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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-126 (1. Mai 1900 - 31. Mai 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0515

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^rnsprech-Anschluß Nr. 82.


4

Xi-. 1«?


Dienstag, dc» 8. Mm

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tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Fernsprech-Anschluß Nr. 82

190«.

Deutsches Reich
— Die zur Kronprinzenfeier nach Berlin gekommenen
lrstlichkeiten haben die Reichshauptstadt wieder verlassen.
>s Kaiser paar ist am 7. ds. nach Urville in
Lothringen abgereist.
— Die Kaiserin Friedrich ließ dem Kron-
prinzen zur Feier am 6. ds. die Huldigungsadresse der
^tadt Berlin, von Menzels Hand gezeichnet, überreichen,
P>t welcher Berlin am 18. October 1849 dem Kaiser
Kiedrich, damaligen Prinzen Friedrich Wilhelm, die Glück-
wünsche zur Mündigkeitserklärung darbrachtc.
— So oft der Kronprinz zu den Familienfesten
zu den Ferien von Plön nach Berlin und Potsdam
^kommen ist, so oft gab er denen, welchen cs vergönnt
Pur, in seiner Nähe zu weilen, einen erfreulichen Eindruck
pwer guten und gediegenen Entwicklung. Hoch und schlank
^wachsen, schon jetzt etwas größer als sein kaiserlicher
Puter, ernst und bescheiden, mit großer Liebenswürdigkeit
Ud Höflichkeit, so trat er den Gästen gegenüber, die er
U der kaiserlichen Tafel traf, und der Ernst seines Wesens
hUd das Gewinnende seines Auftretens riefen jederzeit den
-Zten Eindruck hervor. Dabei zeigte er sich in mehrern
Drache,, gut bewandert und bekundete ein reges Interesse
- 0 die mannigfaltigsten Gegenstände der Unterhaltung. Er

'st

ein tüchtiger Reiter, der eine offene Vorliebe und gute
^gfalt für die Pferde, die er reitet, zur Schau trägt
führend der Sommerferien in Berchtesgaden und Tegerm
PP hat er sich als tüchtiger und ausdauernder Bergsteiger
.urobt. Wiederholt hat er auf der Jagd seine feste
^"d und sein sicheres Auge bewiesen. Im vorigen Herbste
^ es ihm zum ersten Male vergönnt, seinen kaiserlichen
,^wr auf der Hoffeldjagd zu Buckow bei Berlin zu ver-
hpwii; die damaligen Jagdgäste rühmten gern sein sicheres
liebenswürdiges Auftreten bei der Erledigung dieser
^'ten selbständigen Repräsentationspflicht. Auch soll der
^ °"prinz gute Fortschritte im Geigenspiel gemacht haben
davon im engsten Familienkreise, an den Geburtsfestcn
Eltern, manche gute Probe abgelegt haben.
^ Die Torpedobootdivision geht am 8. Mai
Köln nach Bonn, am 9. nach Königswinter, Honnef,
und Neuwied, am 10. und II. nach Koblenz
^ am 13. nach Rüdesheim.
z Deutscher Reichstag. Berlin, 7. Mai. Der Präsi-
E ^öffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min. und theilt
Hause den Dank des Kaisers für die Glückwünsche
Mich der Großjährigkeit des Kronprinzen mit.
E, ^lgt die Weiterberathung derPostdampfernovelle.
Berichterstatter beantragt namens der Commission unver-
Annahme und eine Resolution, wonach mit den Unter-
" eine Vereinbarung zu treffen sei, daß alle landwirthschaft-
ilh.5 Produkte des Auslandes, die mit der deutschen Landwirth-
°'r »."ancurriren, ausgenommen Häute, Wachs und Wolle, von
^.pmfuhr nach deutschen, belgischen und holländischen Häfen
fließen seien; ferner dahin zu wirken, daß die Fahrge-
'diiz "aigkeit bei den Postdampfern nach Afrika thunlichst erhöht
8 1 (Vertrag mit den Unternehmern und Reichszuschuß)
^rt-> l'ch Abg. Klees (Soc.) gegen die Resolution; seine
werde die Unterstützung nicht bewilligen, well sie der von
'«»i^Pvcialdemokraten nicht gebilligten Colonialpolitik zugute
Antrag des Abg. Dr. Arendt wird der erste Theil der
, Ak "" mit ^ 1 verbunden.
Oertel (cons.) erklärt, die Concurrenz der Colonteen
^ichn " nicht, da die Schutzgebiete zollpolitisch dem Auslande
, E.Üen.
^>15 ,?l2ftcretär Dr. Graf v. P0 sad 0 ws k y: Der Schwer-
es ege auf dem Handels- und wirthschaftlichen Gebiet, nicht
Postalischen. Daraus folgt, daß die unterstützten Ge-
^"ierl , die Pflicht haben sollen, die Schiffe aus deutschem
Le zj wl herzustellen und deutsche Bemannung zu nehmen. Gegen
^^1°lutiün habe die Regierung nichts einzuwenden._

