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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-202 (01. August 1902 - 30. August 1902)
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Zelne Betriebe zugelassenen Lehrlinge überschritten, kurz,
von alledeni, was das Gesetz verlange, wenig oder gar
nichts geschehen sei. Zum grotzen Teil sind sich die Hand-
werksmeister noch gar nicht einmal bewntzt geworden,
datz sie damit gegen das Gesetz vergehen und Strase zn-
ziehen mnssen. Dazu kommen noch die wunderbarsten
Ausreden, wie zum Beispiel, daß der Meister ja nicht
in einer Jnnung sei, also sich um das Gesetz gar nicht
zu kümmern habe. Anderwärts mag es ebenso gehen,
weshalb die Beobachtungen des Herrn Stehly hier mit-
geteilt seien. Jeder Handwerksmeister ist bei empsind-
licher Strafe verpflichtet, sich den gesetzlichen Vorschriften
über das Lehrlingswesen in allen Stücken zu fügen, ob
er Jnnnngsmeister ist oder nicht, einer Korporation an-
gehört oder nicht. Vor allem hat er die Verpflichtung,
seine Lehrlinge anzumelden, Lehrverträge in vorgeschrie-
bener Form abzuschließen, die Höchstzahl der sür seinen
Betneb vorgeschriebenen Lehrlinge nicht zu überschreiten
und die gehaltenen Lehrlinge so zu behaudeln und zu be-
aussichtigen, wie das Gesetz es vorschreibt.

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Aus der KarlSruher Zeituug.

— Seinc Königliche Hoheit der Grotzherzug haben
den Vorstand der Wasser- und Straßenbauinspektion Bonn-
Lorf, Friedrich Wagner, in gleicher Eigenschaft nach Mos-
bach versetzt und den Wasser- und Stratzeubauinspektor Ludwig
Meeh in Pforzheim zum Vorstand der Wasser- und Strahen-
bauinspektion Vonndorf ernannt, den Kanzleirat Karl Eise n-
tzut und dcn Revisor Karl Seemann zu Bureauvorstehern
bei dcr Landesvcrsicherungsanstalt Baden ernannt und den
Professor Dr. Hermann Müller am Gymnasium in Heidel-
berg cmf sein Ansuchen wegen vorgerücktcn Alters und leiden-
der Gesundheit unter Anerkennung seiner langjährigen und
treu geleisteten Dienste auf 11. September 1902 in den Ruhe-
ftand versctzt.

^— Regierungsbaumcister Friedrich Greiff in Offenburg
wurde zur Wasser- und Straßenbauinspektion Karlsruhe mit
dem dienstlichen Wohnsitz in Pforzheim versetzt.

— Rcvisor Josef Wint-erer bei Grotzh. Bezirksamt
Emmendingen wurde in gleicher Eigenschaft zu Grotzh. Bezirks-
amt Heidelberg versetzt.

— Amtsrcgistrator Emil Lang in Boxberg wurde auf
Ansuchen in den Ruhestand versetzt.

Gerichtsschreibcrprüfung. Der Beginn der diesjährigen
Gerichtsschreiberprüfung ist auf Donnerstag, den 2. Oktober
d. I. festgesetzt.__

Ausland.

Frankreich.

Pari s, 14. August. Der heutige Ministerrat be-
schäftigte sich mit der Schließung der kongregani-
stischen SchuIen im Departmient FiniMre. Der
Ministerpräsident teilte mit, daß die Oberin der Kongrö-
gation der Schulschwestern ihm angezeigt habe, sie hätte
Die Schwestern zweimal aufgesordert, auseinander zu
gehen. Jhre Schritte seien abor ergebnislos gewesen in-
solge des Widerstandes der Eigentümer der Schulhäuser
und eines Teiles der Bevölkerung. Aus den amtlichen
Berichten und aus privaten Mitteilungen gehe hervor,
daß die Widerstandsbewegung, welche inan zuerst als eine
katholische hingestellt habe, unzweifelhaft eine roya -
Iistis ch e sei. Diese Bewegung habe heftige Unruhen
zur Folge gehabt, welche unter das Strafgesetz fallen
und gerichtliche Verfolgung nach ^ich ziehen werden. Jn
diesem Sinne seien dem Generalstaatsanwalt Weisungen
von Seiten des Justizministers zugegangen.

