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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-202 (01. August 1902 - 30. August 1902)
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Aus der Karlsruher Zeitung

— Seiile Königliche Hoheit der Großherzog haben
den Revisor Wilhelm Schleicher beim Ministerinm der
Jnstiz, des Kriltns und Unterrichts und den Kanzleisekretär
Franz Freudemann bei der Universität Freiburg landes-
herrlich angestellt,

— Die Versetzung des Gerichtsschreibers Josef Zim-
mermann beim Amtsgericht Staufen zum Amtsgericht
Mannheim wurde zurückgenommen, Gerichtsschreiber Karl
Mohr beim Amtsgcricht Freiburg wurde zum Amtsgericht
Mannhcim versetzt.

— Es wurden die Revisoren Ludwig Schmitt in Bühl
zum Bezirksamt Emmendingen und Floriau Schmidt in
Brcisach zum Bezirksamt Bühl, sowie die Revidenten Karl
Werlang in Engen zum Bezirksamt Breisach und Ernst
Ackermanu in Müllheim zum Bczirksamt Ueberlingen ver-
setzt. Amtsaktuar Wilhelm Ritter beim Bezirksamt Schonau
wurde zum Registrator daselbst ernannt.

Karlsruhe, 18. Augusr. Gestern, Sonntag Vor-
mittag, fand in der Schloßkirche Mainau evangelischer
Gotte^dienst statt, bei dem Vikar Stern die Predigt hielt.
Die Großh. Herrschaften nahmen mit höchst ihren Haus-
genossen daran theil. Nachmittags 4 Uhr fuhren Jhre
Königlichen Hoheiten mit einem Teil des Gefolges nach
Unteruhldingen, wo Prinz Max dieselben erwartete und
nach Salem geleitete. Dort wurden die Höchsten Herrschaften
von der Prinzessin Wilhelm- und dem Herzog und der
Herzogin von Cumberland empfangen. Der Großherzog
und die Großherzogin besuchten sofort die Prinzessin Max,
welche zu Bette liegend ihr Kind im Arme trug. Hoch
erfreut und tief bewegt verweilten Jhre Königlichen Hoheiten
längere Zeit bei ihren teueren Verwandten und konnten
sich von dem Wohlbefinden Aller überzeugen. Die Heim-
kehr nach Schloß Mainau erfolgte um 8 Uhr. Morgen
früh reisen die Großherzoglichen Herrschaften nach Karls-
ruhe, um übermorgen, den 20. August, der Feier der
Enthüllung dis Kaiser Fr'edrich-Tenkmals in Cronberg
anzuwolinen.

Ausland.

Oesterreich-Ungarn.

— Ter 2. Klerustag ist verboten worden! Obgleich die
Veschlüsse des 1. Klerustages zahm waren und schlietzlich
nicht viel anderes herauskam als der Rechtsschutzverein
sür Priester und das Begehren nach einer Gehaltsaus-
besserung sür den niederen Klerus, so haftete doch der
ganzen Veranstaltung ein gewisser Geruch des Reform-
katholizismus an. Die Folge war, datz der sür heuer
geplante zweite Klerustag kurzerhand verboten wurde.
Die Veranstalter, in erster Linie das niederösterreichische
Landesausschutzmitglied Prälat Dr. Sche'icher, sind nun
aufs Peinlichste darüber überrascht, daß der dahingehende
Veschlnß der Bischöfe, der schon im November letzten
Jahres gefaßt wurde, jetzt erst veröfsentlicht und ihre
Vestrebungen damit in schrofser, absichtlicher Deutlichkeit
durchkreuzt Nwrdeu.

Frankreich.

. R Pari s, 18. Aug. Der „Temps* bcrichtet aus Brest
Lber eineu neuen Fall von Gchorsamsverweige-
rung seitens eines Offiziers. Eine Abteilung des 19.
Jnfanterie-Regiments erhielt am letzten Freitag den Befehl,
die Ordensschule in Douarnenez zu schließen. Der Major
de Roy weigerte sich, abzurücken. Sein Oberst ließ ihn
verhaften und übergab den Befehl einem andereu Offizier.
De Roy wurde nach Port Louis gebracht und hier in
Haft gesetzt. Jm Kriegsministerium, fügt der „Temps"
hinzu, bestätigt man die Nachricht. Major de Roy war
aus der Kriegsschule von St. Cyr hervorgegangen, erst
vor kurzem befördert worden und stand auf der Liste der
Anwärter für die Ehrenlegion.

