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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0090

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ihren Kollegen am dortigen Schlosse; Antrag der Abgg. Dr.
Heimburger und Gen. betreffend Gleichberechtigung der Ober-
realschulen; Mittheilung des Ministeriums der Finanzen, daß
der Budgetsatz von 300 060 Mk. für die Brauerei Rothaus vor-
läufig zurückgezogen wird.
Es folgt die Berathung der Wahlprüfungen tnNastatt
und Eberbach-Buchen.
Berichterstatter Abg. Zehnter (Centr.): Ueber die Wahl in
Rastatt hebt Redner nach der Lande^ztg. zunächst hervor, daß
die Behauptung, es sei in unzulässiger Weise Freibier gespendet
worden, sich nicht bestätigt hat; es wurde in der Franz'schen
Brauerei vielmehr nur dem Komitee, sowie den Zettelträgern rc.
ein ziemliches Quantum Freibier und Speisen verabreicht, wie
dies auch sonst üblich ist. Daß durch Verabreichung von Bier
eine Beeinflussung vorgekommen sei, ist nicht festgestellt worden,
weßhalb sich auf diesen Punkt ein Protest nicht stützen läßt. Be-
züglich der anderen Wirthschaften, »Engel' und »Fortuna",
konnten die im Wahlprotest behaupteten Abgabe» von Freibier
und anderen Getränken ebensowenig bewiesen werden, wie die
Behauptung, daß einem Wähler (dem Bäcker Holzer) von einem
Nationalliberalen (Degeler) ein Darlehen versprochen worden sei.
um seine Abstimmung zu beeinflussen. Der Betreffende hat
lediglich aus Unmuth die Aeußerung gethan: „Bei den Wahlen
findet man mich, sonst nicht." Es ist hervorzuheben, daß der
Wahlkommissär in Rastatt in Bezug auf die eidliche Vernehmung
des beschuldigten Degeler anderer Meinung war, als derjenige
in Konstanz. Der Betreffende wurde sofort vernommen. Der
Betrag von 20 Pfg., den laut Wahlprolest ein Zimmermetster
einem Knecht gab, stellte sich als Trinkgeld heraus. Der Knecht
war überdies nicht wahlberechtigt. Ein Preuße hat zwar unbe-
rechtigter Weise in Rastatt gewählt, ohne ortsansässig zu sein,
doch hätte dies auf das Resultat der Wahl keinen Einfluß aus-
üben können, weßhalb auch dieser Punkt für nicht erheblich an-
gesehen wurde. Was die behauptete Beeinflussung auf die Post-
untelbeamten seitens des Rastallcr Postdirektors betrifft, so war
die Wahlprüfungskommission der Meinung, daß sein Verhalten
recht nahe an Beeinflussung heranreiche, daß aber die Wahl-
männerwahl dadurch nicht im Resultat geändert werden konnte,
selbst wenn in einem Distrikt die Zahl der Gewählten sich etwas
verändert hätte.
Ter Kommissionsantrag. die Wahl in Rastatt für giltig
zu erklären, wird ohne Debatte einstimmig angenommen.
Betreffs der Wahl in Eberbach-Buchen führt der
Redner aus: Die Angabe im demokratischen Wahlprotest, daß
in Mülben die Wahlurne während der Wahl entfernt wurde, be-
ruht auf unrichtiger Weiterträgerei eines Gesprächs zweier Wahl-
kommtssionsmilglieder. Es ist nichts Ungehöriges vorgekommen.
Im gleichen Orte sollte ein Wähler Th. Egenbergec nicht orts-
ansässig gewesen sein; diese Behauptung wurde ebenfalls wider-
legt. Daß ein weiterer Wähler, wie im „demokratischen" Protest
stand, Armenuntcrstützung empfangen hat, ist ebenfalls unrichtig.
