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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0080

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Gründung von Sittlichkeitsvereincn und ihre Arbeit, 8. son-
stige Anträge, 6. Wahl eines neuen Generalsekretärs. Am
Sonntag, den 8. Oktober, abends halb 9 Uhr, wird gleichzeitig
in Mannheim eine große Volksbersammlung stattfinden, in
der die Herren Pater Philipps und Generalsekretär Hennig
reden werden.

-i- Fcrnsprcch-Anschlüffe. Jn letzter Zeit sind solgende
Neuan-schlüsse an die Stadtfernsprecheinrichtung Heidelberg her-
gestellt worden:

Nr. 72 Rohrmann, Kohlenhandlung, Bähnhofstr. 65—67.

„ 30 Fuchs Valentin, Privatmann, Ziegelhäuser Landstr.

„ 164 Frank Georg, Gasthaus und Restauration zum Sil-
bernen Hirsch, Hauptstr. 180.

„ 165 Anwaltverein, Anwaltszimmer im Landgerichtsge-
bäude.

„ 529 Pfeiffer Eugen, Musikalienhandlung, Ludwigsplatz 10.
„ 748 Hallwachs, Hauptmann a. D., Weberstr. 7.

„ 751 Kühr Ferdinand, Oberleutnant d. L., Bergstr. 29.

„ 759 Maisch G. Nachf., Butter- und Käsegeschäft, Märkt-
platz 7.

„ 760 Dehoff Aug., Warenagenturen, Hirschstr. 13.

„ 761 Röder Jgnaz, Schreinermeister, Städt. Sargmagazin,
Reckarmünzgasse 10.

„ 762 HLutzler Anton, Obst- und GemüsehanLlung, Plöck 73.
„ 764 Schreck Karl, Bergbahnstation, Schlotz.

„ 757 Eberhardt I., Blechnermeister, Hauptstr.^ 65.

„ 767 Gallh Heinrich, Warenagentur, Leopoldstr. 38.

„ 770 Menger Emil, Zollbeamter, Zähringerstr. 35.

„ 771 Schäfer Georg, Jnstallation für Gas- und Wasser-
anlagen, Rohrbacherstr. 40.

„ 775 Duchenau Fr. Nachf., Jnh. Karl Hamminger, Kolonial-
waren und Delikatessen, Eppelheimer Landstr. 6.

„ 777 Stephan Ll. und Schneider Ph., Baugeschäft in Eppel-
heim.

„ 783 Sauter K., Baugeschäft, Lahenburgerstr. 24. (Lager-
platz und Wohnung Otto Sauter.)

„ 779 Anschütz, Dr. jur., Professor, Ziegelhäuser Landstr. 23.
„ 785 Müller Dr. H., Rechtsanwalt, Plöckstr. 34.

„ 786 Hainthaler Damel, Hotel und Restauration Luxhof,
Hauptstr. 24.

„ 787 Holzbach Louis, Drogerie, Hauptstr. 5.

„ 789 Hartnagel Aug., Baugeschäst, Karlstr. 9.

„ 790 Bender Franz, Kolonialwarenhandlung, Lutherstr. 44.
„ 792 Funk Martin, Architekt und Baumeister. Ecke Rohr-
bacher- und Kronprinzenstr.

-f Sterblichkeits-Bericht. liach den unterm S. ds. Mts.
herausgeaebenen Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits-
amteS zu Berlin über die Gesamtsterblichkeit in den 293
deutschen Städten und Orten mtt 15 000 und mehr Einwohnern
während des Monats Mai ds. Js. hat dieselbe — auf je
1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres berechnet —
betragen: a. weniger als 15,0 in 32, b. zwischen 15,0 und 20,0
in 123, o. zwischen 20,1 und 25,0 in 92. ä. zwischen 25,1 und

