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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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während sie im Juni vorigen Jahres ein wenig (um
0,2 Prozent) zurückgegangen war. Auch hier ist an der
kleinen Besserung Berlin beteiligt. Die ungleichmäßige,
in schaksen und plötzlichen Gegensätzen sich bewegende
Witterung war dem Arbeitsmarkte nicht günstig.

— Die Kolonialverwaltung hält es für
zeitgemäß, einen Versuch mit der Ausbildung eines
eigenen B e a m t e n st a n d e s zu machen, der sich
vorläufig auf Ostafrika erstrecken soll, wo die meisten Be-
amten gebraucht werden. Zunächst sollen zehn Beamte
ausgebildet werden. Als Vorbedingungen sind folgende
Grundzüge aufgestellt: Ablegung der Reifeprüfung auf
einem Gymnasium, Realgymnasium oder einer Ober-
realschule, Kenntnis des Englischen, Alter unter 23 Jah-
ren, kräftiger Körperbau und Tropentauglichkeit nach
ärztlicher Untersuchung. Die erste Ausreise nach dem
Schutzgebiet erfolgt nicht vor dem 21. Jahre. Ausbil-
dung während eines Jahres in der Kolonialabteilung,
Unterricht im Suaheli und Englischen am Orientalischen
Seminar. Dann während zweier Menstperioden von
je 2 Jahren Praktische Beschäftigung in Ostafrika. Hier-
nach eine Prüfung. Danach Beurlaubung zum Besuch
von Vorlesungen über bürgerliches und Strafrecht usw.
und Vorbereitung für den Verwaltungsdienst. Nach
anderthalb bis zwei Jahren dann die Schlußprüsung.

Baden.

Fr e i b u r g, 16. Juli. Eine heute Abend hier ab-
gehältene imposante Protestversaminlung nationallibe-
raler Männer gegen die Zulassung Von Männerorden
nahm eins Resolution gegen die M ä n n e r o r d e n mit
überwiegender Majorität an. Es sprachen auf der Ver-
sammlung die Herren Obkircher, Gerteis, Junghans,
Keller, Nutz, Spangius und Kräuter.

— Der nationalliberale Verein in
Offenburg hat an das Staatsministeriüm eine Eingabe
gegen die Männerklöster gerichtet und dabei
mitgeteilt, daß folgende Vereine die gleiche Ansicht aus-
gesprochen haben: Neustadt, Waldshut, Kehl, St. Blasien,
Schwetzingen, Baden-Baden, Tauberbischofsheim, Säck-
ingen, Konstanz.

— Zu der Angabe des „B e o b.", „Der Friede in-
nerhalb der Zentrumsfraktion hat auch nicht eine Spur
von Störung erfahren", schreibt der „Volksffr.":
„Unsere Behauptungen stammen aus einer Quelle, die
sehr gut über die bezüglichen Vorgänge unterrichtet ist.
Das Auftreten Wackers gegenüber seinen Kammerkolle-
gen, die Behandlung, die er einmal in öffentlicher Sitz-
ung auf dem vorsgen Landtag seinem Frak'tionskollegen
Hug gegenüber sich herausnahm und nicht am letzten dis
Behandlung seiner Wähler und seines Wahlkomitees
sprechen dafür, daß unser Gewährsmann uns nicht die
klnwahrheit berichtet hat. Jm Ettlinger Bezirk ist Herr
Wacker so „beliebt", daß viele Zentrumswähler, im Falle
er aufgestellt würde, offen gegen eine solche Kandidatur
protestieren würden. Herr Wacker mache doch die Probe
auss Exempel. Daß Herr Wacker auch bei vielen seiner
Fraktionskollegen durch sein Auftreten nichts weniger
als beliebt ist, pseifen die Spatzen von den Dächern."

Baliern.

München, 17. Juli. Kultusminister v. Land-
nia n n ist als Regierungspräsident von Niederbayern
in Aussicht genommen. Der derzeitige Regierungs-
präsident von Niederbayern ist schwer leidend.

Preuße».