In Weisbach sind auf dem Wahltisch nattonalliberale Wahlzettel
gelegen, mit dem Druck nach unten. Wer die Zettel hingelegt
hat, konnte nicht festgestellt werden. Nachdem der Bürgermeister
auf diese Ungehörigkeil aufmerksam gemacht war, entfernte er die
Zettel; an dem Resultat konnte durch den Vorgang nichts ge-
ändert werden. Die beanstandete Distriktseintheilung mehrerer
Orte ist im gesetzlichen Rahmen geschehen; eine Parteitendenz
konnte dabei nicht nachgcwiesen werden, so hätte z. B. der Distrikt
Lindach-Zwingenberg bei anderer Eintheilung einen national-
liberalen Wahlmann gewonnen. Die Kommission glaubt jedoch
trotzdem den Minister des Innern darauf Hinweisen zu sollen,
daß bei der Wahldtstriktseintheilung nicht lediglich nach der Ent-
fernung der Orte zu einander verfahren werden soll, sondern
daß auch möglichst die Einwohnerzahl zum Ausdruck kommen
soll. Der liberale Protest bezieht sich ausschließlich auf die
Wahlen in Strümpfelbrunn und stützt sich zunächst darauf,
daß die Wählerliste nicht ordnungsgemäß auSgelcgt war und
nicht berichtigt werden konnte. Es sind dadurch thatsächlich drei
Personen um ihr Wahlrecht gekommen. Der prakt. Arzt
Dr. Wintermantel fand das Rathhaus verschlossen, konnte auch
die Einsicht durch den Besuch beim Bürgermeisterhause nicht er-
langen und kam infolge dessen nicht mehr dazu, die Liste zu
konlrolliren; doch konnte die Kommission nicht zur Ansicht ge-
langen, daß eine Umstoßuug der Wahl erfolgen müsse, schon
deßhalb, weil die Liste keinen Vermerk enthalte, zu welcher Zeit
nach der Bekanntmachung die Auslegung hätte geschehen sollen
und weil die Zeugen selbst darüber nicht einig waren. In
Strümpfelbrunn sei demokratischerseits mehreren Burschen Frei-
bier versprochen worden. Besonders tdätig im Frctbierversprechen
und in Beeinflussungen erscheint der Demokrat Moser. Er ließ,
der Aussage des Zeugen Emig zufolge, diesen in eine Wirthschaft
holen und ihm lagen, das „Vogelnest" oder der „Vogelkäfig",
worunter Emig die Negierung verstanden habe (Große Heiterkeit),
müsse ausgehovcn werden. Moser habe ihn dann gefragt, ob er
Durst habe, und als Emig dies verneinte, gesagt: „Das ist noch
nie dagewesen". (Stürmische Heiterkeit.) Später habe ein Freund
Mosers dem Emig mit dem Stock ein Loch in den Kopf ge-
schlagen und dabei gesagt: „So, das ist liberal!" (Heiterkeit.)
Der Zevge Emig sei jedoch als nicht eiuwandsfrei bezeichnet
worden. Man hätte nach Ansicht der Kommission auch weitere
Erhebungen machen müssen, ehe man zur Umstoßung der Wahl
hätte schreiten können, da aber ein Ergebntß in dieser Richtung
nur dem jetzt gewählten Kandidaten hätte zugute kommen können,
hat man davon abgesehen
Die Kommission beantragt, auch die Wahl Eberbach-Buchen
für giltig zu erklären, was ebenfalls dxbattelos einstimmig
genehmigt wird.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben an
Stelle des in den Rnheltand getretenen Overlandesgerichts»
rathS Rupp den OberlandeSaericktSrath Hermann Buch
zum Moglied des Kompetenz lemchkshofs ernannt.
Karlsruhe, 20. Jan. Beim Verschieben des Güterzuges
82l auf Station Llngttngen sind heule Vormittag zwei
Kohlenioagcn um ge morsen worden. Die dadurch vor-
übergehend cingctrct-i-e Betriebsstörung brachte die nächst-
folgenden Züge um V« bis V- Stunde in Rückstand. Per-
sonen wurden nicht verletzt uno der Materialschaden ist nicht
von Belang.