80.0 in 26, s. zwischen 30,1 und 35,0 in 18 und k. mehr als

35.0 in 2 Orten. Die geringste Sterblichkeitsziffer hatte in dem
gedachten Monate die Stadt Wald in der Rheinvrovinz
mit 8,5, dogegen die höchste Ziffer der Ort Ligine in der Provinz
Schlesien mit 36,1 zu verzeichnen. Jn dcn Städten und Orten des
Großherzogtums Baden mit 15 000 und mehr Einwohnem sind
folgende Sterblichkeitsziffern für den Berichtsmonat — gleichfalls
wie oben auf je 1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres be-
rechnet — ermittelt worden: Jn Konstanz 14,0, Mannheim 16,0,
Baden-Baden 17,3, Karlsruhe 17,5 (ohne Ortsfremde 15,6),
Pforzheim 19,3, Freiburg 24,7 (ohne Ortsfremde 19,5). und
in Heidelberg 24,8 (ohne Ortsfremde 13,9). Die Säuglings-
sterblichkeit war im Monat Mai d. I. eine beträchtliche, d. h.
höher als ein Drittel der Lebendgeborenen in 19 Orten; dieselbe
blieb unter einem Zehntel derselben in 29 Orten. Als Todes-
ursachen der während des gedachten Monats in hiesiger Stadt
vorgekommenen 86 Sterbefälle — darunter 17 von Kmdern im
Alter bis zu einem Jahre — sind angegeben: Diphtherie und
Croup 2, Lungenschwindsucht 6, akute Erkrankungen der Atmungs-
organe 12, Brechdurchfall 2, alle übrigen Krankheiten 60 und
gewaltsamer Tod 3. Jm Ganzen schetnt sich der Gesundheits-
zustand gegenüber dem Monat April d. Js. etwas verschlechtert
zu haben. Die Zahl der in hiesiger Stadt während des
Monats Mat d. Js. zur standesamtlichen Anmeldung gelangten
Geburten hat — ausschließlich der vorgekommenen 6 Totgeburten
128 betragen; dieselbe hat mithin die der Sterbefälle (86) um
42 überstiegen.

LL. Offenburg, 9. Juli. (Verschüttet.) Drei Arbei-
ler.wurden bei den Kanalisationsarbeiten zum Garnisons-
lazarett in einem ca. 7 Meter tiefen Schacht verschüttet. Sie
konnten noch lebend herausgeschafft werden. Die Leute waren
mit der tiefliegenden Zuleitung zur grohen Fäkalanlage be-
schäftigt; eine Sprietze, welche beim Schaufeln der Erde hin-
derte, wurde weggeschlagen; darauf entstand der Einsturz des
Schachtes. Zu oberst war ein junger Mann, der bis an die
Hüften rm Boden steckte. Von den beiden verschütteten Jta-
lienern streckte der eine noch einen Finger über die Erde heraus,
sein Lcmdsmann war tiefen unten lebendig begraben. Während
der obere Jtaliener nach und nach aufgedeckt wurde und sich mit
dem befreiten Arm durch Handhabung einer Kelle selbst aus-
graben half, schlug man auf dem Boden der kaum zwei Meter
fernen Fäkalgrube eine meterdicke Bettonwand durch und trieb
einen Stollen gegen die Fütze des unteren Jtalieners, der von

„Donnerwetterl Das ist was feines l Chik und schneidig,"
flüsterten die ersteren.

„Die „Tante" sieht aus, als iväre sie zu Zeiten des alten
Fritz mit irgend ernem seiner Grenadiere vor der Trommel
getraut! Scheini hundert Jährchen zu spät geborenl"

Unsere Freunde schritten unterdes mit grotzer Sparmung
dem Erbhause zu, von dem Tante Julchen berichtete, datz es
ganz greulich fei.

Gleich links vom Bahnhof ging es eine mrt wundervollen
hohen Eichen eingefatzte Chaussee entlang. Nach kaum zwei-
hundert Schritten machte Tante Julchen Halt.