Lesneven, 14. August. Die Ordens-
schnlen in Plougonvelin und Ploumoguer im Depar-
tement Finistöre sind heute Bormittag mit Hilfe
einer Kompagnie Jnfanterie geschlosfen
worden. Die Menge brachte Hochrufe auf die Schwestern
und die Freiheit aus.

Lesneven, 14. August. Der Präfekt hat in St.
Meen, Ploudaniel und Lesolgoet das Gesetz vom 3. Juli
1848 über Zusammenrottungen anschlagen lassen.

England.

London, 14. Aug. Der König ist tion London ab-
gereist, um sich auf seine Aacht nach Cowes zu begeben.
Auf den Aufenthalt an der Südküste Englands soll ein
solcher in den schottischen Hochlanden folgen, der
sich bis in den Herbst erstrecken könnte. Jm Herbste end-
lich dürfte der König in der Lage sein, normale An-
strengungen zu ertragen, so daß einer größeren Reise des
Monarchen nach dem Kontinent nichts im Wege stehen
würde. Was die Richtung einer solchen Reise betrifft, ist
zu bemerken, daß eine Fahrt nach dem Jnnern
Europas nicht in Ausstcht steht. Der König be-
darf keiner Kur in einem der böhmischen Bäder, und
das weiche Klima des südwestlichen Deutschland, etwa

Homburgs, von dessen Besuch man sprach, dürfle für ihu
kaum angezeigt erscheinen. Es spreche vielmehr alle Wahr-
scheinlichkeit dafür, daß Gegenden des nördlichen und des
Seeklimas aufgesucht werden, und so dürfle es sich voi-
aussichtlich um einen Besuch in Kopenhagen handeln,
und zwar sicherlich nicht um einen von kurzer Dauer, da
man darauf bedacht sein werde, die Anstrengungen der bei-
den Reisen möglichst lange auseinander zu halten.

„Hegerr das Keschrer nach Mönchen"

macht der Stuttgarrer „Bevbachter", Hauptorgan der würt-
t c m b e r g i s ch e n Demokraten stramm Frvnt; er
schreibt:

„Das Geschrei nach Mönchen wird immer lebhafter, je
mächtiger der Klerikalismus in Deutschland wird. Die Wahr-
heit ist, datz die katholischen Oberschwaben den Klöstern ganz
gleichgiltig gegenüberstehen. Die ultramontane Presse
schildert die Klöster und die Mönche als den Hort aller Fröm-
migkeit und Heiligkeit, der Armut und der Entbehruug. Bei
der „glühenden Wahrheitsliebe" der ultramontanen Presse
ist dieselbe uns gewih zu Dank verpflichtet, wenn auch wir zur
Aufklärung übcr das Mönchtum etwas beitragen durch einige
Fragcn: Jst es nicht wahr, dah unter dem Reichtum allmählich
Ueppigkcit in die Klöster einzog und Zucht und Disziplin er-
schlafften, datz die Benediktinerklöster vielfach zu blotzen Ver-
sorgungscmstalteu herabgesuuken, zuSpitülern desAdels und dcr
Bürger'l- War das Mönchtum im Laufe des Mittelalters nicht
vollständig iu Verfall geraten? Gab es nicht sogar eine Kom-
mission von Kardinälen und Prälaten, die die Aufhebung aller
Orden beriet, weil sie bei ihrer Verderbtheit nur schaden körm-
ten? War es nicht nötig, die Aufnahme unmündiger Kinder zu
verbieten? Waren die Bettelorden dem katholischen Volke nie
lästig? Warum werden die Jesuiten gerade immer aus
katholischen Ländern ausgewiesen?

