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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0006

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hat nicht dre Beachiung gefunden, die ich erwartete. Jch will
mir nun nicht länger den Weg zum Ohre meines Fürsten ver-
sperren lassen. Zehn Jahre bemühe ich mit bereits darum,
und das zeigt, datz cs nicht so ist, wie es sein sollte. Auch spreche
ich nicht als Einzclner, sonderil ich bringe eiuen Noischrei
des deutschen Volkes vor Dein Ohr, dcr bislangc an
dem Walle Deiner Beamten verhallte." — — lind zum
Schlusse: „Höre also die Stimme des Volkes, erkenne die
Wahrheit, berufc Münner in Deinsn Rat, die hier zu helfen
verstehen, und werde zu einem Erfüller sozialer Gerechtigkeitl
— Gott erleuchte und erhalte Dich zum Segen des deutschen
Volkesl"

Bekailntlich ist gegen den Genannten seitens des
prenßischen «nltusininisters ein Dis-ziplinarverfahren
wegen Beleidignng des Kriegsministers eingeleitet wor-
den.

— Aus den Mitteilungen römischer Blätter geht her-
vor, daß die Verlängerung des Dreibundes sich auf
weitere zwölf Jahre erstreckt.

Madischer Landlag.

L.6. Karlsruhe, 30. Juni. (117. Sitzung der
Zweiten Kammer.)

Prästdent Gönner eröffnet die Sitznng um '/^5 Uhr.

Zur Beratung kommt zunächst der Gesetzentwurf betreffend
dle Ueberleitung derehelichen G ü t e r st ä n d e des älte-
ren Rechtes in das Reichsrecht.

Den Kommissionsbericht erstattete Abg. Obkircher (nl.).
Er beantragt Annahme des Entwurfs in der von der Ersten
Kammer beschlossenen Fassung.

Ministerialpräsident Freiherr v. Dusch dankt der Kom-
mission dafür, datz sie die Bedenken gegen die von der Ersten
Kammer getrosfenen Aenderungen zurückgestellt hat. Die
Praxis werde sich bezüglich der erhobenen Zweifel zu helfen
wissen.

Der Entwurf wird einstimmig en dloc angenommen.

Abg. Binz (Natlib.) berichtet sodann über den Gesetz-
entwurf betreffend die Fahrnisversicherung. Die
Aenderungen, welche der Entwurf an dem bestehenden Gesetz
vornimmt, sind nicht bedeutend; sie wurden veranlatzt durch
das neue Reichsgesetz. Die Kommission beantragt dem Ent-
wurf, wie er aus der Ersten Kammer hervorgegangen ist, zu-
zustimmen.

Abg. Geck (Soz.) wünscht Verstaatlichung der Mobiliar-
versicherung. i

Abg. Mampel (Ant.) stimmt dem Entwurf zu.

Minister Schenkel legt die Gründe dar, welche die Re-
gierung zur Ausarbeitung des Entwurfs veranlatzten.

Abg. Hofmann (Dem.) fragt an, ob auch eine Ueber-
versicherung angenommen werden kann, wenn die alte Ver-
sicherung verlängert wird.

Ministerialrat Seub ert erwidert, datz in dieser Richtung
wohl keine Schwierigkeiten entstehen werden. Grundsätzlich
werde allerdings bei einer Prolongation eine polizeibehördliche
Prüfung einzutreten haben; die Behörde werde aber zweifel-
los die besonderen Verhältnisse berücksichtigen, so datz eine
chikanöse Belästigung nicht zu befürchten ist.

Abg. G e ck (Soz.) kann gar keine Erleichterungen im
Gesetz finden und bittet um Ablehnung der Vorlage.

Das Gesetz wird mit allen gegen 3 Stimmen (Geck, Geis
nnd Kramer) angenommen.

Abg. A r m b ru st e r (Zentr.) berichtet über den Gesetz-
entwurf betreffend die wandelbaren BezügederNotare.
Er beantragt, den Entwurf mit geringen Aenderungen en bloc
anzunehmen, was nach kurzen Ausführungen des Minister-
Präsidenten Freiherrn v. D u s ch und des Abg. Neuwirth
geschieht.

Schlutz der Sitzung halb 7 Uhr. Morgen: Gesetz betreffend
Fürsorge für Beamten und betreffend Erbauung der Bahnen
Oberschefflenz nach Billigheim nnd Biberach-Oberharmersbach
und Petitionen. _

Preuße«.