— Aus Gnesen wird gemeldet, daß dort am 16. d.
vormittags, anläßlich des Jahrestages der SchIacht
von Tannenberg ein feierlicher Dank-
gottesdienst abgehalten wurde; das Hochamt zele-
brierte ein Domherr, und eine Prozession schloß sich an
Len Gottesdienst an; der „Lech" hatte die polnische Be-
völkerung in einem längeren Artikel aufgefordert, sich
an dieser Gedächtnisfeier recht zahlreich zu beteiligen.
So ist zu lesen in dem „Gnesener Generalanz.": man darf
gespannt darauf sein, ob der Erzbischos von Posen und
Gnesen, der sonst kein abgesagter Feind von Berichtigun-
gen ist, diese Darstellung durch eine bündige Erklärung
ausräumen wird; sie scheint uns unbedingt geboten, denn
die Thatsache, daß man in deutschen Landen eine Be-
siegung deutscher Waffen feierlich begeht, überschreitet
das Maß des Erlaubten in solchem Grade, daß man sie
bezweifeln muß. ___

Ausland.

Schweiz.

— Jn einer Korrespondenz des Winterthurer „Land-
boten" wird bestätigt, daß Schritte zur B e s e i t i g u n g

milie. Da Wolzin mit Jnteresse zuhörte, bcrichtete man Ein-
zelheiten aus dem Leben der Eltern und Kinder.

„Sie waren das, was man im Städtchen spottend „richtige
Himgerleider" nanntc; aber Schulden machten sie niemals
und von den unerhörten Entbehrungen, die sie sich auferlegen
mußten, um nur das Leben zu fristen, erfuhr niemand. Die
sechs Töchter trugen die alten Kleider, die ihnen eine Ver-
wandte aus threm Damenstift schickte, offenbar trugen die
sämtlichen Stiftsdamen allen alten Plunder aus Kofsern und
Kisten zusammen und die Varonessen kleideten sich damit an,
so gut sie es eben konnten. Die beiden ältesten Schwestern
hatten enu veri'ünftige Schulbildung genossen und alles ge-
lrrnt, was man mit siebzehn Jahren gelernt haben kann; die
vier jüngeren wareu dann, da die Eltern inzwischen verarmt,
von den ältercu unlerrtchtet worden, so gut diese es verstanden.
So waren die älteren Schwestern verblüht, ohne je das Glück
kennen gelernt zu haben, immer nur darbend und ent-
behrend und die vier jüngeren gingen einem ähnlichen Schick-
sale entgegen.

„Ilnd es sind so liebenswürdige, natürlich, feine Mäd-
chen", sagte Ulla lebhaft und schilderte Herrn Wolzin jene erste
Bekanntschaft.

Der reiche Mann war nachdenklich und still geworden.
Warnm — das sagte er nicht. Mußte er sich doch selbst erst
Lesinnen, inwiefern er vor Jahren mit dieser Bürgschaftsge-
schichte zu thun gehabt. Sie schwebte ihm nur noch unbe-
stimmt vor. Bald plauderte er wieder lebhaft mit Ulla und
diese hatte das angenehme Gefühl, als wäre er ein alter
Freund von ihr, dem sie mit Osfenheit auf alle Fragen ant-
worten konnte.

Als sie dann am Abend, nachdem die Gäste längst geschie-
den waren, mit dem Vater und Julchen im Garten umherging
und sie die kleinen Erlebnisse des Tages besprachen, berührte
Burghausen die Eigentümlichkeiten, die ihm bei der Braut
crufgesallen waren.

des diplomatischen Konfliktes mit Italien ein-
geleitet wurden, deren Hauptaktion sich weder in Rom,
noch in Bern, sondern in Berlin sich abspielen dürfte,
indein der dortige Gesandle Dr. Roth das Eintresfen
des Königs von Jtalien und des Ministerpräsidenten
Prinetti benutzen würde, nni die schwebenden Verhand-
lungen zu einem befriedigenden Abschluß zu bringen. Jn
diesem Falle werde alsdann König Viktor EmanuLl die
Rückreise in sein Land über den Gotthard bewerkstelli-
gen und dadurch Gelegenheit geben, das wiederhergestellte
gute Einvernehmen durch eine wahrscheinlich in Luzern
zu veranstaltende seierliche Begegnnng mit dem schweize-
rischen Bundesrate zu besiegeln.

