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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203-228 (01. September 1902 - 30. September 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0522

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— Mit Entschließmig Großh. Generaldirektion der Staats-
eiscnbahnen wnrde Expeditionsassistent Adam Sickmüller
in Neckargemünd nach Neustadt i. Sch., Expeditionsassistent
Karl Steinle in Krozingen nach Leopoldshöhe versetzt.

Karlsruhe, 15. >wepl. Am SamSiag unternahmen
der Großherzog und die Großherzogin mit der Königin-
Mutter von Jtalien und der Herzogin von Genua einen
Ausflng auf Extraboot nach Ueberlingen, woselbst Prinz
Max aus dem Manövergelände eingetroffen war. Die
höchsten Herrschaften besichtigten dort das Münster, das
Rathaus, sowie das städtische Museum und machten eine
Rundfahrt durch die Stadt. Prinz Max fuhr mit nach
Mainau und blieb bis Sonntag. Am gestrigen Sonntag
fand in der Schloßkirche Mainau katholischer Gottesdienst
in Anwesenheit der Königin-Mutter von Jtalien und der
Herzogin von Genua und hierauf evangelischer Gottesdienst
statt, an dem der Großherzog und die Großherzogin mit
dem Prinzen Max teilnahmen. Die Predigt hielt Stadt-
pfarrer Kaiser aus Konstanz. Zur Mittagstafel trafcn
Prinzesstn Wilhelm und deren Schwester, die Herzogin
Eugenie von Oldenburg aus Salem auf Mainau ein und
fuhren am Nachmittag mit dem Prinzen Max dorthin zu-
rück. Gegen 5 Uhr begaben stch die höchsten Herrschastea
mit der Königin von Jtalien und der Herzogin von Genua
auf Extraschiff nach Konstanz und geleiteten Jhre Majestät
an den Bahnhof, die Königin fuhr übec Rorschach nach
Bregenz. Heute Abend verläßt die Herzogin von Genua
Mainau und begibt stch nach Stresa zurück. Der Groß-
herzog fährt am Abend nach Donaueschingen, steigt auf
Einladung des Fürsteu von Fürstenberg im Schlosse ab
und beginnt morgen die militärischen Besichtigungen.

Ausland.

Oesterreich-Ungarn.

>Sasvar, 14. Sopt. Kaiser Franz Jdseph verlieh
von dem Gefolge des deutschen Kronprinzen dem Qbersten
von Pritzelwitz sein mit eigenhändiger Unterschrift ver-
sehenes Bild in Goldrahmen, dem Oberleutnant von
Stülpnagel ivurde die Eiserne Krone dritter Klasse ver-
liehen. Der Kronprinz überreichte dem ihm zum
Ehrendienst zugeteilten Feldmarschall-Leutnant Grafen
Karl von Auersperg den Roten Adler-Orden erster Klasse
und dem Oberst seines ungarischen Regiments Wilhelm,
Feigl, den Kronen-Orden zweiter Klasse mit dem Stern.
Der Kronprinz, der am Bormittag Prinz Alfred
Windischgrätz einen Besuch abgestattet hatte, fuhr später
in Begleitung des Grafen Auersperg nach Äuhla zum
Besuche des Erzherzogs Franz Ferdinand. Während
des Cercles nach der heutigen Hoftafel äußerte sich der
Kronprinz dahin, daß er sich in Ungarn sehr wohl be-
finde, und daß ihm die Gegend Lesonders gut gefalle.
Der hohe Gast hat von der Gegend viele photographische
Aufnahmen gemacht. Nach der Hoftafel besuchte der
deutsche Militärattache von Bülow den Obergespan Viktor
Kramolin und überreichte ihm als Geschenk des Kron-
prinzen dessen mit eigenhändiger Unterschrift des Spen-
ders versehenes und mit einer Krone geziertes Bildnis
in Goldrahmen. Herr von Bülow verweilte eine halbe
Stunde beim Obergespan.

Frankreich.

