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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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^ Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.
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mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
^ frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
Ausschließlich Zustellgebühr.


8erusprech-Anschluß Nr. 82.


Jnjertionsgcbühr
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Für hiesige Geschäfts- und
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der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82


Montur, den 19. Mt?

I90V

«

BesteLlungers
auf die Heidelberger Zeitung für das II. Vierteljahr 1900
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstraße 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
wit Zustellgebühr Mk. 1.65.
Deutschlands Antwort auf das Vermittelungs-
gesuch der Burenrepubliken.
Die Antwort der deutschen Regierung auf
öas von den Regierungen der südafrikanischen
Republiken ausgesprochene Ersuchen um freundschaft-
liche Vermittelung zur Herstellung des Friedens
hat folgenden Wortlaut:
Die Regierung des deutschen Reichs wird gern be-
reit sein, bei einer freundschaftlichen Vermittlung mit-
zuwirken, sobald die Grundbedingungen einer solchen
vorhanden sind; das heißt sobald festgeftcllt ist, daß
beide Gegner dieselben Wünsche haben. Da-
rüber, daß englischerseits dieser Wunsch gegenwärtig
vorhanden ist, werden die beiden südafrikanischen Re-
gierungen entweder unmittelbar in London oder auch
durch die guten Dienste einer dritten Regierung sich
Auskunft verschaffen können, welche keine wichtigen
Interessen in Südafrika wahrzunehmen
hat. Letzteres trifft bei einer Anzahl von Staaten in
Europa und außerhalb Europas zu, jedoch nicht bei
Deutschland. Jeder derartige Schritt der deutschen
Regierung würde daher den Verdacht erwecken, daß wir
andere als humanitäre Interessen verfolgen. Das da-
durch vermehrte Mißiraucn würde der Sache des
Friedens nicht förderlich sein. Dem Wunsche der süd-
afrikanischen Republiken, ihre Bitte um Vermittelung
auch an die österreichisch,ungarische und schweizerische
Regierung, deren Interessen durch das deutsche Con-
sulat in Prätoria wahrgenommen werden, gelangen zu
lassen, ist selbstverständlich sofort entsprochen worden.

Deutsches Reich.
^ — Im Reichstag haben sich die Sturmscenen vom
Freitag am Samstag wiederholt. Die Linke hat Obstruk-
wti getrieben und es ist ihr in der That gelungen, die
weitere Berothung der lex Heinze hinauszuschieben. Die
reaktionäre Reichstagsmehrheit hat wohl die Absicht, der
Ätschen Kunst den Hals zuzuschnüren, aber sie ist zu
?eige, um vollzählig im Reichstag zu erscheinen. Die Linke
benutzte dies. Sie verlangte jeweils namentliche Abstim-
mungen, verließ aber vor Beginn der Abstimmung den
A^al, um nicht zur Beschlußfähigkeit beizutragen. Es er-
sich, daß ohne sie der Reichstag beschlußunfähig war,
rdgleich die Mitglieder der Mehrheitsparteien in größerer
Analst anwesend waren, als dies für später zu erwarten
' In Anbetracht dieser Umstände hat der Präsident auf
wüte die Fortsetzung der Elatsberathung auf die Tages-
?°"ung gesetzt. Die Debatte über die Isx Heinze ist da-
. N bis nach Ostern vertagt worden. Das ist ein bedeu-
Nder Erfolg der Linken. Wer weiß, wie die Stimmung
wch Ostern ist. Die Agitation gegen diejenigen Bestim-
2 Nvgeu der lox, welche die deutsche Kunst durch Kautschuk-
A^graphen zahm und fromm in ultramontan-conservativem
'u»e machen wollen, nimmt noch an Kraft zu.
-- Es wird sehr bemerkt, daß die Nordd. Allg. Ztg.
^Ariern nffiziösen Artikel mittheilt, daß der Kaiser keine

