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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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UiilMloar gewesen wäee, uicht sah. Die Wahrheit ist
ferner, daß teiner seiner Regierungsniänner daran zu
arbeiten verstand, das Land aus der Gefahr zu befreien.
In eineni beii n.intei Augenblick hat ?irant'reich Zola die
Rettung seiner Gbre verdankt. sein Heil vielleicht. Die
gan;e Ilmwälzuug. die das langlebige Kabinet Waldeck-
Rousseau erinöglichte. ist dnrch Zolas Brief in Gang
gebracht worden. Tas wissen auch die Gegner der Re-
publik und des Liberalismus iu Fraukreich sehr gut.
Daher der wütende Haß. init dem sie Zola versolgt haben.

Rutzland.

Petersburg, 6. Okt. Der Finanzminister Witte
hat im Einoernehmen mit dem Minister des Aeußern,
Grafen LamSdorff, die Zulassung von Werten, Aklien und
Jnteressenscheinen dec jüdischen K o lo n isat io ns b ank
in London nach Rußland verboten.

Aus Stadt und Land.

Heiöelberg, Oktober.

fff Bon der Strasieulmlin. „Wir fahren ganz gemütlich,
hier auf der Pserdebahn, der eine Gaul der zieht nicht, der an-
dere öer ist lahm, dcr Äonduktenr der hört nicht, der Kutschcr
kann uicht seheu, und alle paar Minuten bleiüt der Rumpelkasten
stehen." Mit diesem schönen Lerschen hat man versucht, die
Poesie des Pfevdebahirwagens auszudrücken. Die Stimmung
darin ist gur, weun auch die Umstände nicht richtig — wenig-
stens für die hiesigen Verhältnisse nicht richtig — angegeben
tvurdcn. So wollen wir das Verschen heule unsecn Lesern
zum ewigeu Augedenkeu au uusere nun dahingeschiedene Pserde-
bahn für zutünftige Geschlechter widmeu. Ahnungslos, treu
bis zum letzten Augenblick ihren Pflichten genügend, zogen die
Hferde gestern Abend uach Schlutz des Theaters blumenge-
fchmückt ihre schwere Last, klang- und sanglos mutzten sie hcute
der rastlos vordringenden Kraft unseres Zeitalters, der Elek-
trizität, weichen. Stolz wie ein Spanier und mit Fähnchen ge-
schmückt gleitet seit hente Morgen die Elektrische durch die
Hauptstratze. Möge sie die auf sie gesetzten Hoffnungen er-
fiillen, auf datz wir ebenso wehmütig. einst von ihr Abschied
nehmen, wie wir nns gestern bon der Pferdebahn verabschiedet
habenI

X Schlußprobe der Feuerwehr. Sonntag früh fand öie
Schlutzprobe der Freiwilligen Feuerwehr ftart. Der Uebnng
tvohnten die Herren Qberamtmann Hebting, Amtmann
C o n r a d i, Oberbürgermeister Dr. W i l ck e u s, Bürger-
mcister W i e l a n d t, wehrere Stadträte, sowie Vertreter ans-
wärtiger Feuerwehren bei. Die bier Kompagnien standen m
Paradeaufstellung im Viereck auf dem Ludwigsplatz. Ikach
Abschreiten der Front durch den Herrn Oberamtmanu und die
anderen Herren und das Kommando, marschierte die erste Kom-
pagnie mit Musik und Fahne nach dem Marstallhof. Hier fand
nun das Schulexerzieren der einzelneu Kompagnieu stait. Als-
dann wurde ein Angriff auf die Gcwerbeschule ausgeführt.
Es wurde angeuommen, in diesem Gebände sei an der west-
Irchen Seite ein Feuer ausgebrochen, welches bei starkem Süd-
westwittd von der zuerst gerufenen Feuerwache nicht bewältigt
würde. Zur llnterstützung wurde dann üie erste, später die
zwekke Kompagnie gerufen. Um ein Uebergreifen des FeueP
auf das Transitlager zu verhindern, lvurde die dritte und vierte
Kompagnie auch noch gerufen. Alle Uebungen, sowohl das
Schulexerzieren, wie der Angriff, legten Zeugnis ab von dcr
guten Schulnug und Tüchtigkeit unserer Feuerwehr. Jn die-em
Sinne spracheu sich auch die erschienenen Behördcn, sowohl dem
Kommandanten Herrn M ü l l e r, als auch den einzelnen Kom-
pagnicführern gegenüber aus.