Es ist eine beliebte Angaüe der ultramontanen Presse, es
fei ein Unrecht, von den Reichtümern der Klöster, der toten
Hand, zu sprecheu, während man den Großkapitalismus, die
Aktiengesellschasten, nicht bekämpfe. Die ultramontane Presse
stellt damit das Verlangen dercr, die das Gelübbde der Armut
abgelcgt haben, nach Erwerb als ebenso berechtigt hin, wie
das Recht der Aktiengesellschaften dazu. Das Landvolk unter-
licgt autzerordentlich der Suggestion der Mönche; damir fängt
die Anhäufung von Geld und Gut in den Klöstern an; die um-
liegeudeu Äauern werden erfahrungsgemäß Klostertaglöhner,
da die Macht der Mönche im Beichtstuhl viel größer als die des
Volksklerus ist. Für das Seelenheil der gläubigen uud nicht
fanatischen Katholiken genügt der Weltklerus, der in seiner
Bildung uud in seinem wahren Beruf nicht genug gehoben wer-
den kann."

Wcr wahrt nun das demokratische Prinzip — die württem-
bcrgischen Demokraten, welche — gleich dcn Liberalen in Baden
— gegen die Männerklöster sind, oder die badischen, welche für
deren Zulasstmg stimmen? Gewiß empfinden die Demokraten
in Badcn die Wiedereinführung von Mönchskolonien ebcnsu als
einen Schlag ins Gesicht der Gegenwart und als eine Gefahr
für die geistige Entwicklung und Erziehung unseres Volkes,
aber in blasierter Prinzipienreiterei unterstützen sie die ultra-
moutanen Klosterwünsche, während ihre schwäbischen Partei-
genossen mit politischem Temperament gegen Männerklöster
als gegen einen Fremdkörper im modernen Kulturstaat prote-
sticren.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, l'.

X Ans dcm Stadtrat. Jn dcn Sitzungen des Stadtrats
vom 6. und 13. d. M. wurden u. a. solgeude Gegeustüude zur
Keimtnis bezw. Erledigung gebracht:

1. Die Verbrauchssteuern haben im Monat Juli l. I. ein
Ergcbnis von 19 484.20 Mk. geliefert.

2. Dem Bezirksverein für Fugendschutz und Gefangenen-
fürsorgc wurde ein jährlicher Beitrag aus städtischen Mitteln
bewilligt.

8. Die Geschenke der Herren Privatmann Hieronhmus
Brenuer dahier und Fabrikant Georg Landfried in Dillenburg,
bestehend in einem wappcngeschmückten Schlußstein des Hauses
Hauptstraße Nr. 72 und bezw. einer Jnschriftentafcl der Ren-
tenscheuer Karl Ludwigs, obere Neckarstraße Nr. 18, werden
für die städtische Kunst- und Mertümersammlung dankend
angenommen.

4. Auf den' 1. d. M. zählte die Ortskrankenkasse 6804
männliche und 1791 weibliche Mitglieder.

8. Jm stäötischen chemischen Laboratorium wurden im vori-
gen Monat 9 Proben von Bier, 2 von Cognac, 27 von Eiern,
8 von Limonade, 2 von Likör, 64 von Kuhmilch, 11 vou Kuh-
butter, 1 von Nudeln, 4 von Obst, 6 von Seife, 2 von Spiel-
waren, 1 von Majoran, 2 von Trinkwasser, 2 von Sodawasser,
2 von Zuckerwaren, und 1 von neuen Kartoffeln untersucht
und hierbei 4 Limonade-, 16 Kuhmilch-, 2Kuhbutter-, 2
Obst- und 1 Trinkwafler-Proben beanstandet. Von den 134
Untersuchungen erfolgten 129 im Auftrag von Behörden und
6 ans Antrag von Privaten.

6. Es wurde beschloflen, dcn die Christuskirche im Rohr-
bacher Baubezirk umgebendcn Plah in städtische Fürsorge zu
übernchmen, denselben gärtnerisch anlegen zu lassen und den
daraufbezüglichen Aufwand in dcn nächstjährigen Vorcmschlag
einzustelleu.