— Ueber den Fall S t. Remy äußerte sich selbst
Deroultzde in schärfster Form. Er sagte einem
Mitarbeiter des „Eclair": „Jch tadle aufs entschiedenste
die Handlung St. Remys und bin der Ueberzeugung, daß
das Urteil von Nantes einen tötlichen Schlag der Man-
neszucht, dem militärischen Geiste und damit dem Heer
versetzt hat. Niemals können persönliche Gefühle, so
ciusrichtig und achtenswert sie sein mvgen, einen Offizier
oder Soldaten davon Lefreien, einen Befehl auszufüh-
ren, der seine Verantwortlichkeit — und das ist der
Hauptpunkt — in keiner Weise berührt. St. Remy
konnte seine Entlassung nehmen; er hatte nicht das Recht,
den Gehorsam zu verweigern. Sobald man zugiebt, datz
ein Offizier, ein Soldat sich zum Richter der Moralität
eines Befehles, den er empfängt, aufwerfen und daß er
die Ausführung des Befehls von dem Urteil seines Ge-
wissens abhängig machen darf, giebt es keine Disziplin,
keinen militärischen Geist, keine Armee mehr."

Paris, 16. Sept. Mit dem Dampfer „Canada"
aus Martinique in Vordeaur eingetroffene Reisende er-
zählen, daß auf der Insel jeder Verkehr und jede Arbeit
ausgehört habe angesichts der schrecklichen Ungewißheit,
was der kommende Morgen bringen wird. Man besürch-
tet insbesondere, daß zu Ende dieses Jahres, falls ein
neuer Ausbruch erfolgt, die Nordwinde feurige Massen
und Asche nach Süden treiben und so eine no-ch größere
Katastrophe herbeiführcn werden.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 16. September
X Aus dem Stndtrat. Der Stadtrat hat in einer
gestern abgehaltenen Sitzung beschlossen, bem Großh. Amtsvor-
stand Herrn Oberregierungsvat Dr. Pfister aus Anlasz
sctnes Uebertritts in den Ruhestand in dankbarer Würdigung
der unausgesetzten, thatkrnftigen Förderung, die er während
seiner hiesigen Amtsführung den städtischen Jnteressen in wohl-

denk sein. Die Wirtschaft in der Stadthalle ist übrigens so
vorzüglich, datz in diesem Jahx sogar das Kaiser-Essen dort
stattfand.

Jnteressant für die Heidelberger sind auch die Bonner
Theaterverhältnissc. Jahrzehnte hindurch habeu die Kölner in
Bonn gespielt. Aber schou seit Jahren regte sich dagegen eine
Opposition. Schtietzlich konnten es die Bonner nicht mehr
ertragen, minderwertige Frliale von Köln zu sein. Sie haben
uun ihr Theater dem bisherigen Komiker der Kölner Gesellschaft
übertragen, der einen städtischen Zuschutz erhält und eine eigcne
Truppe zu bilden hat. Wer in Heidelberg so sehr dafür
schwärmt, datz dic Mannheimer in Heidelberg spielen möchten
— und solche Schwärmer giebt es — der möge sich nach
Bonn wenden und sich erkundigen, weshalb die Bonner von
einer solchen Vereinigung durchaus nichts mehr wissen wollen.

Hiermit schlietze ich diesen Bericht und begebe mich morgen
nach Düsseldorf zur Ausstellung.

wollcndster Gesinnung hat zuteil werden lassen, das Ehre n-
bürgerrecht der Stadt Heidelberg zu ver-
leihen.

— Von der Univcrsität. Prof. Dr. Windelband-
Stratzüurg, über dcssen Berufung nach Heidelberg vor einiger
Zeir verfrühte und zum Tetl irrige Mitteiümgen durch Lie
Presse gingen, hat nunmehr diesen Ruf erhalten und wird zum
1. April 1903 Folge leisten. Professor Wüidelband, eine hoch-
bodeulende Lehrkraft, gehört der Universität Stratzburg seit dem
7. Juni 1882 an; vorher war er als Pxivatdozenl in Leipzig
und als ordentlicher Professor in Zürich und Freiburg i. B.
thütig gewesen.

