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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1900 - 31. Januar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0128

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Vissing in Freiburg das Ritterkreuz erster Klasse des Ordens
vom Zähringer Löwen verliehen.
— Im Interesse des Publikums wird darauf aufmerksam ge-
macht, daß es sich zur Vermeidung von Verschleppungen bei der
Beförderung von Expreßgut und zur Verhütung von Verzöge-
rungen und Verwechslungen bei der Zustellung empfiehlt, daß
von den Aufgebern auf den Expreßgütern die Adressen
recht dauerhaft und deutlich angebracht werden, da die bahn-
seitige Bestellung bei der einfachen Art der Abfertigung des Ex-
preßgutes und der immer mehr zunehmenden Ausdehnung des
Expreßgutverkehrs nicht immer ausreichend ist, die infolge von
fehlenden oder mangelhaften Adressen entstandenen Jrrthümer
aufzuklären. — Ebenso kann die Anbringung von haltbaren
Adressen an den zur Beförderung als Reisegepäck aufge-
lieferten Sendungen aus Zweckmäbigkeitsgründen nur empfohlen
werden.
Ausland.
Frankreich. Paris, 29. Januar. Die soeben vor-
genommenen Senatswahlen haben die Zusammen-
setzung des Senats nicht erheblich geändert. Von den 99
Sitzen, die zu erneuern waren, sind 92 den Republikanern,
8 den Nationalisten und 4 den konservativen zugffallen.
Paris, 30. Januar. Der Ministerrath
wird heute abermals über das Flottenprogramm
berathen. Anfänglich war die Gesammtausgabe auf
800 Millionen berechnet worden, später hat man sie auf
750 Millionen herabgesetzt. Da aber noch andere Aus-
gaben, hauptsächlich für die Legung von Kabeln, benöthigt
werden, glaubt man doch auf eine Gesammtforderung von
900 Millionen zu kommen.
Rußland. Petersburg, 29. Jan. Die Nowosti
mißt dem Thronwechsel in China nur wenig Be-
deutung bei, da es sich nur um die Ablösung des fictiven
Kaisers handle. China könne jetzt mehr als je als geo-
graphischer Begriff betrachtet werden; es werde dasselbe
Schicksal haben wie die Staaten der alten Geschichte. Die
Auftheilung werde sich auf friedlichem Wege vollziehen.
In welcher Form, sei eine Frage der Zukunft. Die Russie
sagt, es gebe in China keine politische Strömung, die sich
den Widerstand gegen Rußland zur Aufgabe gemacht habe;
ein russisch-japanisches Bündniß sei nur eine
Frage der Zeit.
England. London, 30. Januar. Das Parla-
ment ist heute eröffnet worden. In Bezug auf den
Krieg in Südafrika spricht die Thronrede von einem Ein-
bruch der Freistaaten in die südafrikanischen Kolonien und
sagt dann: Ich vertraue, daß mein Blick sich nicht ver-
gebens auf Sie richten wird, wenn ich Sie ermahne,
auszuhalten in der Anstrengung und dieselbe
zu erneuern, bis wir den Kampf um die Ausrecht-
erhaltung des Reiches und Sicherung unserer
Suprematie in Südafrika zu Ende geführt
haben.
London, 30. Januar. Lord Edmond Fitzmaurice
wird namens der Führer der Opposition des Unterhauses
«in Amendement zur Adresse einbringen, in dem das
Bedauern über den Mangel an Sachkenntniß,
Voraussicht und Urtheil seitens der Regierung in
den südafrikanischen Angelegenheiten seit 1895
und in der Vorbereitung zum Kriege ausgedrückt wird.
Dieses Amendement hat den Vorrang vor allen übrigen
Amendements.
Italien. Seit mehreren Tagen ist Palermo, eine Stadt
von 350 000 Einwohnern, ohne Fleisch und ohne
Gemüse. Die Läden aller Schlächter, Geflügel- und
Gemüsehändler sind geschlossen, weil der Stadlrath, um
ein Defizit vou 800 000 Lire, das durch eine skandalöse
und unehrenhafte Verwaltung entstanden ist, zu decken, zu
neuen Steuern seine Zuflucht nehmen mußte, und eine
Fleisch-, Milch-, Eier-, Hühner-, Wein-, Papier-, Fenster-
und Gemüsesteuer ausschrieb. Die kleinen Händler schlossen
empört darüber ihre Läden. Das Vieh, welches aus der
Umgebung in die Stadt getrieben wurde, reicht bei weitem
nicht, um den nothwendigen Bedarf zu decken, und die
volkreiche Stadt sieht einer großen Theuerung, und viel-
leicht auch blutigen Aufständen entgegen, wenn der Stadt-
rath keine Abhilfe schafft. Die Volksmassen demonstriren
täglich zu Tausenden vor dem Rathhaus, jedoch wurden
bisher noch blutige Zusammenstöße vermieden.