der an ihn gerichteten Kundgebungen von landwirthschaft-
lichen Vereinigungen zu Gunsten des Fleischbeschau-
gesetzes beantwortet habe. Es ist nämlich der
Kaiser in Sachen des Fleischbeschaugesetzes viel von land-
wirthschaftlichcn Versammlungen aus antelegraphirt worden.
Bekanntlich schlägt das Gesetz in der scharfen Fassung, die
ihm die Agrarier gegeben haben, das Fleischeinfuhr-
verbot vor. Die Opposition hiergegen wächst in Kon-
sumenten-, Handels- und Industrie-Kreisen von Tag zu
Tag. Die Negierung selber will gar nicht so weit gehen
wie die Agrarier. Auch das Fleischbeschaugesetz wird erst
nach Ostern weilerberathen werden. Bis dahin wird die
Opposition dagegen im Lande noch stärker werden.
— Zur weiteren Durchführung der Handwerker-
Organisation veröffentlicht der Reichsanzeiger die
kaiserliche Verordnung, wonach die Bestimmungen der Ge-
werbeordnung über die Einrichtung von Haudwerkerkam-
mern mit dem 1. April 1900, die Bestimmungen über das
Halten von Lehrlingen mit dem 1. April 1901, über die
Führung des Meistertitels mit dem 1. October 1901 ins
Leben treten.
Deutscher Reichstag. Berlin, 17. März. Weiter-
berathung der lex Heinze.
Präsident Graf Balle st rem theilt mit, daß der Abg. Heine
(Soz.) beantrage, für die Berathung seines Antrages betreffend
ansteckende geschlechtliche Krankheiten die O e f f e n t l i ch k e i t
auszuschließen.
Nach der Geschäftsordnung tritt der Reichstag zu einer ge-
heimen Sitzung zusammen, um über den Ausschluß der Oeffent-
lichkeit zu berathen.
Hierzu vertagt sich das Haus auf eine halbe Stunde bis
12 Uhr Mittags.
Um 12 Uhr beginnt die geheime Sitzung; sämmtliche
Tribünen werden geräumt.
Um 3 Uhr Nachmittags wird die O e f f e n t l i ch k c i t
wieder hergestellt.
Vizepräsident Schmidt theilt mit, daß zunächst ein Antrag
Heine zu 8 360, 1l, des Strafgesetzbuches (Grober Unfug) be-
rathen wird. Derselbe lautet: „Diese Bestimmung findet keine
Anwendung auf die Erzeugnisse der bildenden und reproduziren-
den Kunst und der Presse".
Abg. L-t a d t h a g e n (Soz.) begründet den Antrag. An-
wesend find etwa 100 Abgeordnete und es herrscht große
Unruhe.
Abg. Stadthagen erklärt, der „grobe Unfug"-Paragravh,
das juristische Mädchen für alles, sei auch ein Mädchen, das des
Schutzes bedürfe. (HetUrkeit.) Die schweren Auswüchse, die sich
aus diesem Paragraphen für die Freiheit der Presse ergeben
hätten, müßten beseitigt werden. Diejenigen, die für die Freiheit
der .,tunst eintreten, könnten den kleinen Gefallen thun und den
Antrag Heine annehmen.
Abg. Becktz-Koburg (freis. Vp.) befürwortet den Antrag
Heine und zwar deshalb, weil er zusammen mit dem Abgeord-
neten Munckel in der Session von 1897/98 einen Antrag ein-
gebracht habe, der dem 8 360 Nr. 11 eine bestimmte Fassung
geben sollte.
Abg. Prinz zu Hobenlohe-Schillingsfürst
wendet sich gegen den Antrag Heine, der eine Hinterthür bilden
würde. Nach der Rede des Abg. v. Vollmar könnten keine
Zweifel darüber entstehen, daß die Sozialdemokratie darauf
warte, gewisse Kreise, die ihr nicht angehören, aufzunehmen.
Aber deshalb dürfe man nicht dem schlechten Beispiel einer be-
nachbarten Nation folgen. Redner erklärt: Ich bin den Aus-
führungen über die Vorlage mit gespanntester Aufmerksamkeit
gefolgt, habe mich aber nicht von der Ungefährltchkeit der Vor-
lage überzeugen können. Ich werde nicht nur gegen den Antrag
Heine, sondern gegen das ganze Gesetz stimmen.
Abg. Schönlank (Soz): Der Gesetzentwurf wolle zweifel-
los die wahre Kunst treffen; den Reinen sei alles Rein, den
Schweinen sei alles Schwein. Der gegenwärtige Kampf werde
nicht geführt im Interesse der Sozialdemokratie, sondern der
Kunst und der Wissenschaft.
Abg. Richter (freis. Vp.): Der Antrag Heine sei keine
Hinteriyür; die richterliche Praxis geht seit langen Jahren über
die Absicht des Gesetzgebers in der Auslegung der Paragraphen
hinaus. Der Paragraph würde da angewandt, wo sonst kein
Paragraph vorhanden sei.

