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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 27-50 (1. Februar 1900 - 28. Februar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0149

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»Misprech-Anschlnß Nr. 82.

ÄtldkM ZÄW.

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Für hiesige Geschäfts- und
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ermäßig:.
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tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Fernsprech-Anschluß Nr. 82

31.

Dienstag, den 6. Februar

ISV1>.

Ein neues italienisches Ehegesetz.
Der römische Berichterstatter der Basler Nachrichten
8>ebt eine Reihe sehr interessanter Mittheilungen über ein
^ues Ehegesetz. Er schreibt:
Das Kabinet könnte in eine Krise gerathen, falls das
s>eue Ehegesetz Bonasi durch den Senat obgelehnt werden
sollte. Der Senat ist mehr für das von dem verflossenen
2ustizminister Finocchiaro-Aprile geschaffene Ehegesetz. Das
vorliegende Project des Justizministers Bonasi läßt die
'srchljche vor der standesamtlichen Trauung
öü, jedoch sind sowohl die Priester, wie die Eheleute ver-
pflichtet, innerhalb drei Wochen die vollzogene kirchliche
Trauung den Civiibehörden mitzutheilen; außerdem werden
me Eheleute verpflichtet, die standesamtliche Trauung in
^eser Zeit vornehmen zu lassen. Das Projekt Finoc-
chiaro verlangt das Vorange h en der Civiltrauung.
^enn die italienische Statistik eine ganz überraschend hohe
4»hl unehelicher Geburten aufweist, so ist das nicht aus
oern Mangel an Moral zu erklären, welche in Italien
bicht schlechter als in anderen Ländern ist, sondern daraus,
^ die meisten armen Leute, und viele auch aus den
Mittelständen, sich bisher einfach auf die kirchliche
Trauung beschränkten, die sie in den Augen ihrer
-Mitbürger vollständig legitimirte, während die Gesetze
p.otürljch die aus solchen Verhältnissen entsprossenen Kinder
,'br unehelich erklärten. Beide Gesetzgeber wollen diesem
prbel abhelfen, das Projekt Bonasi aber ist das mangel-
boflere. Man will damit, da dieses Gesetz dem Priester
^ Vorrang läßt, der Kirche und dem kirchlichen Sinn cnt-
^kenkommen: in Wirklichkeit dürften jedoch die Gegensätze
pichen Kirche und Staat durch die zweifellos sehr nolh-
- rndig werdende Bestrafung von Geistlichen sich noch ver-
worfen. Das Projekt Finocchiaro gibt der Staatsautori-
w. von vornherein eine größere Stütze, indem jeder
-sriester zur Verantwortung gezogen werden muß, der eine
schliche Trauung vor der standesamtlichen vornimmt.
w"ii, nicht irgend welche Zwischenfälle eintreten, wird sich
,M auch die Kammer dem Senat anschließen, und dann
i°nnte
finden.

der Justizminister Bonasi Grund zum Rücktritt

e» Gleichzeitig mit dem Eheschließungsprojekt wird der

4t

"'Mer ein Ehescheidungsgesetz zugehen. In

^olien besteht jetzt nur die Trennung von Tisch und Bett,
dab """ diese Trennungen immer häufiger werden — so-
ttnv- beispielsweise in Rom die „getrennte" Frau eine
hp>sche Figur im Gesellschaftslcben geworden ist —, will
füg "Eue Gesetzentwurf beiden Theilen die völlige Ver-
eng über ihre Person wiedergeben.


Deutsches Reich.
Die Ortho graphie des bürgerlichen Ge-
Uches ist, wie die Post mitthcilt, seit dem 1. Jan.

ttzi g,
auswärtigen Amt als maßgebend angenommen

.°rd°n.

Demselben Blatt zufolge wäre angeregt, dieselbe

zw^°8raphie in den preußischen Ministerien in Anwendung

gingen


In der Straßb. Post wird eine Angabe
„ Nekrolog für den verstorbenen Landgerichtsdirektor
^Nlstark richtig gestellt.

