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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1900 - 28. Februar 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37613#0132

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Deutsches Reich
— Der Kaiser hat am 30. Januar, wie alljährlich
am Todestage des Kronprinzen Rudolf, dem
österreichisch-ungarischen Botschafter einen Besuch abgestattet.
Der Kaiser, der die österreichisch-ungarische Generals-
uniform trug, weilte über eine Stunde bei Herrn
v. Szögyeny.
— Die Budgetcommission des Reichstags begann am
31. Jan. den Etat der Retchseisenbahnen. Der preußische
Eisenbahnminister Thielen erklärte, die geplante Verein-
fachung des Tarifs stoße auf S chwierig leiten bei
den süddeutschen Bahnen, die sich gegen die Einführung
der 4. Klasse sperren. Ein Abschluß der Verhandlungen
ist gegenwärtig nicht möglich.
Deutscher Reichstag. Berlin, 31. Jan. Weiterberathung
des Etats: Post- und Telegraphenverwaltung.
Zu Titel 2, Ausgaben, tritt Abg. Stöcker (wildkons) für
eine vermehrte Sonntagsruhe der Beamten ein.
Staatssekretär v. P o d b i e l s k t: Er stehe diesem Wunsche
sympathisch gegenüber. Zur Zeit sollen von zwei Sonntagen
zwei halb oder einer ganz frei sein, doch könnte die Bestimmung
noch nicht überall durchgeführt werden.
Bei Titel 9 a weist Abg. Müller- Sagau (freis, Vp.) auf
das neue System Watson, Mehranschlüsse für Telephon, hin.
Direktor Sydow verspricht Berücksichtigung. Ohnehin werde
demnächst die Privalindustrie hierin Gelegenheit zur Betbätigung
haben, indem mehr Anschlüsse zu erheblich billigeren Bedingungen
gestattet werden würden.
Abg. Singer (?oz.) bemängelt die ungünstige Aufstellung
der Fernsprechautomaten.
Staatssekretär v. Podbielski entgegnet demgegenüber,
man befinde sich noch im Stadium des Versuches.
Zu Titel 25 (Unterbeamten) verspricht auf eine Anregung
des Abg. Werner (Reformp.s der Staatssekretär eine aufmerksame
Prüfung der Ermäßigung der Dienstzeit der Unterbeamten.
Abg. Dasbach (Centr.) regt die Frage der Beamten-
wohnhäuser an.
Staatssekretär v. Podbielski erwidert, für Berlin würde
das eine nasernirung in Miethskasernen bedeuten, die den Be-
amten selbst nicht angenehm sein dürfte.
Eine große Zahl von Titeln wird angenommen, der Rest
der fortdauernden Ausgaben wird ohne erhebliche Debatte er-
ledigt.
Morgen 12 Uhr Fortsetzung.
L.O. Karlsruhe, 31. Januar. Der national-
liberale Antrag zur Reform des Wahlrechts
hat bei der Opposition keine Gegenliebe gefunden. Die
radikalen Parteien verlangen nach wie zuvor die Ein-
führung des direkten Wahlrechts saus ptrruno, während
das Zentrum sich höchstens mit einer Proportionalwahl
in den größeren Städten des Landes neben der all-
gemeinen direkten Wahl befreunden könnte. Im Prinzip
wünscht also das Zentrum für die großen Städte neben
der sozialdemokratischen auch eine bürgerliche Vertretung
in der Kammer. Da die Vorschläge der beiden aus-
schlaggebenden Parteien in ihren Endzielen nicht allzuweit
auseinandergehen, so ist eine Verständigung innerhalb der
Parteien in der Zweiten Kammer nicht von vornherein
als aussichtslos zu bezeichnen. Ein einmüthiges Votum
der Kammer wäre aber darum schon wünschcnswerth, weil
es den Eindruck auf die andern maßgebenden Faktoren
sicherlich nicht verfehlen würde.