Abg. Brömel (freis. Ver.) meint, einerseits begeistere man
sich für überseeische Weltpolitik des Reiches, andererseits aber
wolle man, sobald eS sich um reale Fragen handelt, von Welt-
politik nichts wissen. Der Unterstützung stehen große Gegen-
leistungen gegenüber; man solle dem Unternehmen nicht noch mehr
Erschwerungen auferlegen. Er stimme gegen die Resolution.
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Die vaterländischen Produkte
müssen lebensfähig erhalten werden.
Abg. Bebel (Soz.) weist darauf hin, daß eine Maßregel
die andere aufhebe. Die Flotte sei ein Handelsschutz, aber die
Mittel für die Flotte sollen durch Beschränkungen des Handels
und Besteuerung der Schifffahrt aufgebracht werden.
Abg. Dr. Müller- Sagan (freis. Vp.): Wenn die Reso-
lution einigermaßen weitgefaßt sei, so schließe sie diejenigen
Verkehrsgüter, die bisher die Hauptfracht der Dampferlinie
gebildet haben, aus. Fasse man sie enger, so sei sie überflüssig.
8 1 wird hierauf angenommen, ebenso der Rest des Gesetzes
und der Resolution.
Es folgt die Weiterberathung der Unfallversicherungs-
Novelle.
88 8 bis 10 0 werden in der Kommissionsfassung an-
genommen.
Morgen 1 Uhr Weiterberathung.
Baden. 8.6. Karlsruhe, 6. Mai. Im Hinblick
auf die unter den deutschen Einzelstaaten schwebenden Ver-
handlungen über die Zulassung der Abiturienten der Real-
gymnasien zum medizinischen Studium richtete der Stadl-
rath an die Großh. Oberschulbehörde das Ersuchen, bei
den fraglichen Verhandlungen darauf hinzuwirken, daß
Rcalgymnasialabiturienten zum Studium der
Medizin allgemein oder doch soweit die Realgymnasien
den badischen Lehrplan haben, ohne eine Ergänzungsprü-
fung im Lateinischen, wie solche vorgeschrieben werden soll,
zugelassen werden, da der Lehrplan der badischen Real-
gymnasien 56 Wochenstunden Latcinunterricht aufweist,
während der entsprechende preußische Lehrplan deren nur
43 vorschreibt. — Mit Bezug auf die Mittheilung des
Großh. Oberschulraths vom 10. März ds. Js., wonach
die Großh. Obcrschulbehörde mit dem Erzbischöflichen
Ordinariate wegen Entfernung des Kaplans Ansel-
me nt aus der hiesigen Volksschule in Rücksicht auf dessen
Ausschreitungen beim Religionsunterricht noch in Unter-
handlungen stehe, ersuchte nun der Stadtrath den Großh.
Oberschulrath wiederholt dringend um Auskunft über den
Stand der Sache.
Badischer Landtag. 8.6. Karlsruhe, 7. Mai.
(72. Sitzung der Zweiten Kammer). Vor Eintritt in
die Tagesordnung bringt Präsident Gönner folgendes
Telegramm des Groß Herzogs zur Kenntniß des
Hauses: Mit großer Befriedigung habe ich den Wunsch
der 2. Kammer erfüllt, deren Glückwünsche zum heutigen
bedeutungsvollen Feste an S.' M. den Kaiser und an
S. K. H. den deutschen Kronprinzen zu übermitteln. Der
Kaiser hat höchst seinen Dank wie folgt geäußert: „Von
tiefem Danke erfüllt, bitte ich Dich, der badischen zweiten
Kammer gegenüber der Dollmetsch meiner Gefühle zu sein.
Ich freue mich von Herzen, daß die Kammer an dem
schönen Feste, welches unserem Haus von Gott bescheert
worden, so warmen Antheil nimmt. Auch im Namen
meines Sohnes sage ich den wärmsten Dank." — Ich
übermittle Ihnen diese Dankesworte mit dem Ausdruck
meiner eigenen Befriedigung, persönlich dem Kronprinzen
nahe sein zu dürfen, da er diesen großen Schritt ins
Leben thut, umgeben von den Souveränen und Fürsten,
sowie den Vertretern aller europäischen Staaten.
Friedrich, Großherzog.
Das Haus erledigte zunächst das Budget der Eisen bah n-
betriebsverwaltung.
Berichterstatter Abg Dr. Wilckens betonte in seinem
Schlußwort zur allgemeinen Berathung, daß in der Main-
Neckarbahnfrage ohne Zustimmung der Kammer wohl nichts ge-
schehen könne. Ihm scheine es zweifelhaft, ob wir nicht an Ein-
fluß aus die Bakw verlieren würden, wenn Preußen deren Leitung