Afrika. Der Gesammtverlust der Engländer bei den
Kämpfen um den Spionskop ist noch immer nicht bekannt
gegeben worden. Die Vermuthung, daß die Verluste
ungemein schwerer sind, wird durch diese Verzögerung ver-
stärkt. — Die Reiterbrigade Dundonald, die auf dem
äußersten linken Flügel der Warren'schen Armee operirte
und von der man ein paar Tage nichts hörte, hat sich
am Samstag am oberen Tugela wieder eingefunde».
Die Brigade Lyttleton scheint noch auf dem Nordufer
des Flusses zu stehen. — In der nächsten Zeit wird es
wohl heißen: in Natal nichts Neues, denn um
sich wieder zu rangiren, braucht Buller ein paar
Wochen. Nur der Fall von Ladysmith könnte Ab-
wechslung in die Nachrichten bringen. — Sehr
beachtenswerth ist folgende Reutermeldung aus Sterk-
stroom vom 26. Januar: „Eine unter dem Befehl des
Generals Kelly Kenny, des Befehlshabers der sechsten
Division, stehende Kolonne besetzte Thebus, an der Eisen-
bahn zw'schen Steynsburg und Naauwport. Man hofft,
daß General Gatacre und General Kelly Kenny ihre Streit-
kräfte bald vereinigen werden." Diese 6. Division ist die
einzige Truppe, die Lord Roberts noch zum Entsatz von
Ladysmith zur Verfügung hatte. Man glaubte, sie
sei nach Natal vorgeschickt. Das vorstehende Telegramm
zeigt indessen, daß er sie bereits im Norden der Capcolonie
auf dem mittleren Kriegsschauplatz eingesetzt hat.
Damit dürfte der zweite Abschnitt des Feldzuges,
der Vormarsch auf Bloemfontein, ernstlich beginnen. —
Uebcr Durban wird gemeldet, daß die Hauptmunitions-
sabrik der Buren in Johannisburg am 20. d. in die Luft
geflogen wäre. Die großen Burengeschütze würden deshalb
mangels Munition bald nutzlos sein. Beide Theile der
Meldung sind mit Vorsicht aufzunehmen.

Lo renzo-Marq uez, 30. Jan. Nach einer der
Times zngegangenen Meldung befindet sich unter den a m
Tugela Gefallenen auch der frühere deutsche
Leutnant v. Brüse Witz, der sich den Buren ange-
schlossen hatte. (So hätte Brüsewitz durch einen ehren-
vollen Tod die unselige Mordthat, die er sich in Karls-
ruhe zu Schulden kommen ließ, gesühut.)
Amerika. New-Jork, 30. Jan. Gestern Abend
fand eine begeistert verlaufene Versammlung zu
Gunsten der Buren statt. Eine Anzahl angesehener
Bürger, darunter Kongreßmitglieder, hielten Ansprachen.
Es wurden mehrere Beschlüsse angenommen, in denen den
Buren die Sympathie der Versammlung ausgedrückt und
Mac Kinley aufgefordert wird, firne Vermittlung anzu-
bieten. Es wurden für die Verwundeten auf der Buren-
seite über 5000 Dollars gesammelt.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 31. Januar.
X Aus dem Stadtrath. In den Stadtrathssitzungen
vom 22. und 29. ds. Mts. wurden u. A. folgende Gegenstände
zur Kenntniß bezw. Erledigung gebracht:
1. Die Ergebnisse der Holzversleigerungen vom 11. 15 , 18,
22 und 25. ds Mts. mit Erlösen von 5595 ^4 95 9142 ^4
80 3984 ^4 40 7936 ./4 40 ^ und 6928 ^4 20 ^ wurden
genehmigt.
2. Die hiesige Ortskrankenkasse zählte auf den 1. ds. Mts.
4643 männliche und 1473 weibliche Mitglieder, während auf den
gleichen Zeitpunkt 2558 weibliche und 472 männliche Personen
bei der Gemeindekrankenversicherungskasse versichert waren.