8.6 Ka rl s ru h e, 31. Jan. Die Budgetkommission
genehmigte 136 000 M. tür den Ankauf eines Hauses in der
Hirfchstraße zu einer Dien st Wohnung des Ministers
des Innern.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
fiüheren I. Vorsitzenden der Handelskammer und bisherigen Vor-
stand der Rcichsbanknebenstclle in Heidelberg. Karl Ludwig
Weidi«, die Erlaubniß zur Annahme und zum Tragen des
ihm verliehenen Königlich Preußischen Kronenordens 4. Klasse
ertheilt.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
eisenbahnen wurden die Expeditionsassistenlen Heinrich Junker
in Eppingen nach Karlsruhe und Josef Santo in Orschweier
nach Eppingen versetzt.
— Buchhalter Ludwig Klaiber beim Großh. Finanzamt
Sinsheim wurde in gleicher Eigenschaft zum Großh. Finanzamt
Pforzheim versetzt.
— Die Ingenieurkandidaten Karl Imhoff von
Mannheim, Ludwig Maas von Mannheim, Eduard Kiefer
von Karlsruhe, Philipp Gab er diel von Weinhcim, Arthur
Lenz von Karlsruhe, Franz Schmitt von Heddesheim und
Karl Leußler von Durlach sind nach ordnungsmäßig be-
standener Staatsprüfung unter die Zahl der Jngenieurvraktikanten
ausgenommen worden.
Karlsruhe, 31. Jan. Beim gestrigen Besuch des
Lutherfestspiels im Eintrachtsaale wurden die höchsten Herr-
schaften von dem Comits empfangen und zum Saale ge-
leitet, an dessen Eingang auch sämmtliche Damen des Co-
rnitös zur Begrüßung anwesend waren. Nach Beendigung
des Festspiels begrüßten Ihre Königlichen Hoheiten den
Verfasser desselben, ferner alle milwirkenden Damen und
Herren, sowie die zahlreiche Jugend und sprachen ihre An-
erkennung über deren vortreffliche Leistungen aus. Heute
Vormittag ertheilte Se. Kgl. Hoheit der Großherzog Au-
dienzen, darunter dem Professor an der Universität Heidel-
berg Geheimen Kirchenrath Dr. Hausrath und dem Bezrks-
arzt Dr. Schleid in Wiesloch. Um 4 Uhr empfing Se.
Königl. Hoheit den Kaiser!. Gesandten, Legationsrath Frei-
herrn von Heyking in Privataudienz. Später besuchten
Ihre Königl. Hoheiten der Großherzog und die Großher-
zogin den Abendgottesdienst in der Schloßkirche, in welchem
Pfarrer Henning von Reilingen die Predigt hielt. Nach
dem Gottesdienst wurde Pfarrer Henning von Ihren Kgl.
Hoheiten besonders empfangen. Am Abend beabsichtigen
die Großherzoglichen Herrschaften der Gastvorstellung der
Frau Agnes Sorma im Großh. Hoftheater anzuwohnen.

Ausland.
England. London, 30. Jan. Oberhaus. Bei der
Adretzdebatte ergriff Lord Kimberley das Wort.
Er freue sich, daß England zu den fremden Mächten gute
Beziehungen halte und namentlich, daß man mit Deutsch-
land zu einer Verständigung über eine lange bestehende
Streitfrage gekommen sei. Die Zeit sei jetzt sehr ernst,
man müsse auf eine Periode von Unglücksfällen
gefaßt sein, man müsse jetzt auch erwägen, was sich in

Zukunft ereignen könnte, und für jeden Fall sich vor-
bereiten. Das Land werde sicher der Regierung seine ^
Unterstützung gewähren. Der Kritik sich gänzlich zu ent- ^
halten, ginge nicht an, aber auch die Opposition sei ver-
pflichtet, der Regierung keine Verlegenheiten zu bereiten.
Die Leistungsfähigkeit der Regierung wird aber nicht ver-
ringert durch den Hinweis auf gemachte Fehler. Und
jedenfalls habe die Regierung Mangel an S ach-
te nntniß und Voraussicht bewiesen. Wir wünschen
nichts mehr, als die Regierung zu unterstützen in dem
Bestreben, den Krieg mit vollem Erfolge zu Ende zu
führen.
