ins Ausland. Er vermisse den Beweis, daß die Bauten
rentabel seien; ahne laichen Nachweis könne man so große
Summen nicht bewilligen. Das Pech mit der Ulambarabahn
soll eine Lehre lein. (Beisoll im Centrum.)
Colonialdircktor Dr. v-Buchka: Der Vorredner stehe
auf dem Standpunkt eines ängstlichen Privatmannes. Die
vorjährigen Bewilligungen sind verbraucht. Allerdings sei
das deutsche Capital nicht für exotische Unternehmungen
zu hoben, wenn cs sich auch um patriotische Zwecke handle.
Die Usamdarabahn werde zweifellos später gute Einnahmen
ergeben. Die Einstellung des Kaffeebaues in Korogwe sei
eine Folge der großen Dürre gewesen; jetzt sei schon wieder
ein Aufschwung des Kaffeebaues bemerkbar. Die Bahn-
bauten seien ein großes Culturwerk.
Abg. Rich ter (fr. Vp.): Der Privatmann lasse sich
nicht auf nachtbeilige Unternehmungen ein, weil es sich um
sein eigenes Geld bandle, da dürfe der Reichstag für so un-
rentable Unternehmungen das Geld der Steuerzahler nicht
verwenden. Durch Eisenbahnen wird keine Cultur ge-
schaffen; im Gegeniheil, es müsse erst eine gewisse Cultur
als Grundlage für die Bahn vorhanden sein.
Abg. Freese (freis. Ver.): Der Reichstag habe in den
letzten Jahren bewiesen, daß er etwas für die Colonien
thun wolle; aber wenn 30 Millionen ausgegebcn werden
sollen, müsse man mit großer Vorsicht Verfahren. Redner
beantragt, den Eisenbahntitel an die Commission zurückzu-
verweisen.
Abg. Bebel (Soz.): Was er für die Colonieen voraus-
gesagt, sei stets eingetroffen, während die Colonialschwärmer
nur enttäuscht sein könnten.
Abg. D a s ba ch (Ctr.): Da das Reichsamt mit den
Mitteln der Steuerzahler operirt, so solle es sparsam sein.
Die Regierung sollte nach dem Beispiel Englands Kauf-
leute als Gouverneure in die Colonieen senden. Aus
Privatbriesen ist bekannt, daß die Zustände in den Colonieen
durchaus nicht so günstig sind, wie in den amtlichen Mit-
theilungen dargeslellt wird.
Colonialdirektor Dr. v. Buchka tritt den Ausführungen
des Vorredners entaegen. In England sei die Vorbildung
der Gouverneure wesentlich dieselbe, wie bei uns.
Nack weiteren Bemerkungen einiger Abgeordneten werden
einige Titel angenommen, alles Uebrige der Budgetkommission
überwiesen.
Morgen 1 Ubr: Rest der heutigen Tagesordnung: An-
trag Münch-Ferber auf Errichtung deutscher Handelskammern
im Ausland.
Baden. L.6. Karlsruhe, 14. Febr. Der Bad.
Beob. glaubt, daß das Ccntrum allen Grund habe, mit
dem bisherigen Verlauf der Ordensdebatte zufrieden
zu sein. „Wackers kurze, knappe Sätze (?) haben sammt
und sonders ins Schwarze getroffen, keiner der Gegner
vermochte gegen die Wucht der Beweisführung Wackers
aufzukommen. Die Herren Die teile und Birken-
mayer klopften dem Korreferenten Obkircher gründlich
auf die Finger" u. s. w. Des Letzteren Rede nennt das
klerikale Organ ein „wahres Sammelsurium von banalen
Phrasen und haltlosen Beschuldigungen gegen die Orden",
die Ausführungen Fiesers waren „olle Kamellen". Um
diese Kritik ins richtige Licht zu stellen, genügt es, einige
Stellen aus dem in der vorliegenden Frage gewiß unpar-
teiischen Volksfrcund zu citircn. „Die Nationalliberalen",
heißt es dort, „haben in dieser Debatte wesentlich besser
abgeschnitten, als im vorigen Jahr. . . Die Wirkung des
O bkir ch er'scheu Korreferats auf das Centrum war ver-
blüffend. . . . Herr Dieterle, der „Tiger von Dogern",
hatte keinen sehr glücklichen Tag. Er that zwar sehr
wild, aber es wirkte nicht. Seine Witze und Vergleiche
waren ungeschickt und derb, ohne humorvoll zu sein. Die
ganze Rede hätte bei einem Bauernpublikum Beifall ge-
funden, für die Kammer fehlte es ihr etwas an
„Niveau". ... In der Rede des Abg. Fieser hob sich
die Debatte auf ihren Höhepunkt. Lautlose Stille herrschte
im Sitzungssaal, als Fieser sprach. Die große Wirkung
der Rede Fiesers war nicht zum wenigsten darin begründet,
daß er nicht nur als eingefleischter Fanatiker des Kultur-
kampfs, sondern auch mit einem ins Große gehenden
Humor und diel guter Laune den Gegenstand vom Stand-
punkt des „Menschlichen, Allzumenschlichen" aus behandelte.
Es war ein prächtiger Anblick, den „alten Ketzer", wie er
Nr. 9 gespielt, und — trotz Weingartner gefährlichem Ange-
denken — sehr brav gespielt. Schade, daß gerade die schönen
Hornetnsätze zweimal mißlangen. Das Trompetensignal wurde
sehr stramm und sicher hinausgeschmettert.
Fast tadellos glückten die (durch liebenswürdige Mitwirkung
nicht zum Theater Gehöriger verstärkten) Chöre. Sie klangen
nicht nur rein, sondern auch schön. Im letzten Finale sollte der
Alt sich etwas mäßigen.
Frl. Essek fühlt sich im ausgesprochen dramatischen Gebiet
am wohlstcn, und der Fidelio war ihr jedenfalls eine will-
kommene Gabe. Nach dem, was sie zu geben bemüht war,
möchte man ihr von Herzen gerne das Allerbeste nachrühmen.
Zum Glück kann man ihr wenigstens sehr Gutes zuerkennen.
Nicht nur, daß sie vortrefflich aussah und in Dialog wie Gesang
ein volles, glückliches, ernstes und sympathisches Aufgehen in der
Rolle bewies, auch musikalisch hielt sie die außerordentlich an-
strengende Rolle zum größten Theil mit Kraft und Energie auf
hochachtbarer Höhe. Ihre Stimme hat vielleicht noch nie so gut
und voll geklungen.
Leider versagten ihre Mittel gerade beim Höhepunkt, der
große Aufschrei mißlang und für den nachfolgenden Tonjubel
wollte das Organ nichts mehr hergeben. Im ersten Akt drückte
auch ihr Detoniren (im Kanon-Quartett, in der großen Arie:
„Abscheulicher" und gegen Schluß), später nur noch vorübergehend
die Wirkung ihrer sonst so sympathischen Leistung herab.