von Frankfurt aus in die Hand bekäme. Man dürfe übrigens
zum Eisenbahnmtnister das Vertrauen haben, daß er die In-
teressen Badens aufs beste wahren werde. Die Perronsperre
würde bei uns keiner Sympathie begegnen; nur wenn statistisch
nachgewiesen werde, daß Leben und Gesundheit der Schaffner
durch die jetzige Einrichtung mehr als anderswo bedroht sei,
könnte deren Einführung in Frage kommen.
In der Specialberathung befürwortet Abg. Rohrhurst die
Erhöhung des Anfangslohns der Heidelberger Güterbahnarbeiter.
Abg. Blümmel bittet, den Rangirern Dienstmäntel zur Ver-
fügung zu stellen. Abg. Hug ersucht um baldige Beseitigung
der Güterhalle in Uebcrlingen, um Errichtung einer Wartehalle
in Hagenau, Ausdehnung des Expreßgutverkehrs auf die Statio-
nen Immenstaad und Hagenau und Reduktion der Fahrpreise
für einfache Fahrten auf den Bodenseedampferu. Abg. Müller-
Weinheim führt Klage über die ungünstigen Verkehr sverhältniffe
auf der Matn-Neckarbahu und über die Zustände auf dem Bahn-
hof tn Weinheim. Er wünscht raschere Beförderung der Be-
amten dieser Bahn und einen anderen Titel (Verwalter) für die
Vorstände der Stationen Friedrichsfeld und Weinheim, sowie
Einführung des Kilometerhefts zu 509 Km. auch auf der
Main-Ncckarbahn.
Minister von Brauer sagt wohlwollende Prüfung dieser
Wünsche zu.
Die einzelnen Positionen werden angenommen.
Es folgte die Berathung der Petitionen von Eisen-
bahnbediensteten. Gemäß einer Verabredung unter den Parteien
beschränkten sich die Redner der verschiedenen Fraktionen
(Wacker (Cen:r). Dc. Fieser (nat.), Fendlich (Soc.),
Hoffmann (dem) und Kirchen bau er (cons.) auf kurze Er-
klärungen, in denen sie ihr Einvcrständniß mit den Kom misfions-
auträgen bekundeten. Diese wurden, nachdem G eneraldirektor
Eisenlohr für das d-n Eisenbahnbediensteten entge gen gebrachte
Wohlwollen gedankt und eine ernstliche Prüfung der Eingaben
zugesagt hatte, einstimmig angenommen. — Morgen beginnt die
Berathung des Eisenbahnbaubudgets.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großh erzog haben den
Oberkirchenräthen Alexander Sch erict und Philipp Ganz das
Ritterkreuz erster Klaffe des Ordens vom Zähringer Löwen ver-
liehen und dem Postdirektor Donsbach in Waldshut die
Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen
Königlich Preußischen Kronenordens III. Klasse erlheilt.
Karlsruhe, 7. Mai. Prinzessin Wilhelm ist gestern
Nachmittag in Begleitung der Erbrinzessin von Anhalt und
des Prinzen Max aus Baden-Baden wieder in Karlsruhe
eingetroffen.
— Im badischen Staatsvoranschlag für 1900/1901 sind er-
hebliche Mittel vorgesehen, um Gewerbetreibenden,
Kleinindu st riellen, Handwerkern, Werkmeistern
und Arbeitern, sowie sonstigen gewerblichen
und technischen Sachverständigen den Besuch
der Weltausstellung in Paris durch Gewährung von
Reisebeihilfen zu erleichtern. Wie die Südd. Reichskorr. erfährt,
hat das Ministerium des Innern verfügt, daß s. insbesondere
solche Persönlichkeiten berücksichtigt werden sollen, welche infolge
längerer praktischer Berufsübung bereits eine gewisse geschäft-
liche Erfahrung besitzen und von welchen nach ihrer Vorbildung,
der Art ihres Geschäfts oder nach ihrer Stellung im Gewerbe
angenommen werden kann, daß sie die von ihnen auf der Aus-
stellung gemachten Wahrnehmungen nicht nur für sich selbst ver-
werthen, sondern auch weiteren Kreisen zugänglich und nutzbar
machen können; b. daß in der Regel nur Reisebeihilfen, also
Zuschüsse zu den Kosten der Reise und des Aufenthalts gewährt
werden sollen, die Uebernahme sämmtlicher Küsten aber nur aus-
nahmsweise in ganz besonderen Fällen erfolgen kann.
Der Aufenthalt in Paris soll mindestens zehn Tage dauern
und diese Zeit ausschließlich der Ausstellung gewidmet sein.
Nach der Rückkehr ist dem Ministerium ein Bericht über die
auf technischem bezw. künstlerischem Gebiet gemachten besonderen
Wahrnehmungen zu erstatten, auch auf Verlangen in gewerb-
lichen Vereinigungen darüber mündlich zu berichten.
Gesuche um Gewährung von Beihilfen sind
späte st ens bis zum 20. k. M. durch Vermittelung
der Handelskammern und gewerblichen Ver-
einigungen bei den Großh. Bezirksämtern e in-
z u r e i ch e n. In denselben ist über die persönlichen Verhältnisse,
über die gewerbliche Vorbildung, die geschäftlich- Stellung und
die bisherige praktische Thätigkeit des Bewerbers, sowie darüber
genaue Auskunft zu geben, wie lange er tn Paris zu verweilen
gedenkt, welchem speziellen Gebiet der Ausstellung er seine be-
sondere Aufmerksamkeit zu widmen beabsichtigt und in welcher


