 14tägigen Osterpanse
L die wohlverdiente Ruhe und Erholung zu gönnen. In 59
Atzungen ist nunmehr bereits ein ansehnlicher Theil dcS dem
z," ndtag zngewiesenen Arbeitspensums erledigt worden, so u. a.
l,^ Budgets sämmtlicher Ministerien mit Ausnahme des Knltns-
Unterrichtsministeriums, ferner mehrere Gesetze und Eisen-
tlnk Klagen, Interpellationen und Anträge sowie zahlreiche Ein-
Daneben haben die einzelnen Kommissionen viele Sitzungen
z»M.?lten. Die Verhandlungen, die sich bisher im — Gegensatz
da früheren Scctionen — fast ausnahmslos oon »mors abspielten,
Ersten nach den Osterferien etwas lebhafter und interessanter
rj?ven, besonders wenn einmal die Budgets des Kultus, Unter-
r M u, der Verkehrsanstalten sowie die Wahlrechtsfragc und Steuer-
d,I°vm zur Berathung gelangen. In Abgeordnetenkreisen macht
g^N^sich auch diesmal auf eine lange Dauer der Session
Badischer Landtag. L. 6. Karlsruhe, 7. April.
E. ' Sitzung der Zweiten Kammer.) Eingelaufcn ist
Nachtrag zum Eisenbahnbndgel, in dem fürsorglich eine
^"llion Mark gefordert wird zur Gelündeerwerbung für
d legung des Karlsruher Personenbahn-
hofs.
tzj 3»r Berathung stehen Petitionen und zwar zunächst die
tz'Mbe der Diözesanausschüsse Breiten und Karlsruhe-
^vgend Erlassung gesetzlicher Vorschriften zur Bewahrung der
l»r^?'^^rstatter Obkircher (natlib.) beantragt Ueberweisung
>tj,a^nntnißnahme in dem Sinne, daß die bestehenden Be-
h>^?vmgcn von den zuständigen Behörden strenger angewendet
Abg. Kögler (natlib.) befürwortet in erster Linie das
^bZvshausverbot und straffere Handhabung der Zuchtmittel.
Hennig (Ccntr.) legt der Petition das größte Gewicht bei.
ihm vMchen' Zustände seien zweifellos gegenüber früher viel
dex "wer geworden, wie aus der Strafstatistik und der Zunahme
glichen Geburten hervorgehe. (Redner sucht dies an der
»dm? einer Statistik nachzuwcisen, deren Zahlen jedoch mit der
'wen nicht übereinstimmen.) Mit Polizeimitteln sei nicht viel
ö>i,n Hteii, man müsse den Ursachen nachgehen. Sehr viel
^'kle d dieser Hinsicht die Fabrikherren thnn; statt dessen thnn
n Gegentheil, indem sie z. B. die Arbeiter geradezu von
Mt r '^Haltung des Sonntags abhalten, von andern Dingen
reden. Ein Fehler war es, daß man die Pflicht zum
°er Christenlehre aufhob und Errichtung von Wirthschaften
i"rchs tr. Durch den jetzt noch bestehenden Cultnrkampf und
rtwährcnde Angriffe der liberalen Amtsverkündiger und
.0 der Bad. Landeszeitung auf die geistliche Autorität werde
jUmöse Bewußtsein der Massen geschwächt. (!) Das Klagelied
k 4 Ä^baren Pfarrherrn schließt mit dem Ausruf: „Wenn es
"Jahre so fortgeht, dann Gnad' Gott uns!" Der konser-
Mdeb^dg. Frhk. ». Stockhorner mißt die Schuld von der
Lr dew den Verwilderung der Jugend unserer Gesetzgebung zu.
^>e sch. Manchesterthum zu viel freien Spielraum gelassen habe.