Florestan steht etwas gefährlich hoch für einen. Tenor, der,
wie Dr. Copony, auf sein erstes Bühnenjahr zurückblickt. Die
Extase am Schluß seiner Kerkerarie (übrigens auch ein Schrecken
routinirter Sänger) vermochte er noch nicht zu bewältigen.
Spater konnte sich seine wirklich schöne und große Tenorstimme
mehr und mehr mit Glück entwickeln. Musikalisch erwies sich der
Sänger stets.
. bem Pizzarro fand sich Herr Borts ohne ernstlichen Un-
fall ab. so recht den Feinheiten und Schwierigkeiten dieser an-
spruchsvollen Partie gerecht zu werden, dazu wollte es nicht
ausreichen.
Musikalisch absolut sicher und geschmackvoll zeigte sich, wie
immer, Frl. Hesch als Zerltne. Sie dürfte sich nur »och einer
weicheren Tongebung befleißigen. Diskret und sicher stand ihr
Herr Gabelmann als Jacquino zu.Seite.
Aus dem Vollen seines mächtigen, so metallisch klingenden
Baßorgans vermochte der Gast des Abends, Herr Keller aus
Karlsruhe, als Rocco zu schöpfen. Es ist eine Freude, einen
solchen fertigen Künstler, wenn auch nur auf einen Abend, zu
beherbergen, der so gesund und kraftvoll gestaltet und mit jenem
künstlerischen Feingesühl. Stylgefühl und Maßhalten ausgestattel
ist, deren unvergleichliche Musterschule die Karlsiuher Opernbühne
ist. Mil gewohntem Geschick entledigte sich auch Herr Gugel
seiner kleinen Partie. vr. 8.
sich selbst bezeichnet, hochoufgerichtet gegen den finsteren
Geist des Mittelalters wettern zu sehen". Auch die Bad.
Landeszeitung konstatirt, daß Fiesers Schlagfertigkeit und
Offenheit die ganze Debatte auf eine Höhe gehoben hat,
die sie bis dahin bei weitem nicht erreicht hatte.
L.O. Sichern, 14. Febr. Die Ersatzwahl für Land-
gerichtsdirektor Lauck ist auf den 20. d. M. anberaumt.
Preußen. Der frühere Minister des Innern, Staats-
minister Herrfurth, ist heute Vormittag im Alter von
fast 70 Jahren gestorben.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog habe» dem
Landeskommissär Geheimen Oberregierungsrath Dr. Richard
Reinhard in Freiburg das Kommandeurkreuz zweiter Klasse
des Ordens vom Zähringer Löwen, dem Oberbaurath Hermann
Stolz bei der Qberdirektion des Wasser- und Straßenbaues
das Ritterkreuz erster Klasse mit Eichenlaub, dem Vorstand der
Kultnrinspektion Konstanz, Oberbautnspektor Ernst Kist das
Ritterkreuz erster Klasse deS Ordens vom Zähringcr Löwen, sowie
dem Bürgermeister Albert Blender in Gutenstein die kleine
goldene Verdienstmedaille verliehen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben die
Revisoren bei der Generaldtrektion der Staatseisenbahnen, Rech-
nuugsrath Franz Armbrüster und Rechnungsrath Karl Hoff-
mann unter Belassung ihres Titels zu Bureauvorstehern er-
nannt, sowie dem Oberbuchhalter Ferdinand S ch ul er beider
Verwaltung der Hauptwerkstäite den Titel .Rechnungsrath" ver-
liehen und den Geheimen Regierungsrath und Amtsvorstand
Alexander Pfisterer in Mannheim zum Ministerialrath und
Landeskommissär für die Kreise Mannheim, Heidelberg und
Mosbach mit dem Sitze in Mannheim ernannt.
— Durch Entschließung des Ministeriums des Innern wurden
zu Mitgliedern des Landwirthschaftsraths für die Jahre 1900
bis 1901 ernannt die Herren Baurath L u b b e r g e r in Freibnrg,
Altbürgermeister Roth in Ichenheim, Freiherr E. ».Schauen-
burg in Gaisbach und Landtagsabgeordneter Bürgermeister
Schüler in Ebringen.
Karlsruhe, 14. Febr. Abends 6 Uhr nahmen der
Großherzog und die Großherzogin heute an dem Gottes-
dienst in der Schloßkicche theil, bei welchem Pfarrer Öd-
länder von Eggcnstein die Predigt hielt. Nach beendigtem
Gottesdienst wurde Pfarrer Obländer von den Großher-
zoglichen Herrschaften noch besonders empfangen.
Ausland.
Afrika. Die Meldung, daß die Engländer auf dem
mittleren Kriegsschauplatz in Südafrika, nach
einigen Vorpostengefechten, sich ein wenig rückwärts kon-
zentrirt haben (worin sie schon große Uebung besitzen), ist
in ihrer Tragweite noch nicht anfgeklärt. Es sei daran
erinnert, daß die Engländer dort sich eine starke Stellung,
mit dem Colesberg als Stützpunkt, ausgesucht hatten und
daß jeder Burenangriff auf diese Stellung ausgeschlossen
erschien. Gerade diese starke Stellung veranlaßte den
Oberkommandirenden, einen Theil der Truppen vom mitt-
leren nach dem westlichen Schauplatz zu schicken. Die
Schwächung des Gegners haben die Buren, die stets gut
unterrichtet sind, benutzt, und sind auf dem mittleren Schau-
platz vorgegangen. Die Engländer mußten den Coles-
bcrg, auf den sie zwei Geschütze mit großer Mühe herauf-
gebracht hatten, räumen. Die Buren hatten schweres Ge-
schütz auf den Bastardneck aufgefahren und dagegen konnte
sich die englische Artillerie auf dem Colesberg nicht halten.
Ob dem englischen Rückzug noch ein erheblicher Nahkampf
vorausgegangen ist, ist augenblicklich unbekannt. Manche
Umstände lassen darauf schließen, daß die Buren beim
Rückzug der Engländer stark nachgedrückt haben. Schon
heißt cs, cs sei zweifelhaft, ob die Engländer sich in
Rensburg würden halten können.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 15. Februar.
