Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0557

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's IHaus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1.25 Mk.
ausschließlich Zustellgebühr.

WklhlM ZritW.

JnsertionSgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82


Elftes Klaff.

Samstag, den IS. Mni

ISVV.

Die I-vx Heinze im Reichstag.
Berlin, 18. Mai. Der Reichstag ging heute nach
Erledigung der Etatsübersicht sogleich zur Weiterberathung
der Isx Heinze über.
Der Präsident theilt mit, daß wiederum eine Reihe An-
träge eingegangen sind, darunter solche von Stadthagen, die sich
nicht auf eine Aenderung des Strafgesetzbuchs, sondern auf eine
Aenderung der Strafprozeßordnung beziehe». Er lehne es ab,
sie zur Berathung zuzulassen.
Abg. Singer (Soc.) sucht den Zusammenhang der Anträge
Mit der vorliegenden Materie nachzuweisen. Man könne die Auf-
fassung des Polizeipräsidenten in Zweifel ziehen. Das Centrum
könne um so weniger die Auffassung des Präsidenten theilcn,
als es selbst in der Budgetkommission für die Flottenvorlage
eine Novelle zum Stempelstcuergesetz bearbeitet habe. Das Centrum
scheine, was es selber thue, bei anderen nicht für erlaubt zu
halten. (Sehr gut! links.) Solche Auffassung erschwere die
Thättgkeit des Reichstages außerordentlich.
Der Präsident läutet mit der Glocke: Wenn es unzu-
lässig ist, irgend einem Mitglieds Motive unterzuschieben, die es
selbst nicht hat, so dürfte sich das auch auf den Präsidenten er-
strecken. Er müsse sich ernstlich verbitten, daß Singer ihm Motive
unterschiebe, die er nie gehabt habe und die er nie haben werde.
(Beifall rechts! Ohorufe und Lärm links.)
Abg. Singer (Soc): Er habe mit keinem Wort vom Präsi-
denten gesprochen, sondern vom Centrum. Er habe das Recht,
>n diesem Falle vom Centrum zu sprechen, weil er seine
Aeußerungen aus der Cemrumspresse geschöpft habe. Ich möchte
den Präsidenten bitten, die Auffassung, als ob ich ein Mißtrauen
>n seine persönliche Integrität habe, aufzugeben. Wir wissen,
daß wir innerhalb des Hauses unter der Disciplin des Präsidenten
stehen, aber auch, daß hier keine Schule ist. (Bravo links: Lärm
rechts.)
Pr äsid en t (sehr erregt): Das war ein ganz ungehöriger
Ausdruck. (Oho!-Rufe und Lärm links, Bravo! rechts.)
Abg. Singer (soc.) will fortfahren.
Präsident schwingt die Glocke: Ich unterbreche den Red-
ner. Er sagte vorher, daß die Anträge bemängelt worden seien,
Um dem Centrum eine Gefälligkeit zu erweisen. (Widerspruch
links, Unruhe.) Ich bitte, mich ausreden zu lassen. Ich unter-
breche den Redner, weil tch nicht dulden kann, daß dem Präsi-
denten des Hauses solche Motive untergeschoben werden. (Leb.
Hafter Beifall rechts, Lärm links.)
Abg. Singer (Soz.) fährt fort: Ich habe das nicht gesagt.
(Zustimmung links.) Ich beziehe mich auf das Stenogramm,
aus dem der Präsident ersehen wird, daß es mir nicht eingefallen
ist, ihm persönlich einen Vorwurf zu machen. Ich richtete meine
Worte an das Centrum und bedauere, daß der Präsident mich
Mißverstanden hat. (Beifall links.) Ueber die Entscheidung des
-Präsidenten beantrage ich namentliche Abstimmung.
Präsident: Er Habc die Anträge Stadthagen nicht acceptirt,
infolge dessen ging ihm auch kein Antrag auf Ablehnung zu.
Abg. Singer (Soz.) beantragt nunmehr formell, namentlich
darüber abzustimmen, ob die Anträge zur Berathung gelangen
lallen oder nicht.
Abg. Dr. S p a h n (Centrum) macht darauf aufmerksam, daß