» Ledensversichermig betr. Man schreibi uns mit Bezug
auf eine Nngabe in nnsercm Bericht vom 2. d. über die Mann-
heimer Kaiastrophe, betr. die Lebensversichernngsgelder des
Direktors Böhm, datz nur dann die erwähnten 150 000 Mark
Prämiengelder der Konkursmasse zugute kommen, wemi die
Persicherung nicht zu Gunsten einer bestimmten dritten Per-
fönlichkeit abgeschlossen tst, andernfalls kommt die Versicherungs-
summe dieser dritten Persönlichkeit zu und die gezahlten Prä-
miengelder könncn vou der Konkursmasse nicht eingezogen wer-
den. ' Das stellt ein-e, leider weniger als notwendig bekannte
Reichsgerichtsentscheidung fest, gegen die von manchen Kon-
lursvcrwaltcrn zum Nachteil der Gläubiger gesündigt, d. h.
umsonft prozessiert wird. Die Mitteilung vom 2. d. scheint anzu-
iiehmen, als wenn eo ipso die Gelder von 150 000 Mark der
Konkursmasse zukämen. Böhm wird jedoch kaum anders als
zu Gunsten einer bestimmten Persönlichkeit versichert habe».

-i- Beachtenswerte Anerkcnnrmg wurde dem hiesigen Ver -
e i n f ür N ati o n alst e n o g r a p h i e von der gegenwärtig
in Köln tagenden Versammlung deutscher Nationalstenographen
znteil. Herr Reallehrer Götz, der eine Reihe Stenogramme
jAufuahmen mehrstündiger Debattcn) ausgestellt hatte, erhielt
den „Ehrenpreis für praktische Arbeiten", Herr Beller für seine
ftenographische Fertigkeit beim Wettschreiben von 270 Silben
in der Minute den „Ehrenpreis dcr Stadt Köln" und Herr
Gerlach für eine Fertigkeit von 200 Silben pro Miuute einen
1. Preis der Stadt Köln. Die genannten Herren gehören dem-
selben Verein an, der im Juli d. I. bei einer badischen Steno-
graphenversammlnng 16 Preise davontrug. Der Vereiu für
Nationalstenographie, der jüngste, darf auf diese iieue Aner-
kemiimg seiner Leistungen stolz sein.

** Katholische Kuraticn. Nach einer Mitteilung des Weih-
bischofs Knecht in der Mrchensteuervertretimg ist zunächst die
Errichtung von Kuratien vorgesehen in Waldhausen, Jung-
busch-Gemeinde bei Mannheim, Lindenhof, Neuenheim
bci Heidelberg, Gauangelloch, Lobenfeld, Reisenbach, Brötzin-
gen, für Baden- und Oosscheuern, Grünwinkel und Leopolds-
höhe.

X Stadthalle. Morgen um ?L12 Uhr findet eine Besich-
tigung der Stadthalle durch den Bürgerausschutz statt.