— Im englischen Parlament hat in beiden
Häusern die Adreßdebalte zur Besprechung der gegenwär-
tigen Situation geführt. Man erhält den Eindruck, als
wenn das gegenwärtige Kabinet nicht ernstlich angegriffen
werden soll, so lange der Krieg dauert. Doch soll ihm
im Unterhaus indirekter Tadel durch den Antrag Fitz-
maurice ausgesprochen werden, der das Bedauern des
Hauses ausdrückt über den Mangel an Sachkennt-
niß, Voraussicht und U rtheilskra ft, den das
Kabinet an den Tag gelegt habe, sowohl bei der Führung
der südafrikanischen Angelegenheiten seit 1895,
als in den Vorbereitungen zu dem jetzt im Gange befind-
lichen Krieg. Die Berathung dieses Antrags hat begonnen,
aber am ersten Berathungstag sich ziemlich matt dahinge-
schleppt. Die Iren allerdings wollen dem Kabinet d-rckl
an's Leben gehen. Sie haben einen Antrag eingebracht,
wonach erklärt werden soll, die Zeit sei gekommen, dem
Kriege, welcher unnöthig und ungerecht sei. ein
Ende zu machen auf der Grundlage der Anerkennung
der Unabhängigkeit Transvaals und des Oraniefreistaates.
Afrika. Da man in weiten Kreisen über die Stä rke
der britischen Gefechtseinheiten, die jetzt so viel
genannt werden, nicht unterrichtet ist, so stellt die Köln.
Ztg. das Wesentliche darüber zusammen. Die taktische
Einheit der britischen Infanterie ist das Bataillon,
sodaß im Kriege der Regimcntsverband gänzlich gelöst ist;
wir sehen denn auch jetzt Bataillone desselben Regiments
auf allen drei Kriegsschauplätzen verstreut. Nummern, die
zusammen mit dem Regimentsnamen genannt werden, be-
zeichnen daher stets das Bataillon, nicht das Regiment.
Das Infanterie-Bataillon im Kriege zählt, Mannschaften
und Offiziere zusammengerechnet, 1019 Köpfe; es besteht
aus 8 Compagnien. Das Kavallerie-Regiment zu vier
Escadrons umfaßt insgesammt 667 Köpfe an Offizieren
und Mannschaften und 618 Pferde. Die Feld-Artillerie
wird im Kriege in Abtheilungen formirt, die reitenden zu
2. die fahrenden zu 3 Batterieen, die Batterie hat 6 Ge-
schütze, die reitende Batterie 170 Mann, 181 Pferde, die
fahrende Batterie 161 Mann, 124 Pferde. Einer In-
fanterie-Division werden drei fahrende Batterieen zugetheilt.
Somit setzt sich z. B. die 8. Infanterie-Division, unter
dem Befehl des Generalmajors Rundle, die demnächst nach
Südafrika abgehen soll-und die aus der 16. und 17. In-
fanterie-Brigade besteht, die Sanitäls- und Train-Mann-
schaften u. s. w. eingerechnet, insgesammt zusammen aus
9601 Mann (Offiziere eingeschlossen), 1548 Pferden,
2579 Maulthieren und 19 Geschützen (18 Geschützen der
drei fahrenden Batterieen und 1 Geschütz der Munitions-
kolonne). Die große Anzahl Pferde erklärt sich varaus,
daß bei sechs Infanterie-Bataillonen je eine berittene Com-
pagnie zu 142 Pferden gebildet worden ist.
— Daily Mail meldet aus Kapstadt, General
Buller habe am 28. Jan. den Truppen Warren's
folgende Botschaft der Königin verlesen:
Ich muß den Truppen, besonders den von Ihnen be-
zeichneten Regimentern, meine Bewunderung ausdrücken
für ihre Haltung während der letzten schweren Wochen und
für ihre Ausdauer bei den beschwerlichen Märschen.