Das Nachtmahr.
^ Geschichte aus dem Burenleben Südafrikas.
H Grzähft von einem deutschen Arzte im Kaplande.
- (Fortsetzung.)
L.h Esterhuiz und Jacobus Smeer waren Nachbarn,
man in jenem Lande unter Nachbarn versteht.
lA"'°n nämlich „nur" drei Stunden von einander,
^tch^tere lebte als Junggeselle allein in seinem Lehmbause,
Du Aeiß, Sparsamkeit oder, wie seine Neider sagten,
er es zu etwas gebracht. Die letzterwähnte
z'Og ^aft sollte ihn auch bisher verhindert haben, sich eine
M "l nehmen, denn es ist etwas Unerhörtes, daß ein
uzu wohlhabender Bauer ledig bleibt. Jacobus'
jiift f.war ziemlich schäbig und stach gegen die einfachen,
l>^>bn,,?bn und noch neuen Reisekleider der Esterhuiz. die
At etwas aus sich dielten, stark ab. In einem Punkte
W'e ^ " die Sparsamkeit jedenfalls nicht zu weit. Er
MebhII und das wurde allgemein anerkannt — mit
Zärtlichkeit für seinen Magen. Unheimliche
dMy^en wurden von ieiner Leistungsfähigkeit im Essen
E ty'gn bionders, wenn es nichts kostete. Sein Bedauern,
^ig. ohne ihn gcfrühstückt habe, war jedenfalls auf-

h'flte er. nachdem man es sich auf den Kaffeesäcken
E.A bequem gemachl hatte, unbeirrt durch das Rütteln
K °en des Wagens aus einem Korbe, den er Von
deh,"^ wit hinübergebracht hatte, ein hartgekochtes Ei
ihm rudern hervor und ließ es sich gut schmecken,
flusch - üegenübersitzenden Mädchen sahen ihm halb
Ä mitleidig zu, bis Bettie bemerkte, er müsse ja
hs^y ft-?- aren Hunger haben, jedenfalls habe er in der
^>am ^ Schlachten und Backen vergessen. „Das
"w Jacobus gleichmüthig, „aber ich habe immer

