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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0523

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xi-. M.

Donnerstag, den 10. Mni

ISVV.

Wochen-Chronik.
(Vom 29. April bis zum 5. Mai).
April29.:Die Flucht höherer türkischer Würdenträger
nach dem Ausland nimmt zu- So hat sich der zum
Generalgouverneur von Tripolis ernannte Staatsrath
Jsmael Kemal auf einem englischen Schiff nach Grie-
chenland geflüchtet.
„ 30.: Die Burengesandtschaft wird in Amsterdam
außerordentlich herzlich und lebhaft begrüßt.
Mai 1.: Der Kehler Hafen wird eröffnet.
. 2.: Die zu einer Fahrt nach dem Rhein kommandirte
Torpedoboot-Division trifft in Düsseldorf ein.
„ 3.: General v. Kumm er, bekannt als Führer der gleich-
namiaen Division im französisch-deutschen Krieg, stirbt.
, 3.: Tie Engländer nehmen Brandfort ein.
„ 4.: Der Kaiser von Oe st er reich trifft inBerlin
zur Feier der Großjährigkeit des Kronprinzen ein.
Berlin hat sich reich zu der Feier geschmückt und
empfängt den österreichischen Kaiser sehr herzlich. Auch
der Kronprinz von Italien nebst zahlreichen anderen
ausländischen und deutschen Fürstlichkeiten kommen nach
Berlin. Bei der Galatafel betont Kaiser Wilhelm,
wie fest und sicher der Dreibund bestehe.
„ 5.: Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph
wohnen in Jüterbog einer Gefechtsübung mit schar,en
Patronen an.

Die Flottenvorlage in der Budgetkommission
des Reichstages.
Berlin, 9. Mai. Die Abg. Gröber und Müller.
Fulda (Centr.) stellten folgende Anträge zur Berathung
der Flottenvorlage: Als Z 6 (Beschaffung der
Mittel) folgenden: Der infolge des Gesetzes sich ergebende
Mehrbetrag wird aufgebracht: 1. durch Erhöhung der Reichs-
stempelabgaben auf Werthpapicre und Lotterielose sowie
durch Einführung einer Reichsstempelabgabc auf Kuxe,
Schiffsfrachturkundcn und Seefahrkarten. 2. Durch Er-
höhung der Zollsätze auf Schaumweine, Likör,e und andere
Luxusgegenstände. 3. durch Einführung einer Ver-
brauchsabgabe auf inländische Schaumweine und Saccharin.
Ein etwaiger Fehlbetrag darf nicht durch Erhöhung oder
Vermehrung der den indirekten Verbrauch belastenden
Reichsabgaben gedeckt werden.
Abg. Müller-Fulda beantragt, den Reichskanzler
SU ersuchen, dafür Sorge zu tragen: 1. daß vom Rech-
nungsjahr 1901 ab im Etat für die Verwaltung der
Marine die vollen Kosten für die Armirung (statt
bisher */,), von den Schiffsbaukosten 6 Prozent (statt
bisher 5 Prozent) des Wcrthcs der Flotte auf den ordent-
lichen Etat übernommen werden; 2. daß von demselben
Zeitpunkt ab auf den außerordentlichen Etat nur noch die
Ausgaben für Landbcfcstigungen, Docks und ähnliche auf
bie Dauer bestimmte Anlagen übernommen werden und die
ßesammten hieraus sich ergebenden Mehrerfordernisse des
Ordentlichen Marineötats aus Mehrerträgen gedeckt werden;
3- daß der von diesen Mehrerträgen noch verbleibende
Aeberschuß zu Verminderung der Reichsschuld oder Ver-
stärkung der Betriebsmittel verwendet werde und die
tteberschüsse, welche die Reichsstempelabgaben über den
Etat für das Rechnungsjahr 1900 ergeben, für die Reichs-
sosse nach Maßgabe der hierüber im Etat zu treffenden
Bestimmungen Verwendung finden.