Karlsruhe, 20. Jan. Der Großherzog crtheilte
heute einer Abordnung der hiesigen Studentenschaft Audienz,
welche demselben für die Verleihung des Doktorpromotions-
rechts an die Großh. Technische Hochschule dankte. Die
Abordnung bestand aus den Studirenden Mall, Schnitz-
spahn, Spieß, Stöber, Stöcklo, Vögele und Wagner. Um
7 Uhr empfingen die Großh. Herrschaften gemeinsam den
Königl. Großbrittanischen Geschäftsträger G. W.Buchanan
und Gemahlin, welche später an der Abendtafel theilnahmen.

Ausland.
Oeflerrcich-Ungarn. Wien, 20. Jan. Die Wiener
Ztg. veröffentlicht die auf denKabinetswechsel bezüg-
lichen kaiserlichen Rundschreiben. In dem Handschreiben
an den Vorsitzenden des Ministerraths, v. Wttt ek, wird
diesem die vollste Anerkennung und der wärmste Dank aus-
gesprochen für seine neuerdings mit treubewährter, patrioti-
scher Hingabe geleisteten Dienste. Auch die Enthebung der
Leiter der einzelnen Ministerien geschieht mit dem Ausdruck
der Anerkennung für ihre geleisteten Dienste. Die neuen
Minister wurden heute vom Kaiser vereidigt. Das Ka-

binet Mittel war nur ein Nothbehelf; es war eingesetzt,
um die sogenannten Staatsnothwendigkeiten, die auf keinem
andern Weg verwirklicht werden konnten, mit Hülfe des
Nothstands-Paragraphen durchzuführen. Das jetzt einge-
setzte Ministerium v. Kröber soll den Parlamentarismus
wieder lebensfähig machen, und zwar auf Grund der vor-
ausgegangenen Versöhnung der Nationalitäten. Es wird
das auf alle Fälle eme schwere Arbeit sein, obgleich die
Einsicht, daß die Nationalitäten zu einer Verständigung
komme» müssen, doch allmählig gewachsen ist. -
Afrika. Vom Kriegsschauplatz in Natal liegen einige
Nachrichten vom Donnerstag und vom Freitag vor, doch
sind sie ohne erhebliche Beoeutung. Die erwartete große
Schlacht war bis dahin nicht erfolgt. Ein Reuter-
telegramm vom Samstag aus dem Lager von Spearmans-
Farm meldet dann, daß am Samstag früh das Feuern
der Feldgeschütze gehört wurde. Augenscheinlich habe
General Warren die Beschießung der feindlichen Ver-
schanzungen auf dem Tabanyamaoerge begonnen. Kurze
Zeit sei auch Gewehrfener gehört worden. Ob das mm
schon die Einleitung zu der großen Schlacht war oder nur
eine vorläufige Plänkelei, das wird sich aus den nächsten
Nachrichten ergeben. Die Engländer haben von dem 700
Fuß hohen Alice-Berg bei ihrem Lager zu Spearmans-
F-arm einen guten Ausblick auf die Burenstellung. Die-
selbe sei stark, wenn auch nicht so stark wie ihre unein-
nehmbare Stellung bei Colenso. Am Donnerstag bom-
bardirten die Engländer zwei Stunden lang. Doch die
Buren reagirten nicht darauf. Die Stellung der Buren
wird als sehr geschickt ausgewählt bezeichnet. Sie haben
eine Frontstellung nördlich von Potgietersdrist und eine
Flankenstellung westlich davon am Spionskopp und zwar
derart, daß die Engländer von Potgietersdrist her nord-
östlich, von Trichardsdrift her sich nordwestlich wenden
müssen, so daß also die beiden englischen Heeresabtheilungen,
je weiter sie Vordringen, desto mehr sich den Rücken zu-
wenden müssen. Wie nachträglich berichtet wird, machten
die Buren am 15. d. einen Vorstoß über Colenso südlich
hinaus, zogen sich aber vor den anrückenden Engländern
alsbald zurück.
Lorenzo-Ma r quez, 19. Jan. Die ans Aus-
stralien mit einer Ladung Mehl für die Regierung der
Südafrikanischen Republik kommende deutsche Bark
„Marie" ist von dem englischen Kriegsschiff „Pelorus"
in der Nähe der Insel Jnyak aufgebracht und nach Durban
gesandt worden. (Da werden die englischen Gefangenen
in Transvaal wohl bald auf schmale Kost gesetzt werden.)