"Nach ist Baumstark nicht einem wiederholten Schlaganfall
"atu»"' ist vielmehr an einem Lungenödem gestorben, dem
?Etl»>nsN'oben eines unheilbaren Bronchialkatarrhs,
pichen " E einer Herzerweiterung. Er ist also nicht an ge-
gUrd, Herzen gestorben, wie in dem Nachruf geschrieben
U eil,0"v hat insbesondere sich nicht mit seinem Sohne anläß-

v>e
Z^ste

Fehltritts des letzteren entzweit, vielmehr mit demselben
Beziehungen aufrecht erhalten und seiner auf dem

— Auf der cm 4. ds. in Offenburg abgehaltenen
Landeskonferenz der sozialdemokratischen Partei
wurde laut Volksfreund auf Antrag der sozialdemokrati-
schen Kammerfraktion ein Antrag angenommen, wonach zur
Prüfung und Schlichtung von Differenzen zwischen dem
Landesvorstand einerseits und den Mitgliedschaften und der
Leitung der Parteiprcsse andererseits eine Kontrolkommission
von 5 Mitgliedern zu ernennen ist, die aus Mitgliedern
der verschiedenen Landestheile zusammengesetzt ist. An
Stelle Freiburgs wurde Pforzheim zum Vorort ge-
wählt und der Landtagsabgcordnete Opificius zum Vor-
sitzenden des Landesvorstandes bestimmt.
Badischer Landtag. L.O. Karlsruhe, 5. Februar.
(26. Sitzung der 2. Kammer.) Am Regierungs-
tisch: StaatsministerDr. Nokk, Ministerialdirektor Heß,
Geh. Oberreg.-Rath Becher er, Geh. Oberreg.-Ralh
Hübsch, Oberstaatsanwalt Freih. v. Dusch, Ministerial-
rath Dr. Trefzer. Eingcgangen ist eine Petition von
Kanzleiassistenten der Bad. Staatseisenbahnen betr. die
Regelung ihrer Bezöge. Der Gesetzentwurf betr. die
Aufhebung des Pflastergelds und die Ausscheidung der
Landstraßen wird einer Kommission von 7 Mitgliedern,
der Gesetzentwurf betr. die Vervollständigung des Staats-
bahnnetzes (Bahn nach Bonndorf) der Kommission für
Straßen- und Eisenbahnen, der Gesetzentwurf betr. Aende-
rungen des Elementaruntcrrichtsgesetzes und der bezügliche
Antrag Heimburger und Gen. (Aufhebung des Orgel-
Paragraphen) einer Kommission von 11 Mitgliedern, und
der Antrag Heim bürg er und Gen. betr. die Berech-
tigung der Oberrealschulen der Budgetkommisston über-
wiesen.
Im Anschluß an den nun folgenden Bericht des Abg.
Straub über Titel I bis VI, XI und XII der Ausgaben und
Titel V der Einnahmen des Budgets des Ministeriums der
Justiz, den wir bereits ausführlich wtedergegeben haben, ent-
spann sich eine längere Generaldebatte über den Justiz-
etat, wobei die Redner einem alten Gebrauch gemäß dem
Justizminister ihre Wunschzettel überreichten. Abg. Muser
bringt Klagen der Offenburger Gcfangenwärter vor, deren Dienst-
wohnungen zu hoch eingeschätzt seien; die Offenburger AmtS-
diener sehnen sich nach einer Reparatur ihrer Dienstwohnung;
weiter wünscht Redner eine bessere Ausstattung der landgericht-
lichen Bibliotheken mit Commentarcn zum Bürg. Gesetzbuch.
Abg. Dr. Wilckens verlangt die alsbaldige Publikation einer
Dienstweisung für Standesbeamte und Grundbuchführer, größere
Stabilität bei Besetzung von Beamtenstellen, einen entsprechenden
Titel für dienstaufsichtführende Amtsrichter und Anrechnung
der Dienstzulagen der Landgerichtsräthe in das pensionsfähig«
Gehalt.
Staatsminister Dr. Nokk erklärt, daß die Dienstweisung für
Standesbeamte demnächst, diejenige für Grundbuchbeamte noch
im Laufe dieses Frühjahrs erscheinen werde. Die Einrechnung
der Zulage der Landgerichtsräthe in das pensionsfähige Ein-
kommen werde bei der künftigen Revision der Gehaltsordnung
erwogen. Hinsichtlich des Titelwesens habe man es immer als
einen Vorzug des Landes betrachtet, die Titel anderer Länder
nicht nachzuahwen (Bravo l). Bei der Anschaffung von Büchern
für die Landgerichte gehe die Regierung nicht zu ängstlich vor;
in den letzten zwei Jahren seien für literarische Werke 7200
außerordentliche Zuschüsse geleistet worden.
Abg. Zehnter wünscht, daß die Regierung gegenüber der
Titulatursüchtigkeit hart bleibt. Bei den Dicnftvtsitationen sollte
man nicht jedes Urthcil im Detail kritisiren, sondern das Haupt-
augenmerk darauf richten, ob der Dienst im allgemeinen richtig
gehandhabt wird. Redner tritt warm für die Vermehrung der
Richterstellen in Mannheim ein. Die Sckretärsstellen sollten,
wenigstens an größeren Amtsgerichten, statt mit Rcferendären
mit Gertchtsschreibern besetzt werden. Abg. Breit« er möchte
einer Beseitigung der Rechtsagenten nicht das Wort reden, doch
sollte eS unbedingt wie seither dem Ermessen des Richters über-
lassen bleiben, ob er einen Rechtsagenten zurückweisen will oder
nicht. Die Frage, ob und inwieweit Verzugsrechte in der Zeit
bis zum Inkrafttreten der neuen Grundbuchsordnung entstehen
können, habe das Ministerium mit Recht bejaht. Abg. Blatt-
mann bringt die Mibstände im Waldkircher Amtsgerichtsgebäude
zur Sprache. Aba. Fleier betont, roll der bnbikche MUite-Omid

