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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 78-100 (2. April 1900 - 30. April 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0479

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Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Xr. 99. ErkkS Klatt. Lamsiag, den 28. April

IW«.

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Die Flottenvorlage in der Budgetkommission
des Reichstags.
Berlin, 28. April. Die Budget-Kommission
M mit 20 gegen 8 Stimmen den Centrumsantrag an-
genommen, worin die geforderte Schlachtenflotte voll
bewilligt, die Vermehrung der Auslandsflotte
Estrichen und die Vermehrung der Material-
Reserven herabgemindert wird. Als Deckungsmittel
wurden vorgeschlagen die von den Blättern mehrfach ge-
meldeten Steuererhöhungen, resp. eine ergänzende, den
Massenverbrauch nicht belastende Reichssteuer.
. Wir haben diese Mtttheilung gestern hier durch Aus-
zug bekannt gemacht. Sic bringt in unangenehmer Weise
°u>n Bewußtsein, daß die kleinlichen Wichtigthuer des
^Ntrums, Herr Müller-Fulda und Genossen, zur Zeit
auf sind. DaS Bestreben dieser Leutchen geht dahin,
ttn Ccntrumsvolk nach unten und der Regierung nach
^e>r z„ zeigen, was sie für Hauptkerle seien. Den Abstrich,
sie an der Regierungsvorlage gemacht haben, darf
an den Abstrich zur Anerkennung der Centrumsmacht
^Nlien. Sachlich ist er nicht gerechtfertigt. Auslandskrcuzer
ad uns ebenso noth wie Schlachtschiffe und eine Ver
Ehrung der Materialreserve um 5 Schiffe geht gewiß
>b> das Maaß des Nolhwendigen hinaus. Wenn
Kriege ein und das andere Schiff verloren geht, dann
-A man es ersetzen, um das Geschwader wieder voll-
^hffg zu machen. Das ist klar. Und wenn man die
- Eschwuder verdoppelt, dann muß die Malerialreserve ent-
aschend größer werden. Das ist ebenfalls klar,
s^- Zur Veranschaulichung der Beschlüsse der Kommission
bemerkt, daß Z 1 der Flottenvorlage lautete:
ly u, Her in dem Gesetze betreffend die deutsche Flotte vom
' ^Prtl 1898 festgesetzte Schiffsbestand wird
vermehrt um:
») verwendungsbereit
1 Flottenflaggschiff,
2 Geschwader zu je 8 Linienschiffen,
2 große Kreuzer ) als Aufklärungsschiffe der
8 kleine Kreuzer / heimischen Schlachlflotte;
ttL SU
d) als Materialreserve
2 Linienschiffe,
2 klÄe'^er") ^r den Auslandsdienst -
vermindert um:
. z 2 Divisionen zu je 4 Küstenpanzerschiffen.
,'„^uf die>e Vermehrung kommen die acht Küstenpanzerschiffe
A >hrem Ersatz als Linienschiffe in Anrechnung,
hjxjch s Centrum, leider die ausschlaggebende Partei im
hat mit Hilfe der alle Zeit zum Schwächen der
u Wehrkraft bereiten Freisinnigen und Sozial-
fünf große und fünf kleine Kreuzer und die
aung der Materialreserve gestrichen. Was die
^."Ung dazu sagen wird, bleibt abzuwarten. Die ganze
Ky^vdsflotte soll nach dem Centrum bestehen aus 3
Kreuzern und 10 kleinen Kreuzern, die Material-
"ur aus 4 Linienschiffen, 3 großen und 4 kleinen
rn. Die Mariuestrategen des Zentrums sagen:
^tzk^Enügt. Und die Regierung mag dann sehen, wie sie
über die Deckung der Ausgaben ist ver-
M E worden. Soweit die Summen der fortdauernden
"Maligen Ausgaben der Marineverwaltung im Etats-
^ P?" Betrag von 117 255 499 M. übersteigen, soll
betrag gedeckt werden durch Erhöhung der
Abgabe auf Werthpapiere und Lotterieloose, ferner
b>e Einführung einer Stempelabgabe auf Kuxen,
s^gs/°nossoments und Seefahrtkarten, durch die Ein-
^ Z? e/ncr Abgabe auf Schaumweine, sowie Erhöhung
?S«l^lätze auf fremdländische Schaumweine, Liqueure,
^ und Cigaretten, und soweit diese nicht genügen,
>>i Äfl?^hrung einer ergänzenden Reichssteuer.