Mklt ."kmlose Gewerbefreiheit und Freizügigkeit sind zu unver-
k>g,„°'ngcführt worden. Abg. Dreesbach (soz.) wendet sich
- als ob gerade die gegenwärtige Zeit eine be-
'wickl Emme Epoche sei. Unbestreitbar brachte die rapide
!^"de g der Jndust ie manche Mißstände, allein auch auf dem
Nie. Mmen Dinge vor, die man kaum für möglich halten
* Besserung kann nur eintreten, wenn man bessere Lebens-
W-u Men schafft. Abg. Wittuui (natl.) verwahrt die Fabrikanten
Mich,"' Borwurfs venmg's, als uv sie iyre Pflicht in dieser
ils.Krkk nachlässigen. Mekr als Bürgermeister, Pfarrer und
gwsez „ ">"n die sozialdemokratischen Führer wegen ihres Ein-
die Arbeiterschaft zur sittlichen Hebung des Arbeiter-
d-fwchj,/'«trage». Minister Dr. Eiseul 0 hr vermißt in dem
sMi, 'Msbericht konkrete Vorschläge. Nach seiner Ansicht ge-
SkO'tuno». ^stehenden gesetzlichen Besttmiuu.rgen, um lleber-
der Jugend vorzubeugen; diese sollten schärfer
Uli^des,,^ Vierden. Von einem allgemeinen Verbot des Wirths-
t>r>?E8rejsu? ,'ür jugendliche Personen könne keine Rede sein.
. w sei es ihm, wie Hennig die Schuld an de» Miß-
dje dve.fg.s. AEormalion und dem Kulturkampf oder gar der
^„^chlaskr.-Adresse zuschreiben könne. Die Hauptschuld trage
ißF Ayg der Orlspolizei. (Abg. Wacker: Sehr richtig!)
r st (nat.-lib.i hält Polizeimaßregeln gegen solche
>"r gänzlich verfehlt. Die Organisationen in den

Städten, in denen die Pflege edler Geselligkeit geübt wird,
sollten vermehrt und auch auf's Land hinausgetragen werden;
auch den fakultativen Fortbildungsunterricht könnte man über
das 16. Lebensjahr hinaus ausdehnen. Nach weiteren Be-
merkungen der Abgg. Hennig, Frhr. v. Stockhorner,
Eder und Höring (nat.-lib.), der besonders die Volks,
bibliotheken als Jugendblldungs- und Besserungsmittel empfiehlt,
wird der Kommissionsantrag angenommen.
Die Eingabe des Gemeinderaths Staufen um Erhaltung
der dortigen Burgruine wird nach kurzer Erörterung, an der sich
außer dem Berichterstatter Abg.Blümmel der Abg. Dieterle
und Amtsrichter Mayer betheiligen, der Regierung empfehlend
überwiesen.
Präsident Gönner schließt die letzte Sitzung vor den
Osterferien um '/sl.2 Uhr und wünscht den Abgeordneten
glückliche Heimkehr und fröhliche Feiertage. Die nächste Sitzung
findet am 23. April, Nachmittags 4 Uhr, statt. Tagesordnung:
Gesetzentwurf betr. das Genehmigungsverfahren bei Eisenbahn-
anlagen. (Berichterstatter Abg. Zehnter.),
Bayer«. München, 7. April. Die heutige erste
öffentliche Versammlung des Goethebundes ist von
etwa 3500 Theilnehmern besucht. Dr. Hirth, Dr. Müller-
Meiningen, Sudermann und Dr. Deinhardt wurden stür-,
misch empfangen. Die Versammlung trug den Charakter
einer überaus temperamentvollen einhelligen Kundgebung
gegen die I-ox Heinze und deren Geists
Preußen. Berlin, 7. April. Die Mittheilung, das
Staatsministerium habe beschlossen, dem Anträge aus Zu-
lassung von Abiturienten der Realgymnasien
zum medicinischen Studiumzuznstimmen, wird denBerl.
Politischen Nachrichten zufolge als zutreffend bezeichnet mit
dem Bemerken, daß die Zulassung nur dann erfolgen soll,
wenn dieselben im Lateinischen vollauf den an die
Abiturienten der humanistischen Gymnasien ge-
stellten Anforderungen genügen.