Gebeimrath Lenthe bittet namens der Verbündeten Re-
gierungen, den Antrag Heine abzulehnen, weil er mit den sitt-
lichen Schäden, zu deren Abstellung die Vorlage bestimmt war,
in keinem Zusammenhang stehe. Redner gibt zu, daß der
„Grobe Unfug-Paragraph" allerdings eine zu weite Auslegung
gefunden habe. Dem entgegen zu treten, sei aber jetzt nicht
die Gelegenheit, sondern erst später bei dem Antrag Beckh-
Munckel.
Bet der nunmehr folgenden namentlichen Abstimmung ver-
lassen die Abgeordneten der Linken den Saal unter Adieu-Rufen
der Rechten und des Centrums, nur Singer und Richter bleiben
zurück.
Ueber den weiteren Fortgang der Verhandlung erzählt der
telegraphische Bericht der Straßburger Post:
Schließlich geht auch Richler. Singer bleibt während der
Abstimmung im Saal. Abg. Gröber ruft, als die Linke ab-
zieht, mit ingrimmiger Betonung: „Adieu!" Von der rechten
Seite dröhnt ein Pfui-Ruf; dann ist Ruhe. Nach einer halben
Stunde verkündet der Präsident das Ergebniß: 170 Nein, 2 Ja.
Das Haus ist also beschlußunfähig. Präsident Graf B a l le-
st r e m: „Ehe ich Tag und Stunde Vorschläge für die nächste
Sitzung, möchte ich vor dem Haus und vor dem Lande (Gröber
ruft erregt und mit großem Pathos: Sehr gut! sehr gut!) fest-
stellen, daß 50 Herren an der Zahl, bis auf einen, die die
namentliche Abstimmung beantragt haben, kurz vor derselben das
Haus demonstrativ verlasse» haben." Bei diesen vom Präsidenten
mit wachsender Erregung, aber in feierlichstem Nachdruck ge-
sprochenen Worten entsteht eine Lärmscene, deren Wildheit alles
Vorangegangene weit hinter sich ließ. Die Sozialdemokraten und
Freisinnigen gerathen in eine furchtbare Erregung. Was sie
rufen und schreien, geht zwar anfangs ziemlich unter in dem
tobendem Beifallssturm des Centrums und der Rechten, nur so
viel ist zu verstehen, daß sie dem Präsidenten gegenüber ihr
Verhalten als ihr Recht in Anspruch nehmen. Da droht es mit
Stentorstimme ln den Saal aus dem Munde Eugen Richters,
den Lärm übertönend, jedes Wort einzeln mir Aufwand der
ganzen Lungenkraft herausgestoben: „Wir haben unser gutes
Recht gewahrt!" Mit donnernder Beifallssalve nimmt die Linke
dies Wort auf. „Unser Recht! Unser gutes Recht! rufen die
Sozialdemokraten, die fast alle aufgesprungen sind, mit den
Schriftstücken und Drucksachen, die sie gerade in der Hand halten,
gegen die Präsidenlentrivüne fuchtelnd. Die Abgeordneten im
ganzen Hause sind von ihren Sitzen aufgesprungen. Nur Eugen
Richter fitzt auf seinem Platze; die Stimmen aller aber zittern
vor Erregung und Ueveranstrengung. Viele Abgeordnete
der Linken und der Rechten wenden sich gegen-
einander mit geballten Fäusten, zum Glück auf
größere Entfernung und sich mit groben Zurufen regalirend:
„Raus, raus, raus, rausschmeißenl" ruft die Rechte; „Bande!"
kommt es aus der Gegend der Antisemiten, an die Adresse der
Sozialdemokraten. Präsident Graf Ballestrem schwingt unauf-
hörlich die Glocke, hat aber damit keinen Erfolg Endlich dringt
er mit seiner Stimme durch. Präsident Graf Ballestrem:
„Ich wollte nur konstatiren, was geschehen ist." Bei diesen
Worten bricht abermals ein ungeheurer Tumult aus. Richter»
Singer und Frohme wenden sich erregt und entrüstet abermals
gegen den Präsidenten: „Wir haben unsere Pflicht gelhan, nichts
weiter!" Das ganze Haus ist in Aufruhr. Der Präsident kann
sich kein Gehör mehr verschaffen; da stößt er die Klingel auf de»
Tisch und inst zur Linken herüber: „Wenn Sie es für Ihre
Pflicht halten — lärmende Zwischenrufe — Herr Frohme, Hallen
Sie den Mund! Wenn Sie es für Ihre Pflicht halten, fort-
zulärmen, dann verlasse ich diesen Platz — große Erregung,
wilde Schmäyrufe der Rechten zu den Sozialdemokraten — ver-
lasse ich diesen Platz, ohne eine Sitzung anzuberaumen". Diese
Scenen rasen schneller durch da« Haus, als man ihre Registrirung
lesen kann. Es tritt dann Ruhe ein.
Präsident Graf Ballestrem: Ich setze die nächste Sitzung
aus Montag l Uhr an; ehe ich die Tagesordnung festsetze, möchte
ich nur erklären, daß ich den Etat ansetze, weil es die erste
Pflicht oes Hauses ist, den Reichshaushalt vor dem 1. April
fertigzustellcn und dies nicht anginge, wenn wir denselben Gegen-
stand, der uns in den letzten Tagen beschäftigte, auf die Tages-
ordnung setzen würden.
Nächste Sitzung Montag lUhr: Etat, Checkverkehr, Reichs-
eisenbahnamt.
Baden. Eine landesherrliche Verordnung bestimmt
neuerdings, daß durch ortspolizeiliche Vorschrift an Sonn-
und Festtagen der Wirthschastsbetrieb in öffent-
lichen Wirthfchaftsräumen vor dem Schluffe des
vormittägigen Hauptgottesdienstes untersagt werden
kann.