-i- SchöffengerichtSsitmng vom 6. Oktober. 1. Mathias
Wlack von Rohrbach wurde von der Anklage wegen Körperver-
tetzung freigesprochen. Marie Heinstein hier erhielt wegen
Körperverletzung eine Woche Gefängnis. 8. Franz Josef Kraft
von St. Jlgen wegen Körperverletzung drei Tage Haft. 4.
Lnigi Salin hier in Haft -wegen Körperverlehung 2 Monate
Tesängnis. 5. Heinrich Weber, Hetnrich Baust und Friedrich
Sakob Rensch von Nutzlocb erhielten wegen Körpewerletzung je
20 'Mk. Geldftrafe. 6. Georg Senn von Plankftadt tvnrde von
dcr Anklage wegen Körperverletzung freigesprochen. 7. Georg
Karl Schnorr hier erhielt wegen Körperberletzung 30 Mk. Geld-
ftäfe. 8. Luise Müller Ehefrau hier erhielt wegen Unter-
fchlagimg 4 Wochen Gefängnis. 0. Heinrich Karl Maurer hier
in Haft evhieli wegen Sachbeschädigung 3 Wochen Gefängnis.
>10. Therese Barth hier in Haft erhielt wegen Betrugs 4 Wo-
chen Gefängnis. 11. Franz Liempf hier in Haft erhielt wegen
Diebstahls vnd Unternvlacnn-' 7 W-rV-n GekänaniS.

-i- Selbstmord. Gestern Morgen schoh sich der 22jährige
Flaschner Emil KemPel in seiner Wohnung Neuschulhaus-
stratze 27 mi! eincm Revolver iu die rechte Schläfe und war
sofört tot. Motiv zur That ist unbekannt.

Vo. Potizcibericht. Verhafiet tvurden drei Personen und
zivar ein Taglöhner, wclcher von einer auswärtigen Behörde
verfolgt wurde, wcgen Diebstähls, ein Gepäckträger wegen
Rnhestörung und groben Unfugs und ein Taglöhner wegen
Landstreicherei. Zur Anzeige kamen 8 Personen, 7 wegen
Rnhestörung, ein Flaschner wcgen Körperverlehimg.

tt- Sckmttbausen, 5. Oktober. (Der hiesige Turn -

verei n) hült bente ein Zöglings-Preisturneu ab, woran 11
Zöglingc ini Tnrnen teilnah-men. 8 Preise wnrden nnter deu
Zöglingen verreilt. Möge der Berein in seincn erfolgreichen
Besrreünngen nneniwegt fortfahren.

Arannheim, 3. Okiober. (N e n e s Bauterrain.)
D-er gegenwärtige niedere Wasserstand wird der „Landesztg."
znfolge eisrig benützt, um die Verlegung des R h e i n-
dammes in der Porstadt Lindenhof fertig zu bringen. Mit-
tels Bagg-ermaschinen wird der Kies an der neuen Ueberfahrts-
stelle der Lrrdwigshafeiier Boote in bereitstehende Kippwagen
bcfördert und nach dem nahen Auffchüttungsplatz verbracht.
Durch das Vorrücken des Rheindammes wird ein p r ä ch -
tiges B a n r e r r a i n direkt am Rhein geöffner. Bisher
konnren diese Plütze, die mit dem grotzen Rheinpark einen'un-
rentablen Komplex bildeten, nichr als Banplätze.benützt werden,
da sie im B-ereich des Hochwassers lagen. Von dieser Gefahr
befreit, bietet nnn das zndem höher gelegte Terrain gesnnde
Plätze für die dort vorgesehene Villenkolonie. Aber auch für
die ganze Sradt bieret diese Neuregelung einen grohen Vorteil,
0a an Stelle des bisherigen einen schmalen Weges nach dcm
Neckaranerwal-d, der Luftstation der Mannheimer, nunmehr
eine grotze breite Fahrstraße für Führwerke, Radfahrer, Reiter
nnd besondere Futzgüngerwege angelegt werden konnten. Für
die Verkehrssicherheit bedentet dies einen groszsn Fortschritt.

Bruchsnl, 6. Oktober. (E i n e b l u t i g e S t e ch e r e i)
hat, dcr „Kraichg. Ztg." znfolge, hente wied-er einmal das
Iiachspiel eines Tanzvergnügens gebildet. Ein hiesiger Metzger-
bnrsche nämens Peter Brand wurde gegen 3 Uhr mvrgens
in der Durlacherstrasze von zwei Brüdern überfallen und durch
Messerstiche in Kopf, Arm nnd Hand so schwer verletzt, datz
scine Ueberführung vom hiesigen Spital, wo er jetzt -darnieder-
liegr, nach Heidelbertz in die Klinik nötig fallen dürfte. An
der Hand sind ihm sämtliche Sehnen durchschnitten. Vvn der
Rohheit, mit der die beiden Thäter zu Werke gegangen, kann
man sich eine Vorstellrmg machen durch die Aussage eines Zeu-
gen. 'Danach hat der eine der beideir Brüder, der den Brand
festhielt, lant gerusen: „Stech nur zrr und wenn er gleich ver-
recktl" —- Die bciden Brüder sind in Haft.