England.

London, 18. Aug. Der Schah vonPersien ist
heute hier eingetroffen und wurde am Bahnhofe von dem
Prinzcn von Wales und dem Staatssekretär des Aeußern
Marquis of Lansdowne empfangen.

London, 18. Aug. Die Enttäuschung darüber, daß
die Burengenerale nicht an der Flottenschau teilnahmen,
deren Tagesprogramm glänzend verlief, wenn auch die Be-
leuchtung durch ein tropisches Gewitter benachteiligt wurde,
ist dadurch, daß sie gestern zum Empfang beim König er-
schienen, eiuigermaßen gemildert worden. So befricdigend
sie sich aber auch über diesen Empfang sowie über die herz-
lichen Begrüßuugen der Menge ausgesprochen haben, so haben
sie doch zu verstehen gegeben, das; sie uicht uach Eng-
land gekommen scien, nm sich feiern zu lasseu.
Jhr Hauptzweck sei vielmehr, Gelder für die Witwen und
Kinder zu sammeln, deren Ernährer im Krieg umgekommeu
sind. Taß Lcute vom Schlage de Wets sich unter deu vieleu
Aufmerksamkeiten, die ihnen zugedacht sind, nicht heimisch
fühlen, ist leicht zu verstehen. Wie wenig die Burengeuerale auf
den Empfang durch den König vorbereitet waren, zeigt, daß ihre
schwarzen Gehröcke von flinkeu Schneidern noch in der
Nacht vom Samstag auf Sonntag hergestellt werden muß-
ten. Auf der Reise vom Kap nach England blicb de
Wet meist in seiner Kabine und beschäftigte sich damit,

ten und spielen, und daß manchmal sogar, wie es heutzutage
uur noch bci dcn kleinsten Schmicrcn Unsitte ist, zwei wichtige
Rollcu cines Stückes von eincr Person dargestellt werden. Die
Preisc sind uicht hcrabgesetzt, alle Vertreter erster Fächer aber
beurlaiibt und die Aufführungen müssen wirklich viel schlechter
sein, als man sie in Stettin oder Chcmnitz fiüdet. Der Fremde,
ider tausendmal gelcsen hat, das Deutsche Theater sei das groß-
Qrtigste Schauspielhaus auf dem Erdenrund, mutz, wenu er die
Lerühmte Firma auf dem Zettel liest, glauben, für seine fünf
nder sechs Mark werde er sicher eine gute Aufführung sehen.
Jhm wird d!e falsche Thatsache vorgespiegelt, was er üa fieht,
sei die normale Leisümg des Deutscheu Theaters, während es
-och 8ie Uebung von Anfängern und Jnvaliden ist. Daß ein
skrupclloser Theatergeschäftsmaini, wenn niemand ihm auf
bie Finger sieht, auf Abbruch wirtschaftet, um schnell, ehe er
aüsgemietet wird, noch ein paar Groschen zufammenzuscharren,
ist nicht all zu wuuderüar. Die Geprelltcn aber solltcn, ftatt
ihreu Unmut in Schcltbriefen auszutoben, kluge Rechtskenner
fragen, ob in solchem Verfahren uicht die Thatbestaiidsmcrkmale
Lewußter Täuschung gegeben sind."

seine während des KriegeS gemachten täglichen Aufzeich-
nungen in eine zusammenhängende Geschichte zn ver-
arbeiten.

Mom öadischen HöerschulmL.