>4t x. ^fe verzwickten und verzwackten Anträge haben
En Pfennig Werth gegenüber der Thatsache, daß
x/>ud ftjues steigenden Seehandels wegen eine
^hgt^otte haben muß. Dieser Nothwendigkeit muß
aber es ist geradezu kindisch, ihr mit wenn
s^ikrun abhandeln zu wollen. Wenn wirklich die
lii'bitd Beschlüsse des Centrums annehmen sollte,
>i« wird s. Es machen, wie bei der Heeresverstärkung;
Vorbehalten, jeden Augenblick auf ihre
He Forderung zurückzukommen.
««ich.
* General-Oberst Graf Waldersec beging am
Eliten 50jähriges Dienstjubiläum. Er erhielt die
ZUm Schwarzen Adlerorden. — Auch General

Verdy duVernois, ehemals Kriegsminister, feierte
gestern sein 50jähriges Jubiläum.
— Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: In der auslän-
dischen Presse ist der Versuch gemacht worden, die Anwe-
senheit des Reichskanzlers in Paris mit einer angeblich
beabsichtigten Reise des Kaisers nach Paris in Ver-
bindung zu bringen. Wir stellen fest, daß es sich hierbei
nur um müßige Erfindungen handelt.
Deutscher Reichstag. Berlin, 27. April. Berathung
der Interpellation des Abg. Dr. De in har dt (nat.-lib.),
bis zu welchem Zeitpunkt die Vorlage betr. Abänderung
des bestehenden Weingesetzes zu erwarten sei.
Abg. Dr. Deinhardt begründet die Interpellation. Die
Frage sei dringend. Die Interessenten hofften wenigstens auf ein
Nothgesetz. Das Schwierigste sei oie Frage der Kontrole. Diese
sei allerdings unangenehm, aber sie besteh! bei den Branniwein-
brennereien auch. Besondere Rücksichten fordere der deutsche
Rothwein. Wir produziren mit die edelsten Weine der Welt, sie
müssen geschützt sein.
Staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky: Auf Grund
der Berathungen einer vom Reichsamt einberufenen Sachverstän-
digcnversammlung ist bereits ein umfassender Gesetzentwurf
ausgearbeitet worden. Die Regierungen erhoben gegen die
Fassung des Entwurfs nicht unerhebliche Bedenken. Darauf wurde
unter Zuziehung eines kleineren Kreises von Sachverständigen
ein neuer Entwurf ausgearbeitct, der den Charakter eines
Noth ge setz es hat. Dieser Entwurf unterliegt noch den Be-
rathungen im preußischen staalsministerium Es bestehen jedoch
Bedenken, dem mit Arbeit überlasteten Reichstag einen neuen
Entwurf vorzulegen. Auch seien aus der Mitte des Hauses Be-
denken gegen die Einbringung laut geworden. Es wäre empfeh-
lenswerther, die Vorlage auf den Beginn der nächsten Tagung
zu verschieben.
Abg. Fitz (ntl.) hält die Ergebnisse des Weinparlaments für
durchaus beachten-werth. Der deutsche Rothwein befinde sich in
einer schlimmen Lage.
Abg. Schmidt-Bingen (freis. Volksp.): Es sei nicht zu
leugnen, daß in Deutschland eine unzulässige Vermehrung des
Weines stattfinde. Wllnschenswerth seien wissenschaftlich gebildete
Aufsichtsbeamte.
Abg. Wallenborn (Centr.) verlangt ein Verbot der Kunst-
weinfabrikation.
Abg. R o e s i ck e - Kaiserslautern (Bund der Landw.) meint,
die Kellercontrole sei das einzige Mittel, der Kunstweinfabrikation
wirksam entgegenzutreten.
Abg. Dr. Paaschc (ntl.) wünscht baldige Vorlegung des
Weingesetzes.
Hiermit schließt die Besprechung der Interpellation. Es fol-
gen Petitionen.
