Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0046

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
in diesem Silinc gemacht; dic andcren Parteien werden in
diescm Wettlanf nicht zurückbleiben können. Aber auch die Re-
gierung hat sich unnötig gebunden. Jn den 18 Monaten bis
zu den nächsten Wahlen können noch viele unvorhergesehene
Ereignisse einrrcten, die die Regierung zu einer Aenderung
ihrer jetzigen Haltung bestimmen ko'nnen, und man fragt sich,
tvarum sie sich jetzt schon festgelegt hat? Muh man die Oppor-
tunität der Schenkelschen Rede bom polirischen StaNdpuntt
aus mit cinem Fragezeichen versehen, so mus; man auf der an-
deren Seitc vom Standpunkt der Ehrlichkeit und Wahrheits-
liebe derselben uneingeschränkte Anerkennung zollen. Dr.
Schenkel hat es verschmäht, dic Parteien im Ungewrssen zu
lassen, sic gewissermatzen mit verbundenen Augen zur Wahlurne
zu führen. 'Er hat dem Ministerium den Namen der „Gerad-
heit" vcrdicnt, wenn auch in auderer Weise, als Wacker ihm
diesen Titel in Aussicht stellte. Eine weitere Frage ist aber die:
Wenn nun cin Bruch zwischen der Regierung und dem Zentrum
unvermeidlich ist, werden dann die schon unterwegs befindlichen
Männerrlöster doch kommen, odcr werden sie nun wie eine
Fata Morgana vorbeiziehen?

2. Karlsruhe, 6. Juli. Einparlamentarischer
Abend fand gestern bei Staatsminister von Brauer statt.
Bei dem herrlichen Wetter wurden die Gäste — außer
zahlreichen Abgeordneten beider Kammern waren sämtliche
Minister und verschiedene hohe Beamte erschienen — im
Garten des Ministeriums empfangen, wo dieselben bis nach
11 Uhr in angeregtesten Gesprächen verweilten.

Madischer Landtag.

L.6. Karlsruhe, 5. Juli. (124. Sitzung der
Zweiten Kammer.) Präsident Gönner eröffnet die
Sitzung gegen VslO Uhr.

Das Haus tritl safort >n die Tagesordnunp ein.

I^Beratung der Berichte der Kommission für Eisenbahnen
und Stratzen über a) die Bitte einer Anzahl Fabrikanten und
Geschäftsleute in Ettlingen, den Einbezug der Lokalbahnstation
HolFhof in dic direkten Gütertarife für Wagenladungen be-
treffeitd.

Abg. Köhler (Zentr.) erstattet Bericht.

Präsident Gönner:: Es ist ein Antrag, unterzeichnet
bon den. Abgeordneten Wacker, Lauck und Heimburger, auf
empfehlende Ucberweisung eingegangen. Abg. Wacker
^(Zentr.) begründet den Antrag. Es sei immer Tradition ge-
wesen, derartigen Wünschen möglichst freundlich gegenüber
zu steheu und in jeder Beziehung Erleichterungen zu schaffen.

Die Abgeordneten Eichhorn (Soz.) und Blüm-
mel (Zentr.) sprechen sich im Sinne des Vorredners aus.
Der Antrag Wacker und Genossen wird mit allen gegen vier
'Stimmen angcnommen.

, b) Die Bitte der Gemeinden Oehningen n. a. um Bewilli-
tzung von Mitteln zur Erstcllung .einer Verkehrsgelegenheit
durch die Höri nach Radolfzell, für eine elektrische Automobil-
bahn mit Luftleitung ohne Geleise.