3)

Fürst Margorü.
Roman von Moritz Lilie.
(Fortsetzung.)

"^antworte mir eine Frage: Liebst Du?" unterbrach
Domino.
Fkr Gefragte schwieg überrascht.
-Nun?" wiederholte die Begleiterin.
Hj-»Jn der Tbat. kleine MaSke, Du bist kühn!" meinte der
NjMr. -Was bezweckst Du mit dieser Frage, die wahrhaftig
^>hr diskret ist?"
Äem. ^ ist vorläufig mein Geheimniß. Jetzt antworte mir:
U Du?"
NlüJstn jungen Manne schien die Energie und Ausdauer,
ickier seine Begleiterin auf ihr Ziel lossteuerle, zu im-
'idkll " und ihn zugleich zu belustigen. Einige Minuten
Me ex, dann sagte er kurz und fest:
-Nein I"
Nicht so voreilig, eine Unwahrheit könnte
hjch^chen l" stel der Domino ein. „Liebst Du wirklich
. Fischer lachte laut auf.
isttsU. wahrhaftig, Du gehst der Sache auf den Grund!
er heiter; „aber ein wenig mehr Glaubwürdigkeit
'ch doch beanspruchen!"
ich klaube Dir, daß Du nicht liebst," entschied
^zo'g„ -Nber kann man nicht auch sich zu jemanden hin-
AkhM" -Wien, ohne gerade zu iieben, kann man nicht ein
lg, ' es Wesen gern haben, mit Vorliebe mit ihm verkehren,
'chchgs" is'uer Gesellschaft bewegen wollen, ohne ihm
. ÄMsch zugelhan z» sein?"
uelcht kann man das. Du philoiophirender Domino,"
wichen imftirte Revolutionsheid; „aber mir fehlt in
Längen die Erfahrung!"
" lungen Mann fesselte das geheimnißvolle Wesen der