* Aus dem städt. Voranschlag für 1900,01. Dem gedruckten
Entwurf eines städt. Voranschlags ist eine größere Anzahl von
Bemerkungen beigegeben. Wir heben daraus die folgenden
hervor: Das obere Stockwerk des ehemals v. Gayette'schen Ge-
bäudes im Klingenteich ist bereits einem Walohüicr als Dienst-
wohnung überwiesen, während der untere Stock im Frühjahr
eine zweite Waldhülerwohnung aufnehmen soll. Für Herrichtung
der betreffenden Räume sowie eines Stalles ist der Betrag von
700 vorgesehen. Es besteht die Absicht, zu gestatten, daß die
Familienangehörigen eines der Waldhüter an Kinder, für die in
dem Anwesen einige Spielplätze angelegt werden sollen, sowie
an Spaziergänger auf Verlangen Kubmilch käuflich abgeben. —
Der Weg beim Fährhäuschen in Schlierbach ist zu steil. Sein
Gefäll soll abgeschwächt werden; auch ist die Pflasterung des
Weges beabsichtigt, damit bei Hochwasser keine weiteren Ab-
schwemmungen eintreten können. — Der bisher beim Tiefbauamte
beschäftigte Ingenieur, welcher zuletzt einen Jahresgehalt von
2950 bezog, ist im vergangenen Frühjahr in einen auswärtigen
Gemeindcdienst übergegangen. An seine Stelle trat im vor-
flossenen Sommer, zunächst probeweise, Ingenieur Nikolaus Fries,
vordem beim Tiefbauamt Bonn beschäftigt, welchem mit Rücksicht
aus die von ibm in seiner früheren Dienststellung innegehabten
Bezüge ein Gehalt von 4500 bewilligt werden mußte, wenn
man seine hinsichtlich der theoretischen w>e der praktischen Vor-
bildung gleich schätzbare Kraft für de» hiesigen Dienst gewinnen
wollte. — Durch die Herstellung von Straßen auf dem ehem.
Cementwerksgeiände ist längs der Unteren Reckarstraße ein Ge-
ländestreifen von 6 m Breite und 145 m Länge entstanden, welcher
als öffentliche Anlage eingepflanzt, sowie mit einer Einfriedigung
nach der Straße zu versehen werden soll. — Der freie Platz an
der Zähringecstraße zwischen Kleiuschmidt- und Römerstraße ist
nunmehr ausgefüllt. Er soll gartenmäßig angelegt sowie mit
entsprechenden Wegen ausgestattet weiden. — DerLawn-TenniS-
Spielplatz im Stadtthell Neuenheim soll un^LO m gegen Süden
verlängert werden, so daß zwei weiters Spielfelder entstehen.
Der Klub, welcher den Platz gepachtet hat, ist bereit, im Falle
der Ausführung dieser Vergrößerung die jetzige Miethe von
300 jährlich um 100 zu erhöhen. (Fortsetzung folgt.)
** Handelskammer. Die auf gestern Nachmittag 3 Uhr in
den Gartensaai der Harmonie anberaumte Generalversammlung
der Wahlberechtigten zur Handelskammer war trotz der etwas
ungewohnten stunde ziemlich gut, von etwa 40 Theilnehmern,
besucht. Der Vorsitzende der Handelskammer, Hr. Direktor
Schott, eröffncte die Verhandlungen mit dem Hinweise darauf,
daß die frühe Stunde auf Wunsch des Ministeriums des Innern
gewählt worden sei, um den auswärtigen Wahlberechtigten den
Besuch der Versammlung zu ermöglichen. Um festzustellen, welche
Wirkung dies gehabt, ersuchte er diejenigen Herren, die von aus-
wärts erschienen waren, sich zu erheben, worauf drei von den
Anwesenden aufstanden. Hr. Werner aus Neckargemünd hält
es für zweckmäßiger, die Versammlung wie früher auf 8 Uhr
anzuberaumen. Es märe dann immer noch Zeit zur Heimkehr.
Hr. O- Krastel hält 6 Uhr für die geeignetste Stunde zum
Beginn. Ihm schließt sich Hr. David aus Eierbach an und
es wird, da dieser Vorschlag die Mehrheit für sich zu haben
scheint, bestimmt, für die Folge den Beginn de: Versammlungen
auf diese Stunde zu legen. Sodann gedenkt Hr. Schott deS
dahingeschiedenen früheren Handelskammervorsitzciiden, Fabrikan-
ten Carl Pirsch, mit einigen freundlichen Worten, dessen An-
denken zu ehren sich di- Versammlung von den Sitzen erhebt.
Zur Tagesordnung übergehend, theilt der Vorsitzende mit, daß
der Umlagefuß für 1900 der gleiche wie im Vorjrhre, nämlich
1 Pfg, bleiben würde. Herr Hondelskammersekcetär Weidtg
verliest die einzelnen Posten der Rechnung für 1899 und deS
Voranschlags für 1900. Die Einnahmen und Ausgaben für
1899 gleichen sich bei einem Kassenvorrath von Mk. 2158.47 mit
Mk. 7488.66 aus. Hr. Weidig bemerkt, es sei zu hoffen, daß
der gleiche Saldo sich auch am Schluffe des laufenden Jahres
ergeben werde, zumal die Zahl der Steuerpflichtigen zugenommen
habe und weiter die Veranstaltung von Volks- und handelswissen-
schaftlichen Vorträgen in Aussicht genommen sei. In der über
den Voranschlag sich erhebenden kurzen Besprechung fragt u. A.
Hr. M. Klingel an, ob de Ecgögung der Position für Ge-
halte mit einer Erhöhung des Gehaltes für den Sekretär Zu-
sammenhänge, die ec freudig begrüßen würde. Der Vorsitz:»!).'
bestätigt dies unter Anerkennung der oo-züglichen Leistun>en dis
Herrn Weidig. De: Voranschlag wird hieraus einstimmig ge-
nehmigt. Die Rechnung für 1398 war oon den Herren Dunkel
und Benno Wolfs geprüft und richtig befunden worden. Für
dieselbe wird Entlastung ertheilc. Beide genannten Herren wer-
den Wiederum zu Rechuungsreoisoren gewählt. Auf das im
vorigen Jahre an die Handelskammer gerichtete Gesuch, gegen
die Großbazare geeignete Maßnahmen zu veranlassen, yatte sich
isic Handelskammer bereit erklärt, ihr von Interessenten zuzehende
bestimmte Vorschläge in Erwägung zu ziehen, es wu-ven jedoch
keine solche an sie gerichtet. Bezüglich des wegen gemeinsamen
Ladenschlusses an sie ergangene» Ersuchens verlas Herr Weidig
eine bereits tm Jahresbericht für 1898 enthaltene Erklärung.
Die Handelskammer hält den Ladenschluß oon Aoends 9 llhr
bl« Morgens 7 Uhr für die zweckmäßigste Erledigung dieser An-
gelegenheit. Den Erschienenen war ein gedruckter kurzer Bericht
über die Thätigkeit der Handelskammer in der Zeit von Ende
Mai 1899 (Abschluß des yauptjah-esverichts) bis Ende Januar
1900 zugestellt worden. Bon der Verlesung wurde abgesehen.