Frnnkrcich.

R o ch e f o r t, 17. Juni. Ausständige Q n a i-
arbeiter stürmten gestern einen englischen Dampfer
und warfen einen Arbeiter, der sich dem Ausstand nicht
angeschlossen hatte, ins Meer. Der Kapitän des eng-
lischene Dampsers beabslchtigt, Beschwerde zu erheben.
Es wnrden Truppen aufgeboten, um die Ruhe wieder
herzustellen.

Afrika.

— Nach einer Meldnng des „Daily Telegraph" ans
K a p st a d t wurde der bisherige Präsident des Oranje-
Freistaates, Steijn, anf einer Tragbahre an Bord
des Dampfers „Carisbrook Castle" getragen. Er ist in
einsm bedauernswerten Zustande. Seine Arme und
Beine sind zum Teil gelähmt nnd er kann seine Augen-
lider nicht öffnen. Seine Krankheit erweckt viel Sym-
Pathie von allen Seiten.

Witteitungen der Kandetskammer für den
Kreis Keidetöerg neöst der Stadt Köeröach.

Der Deutschnationale Handlungsgehilfen-Nerband, Orts-
gruppe Heidelberg, hat an Las Großh. Bezirksamt sowie an
den Stadtrat hier eine Eingabe gerichtet, worin gebeten wird:
1. die Sonntagsruhe im Handclsgewerbe auf die Zeit bor
12 Uhr mittags zu beschränken, 2. für den ersten Weihnachts-,
Oster- und Pfingsttag den vollständigen Ladenschluß zu ver-
fügen, 3. Ausnähmetage im Sinne des Paragraph 105 b
Abs. 2 und f. nicht mehr zuzulassen und 4. die Soimtagsarbeit
im Großhandel ganz zu verbieten. — Von den beiden genann-
ten Stellen zur Abgabe einer gutächtlichen Aeußerung über
diesen Antrag aufgefordert, erklärte sich die Handelskammer
acl 1 für die Beibehaltung der hier bestehenden einschlägigen
Bestimmungen, weil der hiesige Dctailhandel, üer vielfach
auf deu Frcmdeiwerkehr und auf denjenigeu mit der Landbe-
völkerung angewstsen ist, durch eine weitere Beschränkung der
sonntäglichen Verkaufszeit schwer benachteiligt werden würde,
was nicht ohne Einfluß auf die Lage der Hcmdlungsgehilfen
selbst bleiben könnte; ack 2 erklärte sie, daß ihr von einer Be-
schäftigung der Handlungsgehilfen usw. am ersten Weihnachts-,
Oster- und Pfingsttage nichts bekannt sei, daß aber, sollte
eine solche irgendwo vorkommen, deren Beseitigung an der Hand
des Paragraph 105 b Abs. 2 der Gewerbeordnung, lautend:
„Jm Handelsgewerbe dürfen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter
am ersten Weihnachts-, Oster- und Psmgsttage überhaupt
n i ch t, im übrigen an Sonn- und Festtagen (abgesehen von
den in diesem Absatz vorgesehenen Ausnahmen) nicht länger
als fünf Stunbcn beschäftigt werden usw. usw." nicht schwer
fallen dürfte; aä 3 sprach sie sich gegen die Beseitigung der durch
den erwähnten Artikel der Gewerbeordnung für die Sonntage
vor Weihnachten sowie für einzelne Sonn- und Festtage ge-
statteten Ausnahmen aus, wcil hierunter das Weihnachtsge-
schäft sehr zu leiden hätte, auch der Abhaltung von Kongressen.
Versammlungen, Festen usw., wie sie in Heidelberg öfters an
Sonntagen stattfinden, große Hindernisse bereitet werden wür-
den, im übrigen bemerkend, daß sie eine Beschränkung des er-
weiterten Geschäftsverkehrs auf die drei Sbnntage bor
Weihnachten für angängig halte; aä 4 erklärte die Handels-
kammer, daß sie die Sonntags-Beschäftigung des kaufmäuni-
schen Personals im Großhandel als überflüssig erachte, daß
üieselbe aber jetzt schon sehr abgenommen habe und ihre voll-
ständige Beseitigung in nicht ferner Zeit in sicherer Aussicht
stehe.