„AHI ist es hier?" fragte aufatmend beim Anblick eines
freundlichen, im Garten liegenden Hauses der Oberregierungs-
rar.

„Das nächste!" lautete die Antwort Tante Julchens, die
recht unbefrledigt und ärgerlich aussah.

Eine niedrige, vcrfallene Mauer, stellenweise nur aus
einer Bresche bcftehend, dahinter hohe, im leichten Maiwind
sich wiegendc Tanncn, dann ein weiter offener Platz mit einem
großen Bassin in dcr Mitte, rund um den Platz niedrige
Steinsäulen, verbunden durch Festons von ebeu aufbrechendem
wilden Weiu und ini Hintergrund, rechts von einer großen
Gruppe uralter Liuden flankiert, ein einstöckiges Haus mit
grotzem Crker und seitwärts einen fehr viel älteren dicken
Tnrm, der das Hausdach nur wenig überragte — das war
Haus Haselberg.

Es machte in der That einer verfallenen, vernachlässigten
Eindruck mit dem schadhaften, moosbewachsenen Dach, den
Wänden, von denen der Verputz hier und da abgefallen war, und
den durch zwanzigjährige Wetternnbill entfärbten oder abge-
blätterten Oelanstrich der Fenster und Thüren. Aber zwei der
ersteren standen weit offen und dahinter wehten schon weitze
Gardtnen.

üm die Hansthür hing ein Kreuz mit einem billigen Trans-
parent in der Mitte, auf dem in großen Buchstaben: „Will-
kommen" stand. Gutes Julchenl Vater und Tochter drückten
ihr die Hand.

seinem oberen Gruftgenoffen durch ständige Zurufe ermutigt
wurde. Nach vier Stunden ivar der Mann aus dem Grabe be-
freit und mußke total erschöpft in das Spital verbracht wer-
den.

SL. Freiburg, 9. Juli. (A b i t u r i e n t e n p r ü f u n g.)
Von den 07 Oberprimanern des hiesigen Gymnasiums konnte
einer wegen Krankheit die Prnfung nicht mitmachen; die übrigen
66 haben alle bestanden. 20 von ihnen haben die Theologie
als Berufsfach angegeben. — Gestern Vormittag enfftand in
dem Hause des Baumeisters Leo Staiger, Zasiusstratze, ein
Brand, welchem der Dachstuhl und ein Teil des vierten Stock-
werkes (sog. Kniestock) zum Opfer fiel. Auch der Dachftuhl
des angrenzenden Hauses Wurde stark beschädigt. Der an
Mobiliar und Gebändcn angerichtete Schaden soll ungefähr
30 000 Mark betragen.

X Patentbertcht für Vadett vom 8. Juli 1902, mit-
geteilt vom Jnternationalen Patentbureau C. Kleyer in
tarlsruhe (Baden), Kriegsstraße 77. (Auskknfte ohne Recherchen
merden den Abonnenten diescr Zeitung kostenfret erteilt.
Die Ziffern vor den betreffenden Nummern bezeichnen die Klaffe
Patentanmeldungen: 6b. B. 30710. Setzbottich, welcher
sowohl zum Auslaugen des Hopfens als auch zum Filtrieren
der Würze durch den ausgelaugten Hopfen dtent. Theodor
Bender, Mannheim, Hafenstr. 12. 2. Januar 1902. Gebrauchs-
muster-Eintragungen: 34g. 178003. Schubladangriff in
Form eines in Schubladen etnzulaffenden Beschlages, welcher
den erforderlichen Hohlraum für das Eingrcifen mehrerer Finger
zeigt. Julius Rößler, Baden-Baden. 2. Juni 1902. 34 i.