Deutsches Reich.
, — Nach dem Berl. Lokal-Anz. hat der Fürst von
pürstenberg die Zwei-Kaiser-Zusammenkunft
^Berlin vermittelt. Derselbe schien durch seine doppelte Staats-
Mgehörigkcit und durch seine persönlichen Beziehungen zu
beiden Pionarchen in diesem Falle am besten geeignet,
^stva als außerordentlicher Botschafter die Frage der
Zwei-Kaiser-Zusammenkunft in Fluß zu bringen, und ge-

Das Nachtmahl.
Eine Geschichte aus dem Burenleben Südafrikas.

4)

Erzählt von einem deutschen Arzte im Kaplande.
(Fortsetzung.)

Daß Jacobus etwas im Schilde führte, war sicher, und
i>e« bessere Gelegenheit konnte er nicht finden, als während
sxjT, Mehrtägigen Beisammensein. Nun wußten Jan und
Frau aber sehr wohl, daß, was Maria anbelraf, die
hxjwe einen Haken habe. Und gerade deshalb gingen ihre

hgwlichen Wünsche
r sehen.

auseinander. Wie und warum werden


M war jetzt Mittagszeit und man machte wieder Halt
Stelle, wo der bisher benutzte Weg in die das Land
>»jj . Süden nach Norden durchschneidende Pottstraße ein»
EMeie. Telegraphenstangen zeigten hier an, daß die
TtÄwtion auch in diese Äildniß vorgedrungen sei, untchdie
dijjMe befand sich in einem leidlichen, auch nach euro-
tzk wen Begriffen allenfalls fahrbaren Zustande. Zahlreiche
H^*en ließen darauf schließen, daß hier heute schon man cker
manche Karre vorbei gekommen sei, wie eS aus den
o>is lacken der Hufe zu entnehmen war. alle in der Richtung
Den» Dorf hin. Der Bur besitzt für das Auffinden und
- 0on Spuren aller Art, nicht »ur auf Wegen, sondern
wilden Feld, ein unglaubliches Verständniß. Er
darum allerlei, was dem blöden europäischen Auge
d>e Mkri bleibt. So tauschten auch die Männer hier über
djtlkn l>° und Hufeindrücke auf dem Wege allerlei Be-
Zg^oge,, aus und versorgten sodann mit den Knechten die
wgk, . re. während die Frauen geschäftig waren, das Miltags-
., P.SU bereiten.
Ae sswi befand sich auf der Höbe eines Bergrückens und
darbietende Szenerie würde manches verwöhnte