— Ileber des Eisenbahnministers Budde
Mstammung ünd Familie werden der „Tgl. Rundschau"
von einer ihm nahestehenden Seite folgende Angaben
geniacht: Budde ist der Sohn des verstorbenen Profes-
sors Budde in Bensberg (Kadettenhaus) und ein Enkel
des Konsistorialrates Budde in Düsseldorf, entstammt
also auch wie sein Borgänger mittelbar dem evangelischen
Pfarrhause. Minister Budde hat drei Brüder, von denen
der älteste Oberingenieur bei Krupp ist. Der zweite ist
Professor der Theologie in Marburg und der dritte, bis
vor kurzem Geh. staatsrat in Sonderhausen, ist jetzt
bei einem großen Bankinstitut in Berlin thätig. Mini-
ster Budde ist (in zweiter Ehe) mit der Tochter des ver-
storbenen Rechtsanwalts Heyland in Jserlohn vermählt
und hat drei Kinder.

Aus der Karlsruher Zeituug.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dem Mitgliede der Freiwilligen Feuerwehr Staufen, Hafner-
meister Karl Th. Keller daselbst, das Ehrenzeichen für
40jährige treue Dienste bei der Freiwilligcn Feuerwehr ver-
liehen.

— Regierungsbaumeister Bahnbau-Jnspektor Christiau
Lehmann in Frciburg wurde nach Kehl versetzt und mit
der Wahrnehmung der Geschäste des Vorstandes der Hafen-
Lauinspektion daselbst betraut, Steuerkontrolleur Georg G e r-
sr e n k o r n in Karlsruhe wurde zum Hauptamtsassistenten
ernannt und nach Heidelberg verseht. Steuerkontrolleur Karl
Ulfeld beim Finanzamt Sinsheim wurde zum Hauptsteuer-
amt Karlsruhe versetzt.

Karlsruhe, 30. Juni. Gestern, Sonntag, Vor-
Mittag 10 Uhr fand in der Schloßkapelle in Baden
evangelischer Gottesdienst statt, in welchem Hofprediger Fischcr
die Predigt hielt. Die Höchsten Herrschaften nahmen mit
Jhren Hausgenossen daran teil. Um ihalb 1 Uhr traf
Prinz Max ein und kehrte nach 4 Uhr nach Karlsruhe
zurück. Zur Frühstückstafel waren verschiedene Einladungen
Lrgangcn. Gestern Abend fuhren der Großherzog und die
Großherzogin nach Lichtenthal und besuchten den ConveNt
Les Klosters. Jn der dortigen Kirche trugen die Lehr-
srauen einen das Regierungsjubiläum des Großherzogs be-
ireffenden Gesang vor. Hierauf wurde dem Waisenhaus
rioch ein kurzer Besuch abgestattet. Bei der Heimfahrt be-
suchten Jhre Königlichen Hoheiten auf der Friedrtchshöhe,
vormals Annabcrg, den Peters'schcn Gasthof und Pension
mnd ließen sich vom Besttzer durch die Räume des Hauses
führen, wobei dieselben an dem schönen Abend die herr-
liche Aussicht genossen. Die Großberzoglichm Herrschaften
verließen sehr befriedigt das vortrefflich eingerichtete HauS
mit dem Wunsche, es möge ein erfolgreicher Luftkurort
werden. Heute früh 7 Uhr 52 Minuten begaben sich der

Großherzog und die Großherzogin nach Karlsruhe. Der
Großherzog nahm von 10 Uhr an die Vorträge des Staats-
winisters von Brauer, des Finanzministers Dr. Buchen-
berger und des Ministers des Jnnern Dr. Scheukel entgegen.
Nachmittags halb 3 Uhr folgten die Vorträge des Ge-
heimerats Freiherrn von Dusch. Um halb 4 Uhr empfing
Seine Königliche Hoheit den Geheimcrat Professor Dr.
Czerny von der Universität Heidelberg, welcher Seiner
Königlichen Hoheit den Orden seines verstorbenen Schwieger-
vaters, des Gebeimerats Dr. Kußmaul. zurückreichte.

Die Megierung üöer das Wrojekt einer
direkten Bokßahn Keidelöerg-Weint-eim.