Zu den Petitionen wegen Einführung der achtstündigen Ar-
beitszeit für Berg- und Hüttenarbeiter beaurragt die Commission
thcils Ueberweisung als Material, theils Uebergang zur Tages-
ordnung. Nach langer sachlicher und persönlicher Debatte wer-
den die Petitionen gemäß den Commissionsanträgen erledigt.
Dienstag, 1. Mai, 1 Uhr: Wahlprüfungeu.
Baden. Karlsruhe, 27. April. Ueber das Befin.
den der Herzogin-Wittwe von S a chsen-K oburg-
Gotha, der Schwester des Grobherzogs, hat dieser heute
früh aus Nizza von dem Prinzen Eduard zu Leiningcn
folgendes Telegramm erhalten: „Besserung fortschreitend,
Aerzte zufrieden. Wird in acht Tagen das Bett verlassen
können." Mit Rücksicht auf eine falsche Nachricht von dem
Ableben der Herzogin machte die Karlsr. Ztg. diese gün-
stige Mittheilung durch Extrablatt bekannt.
Karlsruhe, 27. April. Gestern Abend verweilte
der Kaiser mit den Höchsten Herrschaften im Groß-
herzoglichen Hoftheater bis zum Schluß der Vorstellungen
und empfing dann den Generalintendanten Dr. Bürkiin
und den Generalmusikdirektor Mottl. Heute früh nahm
Seine Majestät das erste Frühstück mit dem Großhcrzog
und der Großherzogin und machte um halb 10 Uhr eine
Pürschfahrl in den Großherzoglichen Wildpark in Be-
gleitung des Hofjägermeisters von Merhart. Nach 11 Uhr
kehrte der Kaiser ins Schloß zurück und nahm dann noch
Vorträge entgegen. Gegen 1 Uhr fand eine Frühstücks-
tafel statt. Zu derselben erschienen die Fürstin zur Lippe,
Prinz Max, sowie Prinz Karl, welcher von Baden hierher
gekommen war. Um 2'/, Uhr verabschiedete sich der
Kaiser und wurde wieder von der Großherzogin zum
Bahnhof begleitet. Der Kaiser bestieg einen Sonderzug,
der ihn nach Donaueschingen bringt. Die Ankunft dort-
selbst soll um 6 Uhr erfolgen. Prinz Max begleitet
Seine Majestät, um einer Einladung des Fürsten zu
Fürstenberg folgend, an den Auerhahnjagden theilzunehmen.
L.X. Donaueschingen. 27. April. Unter den Klängen
der Konstanzer Regimentsmusik lief der kaiserl. Sonderzug
um 6" hier ein. Der Kaiser in Jagduniform wurde
von dem Fürsten zu Fürstenberg, welcher Gardes du Corps-
Uniform trug, empfangen. Zur Begrüßung auf dem
Bahnhofe waren ferner anwesend Prinz Carl Emil non
Fürstenberg, Heinrich XIX. Prinz Reuß, Prinz Gottfried
von Hohenlohe-Langenburg und die Spitzen der fürstlichen,
tädtischen und staatlichen Behörden. Prinz Max von
Baden hatte, wie bereits gemeldet, S. M. begleitet.
Hierauf erfolgte der Einzug durch die festlich geschmückte
Stadt. Die Landbevölkerung der ganzen Umgegend war
herbeigeströmt, um den Kaiser zu sehen und mit jubelnden
Hochrufen zu begrüßen. Auf dem Wege zum Schloß
bildeten die Militärvcreine des Gauverbandes, die Vereine
der hiesigen Stadt und sämmtliche Schulen Spalier. Als
der Kaiser im Schlosse eintraf, intonirte die Stadtmusik
die Kaiserhymne, unter dem Portal hatten sich die
Fürstin zu Fürstcnberg, die Prinzessin Reuß, die Prinzessin
von Hohenlohe-Langenburg und die Prinzen und Prinzes-
innen des fürstlichen Hauses versammelt, um S. Maj. zu
begrüßen. Um halb 10 Uhr veranstalteten die Vereine,

Trachten und Schulen mit Regimentsmusik durch den Schloß-
hof einen Fackelzug mit darauffolgendem Feuerwerk. Der
Kaiser beabsichtigt, sich morgen früh 2 Uhr nach Mistel-
brovn zur Auerhahnjagd zu begeben. Um 1 Uhr 30 Min.