Dame, deren Periöntichkeit er doch noch auszukundschoften
hoffte. Las Gespräch und die Art, wie es von ihr geführt
wurde, amusirten ihn. „ .
„Ist Dir wirtlich kein weibliches Wesen bekannt, auf
weiches meine Bemerkung paßt?" forschte jene mit unerbitt-
licher Hartnäckigkeit weiter. ,, , ^
„Ich habe sehr wenig Damenbekanntschaften. Du kleine
Neugier! — —"
„Du weichst mir aus." unterbrach ihn jene rasch, „ant-
worte mir bestimmt und ohne Rückhalt.
„Das geht in der That denn doch etwas zu weit, Du
forderst ein wenig zu viel und noch dazu in einem Tone,
als stände ich vor dem Bebmgericht,' sagte der Fächer,
ernster werdend. „Indessen sollst Du auch das noch
erfahren, da es Dich sehr zu interessiren scheint; aber
unter der Bedingung, daß Du Dich mir dann zu erkenne^
giedst."
„Nun. wir wollen sehen, vielleicht erfülle ich Deinen
Wunsch," meinte der Domino. „Also noch einmal: Ist Dir
nicht eine Dame bekannt, die Dich aus irgend weichem Grunde
mehr fesselt als andere?" . .
„Ich wüßte nicht, wer das sein konnte, versetzte lener
langsam und leise, als überlege er während dieser Worte, ob
er sie aussprechen wolle.
„Das ist seltsam." sagte die Maske im Domino, „ein
Mann in Deiner Lebenslage wäre wohl befähigt, ein weib-
liches Wesen glücklich zu machen."
„Vielleicht täuschest Du Dich, meine reizende Unbe-
kannte." entgegnete der Fischer, d:e kleine zarte Hand
des Mädchens erfassend und wie spielend den mit einem
Rubin geschmückten Goldreif vom Finger ziehend. „Aber
Du sagst das >m Tone innerster Ueberzeugung, daß ich
wünschen möchte. Du wärest jenes Wesen, von dem Du eben
sprachst."
„Und warum könnte ich das nicht sein?" flüsterte sie mit
leise bebender Stimme. , ,
„Weil Du mir noch immer nicht vergönnst. Dir ins ?

Antlitz zu schauen, in Deinen Augen zu lesen, Deine Lippen
zu küssen!" rief er begeistert aus, indem er sie an sich zog
und ihr Haupt an seine Schulter lehnte.
„Mein Ring, gieb mir meinen Ring zurück, Massaniello!"
flehte das Mädchen, indem sie sich den Anschein gab. als be-
merke sie erst letzt den Verlust desselben.
„Nimmermehr, mein süßer Domino," versetzte der Fischer;
„aber hier hast Du Ersatz für Deinen Reif, den ich als
lheueres Andenken bewahren werde."
Er zog von dem kleinen Finger einen Brillantring und
steckte ihn an den rechten Zeigefinger seiner Gefährtin, die
dies ruhig geschehen ließ. Dann drückte er den Kopf deS
Mädchens wieder an sich, indem er sich bemühte, die seidenen
Bänder zu lösen, weiche die Maske vor dem Gesichte sest-
bielten.
Da plötzlich wurden die Portieren auseniandergeschlagen
und eine Gestalt trat ins Zimmer.
Es war der Zigeuner.
„Ah, ein zärtliches tsts-ä-tsto! rief er naher tretend aus,
„nun der Platz ist aut gewäblt dazu. Hier giebt eS keine
lästigen Lauscher, hier stört nicht grelles Licht, hier läßt es
sich vertraulich flüstern, mögen auch draußen im MaSken-
gewühl zwei blaue Augen sich vergeblich nach einem gewissen
Kavalier umsehen, dessen Pflicht es wäre, der Besitzerin dieser
Augen Führer und Beschützer zu sein.
Der Fischer sprang auf, und den Dolch aus dem Gürtel
reißend, knirschte er mühsam zwilchen den Zähnen hervor:
„Unverschämter, wer bist Du, daß Du es wagst, hier ein-
zudringen ?"
Der Zigeuner erfaßte mit nerviger Faust das Handgelenk
des anderen und preßke es mit solcher Gewalt, daß jener
mit einem leisen Schmerzensschrei den Dolch zur Eide fallen
ließ. Mit einer energischen Fußdewegung schleuderte der
Zigeuner die Waffe zur Seite. . ,
(Fortsetzung folgt.)
 
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