177947. Fabrtkseffelarmaiurstück, bestehend aus einem dem ver-
schieblichcn Fußbein eine Geradführung sichernden langgeschlitzten,
mit Rasten versehenen Preßstücke. Withelm Allgeier, Pforzheim,
Ktenlestraße 3. 2. Jnni 1902. 77 L. 177 873. Aufrollbare Platte
mit Aufdruck von Würfelfiguren und einzelnen zahlenlosen Stellen
derselben Größe. Abraham Pfeffer, Bruchsal. 2. Junt 1902.
44 b. 178 274. Zigarren- o. dgl. Behälter mit durch Elnschieben
deS Bodens sich öffnenden, an den Gelenken mit Schließfedern
oersehenen Deckeln- Gustav Kögel, Pforzheim. 27. Mai 1902.

Der Schnesszug der Zukunst.

Wre bekannt, bereiten sich auf dem Gebiet des Personen-
Schnellverkehrs einschneidende Veränderungen vor. Der
Schnellzug einer vielleicht nicht mehr fernen Zukunft
wird schon in seinem Aeuheren sich von unseren heutigen Zügen
wesentlich unterscheiden.

Von der Lokomotive ausgehend, wird eine Verkleidung aus
Stahlblech den ganzen Zug einhüllen, so datz er einer eisernen
Schlange gleicht, die mit einer Geschwindigkeit von 130—150
Kilometer in der Stunde dahinsaust. Von der Lokomotive
läuft ein Rohr ans Ende des Zuges zur Ableitung des Rau-
ches, so datz auch die Belästigung des Publikums durch den
Rauch bei den neuen Lokomotiven fortfällt. Die Lokomotiven
zur Beförderung eines solchen Zuges werden, voraussichtlich
bereirs im nächsten Sommer auf der Zossenor Militärbahn
laufen.

Die bisherigen Versuche mit den beiden elektcischen Schnell-
wagen von Siemens und Halske und der Allgemeinen Elektri-
zitätsgesellschaft haben unter anderem die Ansicht bestätigt, datz
der Luftdrnck etwa in quadratischem Verhältnis mit der
Schnelligkeit zunimmt. Während beispielsweise bei einer Ge-
schwindigkeit von 80 Kilometer in der Stnnde der Luftdruck
auf die Stirnseite des Zugcs pro Quadratmeter etwa 32
Kilogramm ausmacht, stsigt er bei 100 Kilometer bereits auf
50 Kilogramm, bei 120 Kilometer auf 75 und erreicht bei
150 Kilometer die bedeutende Höhe von etwa 125—130 Kilo-
gramm. — Da aber bei der heutigen Anordnung unserer Züge
die Wagen dem Luftwiderstand sehr bedeutende Stirnflächen
bieten, so ist dieser sehr groß. Es ist daher geplant, den ganzen
Zug, wie erwähnt, zu verkleiden, datz alle vermeidbaren An-
griffsflächen für den Luftwiderstand beseitigt werden. Die
Verkleidung soll die Lokomotive, alle vorspringenden Teile der-
selben verdeckend, überziehen, über den Tender hinweglaufen
und sich von diesem an den Zug anschließen. Sie soll borne
an der Lokomotive schaff zulaufen, was natürlich eine weitere
Verminderung des Luftwiderstandes zur Folge hat. Jn ühn-
liHer Weise ist die Zugverkleidung am Zugende geformt. Da
ber so grotzen Geschwindjgkeiten, wie sie hier in Frage kommen,
auch der durch die Speichen der Treib- nnd Kuppelräder ver-
nrsachte Luftwiderstand sehr bedeutend ist, so sollen diese'
Räder mit Mechscheiben verkleidet werden.