-j- Domptcur Charles Menagerie-Circus trifft von Mann-
heim kommend am nächsten Donnersrag mir Sonderzug hier
eiu, um am Samsrag, deu 20. d. mir seiuen Vorstelluiigeu zu
beginuen. Ueber diese schreibt die „Krefelder Ztg.": Die Vor-
stellungen, welche von dem Menagerie-Circus allabeudlich ge-
geben werden, begegneu regem Jneresse. Aiierkennung ver-
dieut die Sicherheit des Aufkretens der Tierbändigerin, welche
zwei Hhänen und zwei Wölfe vorführt, ebenso war dre Kalt-
blütigkeit uiid Ruhe zu bewuiidern, die dcn Tierbäudiger wäh-
rend der Poduktiou der vier Löwen auszeichnete. Jn eiuem be-
sondereii, mit Eisen umgitterten Circus zeigte der Löwe „Nero"
unter Leitung des Herrn Direktors Charles seine Kunsrstücke.
Er unternahm auf einem von zwei Hunden gezogenen Wagen
eine Rundfahrt durch die Manege, der ein Ritt auf dem Pferde
folgte. Das Pferd schien teine Furcht zu kennen, mit gelassener
Ruhe raiiule es mit dem Löwen in die Wette und willig trug
es die „königliche Last" auf seinem Rücken. Das Publikum
spendete besvnders dieser Glauznummer vielen, wohlverdien-
ten Beisall. Bei der Fütterung der Raubtiere entwickelten
diese eineu riesigen Appetit, besonders der Seelöwe zeigte,
welche gewaltigeu Fischmassen er zu vertilgeu im Srande ist.
Ein Besuch dcs Circus ist sehr zu empfehlcn.

« - Strasienbaii. Au der Fertigstellung der rieueu Straße,
welche die Klingenteichstraße mit der neuen Schloßstraße ver-
binden soll, wird zur Zeit mit vermehrtcn Arbeiiskräften
wacker gearbeitet. Die Felspartie am Lstlichen Srraßenende,
von welcher z. Z. noch etwa 20 Meter wegzuräumeu sind,
verursacht viel Arbeir. Es liegen da kerngesunde Felsklötze,
die bei sorgfältigem Brechen zumteil als sog. Haustcine ver-
wandt werden könnten, die aber, da der Zeitpunkt, bis zu wel-
chem der Straßenbau fertiggeftellt sein soll, heramiahr, durch
Sprengmatcrialieu losgelöst mid so zerkleinert werden, daß die
einzelnen Stücke als Mauersteine Verwendung finden können.
Schade, daß dcn Straßenpassaiiten am östlichen Straßencnde
bei der Loovenichschen Villa ein Ausblick auf die Sradt unmög-
lich gemacht ist. Die Straße muß nämlich vertragsmätzig an
dieser Stelle so gebaut werden, daß man im Hofe des genann-
ten Anwesens von dem Vorhandensein einer solchen nichts
merkt. Sie führt hier dnrch einen tiefen Einschuirr, aus der
Südseite die von der Bergwaud gebildete haushohe Böschuug,
die zur Zeit noch völlig kahl ist, aber hoffentlich später mit
Grün bewächst, auf der Nordseite ein Felsenrand, oder, wenn
man einen solchen nicht sitzen lassen kann, eine hohe Mauer,
es entsteht also hier eine „hohle Gasse" im vollsteu Simie des
Wortes, wo bei Ost- oder Westwinden starke Zugluft herrschen
mag.

** Von dcr Hauptstraße. Die bei der Umpslasrerung zu-
letzt iu Angriff genommeiie Strecke der Hauptftraße, d. h. die
Strecke vom Fricseubergweg bis zum Karlsthor, wird bis
morgen fertiggcstclit und damir wird die gauze Hauptstraße
vollendet sein. Die Pferdebahn wird nunmehr von morgen
odcr übermorgen ab ihren Betrieb wieder auf die ganze Linie
der Hauptstraße ausdehnen können. Am 1. April (Oster-
dienstag) wurde mit dem Bau begonnen; man brauchre also
bis zur gänzlichen Fertigstellung der Straße 20 Wochen.
Bis jetzt hat man noch kein abfälliges Urteil über den neuen
Bodenbelag veruommen, im Gegenteil, Führleute und Futz-
gänger sind mit der neuen Fahrbahn zufrieden. Sie zeigt
keine besondereu Spurcu von Pferdehufen, und der Asphaltbe-
lag scheint immer fester und widerstandsfähiger zu wrrden.