Abg. B l ü m m e l (Zentr.): Jn der vorliegenden Peti-
tion wevden im Ganzen 122 OOO Mark aus üffentlichcn Mit-
teln zur Erstellung einer geleislosen elektrischen Automobilbahn
mit oberirdischer Stromleitung erbeten, ivelche durch die Höri
über Moos-Bohlingen geführt werden soll. Zur Begrün'dung
führen die Petenten an, datz die Gegend dringend einer lei-
ftunggenügenden regelmätzig geordneten und auch oftmaligen
Werkehrsgelegenheit bedürfe, um mir der Staatsbahn einer-
seits und andcrerseits mit dem Markt-Ort, dem Sitz des
Amtsgerichtcs, Notariats, Forftamtes und der Steuerbehör-
den, Wöhnstätte des Bezirksassistenzarztcs und Bezirkstier-
arztes, der Stadt Radolfzell, der wirtschaftlichen Zentrale in
Werbindung gebracht zu werden. Es zeigten sich alle die Er-
scheinungeu, welche Mangel an Verkehrsgelegenheit im Ge-
folge hat. Keine Jndustrie entwickelt sich, die Bevölkerungs-
ziffer geht zurück und die Steuerkapitalien einzelner Orte
zeigen erhebliche Rückgänge. Nach Prüfung der Angelegen-
heit ist die 5iommission zu dem Antrag auf Ueberweisung an
Lie Regierung zur Kenntnisnähmc gelangt.

Abg. Gietzler (Zenir.) befürwortet die Petition. Das
Projekt schaffe für die Gegend cin Verkehrsmittel, das Ersatz
für eine Bahn biete. Eine solche könne der geographischen
Lage wegen nicht erstellt werdeu, die Folge sei abnehmender
Werdicnst und Landfluchi.

Die Abgeordneten K i st (Natlib.) und Greiff (Natl.)
sprechen sich ebenfalls zustimmend zu dem Projekt aus. Die
Regieruug möge eine staatliche Subvention geüen.

Geheimrat Heil: Die Regierung steht auf dem StanL-
punkte ernstlicher, aber vorsichtiger Prüfung. Diese ist noch
uicht abgeschlossen, ivas verständlich ist, iveil die Frage erst
vor zwei Monaten an uns herangetreten ist. Die Verwirklich-
ung des Projektes bedinge eine besondere Befestigung der
Straßen, die Kosten würden daher eine ganz bedeutende
Höhe erreichen.

Der Kommissionsantrag wird angenommen.

c) Die Bitte der Stadrgemeinde Bretten, den Bahnhofum-
bau in Bretten betreffend.

Abg. K ist (Natlib.) berichtet.

Die Kommission beantragt Ueberweisung an die Regierung
zur Kenntnisnahme.

Der Kommissionsantrag wird nach kurzer Diskussion an-
genommmen.

ä) Die Bitte des Gemeinderats in Mühlbach um Erbau-
ung einer normalspurigen Nebenbahn von Eppingen nach
MLHlbach.

Wg. Greiff (Natlib.) erstattet Bericht. Die Kom-
missioii cmpfichlt Ueberweisung an die Regierung zur Kennt-
nisnahme.

Die Abgeordneten B urkhard (B. d. L.) und Neu-
wirth (Natlib.) äuhern sich im Sinne der Petition.

Der Kommissionsantrag gelangt zur Annahme.

2. Beratung des Berichts der Budgetkommission
über die Petition von badischen Postbcamten, sowie des seiner-
zeit in den Reichsdienst übergetretenen Steueraufsehers a. D.
Koch, die Beitragsleistung zur Beamtenwitwenkasse betreffend.

Äbg. Hoering (Natlib.): Jn einer Eingabe von
Heidelbcrg, die von 36 Postbeamten, in einer ebensolchen von
Freiburg, welche von 11 Postbeamten nnd in einer dritten,
tvelche von Konstanz datiert und von 9 Postschaffnern unterzeich-
uet ist, bittcn die betreffenden Beamten um Äufhebung der Wit-
wenkassenbeiträge auch für die im Reichspost- und Telegraphen-
dienst befindlichen badischen Staatsbeamten und ersuchen, diese
rhre Bitte dcr Groherzogl. Badischen Regierung empfehlend zu
überweistn. Der Petition ist eine eingehende Begründung
beigegeben. Nach Prüfung derselben kam die Kommission
zu dem Antrag, das Haus möge die Petitionen der Postbeamten
der Regierung zur Kenntnisnahme überweisen, dagegen über
die Petition des Stcueranfsehers F. Koch in Kuppenheim zur
Tagesokdnung ubergehew__

wurde, als er einen Berg hinabfuhr, bei Gloversville, wo die
Steigung 1000 Fuh per englische Mcile beträgt, unlenffam.
Er geriet ins Rasen und stietz mit einem entgegenkommenden
Wagen zusammen. Beide Wagen stürzten mehrere 100 Futz
tief hinab. 18 Personen sind t o t, 29 v e r l e tz t.