Hr. Direktor Schott theille mit, daß, nachdem aus bekannten
Gründen ein Wechsel in der Person des Rechners stattfinden
mußte, sich Hr. O. Krastel in bereitwilligste» Werse zur Ueber-
nahme dieses Postens bereit erklärt Hude. Hierauf wurden noch
einige Wünsche geäußert. Hr. D a v i d - Ebervuch rrsuchte die
Handelskammer, sein Gesuch, Wagenfett in eine billigere Fracht-
tarisklaffe zu versetzen, zu unterstützen, was der Lorsisende zu-
sagte. Hr. M. Lieb hold regt die Verlegung der hiesigen
Reichsbanknebenstelle aus dem Ralhhaus nach einem mehr in der
Mitte der Stadt gelegenen Punkte an. Herr Weidig bemerkt,
daß die Reichsbank einen Vertrag mit der Staot habe, wonach
das Banklokal bis zum Umbau des Rathhauses in diesem ver
bleibe. Bis der Umbau vorgenommen werde, dürsten noch drei
Jahre vergehen. Der Vo.sitzende ist der Ansicht, man solle diese
drei Jahre noch abwarten. Die Versammlung stimmt zu. Hr.
Kommeczienrath Landfried dankt der Handelskammer für ihre
Thätigkeit; die Anwesenden schließen sich demselben durch Er-
heben von den Sitzen an. Dann wurde die Versammlung nach
etwa einstündiger Dauer geschloffen.
Narrensitzung im Faulen Pelz. Die Gesellschaft Räuber-
höhle und die Turnkneipe des Turnvereins hielten gestern Abend
im Faulen Pelz eine gemeinsame Narrensitzung ab. Als Gäste
waren Vertreter der Gemeinde Steingasse, der Achtuhrgesellschaft
und sonstige Freunde der Festveranstalter anwesend, so daß das
in humoristischer Weise wirkungsvoll ausgeschmückte Lokal voll
besetzt war. Ein hübsches Programm, das u. A. Couplets und
sonstige Vorträge, Musikstücke und gemeinsame Lieder umfaßte,
wurde flott ausgeführt und bot den Festtheilnehmern viel Kurz-
weil. Den Vorsitz führte ein sehr würdiger, mit scharlacheneN
Gewändern nngethanener Rath der Vier- Ausgezeichnet waren
die Vier durch schwarze Nasenspitzen und erschreckliche Mäuler.
Im Verlaufe des Abends wurde die Verleihung einer Anzahl
von Ordensdiplomcn an verdiente mitwirkende Narren in humo-
ristischer Rede eines Mitglieds des hohen Raths bekannt gegeben.
Spät-r trat man zu einer Polonaise an, welche die Theiinehmer
an die erquickende frische Luft führte. Nach der Rückkehr wurde,
iwar in geschwächter Zahl, aber mit ungeschwächten Kräften, weiter
ortgemacht.
Z Der Neckar ist in Folge des vielen starken Regen? ist
den letzten Tagen von gestern auf heute um unaefäbr 2 Meter
gestiegen; die Pegelhöhe beträgt M. 4,08; dock ist im WacksthuM
ein Stillstand eingelreten. Ein aus Diedesheim heute früh hier
eingetroffenes Telegramm gibt als den höchsten Wasserstand
M 4,98 an, der Wasserstand war aber bei Abgang des Tele-
gramms auf M 4,90 zurückgegangen. Der Barometer ist seit
gestern erheblich gestiegen, über Nacht ist ziemlich starke- schnee-
sall eingetreten, so daß die Gegend den Anvlick einer vollständige»
Wtnterlandschaft darbietet. Schlitten wurden schon in Gebrauch
gesetzt. Die Schifffahrt ist abermals unterbrochen.
— Plötzlich verendet. Gestern Mittag würbe ein der Kohlen-
handlung von Jakod Müller hier gehörendes Pferd in der Btenen-
straße vom Schlage getroffen und btieb todi auf dem Platz liegen.
Das Vorkommnis zeitigte die wunderbarsten Gerüchte, dte die
Stadt durchliefen.
— Polizeibericht. Zwei Personen wurden wegen Betteln?
und eine weitere wegen Bruchs der Ausweisung verhaftet; eist
„Artist", der in auffälliger Welse Spuren vo» Geistesgestörtheit
zeigte, wurde im Mäunerarmenhause untergebracht. Fünfzehn
Fabrikarbeiter, dte Gegenstände ohne polizeiliche Erlauvniß zu*
Auslösung brachten, kamen zur Anzeige.
8 6. Karlsruhe, 14. Febr- Der Bad. Residenzonze>-
ger bat mit dem heutigen Tag zu erscheinen aufgehört.
8 0. Karlsruhe, 14. Febr. Trotz stürmischen Regenwetters
hatte sich heute Nachmittag eine ungeheure Menschenmenge am
dem Friedhöfe eingcfunden, um der Bee rdigung der bei der
schrecklichen Brandkata st rophe im Landauer' scheu Waarest-
Haus ums Leben gekommenen Mädchen beizuwohne»-
In der Fciedhoskapelle war der kleine Sarg, der die spärliche»
Ueverreste der Unglücklichen enthielt, ausgestellt, von duftige»
Blumenspenden gänzlich bedeckt. Die Großherzogin, die de»
von dem Unglück betroffenen Familien je ein Chnstusbild zu
stellte, ließ einen prächtigen Strauß am Sarge niederlegeN'
ebenso spendeten die Stadt Karlsruhe, zahlreiche Firmen uu"
Vereine kostbare Kränze. Unter den Tyetlnehmern an der Trauer'
feier befanden sich Oberschloßhauptmann von Offensastbl
Berckholtz ais Vertreter des Großherzogs, Kammerherr Fre*'
Herr von Reck, Minister von Brauer und zahlreiche h»b
staatliche und städtische Beamte. Der evang. Stadtpfarrer Nb»"
und der kathol. »taplan Layer hielten tiefempfundene Ansprache"'
Ergreifende Chöre des „Liederkranz" und des gemischlen Chm
des evang. Weststadtoereins bildeten die Einleitung und sc
Schluß der erhebenden Trauerfeier. — Die Stadt übernimm '
wie wir schon berichteten, die Kosten des Begräbnisses und ste»
den Begräbmßplatz unentgeltlich zur Verfügung, während, beste»
Vernehmen nach, der Großherzog beabsichtigt, auf dein g
meinsamen Grab einen Denkstein mit Inschrift setzen zu lasse»-
Aus Baden. Aus Kiautschou wird gemeldet, daß in »
katholischen Kirche daselbst zwei badische Landeski»»
sich als drittes Brautpaar die Hände für's Leben gereicht haM'
Es sind dies der Ziegeleibesitzer Andreas Vogt und Anna Bast -
beide aus Rammersweier gebürtig.
Kleine Zeitung.