^ nach der Geschäftsordnung nicht zulässig sei, über andere
Gegenstände als Theile der betreffenden Vorlage namentlich ab-
sUsttmmen. Der Vorredner richte offenbar seine Angriffe weniger
Segen das Centrum als gegen die Geschäftsführung des Hauses.
Abg. Stadthagen (Soz.) vertheidigt den Zusammenhang
°er Anträge und der Vorlage in längerer Rede, ist aber An-
Sesichts der sich fast zum Lärm steigenden Unruhe des Hauses,
lü die der Präsident mehrfach vergebenseingreift, im Zusammen-
hänge kaum verständlich.
Präsident verliest die fragliche Stelle aus dem Steno-
?iämm Singers und fährt fort: Das kann nur auf mich gehen
jWiderspruch links), da vorher Niemand vom Centrum gesprochen
Mte. Ich haue allen Grund, aus den Worten Singers das zu
fließen. Wenn er das nicht gemeint, so ist es gut.
. Abg. Singer (Soz.) bemerkt: Schon die Anrede zeige,
°äß er sich an das Haus gewendet und sich in der ganzen Rede
das Centrum gerichtet habe. Er bedaure, daß der Präsident
°>e Worte auf sich bezogen habe. Redner wendet sich gegen den
l">». Tpghn und weist nach, daß bei der Berathung des See-
Mallverstcherungsgesetzes seinerzeit ebenfalls Bestimmungen über
, E Invalidität ausgenommen worden seien, die nicht unmittelbar
A der Vorlage gehörten. Es sei nicht angängig, zwischen zweiter
»d dritter Lesung einen Unterschied zu machen. Deshalb sei
hr 8 49 der Geschäftsordnung anzunehmen, der einen Zusam-
AENHang mit der Materie und schriftliche Einbringung beim
Aäsidenten bedinge. Dies sei geschehen. Ueber die erste Frage
Estehe kein Zweifel mehr.
d, Abg. Richter (freist Vp.): Daß ein Zusammenhang zwischen
jEa beiden Materien besteht, ist klar. Das Centrum selbst übte
s, ..stftr Beziehung eine weitherzige Praxis. Die Frage der
?Pässigkeit sei daher am besten zur Prüfung der Geschäfts-
hEäNuiigskommtssion zu überweisen. Es sei ja gar nicht nöthig,
sh« die Vorlage heute schon verabschiedet werde. (Stürmische
^"terkeit.)
Sr Abg. H a ub ma nn-Böblingen (südd. Volksp.) acceptirt den
Erschlag Richter. Die Frage, ob an das Plenum gelangte
Anträge a Umtos abgewiesen werden könnten, sei außerordentlich
Uttg und müsse eingehend geprüft werden. Das Strafgesetz-
M halte übrigens nicht immer daran fest, nur materielle Straf-
Efchrtften zu geben.
...Ein Antrag Richter auf Verweisung an di° Geschäfts-
lik "ungskommission wird hierauf gegen die Stimmen der Nattonal-
"Eralen, Freisinnigen und Sozialdemokraten abgelehnt.
Es folgt namentliche Abstimmung über die Frage, ob die An-
»Ue Stadthagens zur Verhandlung zuzulassen sind oder
Die Zulassung wird mit 226 gegen 77 Stimmen bei einer
'wuienthaltung abgelehnt. ^
d, Abg. Dr. Spahn (Centr.) beantragt, zunächst 8 362 und
gel, gestellten Anträge zur Debatte zu stellen unter Ueber-
äUng des Antrags Haußmann.
dek, ^ entspinnt sich hierüber eine längere Geschaftsordnungs-
Pie. Dann wird der Antrag Spahn angenommen.
Haaras. Graf Ballestrem verliest zwei zu Z 362 (Arbeits-
gestellte Anträge Heine, worin Ueberweisung in das
g.^Eitshaus für solche Personen zugelassen werden soll, die wegen
erbsmäßigen Glücksspiels verurtheilt sind.
tr^Abg. Spahn (Centr.) bezweifelt die Zulässigkeit der An-
entspinnt sich über die Zulässigkeit eine Debatte. Dann
Abgi der Opposition Schluß der Debatte und namentliche
'Umring hierüber beantragt.
z» L^wtschen haben die Sozialdemokraten noch weitere Anträge
debat: ^ gestellt. Nun gab es wieder lange GeschäftsordnungS-
Uen. Dann wurde Vertagung beantragt.