Nach dem uns jetzt vorliegenden gedruckten Bericht des
Abgeordneten Weygoldt hat die Regierung in der Kommission
der Zwelten Kammer bezüglich des oüen erwähnten Bahn-
projektes ausgeführt:

Die schmalspurige Nebenbahn ist seiner Zeit auf Anregung
der Stadt Heidelberg, der an der Bergstratze gelegenen Orte
und der Handelskammer gebaut worden. Der Staat hat sich
mit einem Beitrag nicht beteiligt. Die Bahn hat in der ersten
Zeit besondere finanzielle Erfolge »icht gehabt, weil es sich
überwiegend nur um einen Personenverkehr handelte. Ren-
tabel wurde sie erst, als die Porphhrbrüche in Dossenheim und
Schriesheim mehr in Aufnahme kamen, die weithin Strahen-
schottcr liefern.

Weil die Bahn durch Neuenheim uitd Hetdelberg geht imd
die vielen Schotterzüge selbstverständlich für diese Orte sehr
beschwerlich sind, hat sich die Gesellschaft entschlossen, die be-
stehende Bahn dem Personenverkehr vorzubehalten und für
den Schotter-, bezw. Güterverkehr eine besondere normal-
spurige Linie anzulegen. Dieselbe soll bei Schriesheim be-
ginnen, von da sich nach Dossenhetm ziehen, dann die Ortc
Handschnhsheim und Neuenheim links liegen lassen und über
eine von der Gesellschaft zu erbauende neue Neckarbrücke in
den Heidelberger Güterbahnhof einmünden. Die Staatsgc-
nehmigung ist noch nicht erteilt, weil ein Einverständnis nur
mit den Laüdgcmeinden, dagegen noch nicht mit der Stadt
Heidelberg erzielt ist.

Erhebliche Klagen über dcn Betrieb der jetzigen Neben-
bahn sind der Großherzoglichen Regierung bis jetzt nicht vor-
getragen worden. Die Gesellschaft hat die Neckarbrücke, über
die sich die Bahn bewegt, mit einem Kostenaufwand von
S0 000 Mark verstärken lassen. Es ist dadurch möglich gewor-
den, zu jedcr Jahreszeit, ausgenommcn eine Winterkälte von
8—10 Grad, Schotterzüge die Brücke passieren zu lassen.

Die Beschwerden bezüglich des Obsttransportcs sind un-
begründet. An der Bergstratze wird nur feines Obst gezogen,
das in Körben verschickt wird und auch mit der Rebenbahn ver-
schickt werden kann. Die Umladegebühr beträgt 2 Pf. für
100 Kilo und 2 Mart für den Wagen und kommt sonach nicht
in Betracht.

Würde die angestrcbte Vollbahn vom Staate gebaut, so
würde sie für den Lokalverkehr nicht benutzbar gemacht werden
können; die Nebenbahn müßte also als unentbehrlich fortbe-
stehen.

Die Behauptung, datz Heidelberg Mangel an Schnellzügen
habe, wird durch den Blick in den Fahrplan widerlegt. Die
weitere Behauptung, datz Man durch die angestrebte Bahn die
kürzeste Durchgangslinic gewinnen werde, ist nicht stichhaltig.
Die Linie Weinheim-Schwetzingen-Karlsruhe hat 67,8 Kilo-
meter und Weinheim-Friedrichsfeld-Heidelberg-Karlsruhe
78,3 Kilomctcr. Die direkte Linie Weinheim-Schriesheim-
HeideDerg-Karlsruhe hätte 71,8 Kilometer. Schwetzingen
bleibt alsö in allen Fällen die türzeste Verbindung. Allerdings
würden auf der angestrebten Linie die Schnellzüge S und dre
internationalen Züge 3—4 Minuten früher in Heidelberg
ankommen als über Friedrichsfeld; allein deshalb g'iebt man
nicht ungefähr 6 Millionen für eine neue Bahn aus; denn so
hoch käme wohl die Bahn einschlietzlich des Bahnhofumbaues in
Weinheim zn stehen.

Die angestrebte Bahn hätte für die Orte an der Berg-
stratze nur geringen Vortcil, denn sie mützte, um in den künfti-
gen Heidelberger Bahnhof einzulanfen, schon bei Leuters-
hausen, jedenfalls aber bei Dossenheim abzweigen nnd würde
Wieblingen in ersterem Falle links, im anderen rechts liegen
lassen. Für Ladenbnrg und Mannheim wäre fie aber offen-
bar geradezu nachteilig. Umgekehrt wäre es ein Unglück für
Heidelberg, ja für das ganze Land, wenn nach Durchführung
des Projektes etwa Preußen nnd Hessen sich entschlietzen soll-
ten, die schon im Jahre 1888 in Ausficht genommene Linie
Darmstadt-Vickenbach-Mannheim zu bauen und damit den
Verkehr über den Rhein zu tenken.