— Vom Bodensee, 14. Febr. Ein rasender SüdweststlO
warf den Äallo niÄuppen des Grafen Zeppelin bei
richshasen ans Land.
rentabel seien; ahne laichen Nachweis könne man so große
Summen nicht bewilligen. Das Pech mit der Ulambarabahn
soll eine Lehre lein. (Beisoll im Centrum.)
Colonialdircktor Dr. v-Buchka: Der Vorredner stehe
auf dem Standpunkt eines ängstlichen Privatmannes. Die
vorjährigen Bewilligungen sind verbraucht. Allerdings sei
das deutsche Capital nicht für exotische Unternehmungen
zu hoben, wenn cs sich auch um patriotische Zwecke handle.
Die Usamdarabahn werde zweifellos später gute Einnahmen
ergeben. Die Einstellung des Kaffeebaues in Korogwe sei
eine Folge der großen Dürre gewesen; jetzt sei schon wieder
ein Aufschwung des Kaffeebaues bemerkbar. Die Bahn-
bauten seien ein großes Culturwerk.
Abg. Rich ter (fr. Vp.): Der Privatmann lasse sich
nicht auf nachtbeilige Unternehmungen ein, weil es sich um
sein eigenes Geld bandle, da dürfe der Reichstag für so un-
rentable Unternehmungen das Geld der Steuerzahler nicht
verwenden. Durch Eisenbahnen wird keine Cultur ge-
schaffen; im Gegeniheil, es müsse erst eine gewisse Cultur
als Grundlage für die Bahn vorhanden sein.
Abg. Freese (freis. Ver.): Der Reichstag habe in den
letzten Jahren bewiesen, daß er etwas für die Colonien
thun wolle; aber wenn 30 Millionen ausgegebcn werden
sollen, müsse man mit großer Vorsicht Verfahren. Redner
beantragt, den Eisenbahntitel an die Commission zurückzu-
verweisen.
Abg. Bebel (Soz.): Was er für die Colonieen voraus-
gesagt, sei stets eingetroffen, während die Colonialschwärmer
nur enttäuscht sein könnten.
Abg. D a s ba ch (Ctr.): Da das Reichsamt mit den
Mitteln der Steuerzahler operirt, so solle es sparsam sein.
Die Regierung sollte nach dem Beispiel Englands Kauf-
leute als Gouverneure in die Colonieen senden. Aus
Privatbriesen ist bekannt, daß die Zustände in den Colonieen
durchaus nicht so günstig sind, wie in den amtlichen Mit-
theilungen dargeslellt wird.
Colonialdirektor Dr. v. Buchka tritt den Ausführungen
des Vorredners entaegen. In England sei die Vorbildung
der Gouverneure wesentlich dieselbe, wie bei uns.
Nack weiteren Bemerkungen einiger Abgeordneten werden
einige Titel angenommen, alles Uebrige der Budgetkommission
überwiesen.
Morgen 1 Ubr: Rest der heutigen Tagesordnung: An-
trag Münch-Ferber auf Errichtung deutscher Handelskammern
im Ausland.
Baden. L.6. Karlsruhe, 14. Febr. Der Bad.
Beob. glaubt, daß das Ccntrum allen Grund habe, mit
dem bisherigen Verlauf der Ordensdebatte zufrieden
zu sein. „Wackers kurze, knappe Sätze (?) haben sammt
und sonders ins Schwarze getroffen, keiner der Gegner
vermochte gegen die Wucht der Beweisführung Wackers
aufzukommen. Die Herren Die teile und Birken-
mayer klopften dem Korreferenten Obkircher gründlich
auf die Finger" u. s. w. Des Letzteren Rede nennt das
klerikale Organ ein „wahres Sammelsurium von banalen
Phrasen und haltlosen Beschuldigungen gegen die Orden",
die Ausführungen Fiesers waren „olle Kamellen". Um
diese Kritik ins richtige Licht zu stellen, genügt es, einige
Stellen aus dem in der vorliegenden Frage gewiß unpar-
teiischen Volksfrcund zu citircn. „Die Nationalliberalen",
heißt es dort, „haben in dieser Debatte wesentlich besser
abgeschnitten, als im vorigen Jahr. . . Die Wirkung des
O bkir ch er'scheu Korreferats auf das Centrum war ver-
blüffend. . . . Herr Dieterle, der „Tiger von Dogern",
hatte keinen sehr glücklichen Tag. Er that zwar sehr
wild, aber es wirkte nicht. Seine Witze und Vergleiche
waren ungeschickt und derb, ohne humorvoll zu sein. Die
ganze Rede hätte bei einem Bauernpublikum Beifall ge-
funden, für die Kammer fehlte es ihr etwas an
„Niveau". ... In der Rede des Abg. Fieser hob sich
die Debatte auf ihren Höhepunkt. Lautlose Stille herrschte
im Sitzungssaal, als Fieser sprach. Die große Wirkung
der Rede Fiesers war nicht zum wenigsten darin begründet,
daß er nicht nur als eingefleischter Fanatiker des Kultur-
kampfs, sondern auch mit einem ins Große gehenden
Humor und diel guter Laune den Gegenstand vom Stand-
punkt des „Menschlichen, Allzumenschlichen" aus behandelte.
Es war ein prächtiger Anblick, den „alten Ketzer", wie er
Nr. 9 gespielt, und — trotz Weingartner gefährlichem Ange-
denken — sehr brav gespielt. Schade, daß gerade die schönen
Hornetnsätze zweimal mißlangen. Das Trompetensignal wurde
sehr stramm und sicher hinausgeschmettert.
Fast tadellos glückten die (durch liebenswürdige Mitwirkung
nicht zum Theater Gehöriger verstärkten) Chöre. Sie klangen
nicht nur rein, sondern auch schön. Im letzten Finale sollte der
Alt sich etwas mäßigen.
Frl. Essek fühlt sich im ausgesprochen dramatischen Gebiet
am wohlstcn, und der Fidelio war ihr jedenfalls eine will-
kommene Gabe. Nach dem, was sie zu geben bemüht war,
möchte man ihr von Herzen gerne das Allerbeste nachrühmen.
Zum Glück kann man ihr wenigstens sehr Gutes zuerkennen.
Nicht nur, daß sie vortrefflich aussah und in Dialog wie Gesang
ein volles, glückliches, ernstes und sympathisches Aufgehen in der
Rolle bewies, auch musikalisch hielt sie die außerordentlich an-
strengende Rolle zum größten Theil mit Kraft und Energie auf
hochachtbarer Höhe. Ihre Stimme hat vielleicht noch nie so gut
und voll geklungen.
Leider versagten ihre Mittel gerade beim Höhepunkt, der
große Aufschrei mißlang und für den nachfolgenden Tonjubel
wollte das Organ nichts mehr hergeben. Im ersten Akt drückte
auch ihr Detoniren (im Kanon-Quartett, in der großen Arie:
„Abscheulicher" und gegen Schluß), später nur noch vorübergehend
die Wirkung ihrer sonst so sympathischen Leistung herab.