Aus Anlaß des 40j ä h r i g e n Be st ehens des
Oberschnlrats verösfentlicht die „Badische Schul-
zeitung" nachstehenden P e r s o n a l b e st a n d des
Oberschnlrats von 1862—1902. I. Tirektoren:
1. Dr. Knies 1862—65,- dann Professor an der Universi-
tät Heidelberg, wo er vor einigen Jahren starb. Er ist
der Vater der Thesen, die die Grnndlage zum Gesctz
von 1868 abgaben. 2. M. v. Seyfried 1865 bis 1868;
3. Renck 1868—74; 4. Dr. Nokk 1874—1881, dann
Unterrichtsminister bis 1900; 5. Joos 1881—1895, der
Herausgeber des Schulgesetzes, jetzt Präsident der Ober-
rechnungskammer; 6. Dr. Arnsperger sert 1895, Ge-
heimerat. Neben den juristisch gebildeten Direktoren
(mit Unsnahme von Dr. Knies) sind noch als ständigs
Aiitglieder im Oberschulrat 1 Jurist nnd 1 Kameralist.
Sie sind zuerst Sekretäre, erhalten dann den Titel Asses-
sor nnd in nenerer Zeit den Titel Regierungsrat. Juri-
stische Mitglieder waren in den 60er Jahren Nokk und
Joos, dann 1869—71 Martin, 1871—75 Dr. Arns-
Perger, der heutige Direktor, 1876—82 Bürkiin, jetzt
Hoftheater-Jntendant, 1882—86 Dr. Otto, 1886—88
Senbert, jetzt s>Ninisterialdirektor, seit 1888 F. Schmidt,
Geheimer Regierungsrat. Das Amt des Kameraüsten
war vertreten von 1877 bis 90 dnrch Becherer, jetzt
Geheimer Oberregierungsrat ini Justizministerinm und
seit 1890 dnrch Dr. Clevenz, Regierungsrat. II. M i t-
glieder. 1. Laubis 1862—77, war Mitglied des
früheren katholischen Oberkirchenrats, trat 1877 in den
Ruhestand und starb 1892 in Freibnrg. 2. Professor
Dr. Frick 1862 bis 1875, starb im Amte. 3. Professor
Grnber 1852—68, dann wieder Vorstand der Höheren
Bürgerschnle in Baden-Baden, Rektor der Volksschnle,
starb daselbst 1899, 4. Vorstand Pslüger 1862—-

68, dann Direktor der Tanbstnmmen-Anstalt Meers-
bnrg, starb daselbst 1870. 6. Pfarrer Armbruster

1862—1893, Geheimer Hofrat, starb im Amke. 6. Pro-
fessor Tr. Deimling 1863—75, starb im Amte. 7. Kreis-
schnlrat Blatz 1868—1894, Gebeimer Hofrat, starb
1900 in Konstanz. 8. Kreisschulrat Wallrafs 1875—
1896, Geheimer Hofrat, starb im Amte. 9. Hofrat Dr.
E. Wagner seit 1875, jetzt ordentliches Mitglied im
Nebenamt und zugleich Vorstaüd der Sammlungen für
Altertnms- und Völkerkunde. 10. Direktor von Sallwürk
seit 1877, Gebeimer Hofrat. 11. Kreisschulrat Dr. Wey-
goldt seit 1894, Geheimer Hofrat. 12. Gymnasiums-
direktor Dr. Oster seit 1894, Geheimer Hofrat. Direktor
Dr. Waag seit 1897, Oberschulrat. Bis znm Jahre
1881 war der Oberschulrat als Zentral-Mittelbehörde
dem Biinisterium des Jnnern nnterstellt, von dort dem
Ministerlum der Jnstiz, des Knltns nnd des llnterrichts.
Die Träger dieser Ministerien waren: Lamey, Jolly,
v. Stößer; dann Nokk nnd jetzt v. Dusch.

Aus Stadt und Land.

Heide lberg, 19. August.

-i- Der Herzog der Abbruzzen, Graf von Turin, mit Ge-
folge weilte Somitag hier und stieg im ^Europäischen
aü. —

a. Tir Heilsarmee hielt gestern Abend eine Extraversamm-
luug ab, geleitet vom Kapilüu aus Frankfurr. Die sehr stark
besuchre Versammlung beschüftigte sich zuerst eine volle Stunde
mir Gesaug und Musik, welch letztere so wunderbar schön war,
daß mau sich die Ohren zuhalren mußre. Nach den eiu dutzend-
mal wiederholten Versen, wie zum Beispiel dem uachsol-
geildeii: „Was willst du sagen zu Jesus, wenn 'du vor ihm
mußt stehen und hast dein Kleid nicht gemaschcu im Blur weißer
wie Schnee?" wurde eine Kollekte veranstaltet, da, wie der
Kapitüii sagte, der Eiiitrittspreis von 10 Pfemrigen viel zu
wenig war. Wohl oder übel mußte man auch eineii „Kriegs-
rus" kaufen, der vom Kapitän angeprieseri wurde. Ettdlich,
nachdem einige Ruhestürer hiiiausgewiesen und verschiedeue an-
dcrc „Brüder" und ,/schwestern" um Ruhe gebeteu ivoriden
wareu, fchritt man zur Erledigung des angekündigren Vor-
trageS: „Welche Leute von Heidelberg kommeil in den Himmel
und welche zur Hölle?" Nach vielen Erklärungen kam der
Kapitän zu dem Schlusse, daß die Heilsarmee und ihre An-
hängcr am jüngsten Tage zur rechten Seite Gottes stehen
würdeir, aber die Spötter und Gottlosen aus Heidelüerg zur
liuken Seite, um in die ewige Pein einzugehen. Jede nerven-
schwache Persou sei hiermit gewarnt, in eine derartige Ver-
sammlung zu gehen, wenn sie sich nicht aufregen will.