Dazu käme die schwierige Betriebsfrage. Wie die Dinge
liegen, könnte ber Betrieb wahrscheinlich nicht vom badischen
Staate, sondern nur von der Main-Neckar-Bahn besorgt wer-
den.

Aus allen diesen Gründen ist die Grotzh. Regierung nicht
für die angestrebte Linie Wcinherm-Schriesheim-Heidelberg.

Die Komnrission hat dcmgegenübcr die Anschamrng gewon-
nen:

Man tann den Ban der Linie Weinheim-Schrresheim-Hei-
delberg nicht mri dcr Begründnng verlangen. datz der alie,
weltbctannte Friedrichsfetder Fehler nnn endlich gut gemacht
werden müsse. Die MainNeckar-Bahn ist da nnd durch
Staatsverträge garantiert; daran tätzi sich nichts mehr ändern.

Es kann der Bahnbau auch nicht mit der Befürchtung
bcgründet Iverden, datz Heidelberg dnrch die Ablentnng der
grotzen Durchgangszüge über Schwetzingen Cinbntze an seinem
Fremdenvcrtehr erleiden werde. Bcgründen lätzt sich aber die
Bahn ans den örtlichen Bedürfnissen herans. Begründen lätzt
fich der Wnnsch nach einer staatlichen Bollbahn auch durch den
Hinweis auf den dcrzeitigen Verkehr auf dieser Strecke. Be-
gründcn lätzt sich endlich der Wunsch nach einer Vollbahn dnrch
den Hinweis anf die stetige Steigerung des Weliverkehrs.
Die Kommission siellt demgemätz den Antrag:

Das Hohe Hans wolle die vorliegenden Peiiticmen der
Olrotzh. Regierung in dcm Sinne empfehlend überweisen, datz
die Konzession zur Crbaunng einer privcrten Vollbahn von
Heidelberg nach Schriesheim nicht erteilt, diese Bahn viel-
mehr dnrch den Staat selbst erbaut und betrieben wird.

Aus Stadt und Land.

Heidelb erg. 1. Julr.

-r- Dentscher Abend. Freitag, dcn 11. Juli, wird im
Städtischen Saalbau ein „Deutschcr Abend" abgehalten wer-
dcn. Professor Dr. Rathgen von der Universität wird einen
Vortrag halten über „Den deutschen Kaufmann von Ostasien".
Professor Rathgen war acht Jahre Professor der Volkswirt-
schaftslehre an der Universität in Tokio. Er hat Gelegenheit
gehabt, eine ganze Reihe ostasiatischer Plätze, die für den
Handel eine grotze Bedeutung haben, kennen zu lernen. Der
Vortrag wird daher ein hervorragendes Jnteresse haben nnd
man darf erwarten, datz er zahlrcich besucht werden wird.

X Fernsprcchverkvbr. U h i n g e n in Württemberg ist
zum Fcrnsprechverkehr mit Heidclberg zugelassen. Gebühr
SO Pfennig.

Ein Ailialbureau der Evangelischen Kirchenbauinspektion,

die ihren Sitz hier in Heidelberg hat, soll in Mannheim er-

richtet werden, und zwar im Parterrestock des Psarrhauses
G 4, S.

S. Die Ausstellung in Armenien angefcrtigter Handsticke-
reicn, welche heute mit Etntrtti der Dunkelheit gcschlossen wird,
bietet dcs Sehenswerten gar vieles. Reich ist besonders die
Auswahl an Teppichen, die von kletnen Schreibtisch- oder
Chaisclongueborlagcn üis zu den schönsten Salonteppichen in
ihren satten Farbenzusammenstellungen und Weichheit selbst
den verwöhntesten Fützchen etnen angenchmen Untergrund bie-
ten. Sehr rcichhalrig ist aber auch die Abteilnng Decken. Vom
kleinsten Tablertdeckchen bis zum grötzten Prunkstück decken-
artrger Gegensrändc muß der Beschauer die sorgfältige Arbeir
kunstfcrtiger Hände bewundern, die bei reichlicher Verwendung
echten Goldes und Silbers wahre Prachtstücke geschafsen haben.
Recht wohlthuend wirkt auch hier die Zusammenstellung der
Farben im Gegensatz zu vielen modernen Handarbeiten. Sovha-
kissen, Pompadour, Gürtel, Schuhe u. a. m. ergänzen die Aus-
stellnng. Dic gcforderten Preise sind unglaublich billrg gestellr.