Ein seitens der Handelskammer an die Großh. General-
direktion der Staatseisenbahnen gerichtetes Gesuch um Ermähi-
gung der Gepäckfracht für Musterkoffer auf 50 Prozent der
bisherigen Sätze wurde leider mit dem Bemerken abgelehnt,
daß keine der übrigen deutschen Bahnverwaltungen diesem
Antrag stattgegeben hätte und man daher schon, um die
Schaffung einer für die direkte Abfertignng äußerst hinderlichen
Ausnahme zu vermeiden, von einer solchen Maßregel absehen
müsse. Eine Anfrage benannter Stelle, betreffend den der
stündigen Tarifkommission der deutschen Eisenbahnen vorlie-
genden Antrag auf Versetzung des Artikel „Strohdecken"
in den Spezialtarif III wurde nach llmfrage bei den hiesigen
Gärtncrn dähin beantwortet, daß denselben eine derartige
Detarifierung sehr willkommen wäre, und daß diese Maßregel
um so gerechtfertigter erscheine, als Rohrdecken, ivelche dem
gleichen Zweck dienen, diese Frachtvergünstigung bereits ge-

„Sie ist nicht häßlich, ihre Augen sind sogar schön und
doch wirkt der erste Eindruck beinahe abstoßend durch den Man-
gel an Anmut und feinem Geschmack. Jch möchte nicht, daß du
dich so anzögest, Ulla. Trotzdem kann ich mir vorstellen, daß
der Regierungsassessor Shmpathie für sie fühlt; sie ist so recht
ein Müdchen unserer Großstadtkreise, völlig kühl und nüchtern
in ihrem Urteil."

Aber ihren Verlobten liebt sie mit aller Herzenswärme",
wandte Ulla ein.

„Nach meinem Gefühl macht sie ihm zu sehr den Hof. Sie
wirbt um ihu — nicht er um sie — 'das thut nicht gut. Der
Assessor muß sich ihrer Leideuschaft gegenüber Reservc aufer-
legen."

Während sie so im Garten auf und ab spazierten, sah
Ulla, wie das Mädchcn von Oberstleutnants mit einem großen
Korb am Arm und einem größeren, sauber in eine Serviette
geschlagenen Packet sich durch den Garteu nach dem Loch iu
der Hecke schlich und dort verschwand.

Es war nicht das erstemal, daß sie sah, wie die armen
Kinder bon den beiden lieben Alten versorgt wurden. Und
immer erst, wenn die Racht solche Liebeswege verbarg.

Am andercn Tage saß Ulla mit ihren vier neuen Freundin-
nen im Schatten grotzer, alter Ulmen am Berge und mußte den
jungen Mädchen von der „Millionenbraut" — wie der Bäcker-
junge Anuo Wolzin heute früh genannt, als er das Brot ab-
lieferte — erzählen.

„Jch habe immer so ein dunkles Gefühl, als müßte sie
ganz anders aussehen, wie wir Armenl" sagte Lina. „Wissen
Sie, Ulla, so wie im Kindermärchen, mit „goldenen Kleidern
angethan,"

Sie lachten harmlos däbei und hörten mit staunsndem Jn-
teresse zu, wie Ulla ihneu erzählte, Anna Wolzin sei keineslvegs
hübsch, aber ein kluges, liebes Mädchen mit treuen, blauen
Augen.

Was sie „an hatte" — der Hut, der aus lauter Blumen
zu bestehen schien — alles muhte beschrieben werden — dann

nössen; nur die hohe Fracht habe bisher die VerwendunF
von Strohdecken in der Gärtnerei verhinderr.