°Urifi


enauge entzückt haben. Gegen Norden und Westen

rade die ungewöhnliche Form seiner Bestallung sollte dazu
dienen, die Verhandlungen aus der Sphäre der Politik in
die wärmere und herzlichere Atmosphäre des zwischen den
Monarchen thatsächlich bestehenden persönlichen Freund-
schaftsverhältnisses zu leiten. Galt es dabei doch auch,
gewisse Verstimmungen zu beseitigen, die infolge der Thun-
schen Politik und insbesondere seit jener Thun'schen Inter-
pellations-Beantwortung in Sachen der preußischen Aus-
weisungen zwischen den beiden Staaten und wohl auch
zwischen den beiden Höfen bestanden. Diesem Zustande
wollte Kaiser Franz Joseph ein Ende machen, und das
Nämliche war auch der Herzenswunsch des deutschen Kai-
sers. Um so weniger aber wollte man sich zur Beseitigung
des haarfeinen Spaltes in den gegenseitigen Beziehungen
des schwerfälligen diplomatischen Apparates bedienen, und
um so trefflicher schien die Wahl des Fürsten Fürstenberg,
der ja in der That seine Mission mit Takt und sorg-
fältiger Geschicklichkeit erfüllte. Der Fürst wird nach dem
genannten Berliner Blatt noch eine große Rolle in der öster-
reichischen Politik spielen.
— Die Budgetcommission des Reichstags be-
willigte die Einnahmen und Ausgaben für Samoa und
genehmigte den Ergäuzungsetat der Schutzgebiete.
Abg. Prinz Arenberg (Centr.) betonte die Nothwendig-
keit der Vermehrung der Schutz truppe. Colonial-
direktor Dr. v. Buchka erwiderte auf eine Anfrage des
Abg. Grafen Arnim, daß die Kämpfe einer franzö-
sischen Expedition theilwcise sich auf deutschem
Gebiet abspielten. Sodann wurde die Vermeh-
rung der Schutztruppen mit 12 gegen 11 Stimmen
angenommen.
— Die bei der Defilirkur am 6. d. vom Kaiser aus-
gesprochene Ernennung des Generalobersten Grafen von
Waldersee zum Generalfeldmarschall wird mit
der neuesten Ausgabe des Militär-Wochenblattes bekannt
gegeben. In dieser Ernennung ist ein bisher noch
nicht vorgekommener Vorgang zu verzeichnen, da nach alt-
preußischem Brauch nur der Führer einer Heeresabtheilung
vor dem Feinde diesen höchsten militärischen Dienstgrad
erhalten soll. So führt den Grad eines Generalobersten
außer dem Großherzog von Baden und dem Großherzog
von Sachsen noch der Generaladjutant Frhr. v. Los.
Der älteste Feldmarschall, Graf v. Blumenthal, hat aller-
dings auch keine Heeresabtheilung vor dem Feinde un-
mittelbar geführt, aber er war Geneialstabschef einer
Armee und wird dadurch dem Führer so gut wie gleich
erachtet. Prinz Georg von Sachsen und Prinz Albrecht
von Preußen, die beiden nächstältesten Generalfeldmarschälle,
haben vor dem Feinde ein Armeekorps, bezw. eine Ca-
valleriedivision geführt. Da die Generalobersten denselben
Rang wie die Generalfeldmarschälle haben, so bleibt der
jüngste Feldmarschall, Graf v. Waldersee, an seiner alten
Stelle.
— Die Torpedoboote ans dem Rhein werden
nächsten Montag in Mainz eintreffen. Auf der Fahrt
nach Mannheim werden am 16. ds. zwei Boote für
einige Stunden in Worms anlegen.
Kürzel, 9. Mai. Das Kaiserpaar unternahm
heute früh einen zweistündigen Spazierritt im Walde nach
Kürzel, nach Landonvillers und Sillers. Nach seiner Rück-
kehr empfing der Kaiser den Beztrkspräsidenten Frhrn. v.
Hammerstein, mit dem er die Wirthschaftsgebäude und das
neue zum Schloß gehörige Elektrizitätswerk besichtigte.
Dann nahm der Kaiser um 11 Uhr den Vortrag des Ge-
nerals v. Hahnke entgegen. Morgen ist Truppenschau der
Metzer Garnison auf dem Uebungsplatze von Frescaty. 1