Bei den Konkurrenzfahrten, die mit besagten Lokomotiven
im nächsten Jahre auf der Zosscner Militärbahn veranftaltet
werden sollen, werden voraussichtlich zuerst nnr die elektrischen
Wagen eine gewisse Zeit fahren. -Dann soll der Oberbau voll-
ständig in Stand gesetzt werden, und nachdem dies geschehen
ist, wird man die Fahrten mit den neuen Dampflokomotiven
anfnehmen. Es hat dies den Zweck, festzustellen, welche Wirk-
ung der elektrische Betrieb und welche der Dampfbetrieb aus
den Oberban ausübt. Die bisherigen Fahrten mit den elektri-
schen Schnellwagen auf der Zossener Bahn sollen eine geradezu
verheerende Wirkung auf den Oberbau gehabt haben. Von seiten
der Anhänger des Dampfbetffebes wird behauptet, datz elek-
trisch angetriebene Wagen überhaupt, namentlich aber bei
Schnellbetffeb ungleich schädlicher auf den Oberbau einwirken,
als Dampflokomotiven. Die Ursache dafür liegt darin, datz
der Schwerpunkt bei den elektrischen Wagen erheblich tiefer

Ein weiter Hausflur lag vor ihnen, bei dessen Anblick sie
stutzten. Wie in einem Museum waren alle Wände mit Ge-
mälden und in Holz geschnitzten Fignren, Engeln, Heiligen be-
deckt, deren Farben und Vergoldung erblindet und vefftaubt
waren.

Das erste Zimmer — das einzige, welches einstweilen zu-
recht gemacht worden — war ebenfalls wie ein Mnseum anzu-
sehen, mit allerlei uralten venetianischen Spiegeln, Marmor-
figuren, Gemälden, Brettern voller Kristallkelche und Bilder
— alles bunt durcheinander. Die Möbel ebenso zusammenge-
kauft: wacklige, wurmstichige Ledefftühle, mit hellem, ver-
Kichenem und verschlissenem Seidenstosf überzogene Rokoko-
sesselchen, vergoldete Tische und uralte Bauerntische mit kaum
noch erkennbarer Btalerei gröbster Art; hier ein Bouleschrärck-
chen, dort eine Bauerntruhe mit erhaben geschnitzten Figuren,
alles verstanbt und vernachlässigt und jetzt von Tante Julchen
und ihren Helfern nur ganz notdürstig hergerichtet, um sür
die ersten Tage benutzt zu werden. Denn ehe man die eigenen
Möbel in das Hans brachte, mutzte hier geräumt werden.
Amisseitig, aber privatim, hatte man Burghausen mitge-
teilt, Kennen wollten behcmpten, datz sich hier unter vielem
Plunder manch wertvolles Stück sinden dürfte.

„Sie wollten ja, datz alles so stehen und liegen blerben
sollte," sagte Tante Julchen jetzt vorwurfsvoll zu ihm.

Er lachte. Sie gingen weiter. Noch zwei ähnlich aus-
gestattete, kleinere Zimmer und ein grotzer Gartensaal dicht
voll alter Gartenmöbel und altem Gerümpel schlossen sich an
das effte Zimmer.

„Unsere Sachen stehen im Schuppen; wir werden eine nette
Arbeit bekomrnenl" fuhr Julchen foff. „Eine Unmenge
Plunder habe ich schon aus den Boden bringen laffen. Jch
mutzte das thun, um unsere drei Schlaszimmer rmr so obenhirr
herzustellen."

„So schlimm, wie rch es dachte, frnde ich unser Erbe derm
doch nicht", meinte Burghauserr besffedigt.

Tcmte Julchen zuckte mitleidig die Achseln.

liegt als bei den DampflokoMotiven; außerdem sirrd abeL
auch die nicht abgefederten Ptaffen bei den elektrischen Wagen
gröher als bei diesen. Ber der Dampslokomotive übeffrägt
der an abgefederten Rahmen befestigte Motor durch Vermrtte-
lung der Pleuelstange seine Leistung auf die Treibachsen^ drese
sind also mit dem Motor nrcht fest verbunden. Dagegen sitzen
die Motoren bei dem elektrischen Schnellwagen teilwerse direkt
auf den Achsen, wodurch die ungefederten Massen „wie Schläge
eines schweren Darnpshammers auf die Schienen IvrrkeiL,"

Von anderer Seite hat man allerdings versucht, diese Stotz-
wirkungen der 'Motoren durch ein recht kompliziertes Federweff,
das sie auf den Achsen angeüracht hat, abzuschwächen, aber
dasselbe soll seinen Zweck nnr unvollkommen erreicht haben.