Aus Stadt und Land.
Heidelberg. 22 Januar.
A Zu den bevorstehenden Stadtverordnetenwahlen. Gestern
Nachmittag fand im Gartensaal der „Harmonie" eine national-
liberale Versammlung statt, die sich mit den bevorstehenden städt.
Wahlen beschäftigte. Der Vorsitzende, Herr Geh. Rath Meyer,
unterbreitete derselben ein mit dem Centrum und den Antisemiten
abgeschlossenes Kompromiß zur Genehmigung. Danach sollen dem
Centrum 7, den Antisemiten 1 Staotverordnetemnandat zu-
gestanden werden. Die Verhandlungen mit den Freisinnigen
haben sich zerschlagen, da diese mehr als einen Sitz beanspruchten-
Wie .verr Meyer ausführte, Hütte die nationalliberale Partei nach
den ^gebniffen der letzten Wahl ohne Scheu in den Wahlkampf
gehen und die Mandate wie bisher von sich ans besetzen können.
Im Interesse eines ruhigen Wahlverlaufs und da es prinzipiell
richtig sei, auch die andern in der Stadt vertretenen bürgerlichen
Parteien an der Arbeit und Verantwortung im Bürgerauschuß
theilnchmen zu lassen, habe man sich zu dem Kompromiß ent-
schlossen. Herr Rechtsanwalt Leonhardt setzte dann aus-
einander, daß die Vorbereitung der Wahlen diesmal eine andere
sei wie früher. Früher habe eine Kommission von Stadtverord-
neten unter Zuziehung geeigneter weiterer Mitglieder die Sache
in die Hand genommen, die Wohlvorschläge ausgearbeitet und sie
den Versammlungen der einzelnen Wäblerklassen unterbreitet. Die
nationalliberale Partei als solche sei dabei nicht in Action ge-
treten. Vor drei Jahren habe sich die Sache anders gestaltet, da-
mals wollte man ein Kompromiß mit dem Centrum abschließen,
der radikale Theil des Cenirums aber verwarf das Kompromiß
kurz vor dem Wahltag. Es war dann nicht mehr Zeit, noch
eine nationalliberale Parteiversammlnng zu befragen, auch
empfahl es sich nicht, die Wahlvorschläge allgemeinen
Wählerklassen - Versammlungen vorzulegen, da möglicherweise
die Gegner in geschlossener Kolonne die Versammlung be-
sucht und den Wahlvorschlag in ihrem Sinne umgestaltet
Hallen, so daß man schließlich einen gegnerischen Wahlooischlag
als den offiziellen vätte ankündtgen müssen. In diesem Jahre
sei die nationalliberale Partei als solche an die Wahl heranqe-
trcten, nach dem Vorgehen der anderen Parteien sei ibr nichts
anderes übrig geblieben. Der Herr Redner machle dam, nähere
Mitlheilung über die Perhandlunaen mit den Vertretern der
anderen bürgerlichen Parteien. Man bot dem Centrum zuerst
fünf Sitze an, es wollte aber zehn, schließlich einigte man sich
auf sieben, vier in der Klasse der Niederstbesteuerten, zwei in
der Mittel- und einen in der der Höchstbesteuerleii. Die Anti-
semiten wünschten zwei Vertreter, haben sich aber mit einem
zufrieden gegeben. Der Freisinn habe sich, da ihm ein Mandat
zu wenig schien, von den Verhandlungen zurückgezogen. Der
Kompcoinlßvorschtag rief eine ziemlich lebhafte Debatte vervor.