— Kopenhagen, 4. Juli. König Oskar hat dem Forscher
Sven Hedin den Adel verliehen fferner hat der König dem
Zaren für die Hedin geleistete Hilfe telegraphisch gedankr.

Das Haus beschlietzt demgemätz ohne Debatte.

Die Tagesordnung ist damit erledigt, woranf die Sitzung
nm 11 Uhr geschlossen wird.

Nächste Sitzung: Montag, Nachmittag 4 Uhr.
Tagesordnung: Petitionen.

Karlsruhe, 5. Juli. Der Großherzog wird
den Landtag nächsten Donnerstag, 10. Juli, schließen.
Die „Karlsruher Zeitung" veröffentlicht das Programm
der feierlichen Schließung.

L. 6. Karlsruhe, 4. Juli. Bezüglich der Gesetzes-
vorschläge der Abg. Dreesbach und Gen. betr. die Er-
richtung eines Arbeitsamtes und einer Arbeiter-
kammer, sowie eines Wahlgesetzes fnr die Arbeitskammer
ist die Sonderkommission der II. Kammer mit allen gegen
2 Stimmen — bei einer Stimmenthaltung — zu dem
Ergebnis gelangt, daß es sich nicht empfehle, einer
materiellen Erörterung des Gesetzentwurfes näher zu treten,
da es nicht Aufgabe der Landesgesetzgebnng sein könne, auf
dem hier sraglichen Gebiete mit organisatorischen Maßnahmen
in einem Augenblicke vorzugehen, in dem vonseiten der
maßgebenden Faktoren der Reichsgesetzgebnng, insbesondere
des Reichstags, die Durchführung dieser schwierigen ge-
setzgeberischen Aufgabe für das ganze Reich in Angriff
genommen ist. _

Bahern.

— Jn Sachen des Konfliktes des bayerischen
Unterrichtsministers von Landmann mit dem Senat
und den Professoren der hiesigen Hochschule war am 4. d.
der Ministerpräsident Graf Craisheim zum Regenten
befohlen. Soweit wie die Sache sich jetzt übersehen läßt,
wird von Landmann aller Wahrscheinlichkeit nach seine
Entlassung einreichen und diese voraussichtlich erhalten.
Sein Nachfolger soll Oberstaatsamvalt Friedrich Müller
sein. Obgleich der Prinzregent ohne jede Beeinflussung seine
Entscheidnng zu treffen pslegt, ist dennoch das Verbleiben
des Dr. Landmann im Amte wohl deshalb kaum zu er-
warten, weil die überwiegende Mehrzahl der Professoren
der Universitäten in Würzbnrg, Erlangen und auch München
sich auf Seite des Würzburger Senats gestellt hat.

— Die „Neue Freie Presse" veröffentlicht eine Zuschrift
des Professors Chroust von der Würzburger Uni-
versität, in der er entschieden dagegen protestiert, der
tschechischen Nation anzugehören. Er sei trotz des slavischen
Namens von deutschen Eltern in Graz geboren uud be-
kenne sich als Angehöriger des deutschen Stammes. Ebenso
müsse er den Vorwurf eines Ruhcstörers und Ultramontanen
entschieden zurückweisen. Wer ihn kenne, müsse bezeugen,
daß er natiorial und liberal, allerdings uicht national-
liberal sei.

Prevße«.