! (MI! - ...

Heidelberger Bereinsangelegenheiten.

Vo. Turnverein Nierrenheim. Ter Turnverein Neuenheim
hiclt am Sonntag Abend sein 24jähri-ges Stiftrmgsfest ab,
mit welchem zugleich eine Abfchiedsfeier für die zum Heere ein-
berufenen Tnrner verbunden war. Nach einigen vorausgegan-
genen, zum Teil recht schweren Turnübungen, welche mit grotzer
Gewandthcit exakt ausgeführt wurden, ergriff der 1. Vorstand
des Vereins, Herr Ballmann, das Wort und gedachte der
scheidenden Turner. Er betonte, dah ein wackerer Turners-
rnann anch ein tüchtiger Soldat würde und sch'lotz mit einem
Gut Heil anf die Tnrner. Znr Anspornung der Zöglinge er-
hielten fünf, welche seit dem Beginn der regelmätzigen Proben
nicht gefehlt haben, schöne Busennadeln. Hirauf wurden nnter
Lcitiing von Herrn F r a n e n f e l d einigc Pyramid-en tadel-
los dargestellri bei bengalischer Beleuchtung boten sie einen
imposanteu Anblick. Den Schlusz bildete ein Tänzchen, an
wclchem die Tnrner zahlreich teilnahmen.

XIV. Mgenieine Konferenz der deulfchen
Silltichkeils-Mereine" "

H e i d e l b e r g, 7. Okrober.

Am Montag, vormittags 9 llhr, fand im kleinen Saale
der Harmonie Vorstcrndssitzun-g und im Anschlutz daran Dele-
giertenversammlring statt. Anwesend waren etwa 30 Herren.
Der Vorsitzen-de Pfarrer Lic. We-Ler (INünchen-Gladbach) er-
üffnet die Bersammlung. Generalsekretär Henning (Berlin),
Rcichstagsabgcordneter erstattete !deri -Jahresbericht.> Eine
lebhafte Debatte schlieht sich daran an. Unter den Beschlüssen
der Versammlung erwähnen wir: Man möge Schritre thnn,
um in den Vorstand der neu gegründeteir deurschen Gesell-
schafr znr Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten das bewährre
Konferenzmitglied, ReiclKtagsabgcordneten und Sanitätsrat
Dr. Höffel aus Buchsweiler zu wählen, damir dersclbe die
chrisrlichen uud sitrlichen Forderungen der Konferenz wirksa-m
vertrete. Ueber den Mitzstand in Theatern nnd Varietes
einigte man sich da-hin, datz die Landesgesetzgebung angegangen
werden soll, den schwankenden und widerspruchsvollen Ent-
scheidungen der Verwaltun-gsbehörden auf gesetzlichem Wege
einheitltch zn regeln. Die Mitwirkung der Kinder in Varietes
und Theatern soll mit Hilfe der Lehrer eingeschränkt werden.

Darauf erstattet der Kassier Dartsch den Kcrssenbericht.

Am Nachmitag fand die Hanptvcrsammlung im großen
Saal der Harmonie sratt. Um halb 5 llhr eröffnete der Vor-
sitzende Lic. Weber-München-Gladbach die Versammlung mit
Gesang des Liedes „Jch bete an die Macht der Liebe" und mit
einem Hoch auf Grohherzog und Kaiser. Anweseird ea.
100 Männer und Franen. Dre Konferenz wir'ö namens des
Ministeriums des Fnnern von Herrn Oberamtmaim Hebting,
namens der Stadtgemeinde Heidelberg von dem Herrn Ober-
bürgermeister Wilckens nnd namens des Oberkirchenrats von
Herrn Pfarrer Schmitthenner in Heidelberg begrützk, des-
gleichen von dem Präs-es des katholischen Charitasverbandes,
Professor Werrhmann in Freiburg.