Florestan steht etwas gefährlich hoch für einen. Tenor, der,
wie Dr. Copony, auf sein erstes Bühnenjahr zurückblickt. Die
Extase am Schluß seiner Kerkerarie (übrigens auch ein Schrecken
routinirter Sänger) vermochte er noch nicht zu bewältigen.
Spater konnte sich seine wirklich schöne und große Tenorstimme
mehr und mehr mit Glück entwickeln. Musikalisch erwies sich der
Sänger stets.
. bem Pizzarro fand sich Herr Borts ohne ernstlichen Un-
fall ab. so recht den Feinheiten und Schwierigkeiten dieser an-
spruchsvollen Partie gerecht zu werden, dazu wollte es nicht
ausreichen.
Musikalisch absolut sicher und geschmackvoll zeigte sich, wie
immer, Frl. Hesch als Zerltne. Sie dürfte sich nur »och einer
weicheren Tongebung befleißigen. Diskret und sicher stand ihr
Herr Gabelmann als Jacquino zu.Seite.
Aus dem Vollen seines mächtigen, so metallisch klingenden
Baßorgans vermochte der Gast des Abends, Herr Keller aus
Karlsruhe, als Rocco zu schöpfen. Es ist eine Freude, einen
solchen fertigen Künstler, wenn auch nur auf einen Abend, zu
beherbergen, der so gesund und kraftvoll gestaltet und mit jenem
künstlerischen Feingesühl. Stylgefühl und Maßhalten ausgestattel
ist, deren unvergleichliche Musterschule die Karlsiuher Opernbühne
ist. Mil gewohntem Geschick entledigte sich auch Herr Gugel
seiner kleinen Partie. vr. 8.
sich selbst bezeichnet, hochoufgerichtet gegen den finsteren
Geist des Mittelalters wettern zu sehen". Auch die Bad.
Landeszeitung konstatirt, daß Fiesers Schlagfertigkeit und
Offenheit die ganze Debatte auf eine Höhe gehoben hat,
die sie bis dahin bei weitem nicht erreicht hatte.
L.O. Sichern, 14. Febr. Die Ersatzwahl für Land-
gerichtsdirektor Lauck ist auf den 20. d. M. anberaumt.
Preußen. Der frühere Minister des Innern, Staats-
minister Herrfurth, ist heute Vormittag im Alter von
fast 70 Jahren gestorben.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog habe» dem
Landeskommissär Geheimen Oberregierungsrath Dr. Richard
Reinhard in Freiburg das Kommandeurkreuz zweiter Klasse
des Ordens vom Zähringer Löwen, dem Oberbaurath Hermann
Stolz bei der Qberdirektion des Wasser- und Straßenbaues
das Ritterkreuz erster Klasse mit Eichenlaub, dem Vorstand der
Kultnrinspektion Konstanz, Oberbautnspektor Ernst Kist das
Ritterkreuz erster Klasse deS Ordens vom Zähringcr Löwen, sowie
dem Bürgermeister Albert Blender in Gutenstein die kleine
goldene Verdienstmedaille verliehen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben die
Revisoren bei der Generaldtrektion der Staatseisenbahnen, Rech-
nuugsrath Franz Armbrüster und Rechnungsrath Karl Hoff-
mann unter Belassung ihres Titels zu Bureauvorstehern er-
nannt, sowie dem Oberbuchhalter Ferdinand S ch ul er beider
Verwaltung der Hauptwerkstäite den Titel .Rechnungsrath" ver-
liehen und den Geheimen Regierungsrath und Amtsvorstand
Alexander Pfisterer in Mannheim zum Ministerialrath und
Landeskommissär für die Kreise Mannheim, Heidelberg und
Mosbach mit dem Sitze in Mannheim ernannt.
— Durch Entschließung des Ministeriums des Innern wurden
zu Mitgliedern des Landwirthschaftsraths für die Jahre 1900
bis 1901 ernannt die Herren Baurath L u b b e r g e r in Freibnrg,
Altbürgermeister Roth in Ichenheim, Freiherr E. ».Schauen-
burg in Gaisbach und Landtagsabgeordneter Bürgermeister
Schüler in Ebringen.
Karlsruhe, 14. Febr. Abends 6 Uhr nahmen der
Großherzog und die Großherzogin heute an dem Gottes-
dienst in der Schloßkicche theil, bei welchem Pfarrer Öd-
länder von Eggcnstein die Predigt hielt. Nach beendigtem
Gottesdienst wurde Pfarrer Obländer von den Großher-
zoglichen Herrschaften noch besonders empfangen.
Ausland.
Afrika. Die Meldung, daß die Engländer auf dem
mittleren Kriegsschauplatz in Südafrika, nach
einigen Vorpostengefechten, sich ein wenig rückwärts kon-
zentrirt haben (worin sie schon große Uebung besitzen), ist
in ihrer Tragweite noch nicht anfgeklärt. Es sei daran
erinnert, daß die Engländer dort sich eine starke Stellung,
mit dem Colesberg als Stützpunkt, ausgesucht hatten und
daß jeder Burenangriff auf diese Stellung ausgeschlossen
erschien. Gerade diese starke Stellung veranlaßte den
Oberkommandirenden, einen Theil der Truppen vom mitt-
leren nach dem westlichen Schauplatz zu schicken. Die
Schwächung des Gegners haben die Buren, die stets gut
unterrichtet sind, benutzt, und sind auf dem mittleren Schau-
platz vorgegangen. Die Engländer mußten den Coles-
bcrg, auf den sie zwei Geschütze mit großer Mühe herauf-
gebracht hatten, räumen. Die Buren hatten schweres Ge-
schütz auf den Bastardneck aufgefahren und dagegen konnte
sich die englische Artillerie auf dem Colesberg nicht halten.
Ob dem englischen Rückzug noch ein erheblicher Nahkampf
vorausgegangen ist, ist augenblicklich unbekannt. Manche
Umstände lassen darauf schließen, daß die Buren beim
Rückzug der Engländer stark nachgedrückt haben. Schon
heißt cs, cs sei zweifelhaft, ob die Engländer sich in
Rensburg würden halten können.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 15. Februar.