soll Mittagstafel stattfinden, die, soweit bekannt ist, den
Charakter einer Familientafel tragen wird. Nachmittags
begibt sich der Kaiser mittels Hofzuges zur Jagd nach
St. Georgen und von dort zu Wagen nach den Balz-
plätzen. I» der Nacht von Samstag zu Sonntag wird
der Kaiser im Hoszuge übernachten und Sonntag Morgen
nach Donaueschingen zurückkehren, wo er um 10 Uhr
45 Min. dem Gottesdienst in der evangelischen^Stadtkirche
beiwohnen wird.
Badischer Landtag, ö. 0. Karlsruhe, 27. April.
(64. Sitzung der Zweiten Kammer.) In 4'/,stüudiger
Sitzung wurde heute das Budget der Mittelschulen
erledigt.
Abg. Blümmel (Centr.) freut sich, daß die Frage der Hitz-
ferien einer befriedigenden Lösung entgegengeführt wurde. Eine
Erweiterung des französischen Unterrichts in der Quarta wäre
empfehlenswerth, damit der Uebergang in die Tertia nicht zu
schroff wird. Lehrer, die bei Impfungen mitziwirkeu haben,
sollten rechtzeitig in Kenntniß gesetzt werden. Abg. Fendrich
(Soz.) hätte nicht erwartet, angegriffen zu werden, weil er einige
Mißstände aufgedeckt habe. Es sei ihm nicht eingefallen, zu ver-
allgemeinern; er habe ja noch ausdrücklich betont, daß er die
größte Hochachtung vor dem Lehrerstand habe. Redner citirt im
weiteren Verlauf seiner Rede einige Bibelstellen, was Wacker
zu der spöttischen Zwischenbemerkung veranlaßt: „Schau, schau!
Man merkt, er ist in der Schule gewesen". (Heiterkeit.) Fendrich
wendet sich sodann gegen die Ausführungen Köhler's, der den
Sozialdemokraten eine Anstandsvorleftng halten zu müssen glaubte,
weil sie angeblich die Autorität nicht respektiren. Köhler hätte
seine Ermahnungen viel besser an den Redakteur jenes Ceutrums-
vlattes gerichtet, das einen Loyalitätsstreit in Aussicht stellte,
wenn die Wünsche der Geistlichen hinsichtlich der Stellenbesetzung
nicht erfüllt würden. Köhler müsse doch wissen, daß die Sozial-
demokraten im Prinzip Republikaner seien.
Präsident Gönner rügt die A-ußerung als mit dem Ver-
fassungscid im Widerspruch stehend.
Abg. Rohrhurst znail.) ist überzeugt, daß sich unser bad.
Mittelschulwescn neben dem anderer Länder wohl sehen lassen
kann. Der Vorwuif, daß unsere Jugend ideallos, byzantinisch
und hochmüthig geworden sei, gehe zu weit. Hinsichtlich des
Reformgymnastums halte er den Standpunkt des Zuwarrens, den
die Regierung einnimmt, für den richtigen. An oen Gymnasien
darf der sprachlich- Unterricht nicht weiter beschränkt werden; es
wäre wünscheuswerth, daß in der Mathematik zu Gunsten der
Naturwissenschaften und oes Deutschen eine Erleichterung etntritt.
Im Interesse der Altphilologen möchte er die angeregte Slellen-
vermehrung warm befürworten. Bei aller Begeisterung
für die Flotte stehe er doch auf dem Standpunkt, daß
organisirte Flottenvereine au den Schulen nicht geduldet
werden sollen. Daß an unfern Schulen Parteipolitik ge-
trieben wird, glaube er nicht, andernfalls würde er es
bedauern. Dieierle habe nach seiner Ansicht etwas schwarz
aufgetragen. Betreffs der Marianischen Kongregationen stehe er
auf dem Standpunkt der Abgg. Fieser und Heimburger, nicht
etwa aus Abneigung gegen religiöse Vereine, sondern um der
Consequenzen willen; denn di- natürliche Folge wäre eine Ver-
schärfung der konfessionellen Gegensätze. Der ablehnende Stand-
punkt Köhlers gegen den gemeinsamen Gymnasialunterricht der
Mädchen und Knaben werde sich wohl kaum aufrecht erhalten
lassen. Abg. Weygoldt (natl.) betont, daß die Schaffung von
Lehramtsaffefforenstellen keineswegs ein Lieblingswunsch von
ihm sei; die Errichtung weiterer etatmäßiger Stellen sei die
Hauptsache.