Da das Ergebniß der Abstimmung zweifelhaft ist, findet
Auszählung statt. Der größte Theil der Nationalliberalen. Frei-
sinnigen und Sozialdemokraten betheiligt sich nicht an der Ab-
stimmung.
Es stimmen 194; das Haus ist also beschlußunfähig.
Morgen 1 Uhr: Rest der heutigen Tagesordnung.
Schluß 8 Uhr.
Man sieht aus dem Verlaufe der beiden ersten Tage,
daß die Endabstimmung über die I-sx Heinze sich in
unübersehbare Ferne hinausziehen läßt, wenn alle Mittel
der Geschäftsordnung und sonstigen Möglichkeiten ausgenutzt
werden. Es ist schade, daß ein solches Verfahren im deut
schen Reichstag Platz greift. Die Parteien, die den ursprüng.
lichen Entwurf der Regierung zu einem Streckbett für
die Kunst gemacht haben, sind schuld daran, sie haben die
Empörung, die keine Rücksicht kennt, wachgerufen. So
genießen wir jetzt das Schauspiel, daß ein Singer den
Abwehrkampf der deutschen Kunst gegen den schmählichen
Angriff des Zentrums leitet I
Deutsches Reich
Wiesbaden, 18. Mai. Der vorgestrigen Auf-
führung des „Oberon" wohnte auf Einladung des
Kaisers in der Hofloge auch der türkische Botschafter
Tewfik Pascha bei. Nach der Rückkehr von der Regatta
in Biebrich erledigte der Kaiser Regierungsgeschäfte.
Sodann nahm er aus den Händen des Chefs der Ge-
heimen Kriegskanzlei die neue Rangliste entgegen, die
mit dem 7. Mai abschließt. — Heute Nachmittag 3 Uhr
fand bei schönem Wetter der große Blumencorso vor
dem Curhaus statt. Die Musik spielte die National-
hymne. Der Kaiser wurde lebhaft begrüßt. Der Corso,
der sehr gut besetzt war, wurde vom General v. Lindequ ist
eröffnet.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Köliiglicke Hoheit der Großherzog haben
dem Honorarprofessor und Direktor des Bezirksarchivs in Stras-
burg. Arckivdirektor Dr. Wilhelm Wiegand, das Ritterkreuz
des Ordens Berthold des Ersten, dem Königl. Preußischen Major
vonGagern, Bataillonskommandeur im Letbgrenadier-Regiment
König Friedrich Wilhelm III. (1. Brandenburgisches) Nr. 8 das
Ritterkreuz erster Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen ver-
liehen, dem Kammerherrn Franz Freiherrn von Bodman,
Viccpräsidenten der Ersten Kammer der Landstände, die Erlaub-
niß zur Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen Groß-
Komthur-Kreuzes des Königlich Bayerischen Hausritterordens
vom Heiligen Georg und dem Kammerherrn Hermann Freiherrn
von Schönau-Schwörstadt die gleiche Erlaubniß für das
Ritterkreuz desselben Ordens erthcilt, sowie den Bahnv rwalter
Johann Köpfer in Emmendingen unter Verleihung des Titels
„Rechnungsrath" zum Revisor bei der Generaldirektion der
Staatseisenbahnen ernannt.
Karlsruhe, 18. Mai. Der Bronchialkatarrh des
Großherzogs nimmt einen regelmäßigen Verlauf, ver-
mindert sich aber nur sehr allmählig. Seine Königliche
Hoheit war gestern mit Unterbrechungen von einigen
Stunden mit gutem Grfolg außer Bett.
Hs l and.
Frankreich. Paris, 18. Mai. Gaulois und Figaro
veröffentlichen folgendes Schreiben, das der Herzog von
Orleans an den Londoner Bachelorsclub gerichtet hat:
Vened'g, 15. Mai. Der Herr Präsident des Ausschusses
des Bachelorsclub fordert mich auf, meine Entlassung als
Mitglied dieses Clubs einzureichen. Er betrachtet die von
mir abgegebenen Erklärungen als unzureichend. Ich habe
weder etwas hinzuzufügen, noch etwas davon wegzunehmen.
Heute wie gestern betheuere ich meine Hochachtung für die
Person Ihrer Majestät der Königin und meinen Dank für
den Empfang, den Sie und die königliche Familie den
Weinigen und mir während der schmerzlichen Tage der
Verbannung angedeihen ließen. Die deplacirte Aufforderung,
die Sie an mich ergehen ließen, kann diese meine Gefühle
nicht ändern, aber Sie haben vergessen, daß Sie sich an
den Erben der Könige wenden, die Frankreich gemacht
haben (<zur ont lait in Uranos) und Sie fordern
von diesem Erben als Preis der Gastfreundlich-
keit Englands den Verzicht auf seine französischen
Gesinnungen. Ich hatte die Absicht, Ihnen meine
Entlassung einzureichen, aber Ihre Handlungsweise
hat meine Absicht geändert. Ich verweigere Ihnen mein
Entlaffungsgesuch. Ich will, daß Sie über meine Streich-
ung berathen, es ist nothwendig, daß man erfährt, ob
Gastfreundlichkeit ein Servitut wird und ob Sie die
langjährigen Ueberlieferungen der persönlichen Freiheit
preisgeben, welche die Stärke und die Größe Ihres
Landes ausgemacht haben. Ich sehe Ihrer Entscheidung
entgegen, wie sie auch ausfallen möge. Die meinige ist
getroffen. Philipp.
Afrika. Nun ist doch richtig, was die Engländer
gehofft haben, nämlich, daß Mafeking von den
Buren nicht genommen ist. Ja noch mehr, die Buren
haben (siehe Neueste Nachr.) die Belagerung von
Mafeking auf geben müssen. —Ein neuer Mißerfolg,
der auf die falsche Nachricht von der Kapitulation Mafe-
kings umso niederschlagender wirken muß. Aus Kroon-
stadt, 17. Mai wird berichtet: Die Buren sprengten
die Brücke über den Rhenosterfluß. Es ver-
lautet, daß sich in Pretoria eine Friedenspartei
gebildet habe. Die Bewohner von Kroonstadl und die
Burgher der Umgegend seien einstimmig der Ansicht, daß