Beerdignng. Gestern Nachmittag wurde die Leiche des
verstorbenen Schrcinermeisters Peter Beck unter zahlreicher
Beteiligung von Leidtragenden der Erde übergeben. Stadt-
pfarrer Schwarz entrollte in seiner Tranerrede ein schö-
nes Charakterbild dcs Verstorbenen, worauf sich der Zug
unter Voramritt der Feuerwehrkapelle zur letzten Ruheftätte
desselben bewegte. Zahlreiche Kränze wurden am Grabe nie-
dcrgelegt, so von verschiedenen Handwerkervereinigungen von
hier und aüswärts, deren Vertreter alle dem Verstorüenen
Worte ehrenden Gedenkens widmeteu, cbenso von der hiesigen
Feuerwehr, der Schreinermeister Beck über 40 Zahre als eifri-
ges Mitglied angehört hatte. Kommandant Müller und
ein Kamerad von der gleichen Wteilung, in der der Ver-
storbene gedient hatte, gedachten dabei seiner aufs herzlichste.
Namens des hiesigen Kunstvereins legte Hofrat v. Duhn einen
Kranz nieder, indem cr die grotzen Verdienste, die sich der
Verstorbene nm den Verein erworben und dem er weit mehr
als ein Diener gewesen, in Worten wärmster Anerkennung
würdigte. Auch der gegenwärtig nicht hier anwesende erste
Vorsitzende des Vereins, Geh. Hofrat Thode, lietz durch
Herrn Welker einen Kranz niederlegen. Mit dem Eindnick,
datz ein wackerer Mann, der weit über seine eigentliche Bcrnfs-
sphäre hinausmgte, mit Meister Beck aus dem Leben geschieden
ist, verlietzen die Teilnehmer an der Leichenfeier den Fried-
hof.

** Ter Winterfahrplan der Grotzh. Badischen Bahn rst

soeben im endgiltigen Enrwurfe erschienen. Bedeutende Ver-
ändernngen gegcn deu Sommerdienst, soweit sie unsers Stadt
betreffen, bringt derselbe nicht. Auf der Strecke M ann -
b e i m - H eide ! b e r g erschsituen preu ein beschleunigter
Personenzug ab Mannheim 8,22 Ilhr uachmittags und ein
Eilzug ab Mamiheim 9,20 Uhr abends. Die Personenzüge
nach Br uchsal , die seither 8,10 Uhr vormittags, beziehungs-
weise 11,20 Uhr aüends hier abgingen, fallen aus. Der
7,57 Uhr früh Heidelberg in südlicher Richtung verlassende
Schnellzug hat im Winter keinen Anschlutz nach Bascl, sondern
wird von Offeubnrg durch den Schwarzwald nach Konstanz
goführt. Die Sonntagszüge von und nach Mannheim,
sowie von und nach Neckargemünd verkehren nur noch im
Oktober, und danu wieder im April, die auf der Schwetzinger
Strccke fallen ganz ans. — Die übrigen Abweichungen bestehen
in kleinen Veräuderungen in den Abfahrtszeiten und sind nicht
von Belang.

X Besitiwechscl. Herr Bauunternchmer W. Schneken-
burger aus Mannheim verkauste seine beiden Häuser, Werder-
straße 36—88 hier, um deu Preis von 180 000 Mark an einen
Herrn aus Fulda.

X Polizeibericht. Verhaftet wurdcn fünf Persouen und
zwar ein Korbmacher, welcher von einer auswärtigen Behörde
vcrfolgt wurde, wegen Diebstahl, ein Gerbcr wegcn Bettelci,
ein von ciner auswärtigen Behörde verfolgter Arbeitcr wegen
unerlaubter Auswandcruug, ein Dienstknecht wegen Vergehen
gegen Paragmph 176, und eine Diensünagd wegen Umher-
ziehens. Wegen Ruhestörnng bezw. Unfug kamcn gleichfalls
fünf Personen zur Anzeige.

Vo. Handschnhsheim, 16. Sept. (B o n der Ob st-
und G e mü s e aus ste llun g.) Auch gcstern war die
Ausstellung recht stark besucht, man schätzt die Zahl der Be-
sucher auf 6—700 Personen, ohne die Schulkinder, wclche
unter Führung ihrer Lehrer am Morgen anwesend waren. Vor
der Büste des Grotzherzogs sangen die Schüler einige Lieder,
um alsdann die Ansstcllung zu besichtigen. Eiuige Aussteller
hatten gestern noch vcrschiedene andere Früchte ausgestellt, so
unter anderem Herr Karl Friedrich Ganzho r n zwci
wunderschöne Tabakpflanzen, welche allgemcin bewnndert wnr-
den, umso mehr, als gerade dieser Erwcrbszweig in den letzten
Jahren hier se'hr nachgelassen hat nnd man nur noch vereinzelt
Tabakspflanzungen sicht. Nkit einem Bankctt, an wclchem em
grotzer Teil der hiesigen Einwohner teilnahm, wurde die Nus-
stclluug geschlossen. Bei demselbcn sprach Herr Naumer
allcn Mitwirkenden den Dank des Vereins aus. Herr L a u x
feierte unscrn Grotzherzog, sowie die Ausstcllcr. Sein Hoch
galt dem Landesfürsten. Bürgermeistcr F i s ch e r dankte
dcn Konsumenten für dcn zahlreichen Besuch und schlotz mit
einem Hoch auf Handschuhs'heim. Zum Schlutz gedachte Herr
Laux noch der Frauen und weihte denselben sein Glas. Die
lnstige Stimmung bci dem Bankctt hielt bis znm Schlutz
an, wozu die vorzügliche Küche uiid dcr Keller des „Trauben"-
Wirts nicht wenig beitrugen.