Buller sagte zu den Truppen, sie sollten nicht glau-
ben, weil sie sich zurückgezogen, daß alle Mühe nutzlos
gewesen sei. Nach seiner Meinung hätten sie den Schlüssel
zu dem Wege nach Ladysmith gewonnen, wo sie, wie er
glaube, binnen einerWoche sein würden. Solche
Prahlerein wirken einfach abstoßend! Weiß Buller nicht
mehr, daß er beim (Überschreiten des Tugela sagte: ein
Zurück gibt es nicht! und doch gab es ein solches. —
Die Nachricht von der Explosion einer Munitionsfabrik
in Johannesburg wird von Kennern der Verhältnisse nicht
sehr ernst genommen. Außer dieser Fabrik seien noch
zwei andere ähnliche Fabriken in Johannesburg, j„ denen
man ebenfalls Geschosse Herstellen könne; außerdem seien
noch einige Minen, z. B. Robinsons, mit Einrichtungen
versehen, die man zum Gießen von Geschossen benutzen
könne. — Aus Ladysmith meldet die Times: Die Nach-
richt von dem Mißerfolg des Generals Buller wurde
mit Muth und Tapferkeit ausgenommen. Die Ge-
sundheitsverhältnisse der Garnison sind bessere. Damit
wird angedeutet, daß die Engländer in Ladysmith sich noch
länger zu halten gedenken.
Amerika. Nswyork, 30. Jan. Washingtoner Tele-
gramme der World melden: Die Gemahlin des öster-
reichisch-ungarischen Botschafters, v. Hengelmüller,
weigerte sich bei dem jüngsten diplomatischen Diner im
Weißen Hause, den Arm des mexikanischen Botschafters
de Aspiros anzunehmen. Der Zwischenfall wird wahr-
scheinlich den Rücktritt des Botschafters v. Hengelmüller
verursachen. Aspiros war seiner Zeit Auditeur des Kriegs-
gerichts, das den Kaiser Maximilian verurtheilte. Die
Oesterreicher waren deshalb gegen ihn erbittert. (Schon
vor einigen Jahren verlautete aus der diplomatischen Ge-
sellschaft zu Washington, daß der Gesandte de Aspiros
nicht nur bei den Oesterreichern sehr unbeliebt sei.)
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 1. Februar.
^ Gastwirths-Versammlung. Die gestern Nachmittag im
Prinz Max abgehaltene GastwirthS-Versammlung war erfreu-
licherweise stark — von über 100 Teilnehmern — besucht. Nach
Begrüßung derselben durch den Vorstand des hiesigen Gastwirths-

Vereins, Herrn Reith, sprach Herr Reinemer ans DarN-
stadt über die Bestrebungen des Bundes der Gastwirthe. Redner
wies auf die dringende Nothwendigkeit einer starken, geschlossenen
Organisation der Gastwirthe hin. Der Einzelne könne für seine
Standesintercssen bei den Behörden und den Parlamenten nichts
erreichen: eine starke Organisation finde Beachtung und Berück'
sichtigung ihrer Anliegen. In allen Reichstags- und Landtags'
Wahlkreisen sollten Vereine bestehen, die sich bei entsprechender
Gelegenheit durch Deputationen an die Abgeordneten wenden-
Auf diese Art sei schon Manches erreicht worden; es sei überhaupt
die einzige Art, Etwas zu erreichen, wozu die Mitwirkung der
parlamentarischen Körperschaften nölhig ist. Der Bund der Gast'
wirthe zähle jetzt 350 Vereine mit ca. 25 000 Mitgliedern; 12
Landesverbände seien gebildet. In Baden bestehen 12 Vereine
mit ca. 2000 Mitgliedern. Ter Bund habe schon manchen Ecfolll
zu verzeichnen. So sei 1895 auf sein Betreiben den Vereins'
wirthschaflen, die lediglich zur Umgehung der Konzessionspflicht
und der Polizeistunde sich zu Tausenden bildeten, der Garaus
gemacht, indem sie der Konzessionspflicht und der Steuer unter-
worfen wurden und die Bedürfnißsrage auch für sie ausgestellt
wurde. In Bezug auf den Jlaschenbierhandel sei es dahin ge'
brackt, daß auch da für die Bedürfnißsrage schon Stimmung sei-
Jn Oesterreich sei der Handel mit Bier in Palentflaschen an die
Wirthe üdergegangen. in Bayern sei eine abgestufle Besteueruns
des Flaschenbierhandels eingeführt. Man sehe a» diesen beiden
Beispielen, daß sich Etwas machen lasse. Zu erstreben sei, daß
dieser Bierhandel nach Steuer, Konzessionspflicht und Bedürfnis'
frage dieselben Pflichten auferlegt erhält, wie da« WirthSgewerbe.