frei sei von Titelsucht und nicht nach den Titeln, die vom
Norden kommen, Verlangen tragen. Er wünscht Anstellung von
Notariatsinspektoren an den größeren Landgerichten und Ver-
mehrung der Richter und Schrcibgehilfen.
Staatsminister Dr. Nokk erklärt, daß ein Theil der
Sekretärsstellen künftig mit Gerichtsschreibern besetzt wird. Die
Errichtung einer größeren Zahl von Notariatsinspektoraten werde
die Regierung erwägen, indessen sei der Plan nicht leicht durch-
zuführcn.
Um '/-2 Uhr vertagte Präsident Gönner die Sitzung auf
Dienstag,-den 6. Febr-, Vormittags '/zlO Uhr.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
nachgenannlen Personen im Dienste des Fürsten zu Leintngen,
und zwar: dem Kutscher Kellner und den Forstaufsehern
Schimpf I., Hemberger, Friedrich und Kaiser die
silberne Verdienstmedaille verliehen.
— Seine Königliche Hoheit der Groß Herzog habe» dem
Kasernen-Jnspektor Franz Nußmann in Mülhausen i. E. die
silberne Verdienstmedaille und dem ehemaligen Hoboisten Augustin
Haas in Freiburg die silberne Verdienstmedaille verliehen.
Karlsruhe, 5. Febr. Heute Abend findet bei den
Großherzoglichen Herrschaften eine musikalische Abend-
gesellschaft statt, zu welcher zahlreiche Einladungen er-
gangen sind.