-tz Handschuhsheim, 15. Sept. (Ein roher Mens ch)
ist der ca. 20jährige Heiurich Schreiber von hier. Am
Samstag Mend patzte cr einem Kellner, wclcher hier in einer
Wirtschaft ausgeholfen hatte und sich auf dem Heimweg be-
sand, auf und verlangte von ihm 50 Pfg., als dicser sich wei-
gerte, dieselben herzngeben, verlangte er 2 Atark. Selbstver-
ständlich HMrde ihm auch dieses aügeschlagen, worauf er den
jimgen Mann so lange schlug, bis diesem das Blut aus Mund
und Nase flotz. Auf die Anzeige hin, welche der Kellner
machte, wurde Schreiber gestern bcrhastet.

X Schwetzingen, 15. Sept. (Der nationallibe-
ral'L Verein Mannheim) unternahm gestern einen
Ausflug nach hier, der zahlreiche Beteiligung gefunden hatte.
Herr Jakob Kuhn von Mannheim üücrbrachte die Grütze
des Parteiführers Ernst Bassermann und schlotz seine Rede mit
einem Hoch cruf Landesfürst und Landesfürftin. Professor
Schneider toastete unter stüvmischem Beifall aus die
deutsche Marine.

-i- Heidelsheim (Amt Bruchsal), 15. Sept. Ein entsetz-
licher Unglücksfall ereigncte sich gestern Abend in der Nähe von
hier. Herr Hauptlehrcr a. D. Stoll wollte mit zwet Bekannten
von einem Auflug nach Gochsheim, der in eiuem Break ge-
macht wutde, hierher zurückkehreu. Aus noch unbekannter
Ursache stürzten nun Wagen, Pfeüd und Jnsassen den steilen
Abhang der Stratze hcrab. Herr Stoll nnd der Dienstknecht
Ungelenk von hicr Wiwden noch lebewd hicrhcrgebracht, starben
aber nach wenigcn Stimdcn. Das Pferd war cbenfalls tot und
der Wagen vollständig zertrümmert. Von den aitderen Fn-
sassen kam der eine mit leichten Berletzungen davon, während
der andere unverletzt blieb. Herr Stoll hat hier 20 Jahre
lang gswirkt und trat vor ettva 6 Jahren in den Ruhestand. Er
stand hrer in hohem Ansehen.

f Karlsruhc, 15. Sept. (D i e 19. Jahresver-
sammlung desVereins gegen Mitzbrauch
geistiger Getränke) wird am 14. und 15. Oktober
in Süiügart abgehalten wcriden. Am öffcntlichen Begrüßungs'-
abend des 14. Oktober im Konzertsaal der Lisderhalle (Büchsen-
stratze 69) halten kurze Ansprachen die Herren: Senatspräsi-
dent Dr. von Strautz und Torney (Borsitzender des Vereins),
Professor Dr. von Gaitzner-Tübingen, Obcrjustizrat Schwand-
ner-Schw.-Hall, Städtdckan Oberkonsistorialvat Dr. v. Braun,
Lehrcr Dr. Lutz, Frau Staatsrat v. Göz uitd Grohh. Fabrik-

inspektor Dr. Fuchs-Karlsruhe. Jn der Hauptversammlung
des 15. Oktober vormiüags 9 Uhr tverden nach den üblichen
Begrützungen referieren: Die Paftoren Gonser-Heilbronn und
"chwarz-Warthmisen über „Verein und Wirtshaus", Dr. Beck-
Mengen üüer „Was lätzt stch zur Trinksitten-Reform bei den
öffentlichen Verkchrseinrichümgen thun?" und Paftor Doktor
Stübbe-Kiel über „Die Mitwirkung des Vereins beim Schutze
der erwerbstreibenden Jugcnd gegen die Alkoholgefahr". Jm
Zusammenhang mit der Jahresversammlung findet bereits am
13. Ottober die dritte Konferenz der Trinkerheilanstalten des
deutschen Sprachgebietes statt.