Bersetzt nach Mannheim wurde der seit einer langen
Reihe von Jahren hier stationierte Polizeiwachrmeister B i r n-
stihl. Herr Birnstihl hat sich durch sein freundliches, takt-
volles Aufrreten allgemeine Achtung erworben, so datz man
ihn ungern scheiden sieht.

Bcsitzwcchscl. Von Fran Dr. Kranz Wwe. in Wies-
baden kaufte Hcrr Tünchermetster Georg Hauck das Rohr-
bacherstratze 12 gelegene Hausgrundstück mit Garten zum
Preise von Mk. 132 000.

X Eisciibabmnrfall. Als vcrgangene Nacht der Güterzug
Nr. 748, welcher kurz nach 1 Uhr ans Würzburg hier ein-
trifft, durch den Tunnel fuhr, ritz eine Knppelung, so datz
der aus 60—70 Wagen bestehende Zug sich in zwei Teile
trennte. Beim Bahnübergang an der Rohrbacher Stratze fnhr
der hintere Zugteil auf den vorderen auf, durch den Anprall
wurde der vorderste Wagen aus dem Geleise geworsen und
zertrümmert, vier weitere Wagen stark beschädigt. Personen
sind nichr zu Schaden getommen. Der Materialschaden ist sehr
bedeutcnd. Heute früh S Uhr war das Bahngeleise wieder
bon den Trümmern freigemacht.

" Unglückssall. Der ledige, 19 Jahre alte Hch. Baumann
von Sandhausen, welcher als Regulierer bei der Bahn bedien-
stet ist, wollte gestern mit dem nm 8,28 Uhr abends von hier
in der Richtung nach Wiesloch abgehendcn Lokalzug nach
Hause fahren. Jn Sandhausen geriet er durch nnvorsichtiges
Abspringcn vom Wagen unter die Räder, die ihm beide Fütze
abdrücktcn. Er wurde nach Heidelberg ins Akademische
Krankenhaus verbracht, wo ihm beide Berne amputiert wnrden.
Jm Lause der Nacht erlöste der Tod den jungen Mann von
seinen schweren Leiden.

-s- Nnglücksfall. Hente Vormittag stürzte die Sjährige Ba-
bette Gais aus dem dritten Stock des Hauses Krahnengasse
Nr. 15. Das bedanernswerte Kind erlrtt autzer ciner starten
Verletzuug des Kopfes einen Oberschenkelbruch und einen
Beckenbruch.

X Handschuhshcim, 30. Juni. (Waldfest.) Das gestern
bom hiesigen Turnverein veranstaltete Waldfest war voM
herrlichsten Wetter begünstigt. Um halb 3 Uhr begab sich der
Verein unter Vorantritt der hiesigen Feuerwehrkapelle nach
dem Festplatz oberhalb des schön gelegenen Siebenmühlen-
thales, wo sich alsbald ein reges Leben und Treiben ent-
wickclte. Die vorgeführten turnerischen Uebungen wurden
mit grotzem Beifall aufgenommen, besonders die Stabübungen
und das Keulenschwingen. Jm- Preisturnen, Fünfkamps'
gingen als Sieger hervor:: Den 1. Preis bei den TurnerN
M. Nägele, den 2. Preis H. Grieser, 3. E. Beckenbach, 4-
I. Neureither, S. P. Schützler I, 6. H. Fischer; bei den Zög-
lingen: den 1. Preis H. Grün, 2. L. Schmitt, 3. Fr. Klemm,
4. I. Weber, S. P. Schützler II, 6. L. Fontius. . Am Abend
fand sich die Turnerschar zu einem Konzert tn ihrem Lokale
„Znr Traube" zusammen.

Z Schatthausen, 1. Jnli. (Der Turnverein
F r o h s i n n) von hier machte am vergangrnen SonntaN
anläßlich der Fahnenweihe des Turnvereins in Michelseld mit
Damen eine Turnfahrt dorthin. Der Verein beteiligte sich an
dem Wettturnen des Gauturnfestes und errang einen dritten
Vereinspreis. Beim Einzelwetttnrnen fielen zwei Preise deM
Turnverein Frohsinn zu.