X Besihwechscl. L. A. Würtele, dahier, verkaufte sein Haus,
Ziegelgasse 23, an Jean Eberhardt, Gas- und Wasserlcitungs-
Geschäft, um den Prcis zu 18 000 Mark. Der Verkauf wuvde
durch die Liegeuschaftsagentur des Herrn I. Löbmann ver-
mittelt.

Aufgefundeir wurde dieser Tage im Norgarten eines
Hauses in der Gartenstraße eine Partie feiner Damenwäsche
mit U. H. gezcichnet. Diese Wäsche war in ein grünes Tuch
eingeschlagen und dürfte wahrscheiiilich irgenldwo entwendet
worden sein. Personcn, die ein Eigentumsrecht zu häben
glanben, können die Sachen bei der hiesigen Kriminalpolizei
einsehen.

X Schöffeligerichtssrtzung vom 18. Augnst. Vorsitzender:
Herr Referendär Dr. Haas. Wegen Körperverlctzung erchielt
Philipp Lersch von Kirchheim 2 Monate Gefängnis, Karl
Lndwig Bergdolt nnd Ludwig Friodrich Löhlein von da je 1
Monat Gefängnis. Friedrich Ochs von hier erhielt wegcn
Sachüeschädignng 16 Mark Geldstrafe öder 3 Tage Gefängnis.
Die Vevhandlung gegen Bernhard Kirchgäßner und Genossen
bon Kirchhcim wegcn Körperverletzuiig wurde vertagt. Nikolaus
Böhm von Ziegelhansen erhielt wegen Körperberlehung 3
Wochen Gcfängnis. Wcgen Betrugs und Diebstahls erhielt
Karl Friedrich Daub, in Haft hier, 60 Tage Gefängnis und
Bcrtha Ahl geuannt Possert bon hier 30 Tage Gefängnis.
Philipp Säuter von Lcimcn erhielt wegen Hausfriedensbruchs
20 Mark Geldstrafe oder 4 Tage Gefängnis. Wegen des
gleichen Vergehens erhielt Hermann Adelsberger, in Haft hier,
10 Tage Gefängnis, Frie'drich Speck und Konrad Walletin, beide
in Haft hier, je eine Woche Gefängnis. Friedrich Schlicksupp,
in Haft hier, erhielt wegen Hansfriedenbrnchs 10 Tagc Ge-
fängnis und Georg Möll wegen des glcichen Vergehens 1 Woche
Gefängnis.

-i- Polizeibericht. Eine Köchin wurde wegen Nmherziehens
derhaftet. Wegen Rnhestörung kamcn vier Personen znr An-
zeige.

rt. Von der Bergstrasre, 18. Aug. (D i e Aufräu-
mnngsarbeiten an der alten Burgruine
S ch a u e n b u r g) machen wesentlichc Fortschritte. Schcm ift