Bei Benützung der Züge O 6,75 (Mannheim ab 6,03.
Mainz an 7,4§7 ab Heidelberg mußten bisher doppelte Platz-
karten (hier und in Ludwigshafen) gelöst iverden. Eine dieser-
halb von der Handelskammer vorgebrachte Beschwerde ver-
anlahte die Gloßh. Generaldirektion behufs Abstellung frag-
lichen Mißstandes mit den beteiligten Bahnverwaltungen in
Unterhandlung zu treten. Diese hatte den Erfolg, daß nun-
mehr in Mannheim zu den betreffenden Zügen besondere
Platzkarten nach" Frankenthal, Worms, Oppenheim und Mainz
zum Preis von Mk. 1.— für die erste und 50 Pfg. für die
zweite Klasse aufgelegt wurden, so daß die zweimalige Erhe-
bung der Platzgebühr bermieden bleibt.

Am 26. Juli dieses Jahres findet in Karlsruhe eine Sitz-
nng des Badischen Eisenbahnrates statt, in welcher unter an-
derem der Winterfahrplan 1902—1903 zur Beratung gelan-
gen wird. Der Entwurf desselben wurde bereits vor einiger
Zeit an die Hauptinteressenten des Bezirkes versandt, kann
abcr auch auf dem Bureau der Handelskammer eingesehen
werden, ebenso derjenige der Süddeutschen Eisenbahngesell-
schaft für die Strecke Mannheim-Weinheim-Heidelberg-Mann-
heim.

Ein der Handelskammer zugegangener Nachtrag zum Han-
delsregister des Kaiserlichen Gerichts von Kiautschou, umfaffend
die Veränderungen im Jahre 1901, der bereits in Jntereffen-
tenkreisen zirkulierte, liegt ebenfalls auf dem Bureau der
Kammer zur Einsicht offen.

Laut einer amtlichen Mitteilung hat die Regierung des
Freistaates Guatemala die früher ausgesprochene Kündigung
des Freundschafts-, Handels-, Schiffahrts- und Konsularver-
trages vom 20. Septcmber 1887 in amtlicher Form zurückge-
nommen und den Bertrag bon neuem zum 22. Juni 1904 ge-
kündigt. Jnfolge dieser Erklärung werden die Bestimmungen
des Vertrages am 22. Junr 1904 außer Kraft treten. Von dem
Großherzoglichen Ministerium des Innern anfgefordert, etwaige
Wünsche, die für den Fall eines Abschluffes eines neuen Ver-
trags besteyen, zu seiner Kenntnis zu bringen, hat sich die
Handelskammer an die Jnteressenten des Bezirks, soweit ihr
dieselben bekannt sind, gewendet und über deren Rückäußerung
benannter hoher Stelle Bericht erstattet.

Aus Stadt und Land.

LL Karlsrulie, 16. Juli. (Der Landesverband
b a d. G e w e r b s v e r e i n e) hält seine diesjührige Haupt-
versammlung am 17. Auguft in Gengenbach ab. Auf der
Tagesordmmg stehen außer den geschäftlichen Angelegenheiten
ein Bericht über den jetzigen Stand der Warenhausfrage, er-
stattet bom Vorsitzenden, lveiter ein Vortrag über: Die Ge-
scllenausschüffe in den Gcwerbevereinen (Referent: Schrist-
sührcr C. Emmler); ferncr dcr Antrag Freiburg i. B.: Die
Meisterprüfungen betr. (Referent: Handwerkskammersekretär
Eckcrt) und der Antrag Karlsruhe: Die Gesellenprüfungen betr.

80 Stülilingen, 15. Fuli. (H a g e l w e t t e r.) Heute
Iiachmittag ging über die hiesige und die Weizner Gemarkung
ein furchtbares Hagelwetter nieder. Die Körner
hatten die Größe kleiner Aepfel und wogen bis zu 150 GramM-
Der Schaden ist noch nichi zu übersehen. Erst voriges Jahr,
an Peter- und Panlstag, wurde Weizen von einem furchtbaren
Unwetter heimgesucht, deffen Spuren noch nicht berwischt sind.

Die öadischen Kenesungsheime.