Gegen den Kompromiß mit dem Centrum wendeten sich nur
wenige Stimmen, dagegen wurde der Kompromiß mit den
Antisemiten von mehreren Rednern lebhaft bekämpft. Die Ver-
sammlung nahm indessen beide Kompromisse an. den mit den
Antisemiten allerdings gegen eine ziemlich beträchtliche Minder-
heit. Auf die Einberufung nationalliberaler Wählerversamm-
lungen in den drei Wählerklasscn wurde verzichtet und der
18g1iedrigen Kommission, welche die Wahlvorschläge vorbereitet,
die Aufstellung und Verkündigung derselben überlassen. Rach
etwa zweistündiger Dauer wurde die Versammlung von dem
Vorsitzenden mit einem Hoch a»f die bewährte Stadtverwaltung
und insbesondere deren Oberhaupt, Herrn Oberbürgermeister
Dr. Wüllens, geschlossen. '-G
** Die hälftigen Erneuerungswahlen in das Ttadtverord-
«etencollegtum beginnen morgen mit der durch die Klasse der
Niederstbesteuerten vorzanehmcnden Wahl. Sie sängt Mittags
12 Uhr an und wahrt bis Abends 8 Uhr. Der Wahloocschlag
der vereinigten bürgerlichen Parteien ist im Anzeigetheil vor-
liegender Nr. d. Bl. veiöffentlicht. Nicht recht erfindlich ist,
warum für die Wahl der Ersatzmänner besondere Tage angesetzt
sind. Dieselbe hätte sich, wie es auch zum Theil anderwärts
geschieht, doch ganz leicht mit der Hauptwahl vereinigen lassen.
8 Wissenschaftlicher Ausflug. Letzten Freitag besichtiglen
Studirende und andere Hörer der Universität unter Führung
eines Docmten die Aktiengesellschaft für Seitindustrie und die
Fabrik irischer Oefen von Esch u. Cie. in Mannheim. — Die
Direktionen bet der Betriebe halfen die Besichtigung vorbereilen, in-
dem sie statistische Angaben üver die Größe ihrer verbrauchten
Rohprodukte und ihres Umsatzes machten, ferner über die Arbeiter-

zahl, das Lobnweftn, dir Fabcikkrankenkaffe und die Fabrikold'
nung. Die Besichtigung wurde durch einen Vortrag cinqelcitet,
welcher die Technik, den Umfang und die Hauplproduklions-
faktoren (bes. di- Arbeiterverhältnisse) beider Betriebe behandelte-
Dann wurde der Produktionsgang von Eintritt der Roh'
Materialien in die Fabrik bis zur Vollendung der Fabrikate ge-
zeigt und erläutert: die Unternehmer, die Meister und die
Arbeiter bewiesen hierbei freundliches Entgegenkommen. — Die
beiden Betriebe verdienen Dank und Anerkennung für ihre Be-
mühungen Die Einnahme des Augenscheins giebt in theo-
retischer Beziehung richtige Beispiele für die abstrakten Sätze.
In praktischer Hinsicht leyrt sie. wie komplizirt schon eine kleine
wirthscbaftliche Organisation ist und daß die Politik dier eine
große Zahl genereller und lokaler Faktoren bei ihrem Borgeben
zu berücksichtigen hat. — Die Betriebe zeigen, wie ein großer
Theil der deutschen Industrie, einen erfreulichen Aufschwung-
Die Aktiengesellschaft für Seilindustrie, welche aus einem kleinen
handwerksmäßigen Betrieb (seit 1830) sich entwickelte, vermehrte
1891—99 die Arbeiterzahl von 203 auf 458. das verarbeitete
Rohmaterial von 1150 auf 4310 Tonnen, die Umsätze von 2.14
auf 4,92 Millionen Mark Die Ofenfabrck erweiterte 1894—99
die A-beiterzahl von 81 auf 172, den Verbrauch der Roheisen
von 899 auf 1600 Tonnen, die Produktion der Oefen von 4025
auf 12 200 Stück. Auch die Löhne der Betriebe zeigen eine
bedeutende Steigerung in dieser Periode.