die Buren geringen oder keinen Widerstand leisten werden.
— Die nördlich von New-Castle stehenden Buren gingen
nach dem Majubaberge zurück. — W-e der Ncw-Aork
Herald aus Washington meldet, haben sich die Aus-
sichten der Burengesandtschaft, vom Präsidenten
Mac Kinley empfangen zu werden, verringert,
infolge ihres Vorgehens in New-Iork, wo sie öffentlich
die Ziele ihres Vorgehens kundgegeden hatten. Die Re-
gierung ist der Ansicht, das dies geschah, um die öffent-
liche Meinung aufzuwiegeln und die Regierung zu
zwingen, die Mission zu empfangen und ihre Vorschläge
anzunehmen.
Der Besuch der Offiziere und der Mann-
schaften der Torpedodivision in Heidelberg.
Heidelberg, 19. Mai.
Mit herzlicher Sympathie wird man hier des Besuchs ge-
denken, den Offiziere und Mannschaften der auf dem Rhein
befindlichen Torpedoboots-Division gestern unserm Alt-Heidelberg
abgestattet haben.
Ueber die Ankunft der lieben Gäste haben wir schon gestern
berichtet. Aus Mannheim hatten sich ihnen die Bürgermeister
Martin und Ritter, der Vorstand des dortigen MarinevereinS,
Ingenieur Kippenhahn n. A. angeschlossen. Als die Offiziere in
Droschken, die Mannschaften mit der Bergbahn, beim Schloßgarten
eintrafen, wurden sie mit Musik begrüßt, worauf die Offiziere
den dort versammelten geladenen Herren vorgestellt wurden. Es
waren dort u- A. zur Begrüßung anwesend: Gencralleutnant
v. Winning, Excel!., Oberstleutnant Osiander, Major v. Peters-
dorff, zwei hier lebende Marineoffiziere z. D., der Prorektor Geh.
Bergrath Rosenbusch, der Landgerichtspräsidcnt Schember, oer
Vertreter des Bezirksamts, Amtmann Holderer, der Vorstand des
Flottenvereins Prof. Schäfer, der Vorstand des Militärvereins
Landgerichtsassessor Bauer. Die Offiziere unserer Marine
machen einen sehr günstigen Eindruck. Die, welche uns gestern
die Freude ihres Besuchs erwiesen, sind fast alle kleinere aber sehr
intelligent und körperlich wie geistig frisch und leistungsfähig aus-
sehende Herren. Auch unter den Mannschaften befand sich Keiner
von über Mittelgröße. Auch an ihnen war zu bewundern, wie
frisch sie nach den Vergnügungsstrapazen der letzten Woche aus-
sahen. Ihre Haltung war von musterhafter Bescheidenheit und
Correctheit.
Zunächst begab man sich durch den Schloßhof auf den Altan,
woselbst Herr Hofphotograph Kögel eine photographische Auf-
nahme der Marineangehörigen und der die Stadt vertretenden
Herren nebst den geladenen Gästen machte. Dann ging man in
den in aller Eile dekorirten Schloßkeller und ließ sich dort an
dieser feuchtfröhlichen Stelle von dem vorzüglichen 1897er Förster
Riesling kredenzen, den Herr Wilh. Geiger geliefert hatte und
der aus dem großen Faß geschäukt wurde. Das Faß war zur Feier
des Tages mit folgenden Spruchband versehen:
„Fest auf Verdeck könnt Ihr bei Sturm und Wetter stah'n,
Ihr schwankt auf festem Grund, wenn's Euch das große Faß
hat angethan.
Der allzeit standfeste Pcrkeo."
Zur Begrüßung hielt Oberbürgermeister Dr. Wil ckens
folgende Ansprache:
„Im Namen der Stadt Heidelberg rufe ich den Offizieren
und Mannschaften der Kaiserlichen Torpedo-Boot-Division ein
herzliches Willkommen zu Wir sind Ihnen für Ihren Besuch
aufrichlig dankbar und hoffen, daß er dazu beitragen wird, da«