Pastor Lic. Dr. Dreckmann aus Hessen hält einen ein-
stündigen Bortrag über „Zerstörende Mächte in unserem
Volksleben". An der Hand von B-ebels Buch „Die Frau nnd
der Sozialismus" beleuchtet der Referent die Zustände unserer
modernen Geselkschaft, rmd findet nur in der heiligenden Macht
des' Evangelinms die Kraft einer Erneuerrrng des Volksleberrs,
ohne damit die wirtschaftlichen Mitzstände gering zn schätzen,
die die Prostituti-on befördern. Ein Mittel zur Besserung er-
blickt Rcferent in der Dezentralisation hes Volkslebens. D-er
Vortragende erntet für -seine mit grotze-m Ernste und heiliger
Begeisterrmg vorgetragenen Ausführungen- groszen Beifall. Der
Korreferent Fritsch-Ruppertsburg schränkt die Vorwürfe des
Vorredners gegen das dentsche Volk etwas ein, bestreitet aber
nicht die Pflicht, die Unzucht klar ins Auge zu fassen nnd
bezeichnet den Marnmonismus und Alko^olismus, Änimier-
kneipen, Tingeltangel und manche Art von Variete (nichtNrlle),
die französischen nnd dentschen Ehebruchsstücke als Ursachen der
herrschenden ltnsittlichkeit.

Abends halb S Uhr fand eine Frauenversammlung im
Groszen Saal der Harmonie statt. Änwesend waren Frauen
aus allen Ständen. Nach dem Gesang des Liedes: „Jch bete an
die Macht der Liebe" begrützte Pfarrer M ä tz o l d-Dresden
die Versammlung und erteilte dern Superiüdenten Niemann-
Kyrih das Wort zu einem Vortrag über Mutterpflicht und
Mutterrecht. Derselbe weist eingangs darauf hin, -datz gerade
im Kampf gegen die Unsittlichkeit die Mithilfe der Frauen-
welt nötig sei, -besonders müsse das ch-ristliche Familienleben um
seden Preis gestärkt werden, auch besonders gegenüLer der auch
hierin- sehr bedenklichen Stellrmg der Vertreter der ra-dikalen
Frauenbeivegung. Nachdem er ausgeführt, datz im Alltags-
leben Pflichten und Rechte nicht völlig von ernander geirennt
werden können, fi'chrt er im Einzelnen aus, wie bedauerlich es
sei, datz ein Terl der nnverheirattt blechenden Frauen von
dem höchsten, edelsten Berrif dcr Fran, Mutter zu sein, arrs-
geschlossen sei. Hier liege ein grotzer sozialer Notstand bor,
gegen den alle Volksfreunde ankämpfen rnüssen. Wie grotz
der Ernfluß der Frau für die Gestaltung des Haus- und Fa-
mrlienlebens ist, wird im Einzelnen nachgewiesen. Bon dem

Augenblick an, da das zarte Kind geboren wird, ist der rechren
Muttcr eine so gewaltrge Verpflichttmg aufs Herz und Gewisserr
gelegt, gcgenüber dem kleinen hilflosen Wesen, das fie hülem
nähren rmd Pflegen mutz. Jn der Hand der Mutter liegt M
der Hauptsache die Erziehung der heranwachseirdeil Kinder.
Oierade hiec offenöart die Frau ein Maß von Kraft und Wider-
stands- inw Änfopfernmgsfähigkeit, wie sonst kaum gefundeN
wtrd.^ Jn der Atmosphüre eines christlichen Familienlebens
wachsen anch die Söhne heran zn sirrlichen Charakteren, die ihrs
Mutrer zeitlebens segnen, weil sie dem Einslnh der Mutrer
die wichlige Welt- mid Lebensanschauring verdanken. Hier
wird es auch der Mutter gelingen, sich das Vertrauen der
heranwackisenden Kinder zu sichern bis in die Sturm rmd Drang-
periode hinein. Die Hauptsache bei der Erzieyung sei nicht viel
Reden, sondern der vorbildliche Wandel. Nachdem noch aus
die besonderen sittlichen Gefahren der Gegemvart —- auf die
jetzige Verflachung nnd Vcräuszerlichung des FamilienlcbenZ
oft durch Schnld der Nluttcr und auf die schädlichen Einflüsse
der modernen Knnst nnd Litteratur hingewiesen isr, wird derrr
allen gegenüber nrir eindringlichen Worten um' die Mithilfe der
Miitter gcbcten. Nnr so ka»n nnserem Volk das christliche Fa-
milienleben erhalten werden als das Hciligtnm des Glau-
bens, als die Burg der Frerheit, als der Onellort der Liebe,
als der Ansgangspnnkr wahrer, edler Bildung.