Das erfordere die Gerechtigkeit. In Bezug auf die Aiche werde
ZwangSaiche mit obligatorischer Nachaiche angestrebt. Gegen-
wärtig kämen die Wirthe durch unrichtige Aiäie der Fässer oft
in Schaden. Für die Richtigkeit der Aiche der Gläser sollten die
Glashütten, nicht die Wirthe verantwortlich gemacht werden-
Der direkte Bierverkauf von Brauereien an Konsumenten sollte
nicht stattfinden. Die Konzessioiisbestimmungen sollten in ernst'
hastesler Weste gehandhabt werde». Das Ohmgeld sollte überall
aufgehoben werden, wie das der badische Landwirthschaftsralb
schon 1895 empfohlen habe und wie das in Hessen schon durch-
geführl sei. Durch Fachschulen sei für eine tüchiigc geschäftliche
Durchbildung der späteren WirlhSgeneration zu sorgen. Spar-
und Darlehenskassen innerhalb des Bundes einzuführen, sei er-
wogen worden. Als Anerkennung für 25jährigc BeiusSthätigkeil
theile der Bund Diplome aus. An das Personal würden
Diplome, silberne und goldene Medaillen nach 3- bezw. 6- uvl>
lOjähriger treuer Thätigkeit in dem gleichen Geschäft verliehest-
Die neue Gesetzgebung lege dem Gastwirth eine sehr schaifc Haft-
pflicht auf. Es sei an eine Haftpflichtigste innerhalb des Landes
zu denken, inzwischen sei die Privatversicherung bei dem Stutt-
garter Allg. VersicherungS-Verein sehr zu empfehlen, der de»
Gastwirthen besono-len Rabatt gewähre. Da der Wirth na<st
dem neuen Gesetz a!» Kaufmann angesehen weide, so sei es
dringend nölhig, daß er Buch führe. Das in der Luft liegende
Trunksuchtsgesetz und die Pläne betr. der Arbeitsruhe fordern
di« größte Aufmerksamkeit des Bundes, damit die Gastwirthe in
ihrem eigenartigen Gewerbe nicht über Gebühr behindert und
geschädigt werden. Der sehr belehrende, anschauliche Vortrag
wurde mit großem Beifall ausgenommen. ES meldeten sich auch
sogleich eine Anzahl neuer Mitglieder an. Nach kurzer Pause
berichtete der Vorsitzende des Badischen Landesverbandes,
Herr Glassner au« Karlsruhe, über eine kürzlich
Oberland abgehaltene» Versammlung. Auch da sei die
Flaschenbierfrage zur Besprechung gekommen. Redner ist bei
Meinung, daß der Koiizessionszwaiig ein zweischneidiges Mittet
sei, indem er leicht eine große k-nzessionirte Konkurrenz schaffen
könnte. Dagegen habe man au einer Vereinbarung mit den Brauereien
zu arbeiten begonnen, wonach nur diese Flaschenbier abgeben und
es Wirthcn und Händlern unter den gleichen Bedingungen liefern-
Es würde dann für die Wirthe das Odium fortfalleu, als o"
sic in Flaschen nur Resterbier an den Mann bringen. Seht
wichtig wäre die Beseitigung des Hausirhandels mit Bier det
einen sehr großen Umfang angenommen habe. Bezüglich det
Abschaffung der Transserirungstaxe habe der Landesverband
eine Eingabe an die Landstände fertig gestellt und ewpfohleN-
den Ausfall der Einnahme» bei Beseitigung dieser Taxe liebet
durch enisprechende Erhöhung der Konzessionsiaxe zu deckest-
Sodann nahm wieder Herr Reinemer das Won, um
dringenden eindrucksvoll n Worte» für die Sterbekussc des Bast'
des zu werben. Die Kasse bat jetzt über 10 000 Mitglieder, sch
wird »ach versicherungstechnischcii Grundsätzen geleitet, hat bst
1000 Auszahlungen schon 1130 000 Sterbegelder gewährt und
damit ungemein viel Gutes gewirkt. Lurch eine ganze Aumtst
von Beispielen belegte Redner die Thatsache, daß die ExisteNi
zahlreicher Familien durch die Wohtthat dieser Kaste vor de>n