— Zum Selbstmord des Studeriten Vecker in Mittelbuchen
schreibt man den „Münchner N. Nachr." noch: Hanau, 10.
August. Jm bcnachbarten Mittelbuchen erschotz sich iu der
Nacht vom Freitag auf Samstag der 23jährige Studeut der
Chemie Fritz Becker. Von Heidelberg kommend, war er
am Sonntag zu Hause eingetroffen. Freitag naclüs schotz
er sich in der clterlicheu Wohuung eine Revolverkugel in die
Brust. Zwei Stunden darauf verschied er, ohne dre Bewcg-
gründe der That angegeben zu habeu. Der Fall ist um so
tragischer, als Becker, der vier Semester iu Marburg und
drei Semester in Heidelberg studierte und nach Ablegung der
Examina auch vor dem Abschluh der Studien stand, am Diens-
tag mit seiner Braut, einem vermögenden Mädchen aus
Äkittelbuchcn, vor dem Standesamte das Aufgebot bestellte
und der Termin für die Hochzeit bereits festgesetzt war.

-i- Bcsitzwcchsel. Hcrr F. Loonen verkaufte sein Haus
Plöck 76-77 an Herrn G. Schmitt jun. um den Prcis von
166 000 Dkk. Die Vcrmittlung erfolgtc durch die Liegenschafts-
agentur des Herrn K. Maisch.

* Von der neuen Landesirrenonstalt im Unte>land. Nach
dem „Pf. B." hat eine nochmalige Prüfung des für die Uuter-
länder Jrrenanstalt in Aussicht geuoinmenen Geländes ergeben,
daß wegen der Stollen nnd Schachte des Nußlocher Bergwerks
der Boden zmn Banen dnrchaus nnbranchbar sei. Die
Nachricht erscheint dnrchaus glanbwürdig, wenn man bedenkt, daß
seiner Zeit bei Begntachtnng des fraglichen Platzes gar kcin bau-
technischcr Sachverständiger mitgewirkt hat. Der Landtag begnügte
sich mit dem Gntachten der technischen, medizinischen nnd land-
wirtschaftlichen Sachverständigen, obwohl ein Mitglied der Bnd-
getkommission mitteilte, daß der bautechnische Sachverständige, der
wegen Krankheit an den Besichtigungen des Geländes nicht tcil-
nehmen konnte, im Privatgesprüch den zwischen Nnßloch und LeimeN
aus den Gemarknngen Wiesloch und Altwiesloch liegenden PlaS
als ungeeignet bezeichnet habe. Bestätigt sich die Meldnng des
„Pf. B.", dann darf man sich im nächsten Landtag anf ein nenes
Wettrennen nm die Unterländer Jrrenanstalt gefaßt machen.

Schöffeiigerichtssitzung vom 14. August. Vorsitzendcr:
Referendär Dr. H a a s. Emil Holdmann von Heidclberg
wurde von der Anklage wegen Betrugs freigesprochen; Friedo
Stöckler von Neckaran erhielt wegen Diebstahls einen Berwcis,

Les neuseeländischen Krönungs-Kontingentes. Die neu-
seeländische Altistin bekundete schon in frühester Jugend
ungewohnliches Singtalent. Die berühmte englische
Altistin Patey machte ihre Bekanntschaft während ihrer
Neise in Anstralien und sagte ihr, nachdem sie ihr etwas
vorgesungen hatte: „Ktnd, du hast etne Goldmtne in
detner Kehle; konim nach England nnd laß deine Stimme
ausbilden". Die Triumphe, die sie in ihrem ersten Kon-
zert in London feierte, rechtfertigten die Prophezeiung der
Fran Patey vollständig.

— Nach der „Deutschen Tagesztg." beabsichtigt der
Kaiser, in der Provinz Westpreußen noch einen Land-
sitz zu erwerben. Es handelt sich um die „Villa Litten"
in Bai> Kahlberg bei Elbing, wohin die kaiserltche
Familie von Cadinen ans schon öfter Ausflüge unter-
nommen hat. Die Villa ist als Jagdschloß erbaut, hat
einen reizenden Park und soll der Kaiserin und den kaiser-
lichen Kindern zum Sommeraufenthalt dienen. Weiter
wird dem Blatt berichtet, daß in dem Prinzwalde bei
Tharden unweit Liebemühl ein Jagdrevier für den
Kronprinzen eingerichtet werden wird; der Land-
wirtschaftsminister habe dieser Tage in höherem Auftrage
das Forstgelände besichtigt.