* Aus dem städt. Voranschlag für 1900,01. Dem gedruckten
Entwurf eines städt. Voranschlags ist eine größere Anzahl von
Bemerkungen beigegeben. Wir heben daraus die folgenden
hervor: Das obere Stockwerk des ehemals v. Gayette'schen Ge-
bäudes im Klingenteich ist bereits einem Walohüicr als Dienst-
wohnung überwiesen, während der untere Stock im Frühjahr
eine zweite Waldhülerwohnung aufnehmen soll. Für Herrichtung
der betreffenden Räume sowie eines Stalles ist der Betrag von
700 vorgesehen. Es besteht die Absicht, zu gestatten, daß die
Familienangehörigen eines der Waldhüter an Kinder, für die in
dem Anwesen einige Spielplätze angelegt werden sollen, sowie
an Spaziergänger auf Verlangen Kubmilch käuflich abgeben. —
Der Weg beim Fährhäuschen in Schlierbach ist zu steil. Sein
Gefäll soll abgeschwächt werden; auch ist die Pflasterung des
Weges beabsichtigt, damit bei Hochwasser keine weiteren Ab-
schwemmungen eintreten können. — Der bisher beim Tiefbauamte
beschäftigte Ingenieur, welcher zuletzt einen Jahresgehalt von
2950 bezog, ist im vergangenen Frühjahr in einen auswärtigen
Gemeindcdienst übergegangen. An seine Stelle trat im vor-
flossenen Sommer, zunächst probeweise, Ingenieur Nikolaus Fries,
vordem beim Tiefbauamt Bonn beschäftigt, welchem mit Rücksicht
aus die von ibm in seiner früheren Dienststellung innegehabten
Bezüge ein Gehalt von 4500 bewilligt werden mußte, wenn
man seine hinsichtlich der theoretischen w>e der praktischen Vor-
bildung gleich schätzbare Kraft für de» hiesigen Dienst gewinnen
wollte. — Durch die Herstellung von Straßen auf dem ehem.
Cementwerksgeiände ist längs der Unteren Reckarstraße ein Ge-
ländestreifen von 6 m Breite und 145 m Länge entstanden, welcher
als öffentliche Anlage eingepflanzt, sowie mit einer Einfriedigung
nach der Straße zu versehen werden soll. — Der freie Platz an
der Zähringecstraße zwischen Kleiuschmidt- und Römerstraße ist
nunmehr ausgefüllt. Er soll gartenmäßig angelegt sowie mit
entsprechenden Wegen ausgestattet weiden. — DerLawn-TenniS-
Spielplatz im Stadtthell Neuenheim soll un^LO m gegen Süden
verlängert werden, so daß zwei weiters Spielfelder entstehen.
Der Klub, welcher den Platz gepachtet hat, ist bereit, im Falle
der Ausführung dieser Vergrößerung die jetzige Miethe von
300 jährlich um 100 zu erhöhen. (Fortsetzung folgt.)
** Handelskammer. Die auf gestern Nachmittag 3 Uhr in
den Gartensaai der Harmonie anberaumte Generalversammlung
der Wahlberechtigten zur Handelskammer war trotz der etwas
ungewohnten stunde ziemlich gut, von etwa 40 Theilnehmern,
besucht. Der Vorsitzende der Handelskammer, Hr. Direktor
Schott, eröffncte die Verhandlungen mit dem Hinweise darauf,
daß die frühe Stunde auf Wunsch des Ministeriums des Innern
gewählt worden sei, um den auswärtigen Wahlberechtigten den
Besuch der Versammlung zu ermöglichen. Um festzustellen, welche
Wirkung dies gehabt, ersuchte er diejenigen Herren, die von aus-
wärts erschienen waren, sich zu erheben, worauf drei von den
Anwesenden aufstanden. Hr. Werner aus Neckargemünd hält
es für zweckmäßiger, die Versammlung wie früher auf 8 Uhr
anzuberaumen. Es märe dann immer noch Zeit zur Heimkehr.
Hr. O- Krastel hält 6 Uhr für die geeignetste Stunde zum
Beginn. Ihm schließt sich Hr. David aus Eierbach an und
es wird, da dieser Vorschlag die Mehrheit für sich zu haben
scheint, bestimmt, für die Folge den Beginn de: Versammlungen
auf diese Stunde zu legen. Sodann gedenkt Hr. Schott deS
dahingeschiedenen früheren Handelskammervorsitzciiden, Fabrikan-
ten Carl Pirsch, mit einigen freundlichen Worten, dessen An-
denken zu ehren sich di- Versammlung von den Sitzen erhebt.
Zur Tagesordnung übergehend, theilt der Vorsitzende mit, daß
der Umlagefuß für 1900 der gleiche wie im Vorjrhre, nämlich
1 Pfg, bleiben würde. Herr Hondelskammersekcetär Weidtg
verliest die einzelnen Posten der Rechnung für 1899 und deS
Voranschlags für 1900. Die Einnahmen und Ausgaben für
1899 gleichen sich bei einem Kassenvorrath von Mk. 2158.47 mit
Mk. 7488.66 aus. Hr. Weidig bemerkt, es sei zu hoffen, daß
der gleiche Saldo sich auch am Schluffe des laufenden Jahres
ergeben werde, zumal die Zahl der Steuerpflichtigen zugenommen
habe und weiter die Veranstaltung von Volks- und handelswissen-
schaftlichen Vorträgen in Aussicht genommen sei. In der über
den Voranschlag sich erhebenden kurzen Besprechung fragt u. A.
Hr. M. Klingel an, ob de Ecgögung der Position für Ge-
halte mit einer Erhöhung des Gehaltes für den Sekretär Zu-
sammenhänge, die ec freudig begrüßen würde. Der Vorsitz:»!).'
bestätigt dies unter Anerkennung der oo-züglichen Leistun>en dis
Herrn Weidig. De: Voranschlag wird hieraus einstimmig ge-
nehmigt. Die Rechnung für 1398 war oon den Herren Dunkel
und Benno Wolfs geprüft und richtig befunden worden. Für
dieselbe wird Entlastung ertheilc. Beide genannten Herren wer-
den Wiederum zu Rechuungsreoisoren gewählt. Auf das im
vorigen Jahre an die Handelskammer gerichtete Gesuch, gegen
die Großbazare geeignete Maßnahmen zu veranlassen, yatte sich
isic Handelskammer bereit erklärt, ihr von Interessenten zuzehende
bestimmte Vorschläge in Erwägung zu ziehen, es wu-ven jedoch
keine solche an sie gerichtet. Bezüglich des wegen gemeinsamen
Ladenschlusses an sie ergangene» Ersuchens verlas Herr Weidig
eine bereits tm Jahresbericht für 1898 enthaltene Erklärung.
Die Handelskammer hält den Ladenschluß oon Aoends 9 llhr
bl« Morgens 7 Uhr für die zweckmäßigste Erledigung dieser An-
gelegenheit. Den Erschienenen war ein gedruckter kurzer Bericht
über die Thätigkeit der Handelskammer in der Zeit von Ende
Mai 1899 (Abschluß des yauptjah-esverichts) bis Ende Januar
1900 zugestellt worden. Bon der Verlesung wurde abgesehen.