— Der Krakauer „Czas" veröffentlicht eine Er-
klärung der polnischen Mitglieder des Posener
Provinziallandtagesan den kaiserlichen Hofmarschall,
die das Fernbleiben der Polen vom Empfang des
Kaisers in Posen begründet. Die Polen seien durch die
neuen Forderungen und durch die vom Kaiser erhobenen
Anschuldigungen tief gekränkt und würden mit ihrer Trauer
alle Empfangsfreude stören. Sie fühlten sich nicht schnldig
und wollten trotz aller feindseligen Verordnungen auch
künftig treue Unterthanen des Kaisers setn.

Aus der Karlsruher Zeitung

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dem Vorstand des Geheimen Kabinets, Geheimen Rat Doktor
Hugo Freiherrn v. Babo, die Erlaubnis zur Annahme und
zum Tragen des ihm verliehenen Grotzkomthurkreuzes des
Verdienstordens der Bayerischen Krone erteilt.

Karlsruhe, 5. Juli. Die Großherzoglichen Herr-
schaften haben gestern Abend den Besuch in Rothensels
bei schönstem Wetter ausgeführt und sind erst spät wieder
in Schloß Baden eingetroffen. Heute Vormittag nahm
der Großherzog in Schloß Baden verschiedene Vorträge
entgegen und empfing gegen 12 Uhr den Generalmajor
z. D. Fritsch, welcher sich als Präsident des Badischen
Militärvereinsverbandes meldete. Der General nahm an
der Frühstückstafel teil, zu welcher eine größere Zahl Per-
sonen aus der näheren nud ferneren Umgegend Einladungen
erhalten hatten.

Ausland.

Schweiz.

Bern, 5. Juli. Die schweizerische Depeschenagentur
meldet: Die Regierung des Canton Bern faßte einen Be-
schluß, welcher Professor Vetter bestimmen dürfte, sein
Entlassungsgesuch zurückzuziehen. Professor Vetter
verlangte seine Eutlassung, weil er glaubte, die Regierung
würde ihn maßregeln. Der Regierungsrat teilte ihm je-
doch mit, daß diese Boraussetzung unzutreffend sei, und
daß deshalb die Zurückziehung deS Entlassungsgesuches er-
wartet werde.

Frankreich.

Paris, 4. Juli. Dem Vernehmen nach wird der
Finanzminister Rouvier am nächsten Dienstag in der
Kammer einen Gesetzentwurf über dte Umwandlung
der 3'/,prozentigen Rente in Zprozentige vorlegen.
Die Regierung verpflichtet sich, weder diese neue noch die
alte Zprozentige Rente vor Ablauf einer noch nicht fest-
gesetzten Anzahl von Jahren umzuwandeln. Die Frist
schwankt zwischen 8 und 12 Jahren. Die neue Umwand-
lung ergibt eine jährliche Ersparnis von 35 Millionen.

Englaad.

London, 5. Juli. Heute wurden an verschiedenen
Punkten der Stadt eine halbe Million Arme vom
König gespeist. Prinz und Prinzesstn von WaleS be
suchten den Bischoskpark in Fulham, wo 14000 Arme
gespeist wurden; sie fuhren durch die Anlagen und gaben
ihrem Bedauern darüber Ausdruck, daß es dem Köntg un-
möglich sei, persönlich zu erscheinen. Sodann besuchten die
Herrschasten daS vom König gegebene Festmahl im Ostend.

Andere Mitglieder des Königshanses besuchten andere
Punkte d-r Stadt. Jn einem Schreiben an den Lord-
mayor wünscht der König frohen Verlauf des Mahles.

London, 5. Jnli. Wie verlautet, konferierte der
Ministerpräsident Lord Salisbury mit den Aerzten des
Königs über das Datum der Krönung. Die Aerzte
erklärten, vorausgesetzt, daß alles gut gche, könnte die
Krönnng frühestens am 2. Oktober stattfinden. Dieses
Datum werden die zuständigen Behörden eiustweilen in
Erwägung ziehen.

London, 5. Juli. Der heutige Bericht der Aerzte
lautet: Der König hatte wiederum eine ausg ezeichnete
Nacht, er ist heiteren Gemüts und fühlt sich oiel kcäftiger.
Wir freuen uns, mitteilen zn können, daß wir denKöni g
jetzt außer Gefahr erachten. Die Abendberichte
werden daher eingestellt werden. Dr. Treves, Dr. Laking,
Dr. Barlow.