in unserer Stadt ohnehin schon vorhandene rege Interesse für
die Machtentwicklung Deutschlands zur See zu stärken und zu
beleben. Der gsuirw loot Heidelbergs ist feucht. Seeleute pflegen
aber mit der Feuchtigkeit vertraut zu sein, und so hoffe ich denn
»m so mehr, daß es Ihnen bet uns gefallen wird, als in Alt-
Heidelberg mit der Feuchtigkeit die Fröhlichkeit Hand in Hand
geht. Wir haben zu Ehren d-S seltenen Besuchs, der uns heute
zu Theil geworden ist. Vas große Faß, vor dem wir stehen, mit
Pfälzer Wein zum Theil wieder füllen lassen und entbieten
Ihnen aus demselben einen BegrüßungS-Trunk, den ick damit
einleite, daß ich meine Mitbürger bitte, die Gläser zu erheben
und mit mir zu rufen:
Unsere lieben Gäste und Kameraden von der Deutschen Flotte
leben hocv. hoch, hoch!"
Kapitänleutnant Funke sprach in warmen herzlichen Worten
den Dank des Marinekommandos für die freundliche Begrüßung
und herzliche Aufnahme aus. Zum Andenken wurden von Herrn
Geiger Epheublätter vom Schloß mit entsprechendem Gold-
aufdruck vertheilt und von den Angehörigen der Marine sehr
gerne entgegengenommen. Hierauf begab man sich nach dem
Schloßhof, wo noch eine photographische Gruppenaufnahme gemacht
wurde, und dann ging es im Zuge durch den Schloßgarten nach
der Schloßwirthschast. Dort ließ die Stadt ein Frühstück serviren.
Man speiste in dem östlichen Flügel der Wirthschaft, die Mann-
schaften in dem vorderen, die Offiziere und die Mehrzahl der
städt. Vertreter und der sonstigen Gäste in dem Hinteren Raum.
Es gab Bouillon in Tassen, Filet de Boeuf mit Gurkensalat
und kalten Aufschnitt, dazu Wein und auch Champagner; zum
Schluß Käse, Kaffee und Cigarren. Im Verlaufe der Mahlzeit,
die sehr gemüthlich verlief, wurde eine Anzahl von Ansprachen
gehalten. Zunächst erhob sich Oberbürgermeister Dr. Wil ckenS
und sagte:
„Gestatten Sie, daß ich auch hier unserer lebhaften Freude
über den uns heute zu Theil gewordenen Besuch Ausdruck gebe.
Es war ein glücklicker Gedanke Seiner Majestät des Kaisers, die
Torpedo-Boot-Division den Rhein herauf zu senden und dadurch
weiten Kreisen unseres Volks Gelegenheit zu geben, sich davon
zu überzeugen, in welch' glücklicher Entwicklung unsere Kriegs-
macht auf dem Wasser begriffen ist und mit welch' auserlesenen
Leuten unsere Schiffe bemannt sind. Wir sind unserem Kaiser
dafür zu warmem Dank verpflichtet und begrüßen überhaupt von
Herzen die frische und kraftvolle Initiative, die in allen großen
nationalen Fragen und speziell in der Flottenfrage von dem
Oberhaupte des Reichs ausgeht. Es ist hocherfreulich, daß diese
Initiative im deutschen Volke immer mehr Verständniß findet,
was gewiß auch von uns Badnern gesagt werden kann, deren
erlauchter Fürst von jeher zu den eifrigsten und unermüdlichsten
Förderern deutscher Macht und Größe gehört hat und auch ein
treuer Freund unserer maritimen Entwicklung ist. Lassen Sie
uns. meine Herren, unserem erhabenen Kaiser, dessen wackere
Seeleute heute zu unserer Freude bei uns weilen, und dem edlen
Herrn dieses Landes und Schlosses, unserem Großherzog, unsere
Huldigungen dadurch darbringen, daß wir unter dem Klang der
Gläser in den begeisterten Ruf cinnimmen:
Seine Majestät der Kaiser und Seine Königliche Hoheit der
Großherzog leben hoch, hoch, hoch!"
 
Annotationen