Sachse«. Dresden, 7. April. Eine Protestvcr-
sammlung von über 1000 Schriftstellern, Künstlern und
Kunstfreunden Dresdens beschloß heute Abend einstimmig,
den Buudesrath zu ersuchen, dem Kunstparagraphen der
I-ox Heinze die Zustimmung nicht zu erlheilen.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
gnädigst geruht, dem Buchdruckereibesitzer Karl Konstantin
Molitor in Ladenburg auf Ansuchen das Prädikat „Hof-
lieferant" zu verleihen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Badearzt Dr. Josef Schwoerer in Badenweiler die Erlaub-
niß zur Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen König-
lich Preußischen Adler-Ordens vierter Klasse ertheilt.
— Akiuar Karl Josef L öf fl er beim Landgericht Freiburg
wurde znm Expediturassistenten bei diesem Gerichte ernannt.
— In gleicher Eigenichaft wurden versetzt die Hauptsteuer-
amlsassistenten: Rudolf Weiß beim Hauptsteueramte Mannheim
zur Zollabfertigungsstelle am Bahnhof in Schaffhausen, Albert
Ru pp und Konstantin Herp bet der Zollabfertigungsstelle am
Bahnhof in Basel zum Hauplzollamte Mannheim, Oskar Fecht
bei der Zollabfertigungsstelle am Bahnhof in Schaffhausen zur
Zollabfertigungsstelle am Bahnhofe in Basel, Wilhelm Fuchs
beim Hauptsteueramte Konstanz zum Hauptzollamte Mannheim
und Emil Stolzer beim Hauptzollamte Mannheim zum
Hauptsteueramte Konstanz.
— Rechtspraktikanten. Auf Grund der im Frühjahr
1900 abgehaltenen I. juristischen Staatsprüfung wurde folgende
Rechtskandidaten zu Rechtspraktikanten ernannt: Bartning, Her-
mann, aus Chemnitz; Bauer Friedrich aus Frankfurt a. M.;
Becker Sigmund aus Graben; Bernheim Heinrich aus Thiengen;
Brandstetter Ambros aus Renchen; Burger Erwin aus Offen-
burg; Drinneberg Hermann aus Offenburg; Ehrlcr Josef aus
Heitersheim; Einwächter Erwin aus Hüffenhardt; Ellenbogen
Julius aus Bruchsal; Fuchs Hans aus Breslau; Geiler Karl
aus Schönau; Geißler Hugo aus Brette»; Gugel Arthur aus
Wehr; Hafner Karl aus Engen; Hagenunger Alfred aus Tribcrg;
Haunß, Edwin aus Neuenbarg a Rh.; Herth Wilhelm aus
Buchen; Hirsch Alexander aus Heidelberg; Hottinger Albert
aus Schwetzingen; Jmhoff Ludwig aus Mannheim: Kapferer
August aus Mosbach; Kohlmeier Philipp aus Mannheim;
Leonhard Otto aus Heidelberg; Löss Hermann aus Obei-
öwisheim; Mörder, Karl aus Freiburg; Müller Hellmuth aus
Konüanz; Müller Otto aus Konstanz; Neter Moritz aus
Gernsbach; Neumann Eugen aus Randegg; Pfeiffenberger Otto
aus Mannheim; Schäfer Otto ans Buchen; Scheffelmeier Karl
aus Mannheim; Schmitt Karl aus Sinsheim; Scholl Hugo aus
Könighetm; Schuhmacher Hermann aus Freiburg; Schweickert
Karl aus Bruchsal; Steurer Otto aus Donaueschingen; Streng
Richard aus Nürnberg; Thoma Friedrich aus Neustadt: Traut-
wein Karl aus Pforzheim; Ullrich August aus Ebenheid.
Karlsruhe, 7. April. Der Großherzog ertheilte
heute Vormittag von 11 Uhr ab einer Anzahl Personen
Audienz, darunter dem Landgerichtspräsidenten Christ in
Mannheim, dem Bezirksarzt Geheimen Hofrath und Prof.