Rußland.

— Die russtsche Regierung beschloß, inCharbin
(Mantschurei) ein Knabengyinnasium und ein Mädchen
gymnasium zu errichten.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 7. Zuli.

Wissenschaftliche Extürsion. Studierende der Univer-
sität Heidelberg besichtigten am letzten Samstag unter Führung
eines Dozenten die Maschincnfabrik Bopp u. Reuther in Wald-
hof bei Mamiheim. Ein Vortrag, zu dem die Firma reichliche's
Material geliefert hatte, bereitete die Besichtigung vor. Die
Einleitung wies anf die gewaltige Bedcutung der Jnöustrie
der Maschinen und Jnstrumente hin. Hiernach wurden die
Entwicklung der Fabrik und der Gang der Produktion er-
läutert; ferner die objektiven mid subjektiven Faktoren der
Produktiou: die Gebäude, Maschinen, Zirkutationsmittel und
befonders die Arbeiter in ihrer materiellen uiid aurorilativen
Lage. Die Besichtigung richtete sich zuerst auf die Hersrellung
der Btodelle uud verfolgte darauf das Formeu, Gießen, Putzen,
ferner Vorarbeiten und Zusammensetzen der Stücke. Zum
Schlutz wurden die zahlreichen Arbeiterwohnungen der Fabrik
besucht. — Das Unternehmcri ist in starkem Wachstum. Bei
seiner Gründung 1872 besatz es 15 Avbeiter und eine Maschine
von 8 Pferdekräften; jetzt beschüftigt es ca. 800 Arbeiter und
hat in Walldorf allein zwei Maschinen von 450, resp. 200
Pferdekräften. Die 'Löhne der einfachen Arbeiter (Taglöhner)
stiegen im Durchschnitt von 2,50 Mk. (1880) auf 3,20 Mk.
in 1902; im Nkkord vcrmögen diese Gruppeii 4—4,50 Mk.
zu erzielen. ---- Die Fabrik verdient freundlichcii Dank sür die
rege Unterstützung der Exkursion. Die oberste Leitung, der
technische Direktor, die Meister und Arbeiter waren zu jeder
Auskunft gerne bereit. Dauk ist auch der Stadtverwaltung
Mannheims zu sagen, wclche zwei elektrische Extrawagen nach
-dem Waldhof zu billigem Preise zur Verfügung stellte.

-t- Rudersport. Bei der gestrigen O b e r r h e i n i s ch e n
Regatta in Maniiheim beteiligte sich der Heidel-
berger Ruderclub an 3 Renncn und schnitt in jedem
rccht gut ab. Zm Anfangcr-Vicrer liefcn die Heidclberger cms
den zweiten Platz 2?/s" hinter Heilbronn, welches das Rennen
in der schnellen Zeit von ö'W*/-." gewann; im Endspurt
rückten die Heidelberger so sicher aus, datz sie beinahc noch die
Sieger eingeholt hätten. Drittes Boot war Frankenthal, viertes
Speyer. Jm Zweier-Rennen wurde die Maimschaft zweftes
Boot hinter Sachscnhausen, welches diesmal im Gegensatz zu
Frarikfurt, das Rennen energisch zu Ende führte und mir einer
guteu Länge gewann; drittes Booi war Stuttgart, ebeiffoweit
zurück. Die Ruder-Gesellschaft Heidelberg gab sofort nach dem
Start wegen Versagen eines Rollsitzes auf. Jm Hochschulpreis
starteten dic akademischen Mannschaften der beiden hiesigen
Rudervereine. Die Studenten des Ruderclubs uahmen vom
Start weg die Führimg, gingen mif der ersten Hälfte der
Bahn immer weiter weg imd hielten diesen Abstand sicher fest,
sodaß sie mit reichlich 4 Längen als Sicger durchs Zicl gingen.
Dadurch gewami der Heidelberger Ruderclub den von Sr. Kgl.
Hoheit dem Erbgrotzherzog gestifteten Herausforderungspreis
auf ein Jahr.