Die Versammlnng nahm die eindringlichen Worre des
Redners beifällig auf.

Eingesandt.

Heidelbcrg, 7. Oktober. Sollten sich in Heidelberg, bei der
Straßenbalm Kinderkarten so schlecht rentieren? Jn dein gesieri!
heraiisgegebenen Tarif steht nichts dcwon, daß mait wclckie be>
kommt.

Heidelberg, das sich gerne als beranwachsende Groß- nnd
Frern denstadt rnhmt, sollte solche fiir unnötig halten?

Wäre es nnbescheiden, die verehrl. Direktion zn bitten, Kinder-
fahrkarten einznfiihren, ähnlich anoern grotzen Städten, z. B.
Maimheim.

Viele Eltern wiirden bei. weitem Schnlgange, schlechtem Wstter
n. s. w. ihre Kinder gerne fahrcn lassen; hat nian 2—3 Ainver,
welche die Schnle besnchen, kommt es selbst bei einer Karts zu
teuer, fährt doch ein Kind in Monnheim fiir 5 Pfg. lustig z::r
Schnle und was Andere können, können wir a»ch.

Einer fiir Viele.

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Aer Kultusminister uon Koßter und die
studentische Mensnr.

Ein Leser der „Täglichen Rimdschau" teilr nachsrchende
Begebenheir mit: Es war im Sommer 1889, und ich war ein
fröhlicher Korpsbnrsch an dcr Saale hellem Strande in Halle.
Wir hatten unsere osfizielle Fechtstnnde und fochren eifrig
anf dem alteu nnd hühlichen Kontraboden, da rhar sich die
Thür auf, und in Begleirnng des Universitärsrichters uud des
Fechtlehrers erschien ein 'Herr, der sich als Se. Excellenz der
Herr Kultusminister v. Gotzler auswies und dcn Wunsch
äußerte, mal an einer markicrten Mensnr zu sehen, wie denn
'heute gefochten würde. Ein Korpsbruder und ich iduröen zu
Paukanten bestimmt, ein Unparteiischer pflanzte sich nrir wicb-
tiger Miene auf. Seknndaiiten und Testanten sprangen hinzu,
die Korona schlotz einen Kreis, rmd nnn ging es los: „Aus Sis
Mensurl" „Fertig!" „Losl" — „Hält." „Herr Unparreiischer,
bitte drüben einen Blntigen zu konftatieren." „Sitzt." „Silen-
tium, ein Bluriger auf Seircn von G." — „Herr Unparteiischer,
ioir bitten um Bandagenpanse." „Lilenrium, Bandagenpause."
— „Herr Unparteiischer, von nnserer Seite kcmits weirer
gehen." „Silenrinm, Bandagenpause ex. Mensur geht weiter."
Wir standen Vvrschriftsmätzig wie die Pfähle, vhne einen
Muskel des Rumpfes zu rühren, die Quarten, Durchzieher und
Hakenquarten prasselten auf die Fechthauben, die Sekundanien
schnauzten und es war in dem engen Raume ein Kcrmpfes-
getöse, schlimmer als auf der Menfur. Der Kulrusminister
hatte seine helle Frende an uns-erem Eifer, und als er darüber
ein paar anerkennende Worte sprach, sa-gte dcr.Fechtlehrer mir
Stolz: „Ja, und die Herren habe heute schon blurige Mensur
gefochten." Das stimmte, wir harten beide am selben Morgen
im Wein-berg jenseits der Saäle „unberührt abgestochen."
Der Herr Universirätslehrer machte ein unbeschreibliches Ge-
sicht, als er zwei der oon ihm amtlich zu versolgeuüen Ver-
brecher in greifbarer Nähe sah, aber er mutzte schou wohlwol-