Die neuen Darnpflokomotiven sind sechsachsrg; je zwer
Laufachsen sind zu einem vorederen und hivteren Drehgestell
vereinigt. Dre berden Treiüachsen liegen zwrschen dem Dreh-
gestell. Diese Anordnung ist im Jnteresse eines ruhigen und
sicheren Ganges gewählt.

Eigenartrg und neu ist die Anordnung des Kurbelge-
triebes, das so eingerichtet ist, datz dre sogenannten „Schlinger-
bewegungen", sowie die bei gewöhnlichen Lokomotiven durch dre
Kreuzkopfdrucke hervorgerufcnen Drehnngen um eine hoffzorr-
tale Längsachse vollkommen beseitigt siyd.

Die Tender werden so eingerichtet, daß Vorffchtungen ange-
bracht werden können, um Waffer sür den Dampfkessel im
Fahren aufzunehmen. Drese Mnrrchtungen würden ermög-
lichen, gerrngere Wasservorräte mrtzunehmen und daher eine
rricht unerhebliche Verminderung des sogenannterr toten Ge-
wichtes bedeuten. Diese Vermrnderung wnrde etwa 10 000
Kilogramrn betragen, indem die neue Lokomotive dann nur
etwa 10 Kubikmeter Wasservorrat — statt wie jetzt 20 Kubik-
meter — mitzunehmen brauchte. Namentlich würde aber eine
solche Einrichtung das Durchsahren langer Strecken ohne
Aufenthalt gestatten, was bedeutend wrchtiger als die Crspar-
nis an Arbeit ist.

Zweck der geplanten Versuchsfahffen rst, abgesehen vott
der Klarstellung einer Anzahl rern technischer Fragen, Änhalts--
punkte darüber zu gewinnen, was die Fortbewegung eines
bestimmten Nutzgewichtes bei elektrischem Betrieb kostet, rmd
wie hoch es sich bei der Dampflokomotibe stellt, die natürlich
rn unser bestehendes System beffer hin^rnpatzt.

Der Kampf wrrd übrigens im werteren Verlauf voraus-
sichtlich nicht allein auf dre Konkrrrrenz zwischen elektrrschem
und Dampsbetrieb sich beschränken, rnzwrschen hat nämlich die
Entwickelung der Gasmaschinen riesenhafte Fortschritte ge-
macht. Es schernt, datz die ungünstige wirtschastliche Konsunkffir
unsere Motorenrndustrie zu energischen Versuchen ansporrrt,
der Gäsmaschine neue Arbeitsgebiete zu eröffnen und es
ist keineswegs ausgeschlossen, daß die Gasmaschine — Spiff-
tus-, Benzin- und Petroleunrrnotor -— für den Lokomotivbau
brauchbar gestaltet wird. Da aber die Gasmaschine noch er-
heblich billiger arbeitet, als der Dampfmotor, so wrrd die
Clektrotechnik möglicherweise rn absehbarer Zeit auf dem Ge-
biete des grotzen Bahnbetriehes noch mit einem weit mächtige-
ren Gegner zu rechnen haben als mit der Dampflokomotive.

Kleine Zeitung.