Ausland.
Frankreich. Paris, 5. Febr. Das Echo de Paris
meldet, der englische Botschafter Monson ist gestern
Morgen plötzlich nach Rom abgereist. In der Nacht
vom Samstag zum Sonntag habe er von dem englischen
Auswärtigen Amt eine chiffrirte Depesche erhalten, die ihn
aufforderte, sich unverzüglich nach Rom zu begeben, um
den englischen Botschafter im Quirinal bei seinen Ver-
handlungen energisch zu unterstützen. Diese Verhandlungen
seien augenblicklich mit der italienischen Regierung angc-
knüvft worden, um die Entsendung italienischer
Truppen nach Egypten zu erlangen. Das Blatt
will wissen, daß der englische Botschafter in Rom sich
Donnerstag, Freitag und Samstag in strengstem Jncognito
in Paris aufgehalten und mit Monson längere Berathungen
gehabt habe. Er habe es jedoch vermieden, während dieser
Tage die englische Botschaft zu betreten. Es frage sich
nun, ob Italien den geforderten Freundschaftsdienst thun
werde. In halbamtlichen Kreisen zweifle man daran.
Paris, 5. Februar. Die Nachricht des Echo de Paris,
daß der englische Botschafter Monson zur Unterstützung
der Unterhandlungen seines College» am Quirinal, Lord
Currie of Haveley, über Aegypten nach Rom ab-
gereist sei, wird von maßgebender Stelle für erfunden
erklärt. Monson sei einfach nach Nizza abgereist.
England. Eine offiziöse Londoner Zuschrift der Pol.
Korr, versichert, daß Persien das Anleihegeschäft
zuerst England angeboten habe. Lord Salisbury habe
es jedoch ab gelehnt und später erklärt, daß England
gegen eine persische Anleihe unter russischer Garantie nichts
einzuwenden habe, vorausgesetzt, daß die Zölle ander
Küste des persischen Golfs und in der Provinz Fars,
welche die Zinsen der englischen Anleihe sichern, nicht an
Rußland verpfändet würden. Keinesfalls sei daher die
englische Diplomatie überrascht worden.
Afrika. Zufolge der verschiedenen Nachtragslisten,
die nunmehr hoffentlich abgeschlossen sind, hat General
Bull er seinen zweiten mißglückten Versuch, von Westen
her Lady smith zu entsetzen, mit einem Verlust von
insgesammt 1744 Köpfen bezahlen müssen. Darunter
sind von Offizieren 34 todt, 55 verwundet und 6 vermißt;
an Unteroffizieren und Mannschaften: 217 lobt, 1115
verwundet und 317 vermißt. Rechnet man zu dieser
Verlnstzahl diejenige aus dem Gefecht von Colenso.am

Fürst Margoni.
2) Roman von Moritz Lilie.
^ (Fortsetzung.)
ejnxn Blick auf das junge Mädchen, das in dem
Aäl,n°f s"te. ohne, wie es schien, dem Gespräche der beiden
°°8kite, °te geringste Beachtung zu schenken. Dennoch
^ .Tim.' ^iter zu sprechen.
v?er 2-7,5 Du nicht auf Dein Zimmer gehen und für die
?iejn^oiIelte machen, Valerie?" wandte er sich an die
wäre schade, wenn das Abonnementbillct un"
"bbe."
Mkich"", Du xg wünschest, Onkel» gehe ich ins Theater,
Mdchi >ch heute nicht die Absicht batte," sagte das
sie das Buch zuklappte, den beiden
lt>. bich stUchtig die Hand reichte und über den dicken
""Ng.' den Fußboden des Zimmers bedeckte, davon-
du !?."A^atte inzwischen eine mit Papieren und
stp Jwch -Lullte Brieftasche hervorgezogen und suchte
in" schreibbestimmten Schriftstück. Endlich langte er

heraus, entfaltete es und warf einen Blick
^Ewarth. Valerie's Großvater, schreibt mir
ddi-t,.,, rmats aus der Residenz, daß er nunmehr das

"T^ähr-N^ stä> nehmen wolle, um sie in die Gesellschaft
Werde« ,1"?^ fr, seinem Bruder den Brief reichend,
flrner?» seinen Wunsch erfüllen müssen; denn zu
Oix zei„." . ^llerung fehlt uns jeder Vorwand. Deine
flrn^tänkliiii,Neigung, Valerie aufzunehmen, und bei
>ch'Naufinde ,ch das auch ganz gerecht-
"enea bin unverheirather u»d in meinen vorge-
"dUn!" Gesell!^?, "'Ar wehr in der Lage, sie auf Bälle
Mehr i>, suhren, und doch tritt unsere Nichte
das Aller, wo sie den Anspruch erheben darf,