3. Das Bauvorhaben des CH. Th. Gross an der Moltke-
straßc Nr. 7 wurde nicht beanstandet.
4. Dem Centralausschusse der Gesellschaft zur Verbreitung
von Volksbildung, welcher am 19./20. Mai ds. Js. dahier seine
Jahresversammlung abhalten wird, werden die erforderlichen
Räume im Rathhaus und im städtischen Saalbau zur Verfügung
gestellt.
5. Nach der Zusammenstellung der Stadtkasse haben die Ver-
brauchssteuern im vorigen Monate 11797 ^4 77 ertragen.
6. Der Vorbertcht zum diesjährigen Gcmemdevoranschlag
wurde sestgestellt.
lH Der Arbeiterbildungsverein feierte vorgestern Abend Kaisers
Geburtstag im Nebenzimmer des Deutschen Hauses, an welcher
sich besonders die jüngeren Mitglieder des Vereins zahlreich be-
theiligten. Der I. Vorstand, Herr Hauptlehrer Hcrrtgel, führte
in seiner Festrede aus, wie nolhwendig uns eine starke Kriegs-
flotte sei, um unseren Handel, den zweitgrößten der Welt, zu
schützen und uns wettere Kolonien zu verschaffen, in welchen ein
Theil unseres Volkes, das sich am stärksten von allen Völkern
Europas vermehre, sein Brod finden könne, ohne dem deutschen
Vaterlande verloren zu gehen. Eine Unterbindung oder Ver-
nichtung unseres Handels durch eine fremde Seemacht würde
Millionen von Arbeitern sofort das Brod rauben: deßhalb hätten
gerade die Arbeiter ein großes Interesse daran, daß mir zur
See nicht ohnmächtig seien; deßhalb, und aus Vaterlandsliebe
sei auch der Arbeiterbildungsverein Mitglied des deutschen Flotten-
vereins geworden. Kaiser Wilhelm habe recht gehaßt, als er den
Ausspruch that: „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser". Der
Redner schloß mit einem Hoch auf den Kaiser, zu dem wir ver-
trauensvoll aufblicken dürften. Begeistert stimmten die Fest-
theilnehmer in dieses Hoch ein. Herr Münzen mater brachte
ein Hoch auf den Großherzog Friedrich, unfern geliebten Landes-
vater aus. Nach 11 Uhr schloß die erhebende Feier.
/X Vortrag in der Kolonialgesellschaft. Der gestern Abend
im Gartensaat der Harmonie von Herrn Prof. Hettner ge-
haltene Vortrag über das Deulschthum in Südbrasilien war
erfreulicher Weise sehr gut besucht. Der Herr Redner hat einen
Theil der deutschen Ansiedelungen in Slldbrasilien vor zehn
Jahren persönlich besucht; er schilderte alio aus eigener An-
schauung. Wie günstig die Verhältnisse dort für den deutschen
Ansiedler sind, ist im Allgemeinen bekannt. Wir wollen deshalb
aus dem Vortrag hier nur einige Hauptpunkte wiedergeben.
Brasilien hat ungefähr die Größe Europas. Die drei südlichsten
Staaten der Republik Brasilien nehmen ungefähr die Fläche
Deutschlands ein, haben aber nur die Bewohnerzahl Badens.
Es ist also dort noch viel Platz vorhanden. Das von den
Deutschen dort besiedelte Gebiet liegt in dem bewaldeten Rand-
gebirge, das sich die brasilianische Südküfte entlang und
dann westlich in's Innere zieht. Die Deutschen dort stammen
zu einem Theil aus dem Hunsrück, zum andern aus Pommern;
sie waren in der alten Heimath kleine Bauern und Taglöhner
und haben es dort allgemein zu behäbigem Wohlstand gebracht.
Die ersten Jahre sind freilich sehr schwer. Ist aber einmal das
Stück Waldland, das 100 bis 300 Morgen per Ansiedler beträgt,
gerodet, dann haben sie weniger Mühe wie der deutsche Bauer.