— Nürnberger Bratwurstglöcklein. Das allen Be-
suchern Nürnbergs wohlbekannte Bratwurstglöcklein wäre
durch einen Mittwoch morgens ausgebrochenen Kaminbland
beinahe ein Raub der Flammen geworden. Erst nach ziemltch
langer Thätigkeit gelang es der Feueiwehr, des zerstörenden

Elcmentes Herr zu werden und so eine der besuchtesten
Sehenswnrdigkeiten Alt-Nürnbergs zu retten. Die Be-
schädigungen sind zwar nicht unerheblich, doch wurden die
wertvollen Jnventargegenstände wenigstens nicht verletzt.

— Der beste Helm. Der französische Kriegsminister
General Andrs trägt sich seit den zahlreichen Unfällen, die
bei der Parade am Nationalfest infolge der großen Hitze
unter den Truppen vorgekommen sind, mit dem Gedanken,
das Käppi der Jnfanterie durch eine praktischere Kopf-
bedeckung zu ersetzen, die vor allem besser gegen die
Sonnenglut schützt. Er hat sich zu diesem Zwecke aus
dem HeereSmuseum die dort ausgestellten Helme, Tschakos
usw. kommen lassen, die ehemals in der französischen und
in fremden Armcen getragen wurden, dazu die reiche
Sammlung von alten Kupferstichen früherer Uniformen.
Ob er darunter finden wird, was er sucht, bleibt abzu-
warten. Anläßlich dieses Planes einer Reform der Kopf-
bedeckung in der Jnfanterie ist der bekannte Schlachten-
maler Detaille, der als solcher besser als einer über mili-
tärische Kleidung urteilen kann, von einem Journalisten
über seine Meinung in der Frage angegangen worden.
Und was antwortete er? Sie erraten es nicht. „Nach
meinem Dafürhalten", sagte er, „ist die praktischste Helm-
form ohne Widerrede die der — preußischen Pickel-
haube. Freilich können wir sie nicht bei uns in Frank-
reich einführen, das versteht sich."

— Aus London wird berichtet: Der König empfing

am Montag den Lordmayor von London, der ihm al^
Krönungsgeschenk Englands in der Form eines Checks übel
115000 Lst. überreichte. Diese Summe war von allev
Schichten der englischen Bevölkerung in großen und kleinen
Beträgen zusammengebracht worden. Der Monarch wal
hoch erfreut und überwies die Summe sofort dem Llvs
Lävnrä Lospital ^nnä, einer Stiftung der Königiv
Viktoria, welche bezweckt, die Hospitalämter Londons
schuldenfrei zu machen.

— Die Auftäumnngsarbeiten auf der Stätte de^
Campanille zu Vcnedig werden, wie A. Wolf in dee
„Kunstchronik" niitteilt, durch Bosio, der auch in Deutsw'
land bekannt ist, gefördert. Die Bibliothek ist jetzt so
stützt, daß weiteres Unglück nicht zu besürchten ist. Dests
drasco meint, daß mit einem Aufwand von 3 Diilliou^
und in einem Zeitraum von füns Jahren der Tur^
wieder errichtet werden könnte. Es ist sicher, daß dl
Wiederaufban an derselben Stelle genau in derselbA
Form ersolgen wird, die der Turm früher auftvies. E
den Aufräumungsarbesten geht es rasch vorwärts.
Verbindnng zwischen der Piazza und der Ptazetta 's,
hergestellt. Zwei der Bronzestatuen sind znm Teil^
schädigt nnter den Trümmern entdeckt worden. ^
vielen Reste der Loggetta, die im Hofe des Dogenpalastft
geborgen wnrden, sind in entsetzlichem Zustande.
beschädigt, aber in allen Teilen geborgen ist die Attu,,
unbeschädigt die größte Glocke la marangona, fast ^
beschädigt das Bronzethürchen der Loggetta.
 
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