dieselbe soweit freigelegt, daß man auf bequemem Wege ganz
um dieselbe herumgehen kann, was man früher üverhaupr
nicht konnte, weil alle einstigen Umgang-, bezw. Wehrgänge
um die Burg von der einstigen Zerftörung und den spärer ge-
machten Ausgrabungen durch Schuri und Geröll ganz zuge--
fallen waren. Man konnte bisher eigenrlich nur zum Jnnern
der Ruine gelangen, von welcher aus man allerdings einen
herrlichcn Rundblick über die ganze Pfalz bis an öas Hardr-
gebirge und die Vogesen hat. Jetzt hat man mehrere bequeme
Wege aufgeräumr. Mit Sicherheil ist anzunehmen, daß um
die eigemliche Burg drei Wehrgänge gegangen sind, denn bis
jetzt hat man größere Teile von vier Umfassungsmauern auf-
gedeckt, bei denen an vier Punkten feste Bastionen, sogeiianiire
Vorwerke, zum Teil abgcrundet, zum Teil oiereckig, errichtet
waren, welche die Vorhut gegen Angriffe auf die Burg bilderen,
und deren dicke Mauern anf große Festigkeit schlietzen lassen.
Die Burg muß in ihrer Glanzperiode einstens ungeheuer feft ge-
wesen sein. Die Burg scheinr nicht aus einmal gebaui worden
zu sein, denn deutlich sichtbare Mauerreste gegen Westen sind
augenscheiiilich viel älteren Ursprungs, als die anderen. Ein-
gänge scheint die Bnrg von verschiedenen Seiten gehabr zn
haben, denn erst diese Wochc hat man zwei ganz gui erhalrene,
noch stehende Thürgewänder aufgefundcn, wo einstens ein
Eingang von Südwesten gewesen sein muß. Der Hauptcingang
abcr scheint von Osten her gewesen zu sein, was man noäi deur-
lich an aufgedcckten Thürpfosten mir den sichtbaren Thürangeln
sieht. Wenn die verschiedenen Wege, welche dereinst um die
Burg gegangen sind, vollends aufgedeckt und hergcrichtet sind,
so kann man in prachtvollen nnd schatrigen Laubgängen um die
Burg spazieren und dürfte dieselbc ein viclbesuchter Ansslugs-
pnnkt an der Bergstrahe werden. Schon jetzt treffen massenbaft
Tonristcn auf ihr ein, wclche sich für die Aufräumung in-
teressieren.

-tz Walldorf, 18. August. (Gustav Adolf-Srif-
t u n g.) Sormtag, 'den 16. August, seierte der Oberheidelberger
Bezirksverein der Gustav Adols-Stifnmg sein Jahressesr in
Walldorf durch einen Gottesdienst in der dortigen evangclisckien
Kirche. Der Ortsgeistliche, Stadtpfarrer Speyrer, be-
grüßte die außerordentlich zahlreiche Versammlung. Psarrer
Hauß von Sandhausen hielt dic Festprödigt uttd Psarrer
H e n n i n g von Reilingen erstattete den Jahresberickn. Die
Einnähmen im Jahre 1891—1892 betrugen 2400 Mark. Sie
sind in stetiger Zunahmc bcgriffen. Die Einnabmen des
Landesbereins betragen einschließlich der Zuwendungen aus
der Zentralkasse in Leipzig, erwa 60 000 Mark. Allerdings
reicht diese anscheinend beträchtliche Summe bci wcircm nichr
aus, um die Bedürfnisse der evangclischen Diaspora unseres
Landes zu befriedigcn. Es sind zur Zeit ruttd 150 evangeli-
sche GenossensAaften kirchlicb zu versorgen. Dazu bat der
Landesverein die Pflicht, ein Drittel seiner Einnabmen sür
die auswärtige Draspora zn verwenden. Etwa 2000 evange-
lische Diasporagemeinden werden von dem Zentralvorstand
bcrücksichtigt. Jährlich gehcn dafür etwa anderthakb bis zwei
Millionen Mark freiwilliger Gaben ein. Man hat ausgerecki-
net, daß eine achtfach größere Summc nötig wäre, wenn
die evangelische Diasporagemeinden selbständig werden sollten.

-— Prosessor Thoma aus Karlsruhe knüpste hieran an und
zeigte, wie außerordentlich gefährdet die Lage der evangelisckieii
Diaspora würde, wenn die Klöster in unser Land berein-
gelassen werden sollten. Gerade derjenige Orden, der als dcr
harmloseste ausgegeben wird und dessen Einsührimg -arum
plansibel gcmacht werden soll, der Kapuzinerorden, har in dcn
Gebieten des jetzigen Großherzogtums Baden überall die
Gegenreformatioii betrieben, so in Konstanz, das 1548 ganz
evangelisch war, so im Kinzigthal, so in der Kurpsalz. LiirS
erst die Kapuziner auf der Reichenan, in Haslach und in Wall-
dürn, so werden sie bald genug auch an andercn Orten, zuletzt
im ganzen Lande anzutrefsen sein. Denn einmal zugelassen,
werden die Männerklöster' selbstverständlich ihre Wirksamkeir
auszubreiten suchen. Die Mönche sind cben die Gavden des
Papstes. Daß die Erlanbnis der Niederlassung vom Staare
wieder zurückgenommen werden kann, ist ein schwackier Trosr,
oder vielmehr gar kein Trost. Den Einfluß der Männerorden
würde man sehr bald berspüren an der Störung des Friodens
in den gcmischten Ehen und bei den Wahlen, angefangen von
den Wahlcn des Bürgermeisters nnd Gcmcinderates bis zu
den Wahlen zum Landtag und Reichsrag. Die Evangcliscken
seien darnm bei Zeiten ausmcrksam gemacht und gewarnr, die
Gefahren nicht zu unterschätzen.