lend lücheln, als der Minister mit einer leichten Berbeugung
seinen Hut schwenkend, sagte: „Jch gratuliere und spreche Jhnen
mein Ersraimen und meine Anerkennnng dafür aus, datz Sie
nach einer blutigen Mensur noch so viel Jnteresse und Eifer
besitzen, nm am selben Tage den Fechtboden zu besuchen. Das
isr mir ein erfren'licher Beweis dafür, datz die Arende am
Fechten nvch einen wefentüchen Teil unseres Srudentenlebens
ausfüllt. Äber Jhre heutige Fechtart gefällr mir nichr, üas
ist gar kein Fechten, sondern ein planloses Drauflosbolzen.
Irüher durften wir nns bewegen, lauern, answeichen unö
'rm günstigen Äugeirblick draufschlagen. Da will ich Jhnen
mal zeigen, wie ich als junger Heidelberger Korpsbursch ab-
gestochen habe." Und nun lieh sich Se. Excellenz ernen Korb-
schläger geben und drang, in der linken Hand den Zylinder,
auf nnseren Fechtlehrer ein, der mit duldsamer Milde den um
ihn rorierenden, imgestüm vorgehenden, zurückweichenden und
felbstverständlich siegreichen Fechter abwehtte. Der Minister
fah sich dann noch Uebungen eines stiidentischen Turiioereins
an und äußerte, er freue sich über den Erfer, mtt dem hier die
körperlichen Uebungen betrieben wür-den. Er würrsche, dah alles
geschehe, um die Freude am Fechten und Turnen zu erhalten
und sichere jede Unterstütznng zu. Die Folge davon war, datz
alte Pläne nun endlich mit Ernst in Angriff genommen wur-
den. Das enge und häßliche Haus wurde abgerissen, eine
breite Promenade durchgelegt, und in der dahinter gelegenen
M-oritzbiirg große lichte Turn- und Fechtsäle eingerichtet. Heutt:
besitzt die Hallesche Studentenschaft in der herrlichen aüs
der Saale ragenden Bnrgruine den schönsten Fechiboden auk
deutschen Hochschulen.

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Kleine Zeitung.

— Eine charaktrristische Gcschichte aus dem chincsischeu
Stndcntcnlcben wird aus Japau berichtet. Der chinesische
Gesaudte in Iapau hat die Pslicht, den chinesisckzen Zlu-
denten, melche in Japan stndieren wollen, ein Führnngs-
attest auszustellen. Dieser Beamte scheint es mit seine:
Pflicht doch nicht sehr ernst genomnien zu haben, und so
mußien die armen Chinesen statt ihren Wifsensdurst be-
friedigen zn tönnen, sich unthätig in Tokio herumtreiben,
Als die Stndenten durch verschisdene Gesuche nnd Vor-
stellurigen ni-chts erreichen konnten, marschiecte die ganze
Gesellschast in corpore nach der chinesischen Gesandtschaft,
erzwang den Eintritt nnd drang fchließlich in das Privat-
zimmer des Gefandten. Se, Exzellenz wurde beim Zopf
ergriffen, man riß ihm bie Kleider vom Rücken und ver-
abreichte ihm mit Stöcken nnd Fäusten einen gehörigen
Denkzettel. Nur das Herbeieilen japanischer Polizisten
verhÜtete Schlimmeres, da die Stndenten beabsichtigteist
das Gebäüde in Brand zn stecken. Der Ausgang dsr
Affaire ist dnrchaus chinesisch. Die Studenten erhielten


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