Zusammenbruch bewahrt worden ist, zumal diese Kastengeldn
nicht pfändbar sind, während z. B. LedensversicherungspoiiceN
gepfändet werden können. Die Höhe der Versicherung beträsl-
nach Wahl zwischen 500 und 3v00 Mk. Für die Sicherheit d«'
angesammeitcn Gelder ist peinlichste Vorsorge getroffen,
Reservefond beträgt jetzt 520 000 Alk-, die Verwaltung ist ehreN-
amllich und kostet deshalb wenig, die Auszahlung der Gelder er
folgt aui's koulanteste und zwar sofort. Der Vortrag hatte de"
Eifolg, daß sofort einige Mitglieder der Sterbekasse beitrateN'
Der Onsrechner für den hiesigen Bezirk, Herr Gastwirth '"j
Schwinn hier, nimmt Anmeldungen entgegen. Sicherlich dü'fl,
es im Interesse eine« jeden sorgenden Hausvaters und sc"'*
Gattin liegen, den Werrh dieses schönen Instituts zu erkenne"
und demselben veizutrelen, besonders wo dies unter so günstig"
Bedingungen geschehen kan». ,
** Gewerbe- und Jndustricverein Im »Faulen Pelz" lM
gestern Abend auf Veranlassung des Gewcrbcvereins Herr Neckst'^
anwalt Dr. Schoch einen, durch klare und leichtverständliche Dst"'
stellung sich auszeichnenden, belehrenden Vortrag über das
tragsrecht nach dem bürgerlichen Recht, wozu sich zahlreicher B
such sowohl von Vereinsmitgliedern als auch aus anderen Ha""
werkerkreisen eingefunden hatte. Der erste Vorstand des GeweE
Vereins, Herr Altoberbürgermeister Bi labet, begrüßte
Anwesenden und stellte den Redner vor. worauf dieser das Est
ergriff. Er glaube in den Kreisen der Gewerbetreibenden nA
ganz unbekannt zu sein, nachdem er in der Badischen Gewer"',
zeitung schon mehrere Aufsätze veröffentlicht habe. Das
werde die Fragen des Rechtes für das Handwerk auch ferner ",
handeln, wer sich dafür interessire, dem empfehle er dasselbe.
dem Gegenstände seines Vortrags übergehend, wies Herr
Schoch zunächst ans die nahe Verwandtschaft des bürgerlich p
und des Handelsrechts hin. Letzteres enthalte Aenderungen "'s
Verschärfungen des bürgerlichen Rechts für Kaufleute. Reo",,
erörterte sodann, wer zu den Kaufleuten im Sinne des HairdeH,
rechts gezählt werde, ferner den Unterschied zwischen Voll- ",ji
Minder-Kaufleutcn. Zu elfteren gehören die Handwerker
größeren und kaufmännischen Betrieben, zu den andern fast
übrigen. Redner besprach sodann die Form des Vertrags-
selbe könne auch mündlich abgeschlossen werden; ansgenoE^
hiervon seien jedoch die ans Kauf von Liegenschaften bezügM,c
Verträge, die besonderer Beurkundung bedürfen. Aehnliches
für Bürgschaften; hierbei sei der Gedanke zu Grunde gelegen,
Schwachen zu stützen. Nur Vollkaufleute könnten sich durch
liche Bürgschaft binden. Weiter besprach Redner das Vertrag
anerbieten, das im Allgemeinen sofort bindend sei, wen«
Annahme sofort erklärt werde; sodann die BcstHj,
mungen über die Vollmachten und die Zinsen. HG''Ai
(ich dieser letzteren seien neue Bestimmungen getroffen.
gesetzliche Zinsfuß sei im Handelsrecht auf 5 vEl, sonst"
4 pE:. herabgesetzt, nur im Wcchielrecvt blieben 6 vCt. be>>"
Im Gewerbebetrieb könnten nur bei GewerbSkunden 5 pEt-
Hansknnbcn nur 4 pEl. in Anrechnung gebracht werden; h-
Gewerbetreibende sei aber nach ergangener Mahnung zu" ^ g>>
lung an einen Kunden berechtigt, vom Tage der Mahnung.)
Zinsen zu berechnen. Alle Zahlungen seien auf Kosten
 
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