Deutscher Reichstag. Berlin, 9. Mai. Das Haus
nahm ohne Debatte in dritter Lesung die Novelle betreffend
die Postdampferschiffverbindung mit Afrika an und setzte
die zweite Berathung der Unfallversicherungs-
novelle bei Z 61 fort.
Die 88 61 bis 86 a wurden durchberathen und thells nach
unwesentlicher, theils ohne Diskussion in der Kommissions-
fassung angenommen.
Morgen 1 Uhr: Rechnungssachcn, Militärstrafgerichtspflege in
Kiautschou, Fortsetzung der heutigen Berathung.
Baden. Die Hauptziffern bei der Reichstags-
nachwahl in Kehl-O b erkirch-Of fen bürg haben
wir schon gestern mitgetheilt, ebenso, daß der National-
liberale gegenüber der letzten Wahl 1520, der Centrums-
mann 777 Stimmen mehr erhalten hat. Hinzuzufügen ist
noch, daß die sozialdemokratischen Stimmen um
983 zurückgegangen sind. Die Demokraten haben zuletzt
im Jahre 1893 eine Kandidatur aufgestellt und damals
870 Stimmen erhalten. Bei der 1898er Wahl mögen ihre
Stimmen dem Sozialdemokraten zugcfallen sein. Die
Detailresultate bei der jetzigen Wahl sind folgende: Kehl:
Reinhard 4140, Schüler 216, Geiß 93 Stimmen. (Das
Hanauerland hat sich also vorzüglich gehalten.) Ober-
kirch: Reinhard 856, Schüler 1276, Geiß 44 Stimmen.
Offenburg: Reinhard 1533, Schüler 5869, Geiß
769 Stimmen. Der Kreis war wiederholt in national-
liberalem Besitz. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er dies-
mal wieder unserer Partei zufällt. Sehr groß ist die
Wahrscheinlichkeit allerdings nicht.
L.O. Karlsruhe, 9. Mai. Die Abgeordneten
der Zweiten Kammer begeben sich morgen zur Besichtigung
der Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten
nach Bruchsal.
O Aus Baden, 7. Mai. Allgemein befriedigte
im bad. Lehrer stände, daß von den Abgeordneten
wie von der Oberschulbehörde anerkannt wurde, daß für
die Landlehrer Weihnachtsfericn unerläßlich seien. Nur
will die Großh. Oberschulbehörde noch nicht wissen, in
welcher Weise dieselben aufgerechnet werden sollen. Auch
der Charsamstag soll sreigegeben werden für die Zukunft,
was man fast als nur „natürlich" bezeichnen könnte. Was
Weihnachtsferien betrifft, so sind dieselben für die Land-
lehrer nur angebracht; denn von October bis Mitte Juni
ist eine lange Zeit, in der der Landlehrer mit seinen kom-
binirten Klassen anstrengendster Arbeft unterworfen ist.
Und gerade an Weihnachten, wo für alle das „Friede"
erklingt, ist er ruhelos dem Organisten- und Chordirigenten-
dienst unterworfen, so daß einige Ruhetage gewiß um
diese Zeit zu begrüßen wären, an denen man Lungen und
Nerven ausruhen könnte. Was das Berechnen betrifft, so
wäre es am besten, die Großh. Oberschulbehörde verfügte
einfach: „Die 3—4 Tage nach Weihnachten sind den Land-
lehrern frei zu geben, ohne Anrechnung auf die 8 Wochen-
Ferien, die für das Jahr vorgesehen sind." Tann sind
auch die Landlcute zufrieden, die ihre Kinder gut 8 Wochen
zur Heuernte, Getreideernte, Oehmdernte uud Kartoffelernte
gebrauchen können; ja sie müssen oft genug für die oberen
Jahrgänge um die gesetzlichen 2 weiteren Wochen ver-
längert werden. Gewiß würden die 3—4 Tage dem
Unterricht keinerlei Nachtheil bringen. Noch viel mehr
Befriedigung rief unter der ganzen Lehrerschaft die Er-
klärung des Herrn Abg. Fieser, Führers der nat.-liberalen
Fraktion, bezüglich des Falles Brpnn-Marquart hervor,
als er scharf betonte, daß Pfarrer M. zuerst den Platz
räumen müsse -und dann erst könne man den Lehrer Brunn
veranlassen, auch den Ort zu verlassen. Das sei dann für
Hrn. Br. eine Satisfaktion, die ihm gegeben wer-
denmüsse, indem nur Pfr. M. allein der Urheber aller