Dr. Knaufs in Heidelberg und dem kath. Pfarrer Knöczer
in Heddesheim. Abends 7 Uhr empfing Se. Kgl. Hoheit
den Professor Dr. Sutter von der Universität Freiburg,
welcher sodann vor den höchsten Herrschaften einen Vor-
trag über den „Bildercyklus in der Vorhalle des Frei-
burger Münsters" hielt. Hierzu waren zahlreiche Einla-
dungen ergangen.

Ausland.
Oesterreich. Wien, 7. April. Der Kaiser empfing
heute den Erbgroßherzog Friedrich von Baden
in besonderer Audienz.
England. London, 7. April. Das Unterhaus
nahm die zweite Lesung der Flottenreserve-Bill an, welche
der Admiralität diskretionäre Vollmacht einräumt, die
Flotte nreserve einzuberufen.
London, 7. April. Die Königin machte gestern
Nachmittag eine längere Rundfahrt durch die ärmeren

Stadtviertel von Dublin in die Vorstädte. Sie war nur
von fünf reitenden Schutzleuten begleitet und erntete überall
wärmsten und herzlichsten Empfang. Abends nahm die
Polizei die dieswöchige Nummer des Wochenblattes United
Jrishmann in Beschlag. Nur der Drucker war zugegen.
Es soll ein Hetzartikel unter dem Titel „Die Hungersnoth-
köniaiu" die Ursache der Maßregel sein.
London, 6. April. Unterhaus. Untersecretär des
Krieges Wyndham führt aus: Die Gesammtziffer der
Gefangenen aus Transvaal und Oranje frei-
staat bezifferte sich auf 5000 Mann am 23. März. Die
Gesammtsumme der gefangenen Engländer sei nicht genau
festgestellt. Die Zahl der Vermißten und Gefangenen habe
am 31. März 3466 Mann betragen. Man halte nicht
dafür, daß die Zeit gekommen sei, die Frage der Aus-
wechslung der Gefangenen zu regeln.
Afrika. Ueber die Gefangennahme von fünf
englischen Kompagnien bei Reddersburg berichtet
ein weiteres Telegramm von Lord Roberts aus Bloem-
fontein: Die Verluste der Engländer bei Reddersburg be-
tragen 2 Offiziere und 8 Mann todt. 2 Offiziere ge-
fährlich verwundet. 33" Mann weniger schwer verletzt.
8 Offiziere und die übrige Mannschaft sind gefangen. Die
Buren sollen 3 200 Mann stark gewesen sein mit fünf
Kanonen, während die Engländer 167 Mann berittene
Infanterie und 420 Mann Infanterie zählten. — Wie
die Sache zugegangen ist,, darüber macht auch dieses Tele-
gramm keine Mittheilung. Reddersburg, ein Flecken von
2000 Einwohnern, liegt 60 Kilometer südlich von Bloem-
fontein. in einem von Wasserläufen und Höhenzügen durch-
schnittenen Terrain, 16 Kilometer ostsüdöstlich von der
Bahnstation Bethanie. Das Vorkommniß zeigt, daß die
Engländer den Süden des Oranjestaats noch durchaus
nicht in ihrer Gewalt haben. Wenn eine so starke Buren-
schaar mit fünf Kanonen unweit der Verbindungsbahn
von Bloemfontein nach Kapstadt mit solchem Erfolg
operirt, dann mag es Lord Roberts um seine Verbindung
nach Süden zu etwas bang geworden sein. Es sieht
sehr darnach aus, daß die Buren versuchen wollen, dem
englischen Heere die Zufuhren abzuschneiden, was zu einer
bösen Katastrophe für die Engländer führen könnte. Der
Nachschub von Proviant und Munition macht den
Engländern schon jetzt die größten Schwierigkeiten.
Sehr schmerzlich empfinden sie den Verlust eines
erheblichen Theils der Roberts'schen Trainkolonne.