8. Kaufmännischer Verein. Samstag Abend eröffnet« der
Kansm. Verein mit einem Maskenkränzchen. welche» im großen
Saale der Harmonie abgehalten wurde, die Reihe der karne-
valistischen Vergnügungen in dieser Saison. Der Saal war recht
hübsch und geschmackvoll mit Fahnen, Papierguirlanden, närrischen
Inschriften und zahlreichen Pflanzen ausgeschmückt. Jung und
Alt waren zu diesem schönen Feste berdeigeströmmt, um in deal
lebensfrohen und nur dem heiteren Genuß geweihten Reich de»
Prinzen Carneoal einige schöne Stunden zu verleben. Jugend-
frische und Lebensfreudigkeit lag über dem ganzen Feste.
Lachende Gesichter voll jugendlichen Uebermuthe», graziöse hübsche
Erscheinungen in farb enreichen Kostümen gaben dem Abend sei»
Gepräge. Alle Schichten und Klassen de» Narrenreiches waren
da vertreten. Bei den prickelnden Weisen der Militärkapelle
wurde eifrig dem Tanze gehuldigt. Eine originell ausgestattete
Sektbude fand in den Pausen reichen Zuspruch und der ausge-
stellte Glllcksbafen überraschte manchen Glücklichen mit einen!
schönen Geschenke. Vollzählig blieb man beisammen bis zuai
Schluß des so überaus gelungenen Festes, das jedem Besucher
ei» paar Stunden ungetrübten Lebensgenusses gebracht hatttN
dürfte.
3. Heidelberger Turnverein. Am Samstag Abend ver-
anstaltete der Turnverein in seinem Vercinshause (Klingenteich)
eine Abend-Unterhaltung mit turnerischen Aufführungen
und Tanz. Sie war sehr zahlreich besucht. Die Aufführungen
nahmen ihren Anfang mit einigen Uebungen am Barren, aus-
geführt von den Zöglingen des Vereins. Hierauf folgte von den
Turnern Kürturnen am Barren. Es wurden diese abwechslungs-
reichen Hebungen recht sicher und exakt ausgeführt. Dann marschicte
unter den Klängen der Kapelle flott und schneidig die Damen-
Abtheilung auf, bestehend aus 40 Damen, angethan mit praktischen
und bequemen Turncostümen. Zunächst wurde von der DameN-
Abtheilung ein Reigen ausgeführt, auf welchen ein Keulenschwingen
mit einer Keule folgte. Bei dem Reigen sowohl wie bei der»
Keulenschwingen zeigten die Damen eine anerkennenswerthe Ge-
wandtheit und Sicherheit. Nachdem die Damen in geschloffenen
Reihen unter rauschendem Beifall dm Saal verlassen hatten,
führten die Turner einige Uebungen am Pferd aus. Hieran!
trat die Damen-Abtheilung nochmals an, um sich im Stabreigen
und Keulenschwingen mit 2 Keulen zu produciren. Auch vier
hatte man wieder Gelegenheit zu bewundern, mit welcher Ge-
schicklichkeit die Stäbe und Keulen gehandhabt wurden. Zni"
Schluß traten die Turner wieder auf, um noch einige Stab- und
Freiübungen, sowie ein Kürturnen am Reck vorzuführen. Be-
sonderes Interesse und allgemeine Bewunderung erregten die
Leistungen einzelner Turner am Reck. Wohlverdienter Beirat
wurde allen Leistungen zu theil. Man sieht, daß in, Turnverein
wacker gearbeitet wird i-nd der Verein über recht gute Kräfte ver-
fügt. Nach den turnerischen Aufführungen fand eine GabeN-
verloosung zum Besten der Ausstattung der Turnhalle und des
Unterstützungsfonds der mit den Buren vereint kämpfenden Turück
des Turnvereins in Heidelberg (Transvaal) statt. Darauf k«n>
bei der Allgemeinheit die mächtige Tanzlust zum Durchbruch und
bis zur frühen Morgenstunde huldigte das fröhliche Völkchen der
Kunst Terpsichorens.