Die Leute aus anderen Ständen, die dorthin kamen, sind ent-
weder zu Grunde gegangen oder wieder fortgezogen, die Bauern
und ländlichen Taglöhner dagegen haben sich in ihrer ganzen
nationalen Eigenart erhalten und gedeihen. Die erste deutsche
Einwanderung geschah bald, nachdem sich Brasilien selbständig
gemacht hatte; nach einer Unterbrechung folgte dann die zweite,
bis das v. d. Hcydl'schc Reskript die Auswanderung aus Preußen
nach Brasilien verbot. Die preußische Regierung hatte damals
das tropische Brasilien im Sinn, wo die Verhältnisse für deutsche
Ansiedler allerdings nicht geeignet sind. Für die deutsche Ein-
wanderung nach Südbrasilien hat sich das Reskript als ein sehr
großer Schaden erwiesen. Es wurde aber aufrecht erhalten im
Interesse der deutschen Agrarier, welche die Auswanderung
deutscher ländlicher Arbeiter nicht wünschten Endlich im Jahre
1896 ist es gefallen und nun kann eine neue Epoche der Koio-
nisation erfolgen. Schon haben die beiden mit Südamerika ver-
kehrenden deutschen Dampferlinien dort ein Gebiet von der
Größe Hessens erworben und es wird hoffentlich die Kolonisation
in geregelte Bahnen kommen. Augenblicklich nimmt ja die deutsche
Industrie den Bevölkerungszuwachs auf, aber sowie die industrielle
Aufwärtsbewegung zum Stillstand kommt, wird die Auswanderungs-
lust wieder wachsen. An eine Bildung deutscher Staaten dort
ist nicht zu denken, sie ist auch nicht nöthig; der von mancher
Seite ausgesprochene Gedanke daran erweckt bei den Brasilianern
begreiflicher Weise nur Mißstimmung. Es genügen die großen
nationalen und handelspolitischen Vortheile, welche die An-
siedelung zahlreicher Deutscher in Südbrasilten dem Mutterland
bringen. Jetzt siud ungefähr 350 000 Deutsche dort vorhanden.
Der Vorsitzende, Herr Prof. Leser, der die Versammlung er-
öffnet hatte, dankte dem Redner für seinen anschaulichen Vortrag
und knüpfte daran seinerseits eine dem Hauptgedanken des Vor-
trags entsprechende Würdigung der deutschen Auswanderung nach
Südbrasilien.
* Stadtverordnetenwahl. An der gestern durch die Klasse
der Höchstbesteuerten vorgenommcnen Wahl betheiltgten sich von
386 Wahlberechtigten 165, das sind 42—43 Prozent. Ist auch
diese Wahlbetheiligung keine besonders große, so sticht sie doch
immerhin vorthcilhaft gegen die geradezu beschämende Theil-
namslosigkeit in der niederst- und mittelbesteuerten Klasse ab Die
Vorschläge des offiziellen Wahlcomitöz haven. wie das Ergebniß
dieser Klasse zeigt, keineswegs allseitige Zustimmung gefunden,
sie sind vielmehr auf einen Widerstand gestoßen, der stark
genug war, um den offiziellen Wahlvorschlag in Bezug auf zwei
Namen umzustoßen. Die vorgeschlagenen Herren Priv. Veth und
Kfm. Otto Werner erhielten nicht die Mehrheit der Abstimmen-
den, sondern blieben sogar sehr beträchtlich in der Minderheit;
an ihre Stelle wurden zwei andere Namen gesetzt und zwar die
. der Herren Architekt Friedrich Ebert und Professor Dr. Lossen,

die nicht nur die relative sondern selbst mehr als die absolute
Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigten. Im
klebrigen gingen die in dem in den Blättern veröffent-
lichten Wahlvorschlag Genannten durch. Bon den Gewählten
erhielten je einer 165, 160. 159, zwölf zwischen 127 bi« 135 und
einer 101 Stimmen. Der Unterschied in der Zahl zwischen der
für eine größere Mehrheit der Gewählten und der Zahl der über-
haupt abgegebenen Stimmen rührt, abgesehen von einzelnen
Stimmenzersplitterunaen. davon her, daß außer den beiden am
Rathhaus offen zur Vertheilung gelangten Wahlzetteln noch ein
dritter Wahlzettel abgegeben wurde, der den Wahlberechtigten,
oder wenigstens denjenigen unter ihnen, bei denen man ein Faible
für die darauf enthaltenen Voischläge voraussetzte, unmittelbar
unter Umschlag zugegangen war und der einen deutsch-
freisinnigen Anstrich hakte. Dieser Zettel wurde un-
verändert von etwa 30 Wählern abgegeben, ein paar weitere
erlaubten sich, die eine oder die andere Aenderung daraus vor-
zunehmen Wie der Vorgang bei den Wahlen der höchst-
besteuerten Klaffe zeigt, ist eine lebhafe Betheiligung nur da zu
erwarten, wo es sich um verschiedene Vorschläge handelt.