8L Badenwciler, 15. Sept. Die Kur- und Badezeit hat
sich dieses Jahr recht günstig gestaltet, und allerseits ist man
mit dem Ausfall des hcurigen FremdenvcrkehrZ recht zufrieden.
Sicherem Bernchmen nach gedenken die erbgrotzherzoglich badi-
schen Herrschaften ihren gewohnten Herbstaufenthalt auch dieses
Fahr wieder für längere Zeit hier zu nchmen. Voraussichtlich
werden die Herrschaften noch in diesem Monat hier eintreffen.

* Freiburg, 15. Sept. Jn Anbetracht der sehr hohen Vieh-
preise hat auch die hiesige Fleischeriimung eine Evhöhung für
Fleisch und Wurstwaren eintreten lassen.

j Konstanz, 15. Sept. (Das' Kriegsgericht) unter
dcm Vorsitze des' Herrn Majors Melchior verurteilte den Unter-
offizier Schwarzer vom Jnf.-Reg. Nr. 114, der Patronen-
hülsen und scharfe Patronen gestohlen und verkauft hat, wegen
schweren Diebstahls zu 5 Monaten Gefängnis, Degrädation und
Vcrschung in die 2. Klasse des Soldatenstandes.

Geschästliches.

— Wie aus dem Anseratenleil unseres Blattes zu ersehen
ist, bozieht die Ge w e r b e b a n k Heidelberg E. G. m-
b. H. morgen Mittwoch die lange Jahre von der Filiale der
Rheimschen Creditbank innegehabten Lokalitäten im v. Chelius-
schen Hause, Hauptstratze Iir. 97. Dieselben sind vollständig
neu hergerichtet, sowie ausgestattet und machen einen gedicgencn
und freundlichen Eiudruck. Die bestehenden feuer- uud dicbes-
sicheren Gewölbe hat die Gewerbebank mir übcrnommcn, und
ist dadurch in der Lage, auch hinsichtlich der Sichkrheit für die
ihr Lbergebenen Wertpapierc usw. allen Anfovderungen zu ent-
sprechen.

Kin sozialdemokratischer Irauentag.

M ü n ch e n, 14. Sept. Der gestern Vormittag begonnenen
Konferenz der sozialdcmokratischen Frau.cn Deutschlands wohn-
ten verschiedene deutsche Reichstags- und Landiagsabgeordnete,
ferncr der belgische Sozialist Vandevelte (Brüssel) bei. Man
bemerkte unter den Damen Frau v. Vollmar und Frau Adams-
Lehmann, beide aus München. Auch Fräulein Dr. Anita
Augspurg (Berlm) war anwesend. Den Vorsitz führt Frau
Zetkin (Stuttgart), als zweite Vorsitzende fungiert Fräulein
Ottile Baader (Berlin), Schriftführerin ist Frau Zietz aus
Hamburg. Reichstagsabgeordneter v. Vollmar begrüßte dic
Konferenz im Namcn der sozialdemokratischen Partei Mün-
chens.

1l. a. brachte, nach dem „Gen.-Anz.", Frau Schlesinger
(Wien) die Grütze des Wiener sozialdemokratischen Frauen-
vereins. Frau Zietz (Hamburg) sprach sodann über die Frage:
„Wie bilden wir Agitatoren heran?" Jn der sich anschlietzen-
den Diskussion wurde besonders auf die Wtchtigkeit der „klei-
nen" Agitation Vvn Frau zu Frau und im engeren verüau-
lichen Kreise hingewiesen und aus die Heüung der Bildung der
Frauen.