Die unglaubliche Geschichte, welche die „Frff. Ztg "
kürzlich aus hiesigeu studentischeu Kreiseu berichtete, euthält
insofern eincn Kern von Wahrheit, als der in der Rohrbacher-
stratze wohnende Studierende B. aus Karlsruhe versucht hat,
sich durch Oefsnen von Adern das Leben zu nechmen. Datz
die anderen Umstände zutreffen, ist uns bisher nicht bestätigt
worden. Allerdings wird die Möglichkeit zugegeben, datz es sich
so verhalte. Volle Bestütigung sei jedoch noch nicht vorhanden,
da die Betreffenden die Richtigkeit der Angabe der „Frff.
Ztg." in Wrede stellen. Untersuchung ist im Gange.

-i- Eine Schwindlcrin, die sich als eine englische Oberstfrail
ausgab und in einer hiesigen Pension wohnte, hat eine Anzahl
hiesiger Geschäfte durch Eiitnahme von Waren aiff Kredit urid
durch Aufnähme von Darlehen erheblich geschädigt. Man
spricht von einer Gesamtsumme von 30 000 Mk., welche die
Schwindlerin solcher Art hier erbeutet haben svll.

* Druckfehler. Durch Verstellen von Zeilen ist der letzte Teil
unseres Aufsatzes über Thoma am letzten Samstag sinnentstellt
wiedergegeben worden. Wir lassen deshalb die lctzten Sätze noch
einmal folgen: Durch irdischen Schmerz zum überirdischen
Frieden! Nichts leuchtet mehr lebhaft von weltlichem Leben m
diesem Bilde; kein Rot erglänzt. Nur nächtliches Blau und
Tiefbraun und verklärtes Hell fügen stch zum vollen tiefen Accorv
wie Glockenklang von Gralskuppel-Höhe. Kein Schrei der Ent»
rüstung, kein Ruf des Entsetzens, kein Ringen und heftiges
Aeußern des Schmcrzes — nur sanfte Ruhe, liebendes Sich-
neigen und Sichbemiihen, schmcrzgelöstes Ersterbcn. Ueber-
wunden!-

Wahrlich: Diese Kunst ist eine tiefteligiöse und erhabene.

vr. L.

** Schwere Körperverletzung. Bei dem gestrigen Kirch-'
weihfest in Neucnheim wurde in einer Wirtschaft dcffelbft der
ledige Schlosser Philipp Grotz von dem ledigen Fuhrmaini
Cyriak Schuhmacher durch Messerstiche in den Leib lebens"
gefährlich verletzt. Der Verletzte befindet sich im cffa-
demischen Krankenhaus. Der Thäter wurde heute Früh 4 Ub'-
in seiner Wohnung festgenommeii.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Schlosser und ern
Zigarrenmacher wegen Bettelns, ein Schauspieler wegen grl>"
ben Unfugs, ein Kaufmann wegen Betrugs, zwei Frauen-
zimmer wegen Umherziehens und ein Ausläufer wegen forr-
gesetzter Ruhestöruiig. Wegeu Unfugs kameu 10 Personen
zur Anzeige. v

** Kirchheim b. H-, 7. Juli. (Gr o h e Rauferei--
Eine Auzahl fremder, hier beschästigter Maurer, gröhtenterl
aus RuMeim (A. Karlsruhe) erregten durch die Arbeitskom
kurrenz, die sie ihren hiesigen Genossen vom Handwerk berei-
teten, das Mitzfallen derselben, weshalb die letzteren gestern
Wend durch Berabfolgung einer tüchtigen Tracht Prügel m
die fremden Eindringlinge ihr Mütchen kühlen wollten. Ei»
grotze Anzahl Kirchheimer Maurer und auch cmderer durlwe
von dort umstellten gestern Abend die Wirtschaft zum „Pscffl
Hof", wo die Rutzheimer sich aufhielten und führten dann ena.
regelrechten Angriff auf die Fnsassen der Wirffchast aus. Z-av
 
Annotationen