dehnte sich ein weites Hügelland, durchweg mit Grün be-
kleidet; denn es war ein gesegnetes Jahr, der Regen hatte
nicht gefehlt. Zwischen dem Grün der Büsche schimmerten
hier unv dort weite Strecken gelben Sandes und erhoben
sich abenteuerlich wilde Felsgebilde. Im Osten aber und
Süden grüßte jenseits tiefer Thäler. den Horizont fast halb-
kreisförmig schließend, ein mächtiger Gebirgszug. Düe fünf-
bis sechstausend Fuß hohen Gipfel schienen in der wunder-
bar klaren Luft greifbar nahe. Und über dem allen ruhte
der Zauber ungebrochener Wildheit, urwüchsiger Natur, die
sich von dem Menschen noch nicht hat in Fesseln schlagen
lassen. Unsere Freunde freilich achteten nicht auf all' diese
eigenartige Schönheit, sie waren es von Kind auf nicht
anders gewöhnt. Sie waren vielmehr froh, aus der Ein-
samkeit heraus einmal wieder unter Menschen kommen zu
können, ihre Verwandten und Freunde zu begrüßen und
neben der Erfüllung ihrer religiösen Pflichten und Bedürf-
nisse einige Tage auch der Geselligkeit widmen zu können.
Es ist j, fast die einzige Abwechslung in dem eintönigen
Leben der Buren, die viermalige Fahrt im Jahr zum
Nachtmahl.
Das Mittagsmahl bestand aus Schaffleisch, das in
Scheiben geschnitten auf den Kohlen des Holzfeuers ge-
braten wurde, Brod und Kaffee. Wahrend man speiste und
danach sich und den Thieren noch eine Stunde Ruhe gönnte,
kamen mehrmals Burensamilien in ihren Fuhrwerken vor-
bei, und jedesmal gab es frohe Begrüßung und allgemeines
Händeschütteln. Die Burensamilien eines Distrikts sind fast
ausnahmlos näher oder entfernter mit einander verwandt,
jedenfalls kennt jeder den andern persönlich. Daher die
allgemeine Sitte, daß jüngere Leute ältere mit Ohm und
Tante anreden und im Uebrigen un mündlichen Verkehr stets
die Vornamen gebraucht werden, auch zwischen den beiden
Geschlechtern, die überhaupt in sehr unbefangener Weise mit
einander umgehen.
Nachmittags ging es nun meist bergab dem tief im
Thale liegenden Kirchdorf zu. Näher und näher ruckten die

stolzen Berge und um so näher reckten sich ihre kühn ge-
formten Felsgipfel in den Aether- Auf ihnen, aber nur an
den höchsten Punkten, glitzerte hier und da ein weißer Fleck
von Schnee der im Thale natürlich niemals fällt. Schon stand
die Sonne tief im Westen, als bei der letzten Biegung des
Weges das eine einzige lange Straße bildende Dorf den
Reisenden sich zeigte- Malerisch hoben sich die weißen
Häuser von dem dunklen Grün der Dornbäume ab, die das
durch das Thal sich ziehende Flußbett umsäumten. Eine
schmucke, neue Kirche, blendend weiß, ein geräumiger Kreuz-
hau, leider ohne Thurm, schaute auf die etwa zwanzig
Häuser herab. Zwischen ihnen und der Kirche ersteckte sich,
sanft ansteigend, ein weiter, kreier Platz, auf dem sich ein
Huntes Leben und Treiben entfaltete.
Eine ganze Wagenburg war hier aufgefahren. Fuhrwerke
der allerverschiedensten Art, schwere Ochsen- und leichte
Pserdewagen, offene und gedeckte Karren, manche neu, in
leuchtenden Farben, angestrichen und sozusagen elegant,
andere uralt, oft geflickt und schäbig. Viele von den Zug-
thieren waren schon gespannt inS Feld getrieben, andere
wurden erst noch gefüttert oder sollten auch wohl, an der
Deichsel festgemacht. überhaupt bei den Wagen zurückgehalten
werden, damit sich die Besitzer die spätere Mühe des Wieder-
suchens sparen könnten. Dafür hatten sie denn freilich die
Thiere die ganze Zeit hindurch mit Futter zu versehen,
während die frei umherlaufenden sich ihre Nahrung in den
Büschen selbst suchen mußten. Auch eine kleine Anzahl
Zelte war aufgeschlagen; die meisten her Gekommenen zogen
es aber vor, soweit sie nicht Unterkunft bei Freunden
im Dorfe fanden, in oder unter ihrem Wagen zu
schlafen. Es herrschte eine allgemeine Geschäftigkeit und
viel Lärm, dem Europärer würde sich unwillkürlich der
Vergleich mit einem etwas besseren Zigeunerlager aufge-
drängt haben.
(Fortsetzung folgt.)
 
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