80 Aramibeim, 18. August. (K a u f m ä n n i s ck c s
U n t e r r i ch t s w e s e n.) Am 4.—7. September dieses Iah-
res wird hier der vierte Kongreß des deutschen Verbandes sür
das kanfmännische Unterrichtswcsen stattfinden. Zu dcn Ver-
handlimgen ist ein anßeropdentlich reickhaltiges Programm aur-
gcstellt worden, das Fragen aus allen Gebietcn des kansmänni-
scken Unrerrichtswesens behandclt. In eincr Sondersitzung
wird anch eine Kommission erfahrener Kanslente iick mir d.-r
Frage dcr praffischen Ausbildnng der Lehrlinge bescküffigen.
Mit dcm Kongreß wird eine kleine Fackausstellung vcrbnnden
sein.

j Mannheim, 18. August. (Regimentsjubrläu m.i
Das Kgl. Regimcntskommando hat dem Ttadtrate mitgereilt,
daß die Feicr des 50jährigen Rcgimentsjnbiläums jetzr end-
gültig auf Samstag, dcn 13., und Sonntag, den 19. Offober
sestgesetzt sei.

Karlsrrrhe, 17. August. (I m n e u e n Vincenrius-
K r a ii k e n h a u s e) wurde dieser Tage die Ausnahme eines
dem Sterüen nahen jnngen protesianrischcn Lehrers aus dcm
Rhernlande abgelehnt, vbgleich eine barmherzige kalholiscke
Tame für die Kosten auszukommen sich erbor. Die Tache bal
in Karlsruhe grohen Staub ausgewirbclt. Es liegt imn eine
Erklärnng vor, worin der Vorstand zugiebt, daß ein Mißg' "
vorgekommen ist. Es kann, sagt er, die Thatsache nrchr in W-
rede gezogen iverden, daß die Aufnahme dcs betr. Kranken
im neuen Vincentinshaiise abgelehnt ivorden ist. Die Ableh^
nung ist von der Verwaltung incht gebilligt worden und konnie
vou ihr nicht gebilligt wcrden. Ein solcher Fall wird künstig
nicht mchr vorkommen. Zur EntschnLdiguiig wird dann nock
besonders angeführt, daß die Oberin erst einige Tage im
Amt und praktisch noch nicht cingeübt war. Mit dieser loyalcN
Erklärung darf die Sache wohl als beigelegt angesehen werdcn.
Mißgriffe können überall einmal vorkommen.

KarlSruhc, 18. August. (E i s e n b a h n u n f a l l.)
Heute Vormittag fnhr im hiesigen Personenbahnhof dem voM
Gleis 3 nach Pforzheim ausfährenden Schnellzuge Nr. 2V
eine vom Maschinenhaus des Persoiienbähnhofes in den Gürer^
bahnhof fahrende Rangiermaschine rn die Seire. Rangrer-°
maschine samt Tender entgleiste und der stark besetzte direkrc
Wagen dritter Klasse Avricourt-München wurde vollständig
aus dem Gleis gehoben. Schaffner Romacker wnrde schroer'
berletzt, Verletzungen von Reisenden kamen dagegen nicks
vor. Der Materialschaden ist nicht erheblich. Schnellzug M
konnte mit einer Verspätung von anderthalb Ltunden ah^
gehen. Jnfolge Sperrung der Ausfahrtgleise erhielten
Mittagszüge Verspätungen von bis^ 1 Stuitde. Gegen ^
Uhr nachmittags waren sämtliche Gleise wicder frci gemacht-
— Ein anderer Bericht mcldct über das Vorkommnis noch-
Jnfolge des heftigen Anpralls cntstand unter den Passagiered
eine grohe Panik. Markerschütternde Schreckensrufe errönteo
aus dem Jmiern des Wagens. Einige Reisende klciterten dur^
die Fenster ins Freie. Glücklicherweise ivuvde von ihnr>
nicmand ernstlich verlctzt, dagcgen trug der Schaffner Romacket'
der auf dem Perron des WagcuZ stand, so schwere Verletzunge»
 
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