Nach einigen weiteren (mehr persönlichen) Bemerkungen der
Abg. Köhler, Dieterle und Blümmel wird die allge-
meine Berathung geschlossen. Berichterstatter Fieser bemerkt in
seinem Schlußwort, daß an den Gymnasien neben dem sprach-
lichen Unterricht ein intensives Studium der Mathematik nicht
denkbar ist. Die Gymnasien werden die fortwährenden Angriffe
nur mit Erfolg zuriickwcisen können, wenn sie wieder zu den
alten Traditionen zurückkehlen. Gegen den gemeinsamen Unter-
richt der Knaben und Mädchen in den unteren Klassen trage er
kein Bedenken; dagegen sei er für die höheren Klaffen entschieden
zu verwerfen. Auch sollte wenigstens an einer Hochschule ein
besonderer Kurs für weibliche Studirende der Medizin errichtet
werden, da es nicht gut angeht, wenn in Gegenwart von Damen
an nackten Körpern Operationen vorgenommen werden.
Es wird sodann tn die Etnzelberathung etngetreten.
Abg. Wittum bedauert, daß für den Neubau eines Gymnasiums
in Pforzheim im Budget keine Anforderung steht. Staatsminister
Nokk erklärt, daß Pforzheim hinter Fretburg zurücktreten mußte,
weil hier die Schülerzaht eine viel größere ist. Aus Mangel an
verfügbaren Mitteln konnten eben verschiedene Städte, z. B. auch
Konstanz, nicht berücksichtigt werden. Abg. Fieser empfiehlt
für das nächste Budget Konstanz zur Berücksichtigung. Abg.
Rohr hur st fragt an, ob im nächsten Budget ein neues Lehrer-
seminar in Aussicht genommen ist. Abg. Heim bürg er weist
auf die Klagen über die Zustände im Ettltnger Lehrerseminar
hin Abg. Hug nimmt den Direktor desselben in Schutz. Er
bittet um Verlegung der Präparandenschule in Meersburg in
das Hauptgebäude, um Vergrößerung des dortigen Semtnar-
aartens und Verbesserung der Kücheneinrichtung. OberschulrathS-
direktor Arnsperg er beklagt ebenfalls die Zustände im Ett-
linger Lehrerseminar. Die eingeletlete Untersuchung ergab, daß
die Anschuldigungen gegen den Direktor haltlos waren; gleich-
zeitig aber wurde konstatirt, daß die kollegialen Verhältnisse sehr
zu wünschen übrig lassen. Die Errichtung eines weiteren Lehrer-
seminars sei in Aussicht genommen, ob mit Internat oder
Externst sei noch nicht festgestellt. Hugs Wünsche werden nach
Möglichkeit berücksichtigt. Abg. Hetmburger wünscht Ein-
führung des obligatorischen Unterrichts tn den Taubstummen-
anstalten und Herabsetzung des Verpflegungssatzes. Staats-
Minister Nokk erklärt, daß noch diesem Landtag eine Vorlage
betr. Durchführung der Schulpflicht für Taubstumme im Alter
von 8-16 Jahren zugeht. Dadurch werde die Errichtung einer
weiteren Taubstummenanstalt und die Erweiterung der Blinden-
anstalt nothwendig. Der Minister stellt fest, daß in den An-
stalten sehr viel geleistet wird. Auch Abg. Klein (natl.) ge-
denkt rühmend der aufopferungsvollen Thättgkett des Lehrperso-
nals in Gerlachsheim. Den Kreisen sollten für die»- Anstalten
keine neuen Lasten aufgebücdel werden. Slaarsmuuster No k k
ist der Ansicht, daß die neue Anstalt in eine Stadt oder wenigstens
in die Nähe einer solchen verlegt werden soll nicht nur mit
 
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