Auf die Betheiligung in der. Klasse der Mittel» und Niederst -
besteuerten hat sehr starkder Umstand gedrückt, daß man, wie dies in
der Versammlung der Weststadt ausgesprochen worden ist, mit
der Art der Aufstellung der Vorschlagslisten absolut nicht zufrieden
grwesen ist. Daß man Stadträthe in die Kommission eindezieht,
welche die Stadtverordneten aussuchen soll, wurde mit Recht als
widersinnig und durchaus unpassend bezeichnet u. wird in Zukunst
unteibleiben müssen, falls die Kommission mit der Bürgerschaft
im Einklang bleiben will. Auch hat die Bürgerschaft keine rechte
Gelegenheit gehabt, sich über die Vorschläge zu äußern. Die
liberale Versammlung in der Harmonie unmittelbar vor Beginn
der Wahlen kann als eine solche nicht erachtet werden. Ebenso
wird den verschiedenen Stadttheilen soweit nachzugeben sein, daß
sie die Kandidaten für ihre Bezirke selbst bezeichnen. Den politi-
schen Parteien bliebe, wenn es wieder zu einem Kompromiß kommt,
die Aufgabe, das Schema für die politische Parleistelluiig der
Kandidaten zu entwerfen, und die Kommission hätte darnach die
Vertheilung auf die einzelnen Bezirke oorzunehmen. Sehr nütz-
lich und zweckdienlich wäre es, wenn man den all-
gemeinen Grundsatz aufstellen wollte, daß Niemand
länger als zwölf Jahre nach einander Stadtvervrdnetcr sein soll.
Da könnte sich keiner beklagen, der abgedankl wird ; viel Miß-
stimmung würde vermieden und andererseits würde rechtzeitig für
neue Männer Platz gewonnen. Das Interesse an den Wahien
und an dem Ausschuß selbst würde in der Bürgerschaft zunehmen,
was sehr zu begrüßen wäre.
* Experimental-Vorträge des Herrn Dähne. Vor einer
längeren Reihe von Jahren kündigte Herr G. Dähne zum
ersten Male populä e physikalische Vorträge bei uns an. Der
ihm vorangehende gme Ruf ließ Leistungen allererste» Ranges
gewärtigen und wir selbst haben damals rückhaltlos eingeslanden,
daß unsere Erwartungen üvcrtroffcn wurden. Wir weisen daher
gerne darauf hin. daß Herr Dähne am Freitag, den 9., und
Samstag, den 10. Februar, Abends 8 Uhr. im großen Harmonie-
Saale wieder einmal zwei große Experimental-Aden de
veranstalten wird. Die innige Verwandtschaft zwischen Licht und
Elektrtcität. lichlelektr. Telegraphie von Zickler, daS Gebiet der
elektrischen Wellen und Strahlen, vor wenigen Jahren erst durch
die sensationellen Hertz'schen Entdeckungen erschlossen, wird durch
Experimente veranschaulicht und populär erklärt werden. Dem
Laien ist sonst nirgends Gelegenheit geboten, gerade diese, den
neuesten Standpunkt der elektrischen -roischung betr-ffenden Ver-
suche zu sehen. Sodann wird Herr Dähne durch eine Reihe
glänzender Experimente die Fortschritte auf dem Gebiete der
Photographie in natürlichen Farben erläutern und zwar unter
gleichzeitiger Demonstration der grundlegenden physikallscheu
Versuche der optischen Wellen- und Farbenlehre, ein Gebiet, das
schon durch den äußeren Glanz seiner Erscheinungen auch dem
Laien Interesse abzwingt
8. 25jiihriges Jubiläum. Dem Werkmeister N a g e l ist es
morgen vergönnt, sein 25jähriges Dienstjubilänm am Portlaud-
Cementwerk in Leimen zu feiern. Herr Nagel hat während
dieser Zeit den ihm anvertrauten Posten stets treu und gewissen-
haft versehen und die Interessen der Firma nach jeder Richtung
hin wahrgenommen. Der Jubilar, ein beliebter wackerer Mann,
darf mit Genugthmmg auf die 25 Jahre treuer Dienste zurück-
blicken.