Jn beiden Zlnstalten — in R o h r b a ch wie in
Tretenhof — finden nicht nur Rekonvaleszenten,
sondern auch solche Personen, die infolge von Blutarmnt,
Neurasthenie usw. mehr oder weniger entkräftet sind,
Aufnahme und es befinden sich zur Zeit in beiden Än-
stalten eine ganze Anzahl derartiger Pfteglinge. Jn bei-
den Genesuiigsheimen wecden keine mit Lungentuber»
kulose Behaftete, auch wenn das Leiden im AnfangS-
stadium ist, aufgenommen. Jn einem der beiden Heime
wurden während des laufenden Jähres bis jetzt m. 7
Prozent aller Eingewiesenen wegeu Lungentuberkulose
wieder entlassen und zwar geschah dies bei der Mehrzam
der Fälle innerhalb der ersten vier Tage. Derartig
Erkrankte können ans Rücksicht auf die anderen Erho«
lungsbedürftigen der trotz aller Vorsichtsmaßregelä
unter den gegebenen Verhältnissen doppelt bedrohlichett
Jnfektionsgefahr wegen hier keine Verpflegung finderi-

Die angeführten Verhältnisse sind in dem Zweck besi
der Anstalten von selbst gegeben und dieser Zweck ist
neben der Abhilfe bestehenden, ein Verhindern weitereN
Elendes. Soll aber dies gesteckte Ziel erreicht werdew
so muß nicht allein auf Rekonvaleszenten, sondern auw
aus körperlich Zurückgegangene, Blutarme, Abgearbei^
tete usw. für die ja besondere Anstalten nicht bestehen,
Rücksicht genommen werden; denn letztere unterliegen un^
erliegen wohl kaum weniger den im alltäglichen Lebeä
an sie herantretenden Gefahren, als erstere. Daß i''
derartige Anstalten an Lungertuberkulose Erkrankte nist?
gehören, bedarf keiner weiteren Ausführnng und ma^

kam die Frage: ob Anna wohl in einem goldenen Bette schlitst

und in einer Wanne von tveißem Glas badetek Und wie
Villa Wolzin in Berlin wohl sein möchte? Die Zwilliu^
hatten ja Bcrlin gesehen, das Theater besucht und alles
sehen — ja, die waren gut daran und das war, wie sie selb^
sagten, ja ihr Vorzug — aber die Kleinen wußten nichts.0"'
alledem, klagten die vier jüngsten.

Wie ttlla von Berlin gutwillig hat weggehen und uasj
Haus Haselberg kommen mögeu, fanden sie ganz M'b^
greiflich.

Ueber all dem Lachen und Plaudern hatte keine von ihn^
auf die Zeit geachtet; auf einmal sahen sie dicht vor sich AnU
Wolzin auftauchen und neben ihr einen sehr langen, juuin
Offizier in Husarenuniform. ^

Den fünf Mädchen blieb das Wort im Munde stecken.u.sA
das Lachen verstummte so jäh, daß Anna Wolzin ihrersM-
lachend ausrief: „Aber ich bin doch kein Tiger? Ünd Leutnn
von Wildling ist wirklich auch kein wildes Tier!"

Da stand sie auch schon mit ihrem Begleiter mitten in ^
kleinen Kreise. ,j

„Guten Tag, Ulla; Hans ist auf zwei Tage fort, wir.Zsjst,
sterben vor Langelveile — und da sind wir nun und bitt^
mitlachen zn dürfen. Zuuächst stelle mich mal deinen
dinnen bor." . ^

„Eigentlich ist das gar nicht nötig," plauderte sie weu ,
während die Namen der Baroneffen und des Leutnants 6^
nannt wurden. „Jch kenne Sie schon aus' Ullas Bericht u
da sie sich freute, an Jhnen gleichaltrige Nachbarinnen e
haben, so hosse ich auch davon profitieren zu können."

Die vier Schwestern hatten wie versteinert vor Schreck
in peinlicher Verlegenheit dagesessen. Ullas und Annas
jedoch, sie selbstverständlich als Gefährtinnen zu behanvK^
und die heitere Gewandtheit, mit welcher der junge Qsl'Z^
sie anredete, zwangen sie dcmn zu einer erst schüchternen, I
bald aber vergnügten allgemeinen Unterhaltung.

(Fortsetzung folgt.)
 
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