Kanonier-Verein Der hsisigen Kanonier-Verein hieb
gestern im Prinz Max eine Vorfeier von Kaisers Geburtstag ad-
Der Ball war stark besucht und verlief aufs Be e. Im Laust
des Festes vielt der Vorstand, Herr A. Scherer, eine patriotisch^
Ansprache an die Festtheilnehmer. Er wies darauf hl», dsw
Heer und blühendes Gewerbe zusammcngehören. indem sie sis"
gegenseitig schützen und erh rlten und daß eine starke Flotte, wst
der Kaiser schon lange vor.uSgesebe» habe, uns dringend »old
thut. Die Ansprache schloß mit einem hurrah auf den Kaste/'
Svätec kamen eine Anzahl van Lereinsmilgliedern, die der Jubel-
feier iu Karlsruhe veigewobut vatten und erzählten von dO
dortigen Feier und der Auszeichnung, die dem Regiment Rr. "
zu Theil geworden ist.
(*) Weltpolitit im 19. Jahrhundert. Ueber dieses Th-a^
hält Herr Professor Schäfer 5 Vorträge, die am MontaS'
29 Januar um 5 Ubr im Singsaale des Gymnasiums beginn^
Die Eintrittskarten sind in der Buchhandlung von Herrn A. 2»'
Rocho.v und am Schluffe des erste» Vortrags im Singsaal
bältlich. - Die allgemeine Bedeutung des Themas legt es nalst'
ausdrücklich daraus hiuzuweisen, daß die Vorträge für Dame'
und Herren bestimmt sind. ,
! Das Apollotheater ,» Mannheim gab am Sams'N"
Abend >:n acunen Saale des Saalbaues öih>er eine Pn-
stellnug. Der Tag war möglichst ungünstig gewählt: deunvA
fanden sich etwa 200 Zuuchruer e>n. D e exo.ische Länge!'
Carmen-Carcno erwies sich -,n der Thar als eine vv8uome»a',
Erscheinung d zngilch ihres Zlim ngmfaugz und ercest^
allseittqes Staunen. Die Stimme bedarf noch we-rery
Schulung. Unter den anderen Spezialitäten sind besolde'
die Ridfavrer hervor;-hehen. die nr ihren Trios Ecsto.^
liches voien. Ferner war in ihrer An die Hunde-Drest^.
virtuos. L'bdaftec Bestall wurde den Leistungen auch ^
andern Miiwirkenden gezollt. ^
A Die Schifffahrt auf dem Neckar ist gestern. Sonnm
bei einem Pegettland von 2,88 m wieder eröffnet wolm^
einige Schiffszüge sind bereirs zu Berg gefahren, eve'
kamen verschiedene Fahrzeuge zu Thal. Es dürfte ft" ^
abermals eine Unterbrechung eintlekcn, da in Folge ^,
starken RegenS am Samstag und in ^vergangener Nackt
Neckar aoermals im Steigen begriffen stt und heute
mittag 10 Uhr die Höhe von 3,11 m erreicht bat.,
Ste ge» gehr, wie aus Vorstehendem ersichtlich, nur >" j-st
tangiamem Temvo vor sich. Treten nicht ganz beson"^'
ungünitige WitlerungSoeihältiiisse ein, so wird der
stau'' eine beionde-s erhebliche Höbe n'che erieichen. gzr
88 Liegenschaftsverkäufe. Die Herren Beierbach und
kauften das Grundstück des Herrn' Metzgermeister Hch. ^
berger hier. Preis Mk. 25 500. Herr Wilhelm Baumann.^,-l
Rohrbach kaufte das Gasthaus des Herrn Martin
zur Stadt Bcrgheim, Preis Mk. 175000. Herr Leonhardt
hier kaufte das Haus Bergheimerstraße 135 von Herren Gg-«sik
Friede. Rollert, Baumeister, hier, Preis Mk. 65500. Herr
Zahnleiter hier kaufte das Haus Jubiläumsplatz Nr. 64 ,vo»
Susanne Frey hier, Preis Mark 23500. Herr Bahnittge'',F
Jehle hier kaufte die Villa des Herrn Baumeister
Remler an der Schlierbacherlandstraße, Preis Mk. 17 000. Am
Hch. Hamberger hier kaufte das Haus des Herrn Dreher»'
Jakob hier, Bluntschlistraße Nr. 19, Preis Mk. 23000-> 4
 
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