Mannhcim, 30. Juni. (DasDefizit der land-
wirtschaftlichen Ausstellung) wird mehr als
1S0 000 Mark betragen. Die Deutsche Landwirtschafts-Ge-
sellschaft pflegte sonst bei ihren Ausstellungen mit einem Defj^
zit von ca. 60 ÖOO Mark zu rechnen, hatte aber bei der günst^
gen Lage und dem ganzen wirtschaftlichen Betriebe Mannheiists
gehofft, gerade hier ein günstigeres Resultat zu erzielen. DE
abnorm schlechte Witterung hat diese Hoffnung leider ver-
eitelt.

SL. Biannhcim, 30. Juni. (Ve r s ch i e d e n e s.) Äus
Ansuchen dcs Komitees zur Errichtung einer H e i l a n st a "
für weibliche Lungenkrante aus Mannheim idi
Schriesheimer Thal beschlotz der Stadtrat, für dieses Unter^
nehmen 20 Anteilscheine zu je 1000 Mark auf die Stadtg^
meinde zn übernehmen. — Fran Elise Ladenburg übergau
dem Stadtrat 10 000 Mart als Zustiftung zu der schu/'
langst bestehenden Ladenburgschen Stiftung, deren Reinve^
mögen nunmehr anf ca. 2S0 000 Mk. angewachsen ist. —
Güterverkehr in den Alt-Mannheimer Häfen hielt st^
im Mvnat April mit 409 000 Tonnen fast genau auf ^
vorigjährigen Höhe, dagegen konnte der Rheinauhafen seiue"
Vertchr mehr als vcrdoppeln und hat in den ersten vier
naten des Jahres bereits einen Berkehr von rund 260 OO^
Tonnen. — Einen starken Jmpuls hat die Bauthätigs
keit erhalten, welche 43 (April 1901: 19), Wohngebäst^
mit 310 (April 1901: 133) Wohnungen erstellte. Der
genschaftsmarkt hat sich sehr belebt. Es wurden für 3,1
Millionen Mark Mngesetzt, das heitzt für fast dreimal so vE/
als im Vorjahr und nm eine Million mehr, als im März-
Gestern Nacht wurde in Waldhof der Heizer Wilhelm
bon dem 21jährigen Schmied Leonhard Heidenreich durch eiuc
Stich in die linke Brustscste so schwer vcrletzt, daß er

2 Uhr g c st o r b e n ist. Der Thäter ist verhaftet.

Einwohncrzahl Mannheims betrug Ende April 146 372
sonen.

— Die Angestellten der städtischen Strahenbahn huu.x
bekanntlich beabsichtigt, unmittelbar vor der Eröffnnng ^
Landwirtschaftlichen Ausstellung in den Streik zu treten,./.-^
die Stadtgemeinde zu zwingen, den Angestellten vertragsmstv.^
sofort bei Beginn der Dienstzeit die etatmätzige Anstellung.s^^
zulegen. Der Stadtrat erlietz nun eine Erklärung, worio -
sich iveigert, mit dem Verbande der Angestellten zu unw^
handeln, so lange dessen Vorsitzender, ein in der Neckarvorst
wohncnder Wirt, nicht zu den städtischen Bediensteten zähÄ
berweist die Antragsteller auf den bestehenden Ausschuß,
er durch freie Wahl der Beteiligten bestellt wurde nnd
berufene Organ sei, die Wünsche 'der Strahenbahnangests^^^
zur Kenntnis der städtischen Behörden zu bringen. Äcmi
gemachten Erhcbungen seien übrigens nirgends die derhmt ^ ,
des Stratzenbahnpersonals besser und günstiger als in
heim. Tin Anlatz zur Neurcgelnng liege daher nicht vm'- .

SO. Karlsruhe, 30. Juni. (Eine ft a a i.l
T r i n k e r h e i l a n st alt) wird von der Regierung )p
vom Ministerium des Jnnern wie auch vom Ministerium
^ustiz ats ein sehr dringendes Bcdürfnis bezeichnet.
Erhebungcn, die vom Ministerium des Fnnern über "te
breitung der Trunksucht in unserem Lande veranlaßt wu-
 
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