guten Appetit. Uebrigens sind Eier meine Lieblingsspeise.
Einmal habe ich 23 Straußeneier tn einer Mahlzeit ge-
gessen." Die ganze Reisegesellschaft starrte ihn an, und die
Dante bemerkte strafend: „Jakobus, wenn man zur Kirche
fährt, sollte man wenigstens nicht solche Lügen Vorbringen,"
! woraus der Dicke in ein unbändiges Gelächter ausbrach, sich
- verschluckte und einen heftigen Hustenanfall bekam. Keuchend
! sprach er den Wunsch aus. man möge ihm den Rücken
klopfen, was von Bettie, nachdem sie sich von dem jetzt auf
der Vorkifte (Bock) sitzenden Abraham schnell die kurze
Riemenpeitsche ausgebeten hatte, die zum Antriebe des
Deichselgespannes benutzt wird, in der gründlichsten Weise
besorgt wurde. Jacobus kam wieder zu Albern, setzte sich
und sagte verschmitzt: „Ihr habt mich gut gedoktert, Bettie.
aber was ich erzählt habe, ist nichtsdestoweniger eine That-
sache," und als sein hübsches Gegenüber drohend die Peitsche
erhob, iubr er fort: „Es war ein wilder Strauß, ich schoß
ihn, und als wir ihn zerlegten, fanden wir die Eier, sie
schmeckten sehr gut." Triumphirend blickte er jetzt die
Mädchen an. die seinen „Witz" sehr mißbilligten, während
die Tante herzlich lachte. Man war aber jetzt ins Fahr-
wasser gekommen, es wurde werter erzählt und gelacht,
wobei sich Jacobus offenbar alle Muhe gab. den beiden
Mädchen in einer möglichst ungeschlachten Weile den Hof
zu machen. Bettie reagirte darauf mit einem gewesen
koketten Hochmuth, Maria thaute allmählich auf und lachte
mit, die beiden Alten aber sahen schmunzelnd zu und
machten sich ihre eigenen Gedanken.
Und die zu errathen war nicht schwer. Jacobus war
eine der besten Partien im Lande, und er konnte auf die
Dauer nicht ledig bleiben, das war undenkbar. Bettie aber
war in dem delrathsfähigen Alter bereits ziemlich vorge-
schritten — die Mädchen heirathen dorr manchmal mit 16
Jahren und es wurde Zeit auch für sie. Die bisherigen
Freier, an denen es nicht gefehlt hatte, waren weder den
Eltern noch ihr. die trotz ihres phlegmari chen Temperements
recht wählerisch war, genehm gewesen. Und wenn es Bettre

> nicht sein sollte, auf die Jacobus sein Auge geworfen hatte,
so war Maria auch schon so weit, um in die Ehe treten zu
können. Von Mißgunst dieser gegenüber zu Gunsten der
eigenen Tochter war bei den Heiden Alten keine Rede- Das
freundliche sanfte Mädchen, das sie nach ihres Vaters Tode
als liebes Kind in ihre Familie ausgenommen hatten, war
ihnen ans Herz gewachsen, die Söhne waren heimlich in sie
verliebt, mir Bettie verband sie gute Freundschaft. Jacobus,
auf dessen weniger liebenswürdige Eigenschaften, wie seine
übertriebene Sparsamkeit, die beiden Eltern nach Bauernart
nichts gaben, halte neuerdings häufige Besuche im Esterhuiz-
schen Hause abgcstattet. Wem sie galten, war nicht recht
klar, er vertheilte seine plumpen Liebenwürdigkeiten gleich-
mäßig nach beiden Seiten.
/ (Forts etzuna folgt.)

Literarisches.

—8 Sankt Georg. Jllustrirte Zeitschrift für Sport und
Gesellschaft. Offizielles Organ des Deutschen Sport-Vereins.
Hamburger Polo-Klubs, Deutschen Automobil-Klubs. Berlin NW.,
Albrechtstr. 11. Von dieser neuen Sportszeitschrift sind uns die
ersten vier Nummern zugegangen. Die Hefte machen einen
günstigen Eindruck. Die äußere Ausstattung ist gediegen, die
Textanordnung, der Druck, die zahlreichen Bilder nehmen für
sich ein durch Feinheit und Acuratesse ihrer Ausführung. Der
Zweck der Zeitschrift ist aus ihrem Namen ersichtlich. Wir haben
es hier mit einer Sportszeitung vornehmen Stils zu thuu. Der
Inhalt der ersten vier Heften zeigt, daß die Redaktion bemüht
ist, ActuelleS zu bringen u. daß sie allen Zweigen des höheren Sports
ihre Aufmerksamkeit zuwcndet. Aus den Schichten der Gesellschaft,
die vornehmlich den Sport pflegen, bringt Sankt Georg mancher-
lei Mittheilungen und Notizen, die auch für weitere Kreise
interessant sind. Die nächste 'Nummer wird, worauf besonders
aufmerksam gemacht sei, eine illustrlrte Biographie des deutschen
Kronprinzen enthalten, die dessen Lebensgang von seiner Geburt
bis zur Äündigkeitserklärung schildert.
 
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