Man hat den Eindruck, als sei Roberts zur Zeit garnicht
recht actionsfähig, was nur von unzureichendem Train-
wesen und vielleicht auch von Verlusten an Cavalleriepferden
herrühren kann. Die Zerstörung der Bloemfonreiner
Wasserleitung wird sich vermuthlich in sehr unangenehmer
Weise für die große Garnison dort geltend machen. —
Sehr bedauert wird der Tod des auf Seiten der Buren
kämpfenden französischen Obersten Villebois; aber eine große
Bedeutung für den Krieg hat er nicht, da die Buren auf
die fremden Offiziere nicht viel hören. Villebois war
allerdings schon mehrere Jahre in transvaal'schem Dienste.
Er soll sich besonders bei Aufstellung von Belagerungs-
geschützen und dergleichen nützlich gemacht haben.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 9. April.
O Verein Frauenbildung—Frauenstndium. Am Samstag
veranstaltete der Verein Frauenbildung—Frauenstudium im
kleinen Saale der Harmonie einen Vortragabend. Nachdem
Professor Mittermaier namens des Vereins die leider nicht
in großer Zahl Erschienenen begrüßt hatte, hielt Hauptlehrer
K. Haußer aus Mannheim den angekündigten Vortrag über:
„Bedeutung und Organisation des kaufmännischen Unterrichts
für Mädchen". Zunächst betonte der Redner, dag man durchaus
nicht beabsichtigt, durch die Errichtung von Handelsschulen für
Handlungsgehülfinnen etwa ein neues Bedürfniß zu schaffen,
andern nur bestrebt ist, ein vorhandenes in zweckmäßiger Weise
zu befriedigen. Daß ein Bedürfniß thatsächlich vorhanden ist,
beweist der täglich wachsende Zudrang von weiblichen Kräften
zum kaufmännischen Beruf. Aber auch für andere Mädchen, be-
sonders für die Töchter von Gewerbetreibenden und Handwerkern
ist es überaus wichtig, kaufmännische Kenntnisse zu erlangen,
um ihre Gatten oder Brüder im Geschäfte unterstützen zu können.
So waren denn auch, als man etwa vor einem Jahre in
Mannheim einen Handelsrurs für Mädchen eröffnet-, sowohl der
Besuch wie die erzielten Erfolge überaus günstige, obwohl nur
olche Mädchen Schülerinnen sein konnten, die noch nicht in ein
Geschäft eingetretcn waren, denn die Kurse finden Nachmittag«
kalt, also zu einer Zeit, wo Angehörige eines Geschäftes durch
ihren Beruf am Besuche verhindert sind und es solange bleiben
werden, als gesetzliche Bestimmungen den Besuch der Fort-
bildungsschulen für Mädchen noch nicht erzwingen. Der Lehr-
plan der Mannheimer Kurse, der sich an den der basischen
Handelsschule anlehnt, legt hauptsächlich Werth auf den Unter-
richt in der Muttersprache, der im engen Anschluß an den kauf-
männischen Beruf gepflegt wird. Unterwiesen werden die
Schülerinnen ferner in der für jeden Kaufmann überaus wichtigen
Gesetzeskunde und Volkswirthschastslehre. Gerade bet dem
zuletzt genannten Fache hat man schon den Einwand gemacht,
daß dasselbe zu schwierig sei, um in einer derartigen Schule ge-
lehrt zu werden. Man darf indessen hierbei nicht an Vorlesungen
denken, wie sie auf der Universität gehalten werden, die die
einzelnen Begriffe wissenschaftlich festlegen und bestimmen, das
freilich hätte in diesem Falle wenig Werth; hier wird aber in
ganz anderer Weise an der Hand eines geeigneten Lehrbuches
durch Beispiele aus dem praktischen Leben den Schülerinnen das
Wtssenswerthe beigebracht. Außerdem finden ein praktischer
Rechenunterricht, bei dem die einfachen Rechnungsarten voraus-
gesetzt werden, ferner die Stenographie, die Buchhaltung und
Handelsgeographie die nöthige Berücksichtigung; als fakultative
Fächer werden Französisch und Maschinenschreiben behandelt.
 
Annotationen