** Gauturntag des Rhein-Neckar-Gaues. Bei dem am
Sonntag hier abgeyaltenen Gauturnlag waren von den 35 Gau-
vereinen 26 durch 61 Abgeordnete verrieten. Neu ausgenommen
wurde die Turngesellschaft Mannheim. Es wurde beschlossen,
das diesjährige Gauturnfest in Neuenheim abzuhallen. Zum
Gauturnrath wurden die bisherigen Mitglieder einstimmig
Wiedergewählt.
** Stadtfernsprecheinrichtunge» werden am 1. k. M. in
Wiesloch und Wag Häusel dem Verkehr übergeben mit Zu-
lassung zum Svrechoerkehr mit den Stadt-Fernsprecheinrichtungen
der Obec-Postdirections-Bezirke Karlsruhe, Konstanz, Straßburg
und Darmstadt mit sämmrlichen öffentlichen Fernsprechstellen aus
dem flachen Lande im Bezirke Karlsruhe und mit >ämmtltchen
Telepyonanstalten Württembergs.
** Maurer-Versammlungen In einer am letzten Sonntag
hier abgehaltenen Maureroersammlung wurde beschlossen, i»
eine Agiiation für den 10 stündi gen Arbeitstag etnzu-
treten. I» der nächsten Zeit werden in der Umgegend und aUÄ
hier Veriavmlungen statlfinden, welche die Bewegung in Flull
bringen solle».
I,. Strafkammersitzung vom 30. Januar. Vorsitzender: Herr
Landgerichlsdirektor Dr. West. Vertreter der Großh. Staats-
behörde: Herr Referendar Dr. Rudmann.
1. Paul Frank, 28 Jahre alt, z. Zt. in ZiegelhauseN
wohnhaft, h itte obwohl er gänzlich mittellos war. bei verschiedenen
hiesigen Leuten dadurch den Jrrthnm erregt, er sei zahlungsfähig'
daß er sich fälschlicherweise als Versicherungsinspektor auSgan
und dieselhen sowohl zum Abschluß von WohnungsmiethverträgeN
mit ihm, wie zur Gewährung von Kredit und Baardarlehen ve»'
anlaßte. Dieses betrügerische Verhalten trägt dem wegen Betrugs
schon wiederholt vorbestraften Angeklagen 1 Jahr Gefängniß »no
3jährigen Ehrverlust ein.
2. Ebenfalls durch Vorspiegelung falscher Thatsachen ^
schwindelte sich der 29jährige Buchbinder Karl Handwerke»
von Passan Logis, Kost und auch Geldbeträge, wofür er wegen
Betrugs 3 Monate als Zusatz zu einer in München gegen w'
erkannten Gefängnißstrafe erhält.
3. Die Beleidigungsklage gegen Bäcker Gottlieb Schl»'
hier wird behufs Ladung weiterer Zeugen vertagt.
— Unfall. Gestern Abend gegen 10 Uhr wollte der
Neucnhetm wohnhafte 23 Jahre alte Schaffner Franz DoleM«
das Bahngeleise überschreiten; er wurde dabei von einer Rang'^
Maschine erfaßt, zu Boden geschleudert und einige Meter w
geschleift; zum Glück kam er aber mit einer leichten Verletzt"

davon.
— Polizeibericht. Fünf Frauenspersonen wurden gest»^
wegen Bettclns uno Laudstreicheret und zwei Frauensperson
wegen Umherziehens verhaftet.
? Schönau b. H., 29. Januar. Der hiesige Singver^
feierte am letzten Samstag Abend sein zehntes Stiftung ,
fest unter so zahlreicher Betheiligung von Mitgliedern?«
Gästen, daß die oberen Lokalitäten des Gasthauses zum z
ganz gefüllt waren. Rach dem Vortrag eines Begrüßuirgsu°°
pieir der Dirigent des Vereins, Hr. Hauptlehrer Armbrug
die schwungvolle Festrede über den Werth und die BedepiM
des Gesanges und schloß mit einem von den Anwesenden
erwiderten Hoch auf den Singverein. Die im weiteren W»'^
des Abends vorgetragenen Chöre wurden meisterhaft durchkCi"^g
und machten Dirigent unv Sängern alle Ehre. Reicher
' ". .. " " die FesttheillE

lohnte dieselben. Sin fröhlicher Lall, der
 
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