Hr. Direktor Schott theille mit, daß, nachdem aus bekannten
Gründen ein Wechsel in der Person des Rechners stattfinden
mußte, sich Hr. O. Krastel in bereitwilligste» Werse zur Ueber-
nahme dieses Postens bereit erklärt Hude. Hierauf wurden noch
einige Wünsche geäußert. Hr. D a v i d - Ebervuch rrsuchte die
Handelskammer, sein Gesuch, Wagenfett in eine billigere Fracht-
tarisklaffe zu versetzen, zu unterstützen, was der Lorsisende zu-
sagte. Hr. M. Lieb hold regt die Verlegung der hiesigen
Reichsbanknebenstelle aus dem Ralhhaus nach einem mehr in der
Mitte der Stadt gelegenen Punkte an. Herr Weidig bemerkt,
daß die Reichsbank einen Vertrag mit der Staot habe, wonach
das Banklokal bis zum Umbau des Rathhauses in diesem ver
bleibe. Bis der Umbau vorgenommen werde, dürsten noch drei
Jahre vergehen. Der Vo.sitzende ist der Ansicht, man solle diese
drei Jahre noch abwarten. Die Versammlung stimmt zu. Hr.
Kommeczienrath Landfried dankt der Handelskammer für ihre
Thätigkeit; die Anwesenden schließen sich demselben durch Er-
heben von den Sitzen an. Dann wurde die Versammlung nach
etwa einstündiger Dauer geschloffen.
Narrensitzung im Faulen Pelz. Die Gesellschaft Räuber-
höhle und die Turnkneipe des Turnvereins hielten gestern Abend
im Faulen Pelz eine gemeinsame Narrensitzung ab. Als Gäste
waren Vertreter der Gemeinde Steingasse, der Achtuhrgesellschaft
und sonstige Freunde der Festveranstalter anwesend, so daß das
in humoristischer Weise wirkungsvoll ausgeschmückte Lokal voll
besetzt war. Ein hübsches Programm, das u. A. Couplets und
sonstige Vorträge, Musikstücke und gemeinsame Lieder umfaßte,
wurde flott ausgeführt und bot den Festtheilnehmern viel Kurz-
weil. Den Vorsitz führte ein sehr würdiger, mit scharlacheneN
Gewändern nngethanener Rath der Vier- Ausgezeichnet waren
die Vier durch schwarze Nasenspitzen und erschreckliche Mäuler.
Im Verlaufe des Abends wurde die Verleihung einer Anzahl
von Ordensdiplomcn an verdiente mitwirkende Narren in humo-
ristischer Rede eines Mitglieds des hohen Raths bekannt gegeben.
Spät-r trat man zu einer Polonaise an, welche die Theiinehmer
an die erquickende frische Luft führte. Nach der Rückkehr wurde,
iwar in geschwächter Zahl, aber mit ungeschwächten Kräften, weiter
ortgemacht.
Z Der Neckar ist in Folge des vielen starken Regen? ist
den letzten Tagen von gestern auf heute um unaefäbr 2 Meter
gestiegen; die Pegelhöhe beträgt M. 4,08; dock ist im WacksthuM
ein Stillstand eingelreten. Ein aus Diedesheim heute früh hier
eingetroffenes Telegramm gibt als den höchsten Wasserstand
M 4,98 an, der Wasserstand war aber bei Abgang des Tele-
gramms auf M 4,90 zurückgegangen. Der Barometer ist seit
gestern erheblich gestiegen, über Nacht ist ziemlich starke- schnee-
sall eingetreten, so daß die Gegend den Anvlick einer vollständige»
Wtnterlandschaft darbietet. Schlitten wurden schon in Gebrauch
gesetzt. Die Schifffahrt ist abermals unterbrochen.
— Plötzlich verendet. Gestern Mittag würbe ein der Kohlen-
handlung von Jakod Müller hier gehörendes Pferd in der Btenen-
straße vom Schlage getroffen und btieb todi auf dem Platz liegen.
Das Vorkommnis zeitigte die wunderbarsten Gerüchte, dte die
Stadt durchliefen.
— Polizeibericht. Zwei Personen wurden wegen Betteln?
und eine weitere wegen Bruchs der Ausweisung verhaftet; eist
„Artist", der in auffälliger Welse Spuren vo» Geistesgestörtheit
zeigte, wurde im Mäunerarmenhause untergebracht. Fünfzehn
Fabrikarbeiter, dte Gegenstände ohne polizeiliche Erlauvniß zu*
Auslösung brachten, kamen zur Anzeige.
8 6. Karlsruhe, 14. Febr- Der Bad. Residenzonze>-
ger bat mit dem heutigen Tag zu erscheinen aufgehört.
8 0. Karlsruhe, 14. Febr. Trotz stürmischen Regenwetters
hatte sich heute Nachmittag eine ungeheure Menschenmenge am
dem Friedhöfe eingcfunden, um der Bee rdigung der bei der
schrecklichen Brandkata st rophe im Landauer' scheu Waarest-
Haus ums Leben gekommenen Mädchen beizuwohne»-
In der Fciedhoskapelle war der kleine Sarg, der die spärliche»
Ueverreste der Unglücklichen enthielt, ausgestellt, von duftige»
Blumenspenden gänzlich bedeckt. Die Großherzogin, die de»
von dem Unglück betroffenen Familien je ein Chnstusbild zu
stellte, ließ einen prächtigen Strauß am Sarge niederlegeN'
ebenso spendeten die Stadt Karlsruhe, zahlreiche Firmen uu"
Vereine kostbare Kränze. Unter den Tyetlnehmern an der Trauer'
feier befanden sich Oberschloßhauptmann von Offensastbl
Berckholtz ais Vertreter des Großherzogs, Kammerherr Fre*'
Herr von Reck, Minister von Brauer und zahlreiche h»b
staatliche und städtische Beamte. Der evang. Stadtpfarrer Nb»"
und der kathol. »taplan Layer hielten tiefempfundene Ansprache"'
Ergreifende Chöre des „Liederkranz" und des gemischlen Chm
des evang. Weststadtoereins bildeten die Einleitung und sc
Schluß der erhebenden Trauerfeier. — Die Stadt übernimm '
wie wir schon berichteten, die Kosten des Begräbnisses und ste»
den Begräbmßplatz unentgeltlich zur Verfügung, während, beste»
Vernehmen nach, der Großherzog beabsichtigt, auf dein g
meinsamen Grab einen Denkstein mit Inschrift setzen zu lasse»-
Aus Baden. Aus Kiautschou wird gemeldet, daß in »
katholischen Kirche daselbst zwei badische Landeski»»
sich als drittes Brautpaar die Hände für's Leben gereicht haM'
Es sind dies der Ziegeleibesitzer Andreas Vogt und Anna Bast -
beide aus Rammersweier gebürtig.
Kleine Zeitung.
— Vom Bodensee, 14. Febr. Ein rasender SüdweststlO
warf den Äallo niÄuppen des Grafen Zeppelin bei
richshasen ans Land.