Jn der Nachmittagssitzung berichtete Frau Zietz (Hamburg)
Lbcr „Arbeiterinnenschntz". Nach eingehender Diskussion, in
der besonders die Fürsorge für die Frau als Mutter in den
Vordergrund gestellt wurde, wurde eine Resolntion angenorn-
mcn, worin unter anderem verlangt wird: weitere Ausgestal-
ümg des gesetzlichen Arbeiterinnenschutzes, Verkürzung der
Arbeitszeit, Acht-Sümdentag für erwachsene Arbeiterinnen,
Herabsetzung der täglichen INaximalarbeitszeit auf vier, bezw.
sechs Stunden für jugendliche Arbeiterinnen, Erhöhung der
Altersgrenze auf 18 Jahre, Einführung des obligarorischen
Fortbildungsunterrichts, bessere Schutz der lohnarbeitcnden
Schwangeren und Wöchncrinnen, Zubilligung cines Pfleg-
geldes seitens der Krankenkassen, Errichtung von Entüindungs-
anstalten, weitere Ausbildung der Beschwerdekommissionen usw.
Den Kinderschntz betreffend, wurde eine Resolution angenom-
mcn, ivclche uutcr Anderem das Verbot jeglicher Erwerbsthätig-
keit schnlpflichtiger 5tindcr und die Erhöhung des schulpslichügen
Alters auf vierz-ehn Jahre verlangt.

Jn Sachen der Hcimarbeit stimmte die Konferenz folgen-
der Rcfolution zu: „Die Konferenz trttt in der Frage des ge-
setzlichen Schutzes der Heimarbeit der Nesolution des vierten
Gewerkschaftskongresscs zu Süittgart bei: Da Heimarbeiter-
elend in hervorragendem Matze Arbeiterinnenclend ist und
die Genossinnen scit langcm der Frage dcr Heimarbeit die
gebührende Aufmerksamkcit zugewendet haben, scheint ihre
Mitarbeit an dem bevorftehenden Heimarbeitskongretz besonders
wünschenswert. Die Konferenz spricht fcrner die Ansicht aus,
datz aller Schwierigkeiten ungeachtet Versuche zur Organisie-
rung der Heünarbeiterinnen gemacht werden müssen. Als
nächster Schritt in dieser Richtung eisicheint ihr der Zusammen-
schlntz der Heimarbeiterinnen der einzelnen Bcrufe in beson-
deren Sektionen, deren Grundlage die gewerkschaftlichen Unter-
stützungseinrichümgen sind, und die den betreffenden Gewerk-
schaftsverbänden angegliedert werden. Sie empfiehlt deshalL
den gewerkschaftlich thätigen Genossinnen, eine gründliche Dis-
kussion der Fvage in den Organisationen anzuregen." Die
Konferenz wurde, wie wir bereits gestern kurz mitteilten, nach
Armahme einer Resolution, die sich gegen die Steigerung des
Fleischpretses und gegen die Grenzsperre richtct, geschlossen.

Kandet und Aerkeyr.

Mannheim. 15. Septbr. (Effektenbörse.) Die heutikie
Börse war sehr sttll. Besondere Kursveränderungen stnd nicht
;u verreichnen.

Frankfurt, 15 Septbr. Eff e kt en s o z ie t Lt. Abends 6V« Ubr.
Kreditaktien 217.60 b, Disconto-Commandit 189.30-20-30—20
b. Dresdener Bank 145 b. G. ult. u. cpt., Berliner Haudels-
gesellschaft 158.50 b, Nationalbank f. D. 118 b. G., Bangae
Ottomane 116.30 b , Lombarden 2140 b., Gotthard 177.20 b.,
4proz. Jtatiener 103.50 b. cvt.. 5proz. amort. Mexikaner 40.80
b. G., 3proz. Poriugiescn 30 80 b. G. uli., 4proz. Serben 74.90 b.,
Türk. Lose 122.80—40 b., Madrider Lose 47.80 b. cpt., Harpener
167.25 b. G., Bad. Zuckerfabrik 66.90 b. G.

6V< bis 6'/, Uhr: —.

Ungeachtet etwas schwächerer Notierungen der westlichen
Börsen zeigte sich im Abendverkehr auf allen Gebieten gut be-
hauptete Haltung. _

Neueste Nachrichten.

Müuchen, 15. Sept. (Frankf. Ztg.) Das Ministerium
des Jnnern hat die Verfügung erlassen, daß die bisherige
dreitägigeSchlachtungsfristfür österreichisches
Vieh auf fünfTageverlängert wird, sodaß nun-
mehr leichtere Einfuhr ermöglicht ist.

Münchcn, 15. Sept. Der sozialdemokratische
Parteitag ivurde hcute Vormittag durch den Retchstags-
abgeordneten Singer eröffnet, der zunächst die ansländischen
 
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