— Zur angeblichen Berufung ciner Miinchener
Slnnniuhie-Heilkünstlenn nach Londou zum ffönig
Eduard wird berichtigend mitgeteilt: Vor etwa zehn bis
zwölf Tagen erhielt die Münchner englische Gesandtschast
einen anonymen Bries mit dem oben geschilderten An-
gcbol. Fnfolge Abwesenheit des GesandtschastZsekrLtärs
ivurde der Briss dem Konsul übergeben und von diesertt
nach erfolgter Uebersetzung dem Gesandten übermittelt,
d:r sich jcdoch nicht veranlatzt sah, üas Schrsiben weiier-
zubesördern. Nach zwei Tagen stellte sich dis Brisfschrei-
berin siersönlich beim Konsul vor, und es wurde ihr der
Rat erlcilt, sich in dieser Angelegenheit an den deutschett
Gesandten in London oder an den damals noch in LcM
don weilenden Prinzen Heinrich zu wenden, da dieser
Zutritt zur königlichen Familie habe die Gesandü
schaft oder das Konsulat könne und wolle in dieser Him
sicht nichts unternehmen. Taraushin erklärte die Tanie,
sich nunmehr auf eigene Kosten nach London begebeü
und dem königlichen Patienten ihr Heilmrttel anbieteü
zu wollen, eine Absicht, die sie auch thatsächlich attt^
geführt haben soll — nicht ohne vorher noch einem Rr"
porter von ihrer angeblichen Mission Mitteilung
macht zu haben, die dann in entstellter Form den Mg
in verschiedene Blätter gefunden hat.

— Dentscher Juristentag 1902 in Berlin. Pr^'
gramm: Beginn des Deutschen Juristentages 9. SepteE
ber 1902. 1. Dienstag, den 9. September, abeno^

7 Uhr, Begrüßung der Mitglieder durch die JurisüE
Gesellschaft in den Börsensälen. 2. Mittwoch, den 0'
September, äbends 8 Uhr, Begrüßung der Mtgliedr
durch die Vertretung der Stadt Berlin in den Festräunir'
des Rathauses. 3. Donnerstag, den 11. Septeinb/1
abends 6 Uhr, auf allerhöchsten Befehl, zu Ehren ^

„Laffen Sie uns nur efft mal daran gehen, unsere Sach^Ä

die jetzt fast alle noch rm Schuppen stehen, einzuräuine^
Dann werden Sie schon sehen!" tröstete sie grimmig. , ,,

Vater und Tochter waren neugierrg, den Garten zu seff,
Ullas schönste Kindheitserinnerung war der Garten der
mandairtur, rn dem sie bei der Tante und dem Onkel Stn"
kommandanten ausgelvachsen war.

JuLslnd lief sie den beiden anderen voran, hrerhin und do
hrn, jauchzend vor Frende Lber die vielen Veilchen, Schlüv^
blumen, Anemonen und andere Blumen, die überall, aus
ten, im Rasen, ja oft mrtten aus den Wegen wucheffen^
„Haben Sie die Wege so freundlich herrichten lassen, LffS
lein Julchen?" fragte der Oberregierungsrat.

„Nein, rch weitz nrcht, wer es gethan hat. Es war nv ^
haupt so nett vorgesorgt, der Herd und der Ofen rm
waren gefegt, zerkleineffes Holz und Kohlen bereit ge»
Späne zum Feuer anlegen —" tzje

„Vielleicht ein Nachbar oder der Gerichtsdiener, der
Schlüffel hatte?" meinte Bnrghausen. ,

Ganz rot und mit blrtzenden Augen kam Ulla jetzt ösistieir
gelaufen und rief: „Vater, Vaterl Mitten durch den G« ,
geht der Flutz l Und höfft du das Bransen? Das rst ein Wain^;
fall und rund herum sind so viel Bäume und blühende BM
Und dahinter geht der Berg schon anl"

„Ja, es ist recht hübsch hierl" meinte Tante Fulchen

^ Des Schauens und Umherlaufens wollte kein
men, Ulla wurde gar nicht müde. Urrd als später der
sein Licht rn den Gaffen auf dre munter flurende Haste ' ^
— den Namen sagte ihnen der junge Buffche, derr 1
Diener mitgebracht und der sich schon rm Städtchen .^t
sehen hatte — als dann gar die Nachttgallen fE"§en-
blotz eine, sondern wetteifernd mehrere, nahe und se*

umarmte Ulla den Vater in ihrer Freude und merwe,
wunderschön hier.

(Foffsetzung folgt.)
 
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