den Erwachsenen beiaezählt zu werden. Wir beide führen
gemeinschaftlich die Vormundschaft über sie, das Testament
ibrer Mutter, unserer Schwester, bestimmte das so; ohne
unsere Zustimmung hat Niemand, auch nicht ihr Groß-
vater, das Recht, über die Zukunft des Mädchens zu ent-
scheiden."
„Dem alten Grasen Hellwarth ist es wohl weniger um
das Mädchen, als um die Zinsen von ihrem Erbe zu thun."
versetzte Arnold Dornselder und fuhr sich mit beiden Händen
rasch durch das dichte graue Haar. „Der Graf hat früher
ein lockeres Leben geführt, war ein belannter Sportsmann,
der bet keinem Wettrennen 'fehlte, der dem Spiel sehr zu-
gethan war und mehr verbrauchte, als er eingenommen hat,
so daß er bald bis über die Ohren in Schulden stack. Seine
Heirath rettete ihn zwar aus dieser peinlichen Lage, aber
von dem kleinen Vermögen seiner Frau blieb ihm auch nur
noch blutwenig übrig, so daß die stolze Grasenfamilie jetzt
wenig mehr besitzt, als die kleine Pension, die der Graf noch
mit Mühe und Roth aus den Trümmern seiner militärischen
Laufbahn rettete."
Sebald mochte eine zustimmende Kopfbewegung.
.Ohne Zweifel ist der Hauptbeweggrund, der ihn be-
stimmt, mit solcher Hartnäckigkeit aus Uebernahme der
ferneren Erziehung Valeries zu bestehen, in den finanziellen
Vorlheilen zu suchen, die ihm daraus erwachsen; Valerie ist
Besitzerin von einer halben Million Mark, die in unserem
Geschäfte angelegt sind und wir würden in Zukunst die
Zinsen an den Grafen auszuzahlcn haben, dem diese Aus-
besserung seiner Einkünfte sehr zustatten kommen würde.
Andererseits aber hat der Gras noch immer Zutritt in den
besten Kreisen, und das ist für das Mädchen doch auch von
großem Werth."
„Ich fürchte, Valerie wird sich in Gesellschaft der beiden
Komlessen, der Töchter Hcllwarths, nicht Wohlbefinden,"
warf Arnold ein. „Valerie ist zwar auch eine Hellwarth
und Komtesse wie sie. aber ihre Erziehung nach dem frühen
Tode ihrer Eltern ist doch eine mehr bürgerliche, während

die Töchter des alten Grasen die Nasen sehr hoch tragen
sollen."
„Die älteste Tochter ist seit einigen Monaten Hofdame
und nur die jüngere befindet sich noch im elterlichen Hause,"
erläuterte der Kranke. »Allerdings erzählt man sich, daß
die Familie auf ihren adeligen Namen sich sehr viel einbilde,
alle Well weiß aber auch, daß sie arm ist und sich zuweilen
mit einem ärmlicheren Mitlagstisch begnügt, als sie der
Dienerschaft vorzusetzen wagt — bloß um den Schein zu
wahren. Schwerlich werden die Hellwarths unsere Nichte
für völlig ebenöürtig ansehen, denn ihre Mutter war ja
bürgerlicher Abkunst, aber gegen eine halbe Million sind
selbst hochnäsige Personen nicht unempfindlich, und zählten
sie auch ein ganzes Schock Ahnen-"
_(Fortsetzung folgt.)
Stadt-Theater.
/r Heidelberg, 6. Februar.
„Der Probepfeil", Lustspiel in 4 Akten von Oskar
B l u m e n t h a l.
Die alte Erfahrung, daß die allererste Liebe eine Eselei und
für die Katz' zu sein pflegt, hat Blumenthal in den hoffähigen
Satz gekleidet, daß Amor, der Liebesgott, ehe er ein Herz ernst-
lich verwundet, erst einen Probepfetl danach entsendet, der einen
vorübergehenden Rausch veranlaßt und nur dann gefährliche
Folgen hat, wenn die Betheiligten ihn ernst nehmen.
Im Srück schwirrt der Probepfeil gegen das Herzchen der
liebenswürdigen Komtesse Beate Dohnegg und entzündet darin
ein kleines Flackerfeuer für den polnischen Klavierlehrer und
Virtuosen Krastnsky, der unter der Maske eines philosophisch-
musikalischen Pessimisten ein geriebener Gauner und Glücksritter
ist. Sein Gegenstück bildet Hortense v. Walnak, die mit dem
ganzen Aufgebot weiblicher List und Jntrigue um ihre letzte
Liebe, den jener Komtesse bestimmten Bräutigam, kämpfe.
Der Plan des Stückes ist nicht übel angelegt und die Hand-
lung spielt sich im Ganzen natürlich und ungezwungen ab. Mit
 
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