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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0692

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Iahro später zum Oberst. Seine Eriieimuug zuiu Genc-
ralmajar ersolgte im April 1884, den Raug als General-
leutuaut erreichte der Verstorbeue 1888; als solcher war
er in Haunover Stadttommandaut und wurde alsdann
zur Tisposition gestellt. Die Beerdigung des verstorbenen
Generals wird in Hannover stattfindcn.

Hage n (Westfalen), 8. Oktober. Jn der öffent-
lichen Verhandlung der Generalversa m m l u n g
des evangelischen Bundes gelangte fol-
gende Resolntion zur einstimmigen Aunahme: 1. Jn
ilebereiustimmttug mit der Proviuzialversammluug dcs
rheinischen Hauptvereins gab die Versamnilung ihrem
Bedauern über die Ministerialverfügnug Ansdrnck, dnrch
welche die Aufstellung und Verlegung von Altären anf
öffentlichen Straszen uud Plätzen 'bei Frohuleichnams-
nud auderen althergebrachten und noch zu genehmigeitdeu
Prozessioueu wiederruflich gestattet, nud als einzlger
Gruud der Verfaguug die zu besürchtende Störung im
Verkehr uud iu der öffentlicheu Orduuug hingestellt
wird. Eine zweite Resolution betrifft die Landesver-
sammluug reichsdentscher evaugelischer Geistlichcn ans
Oesterreich in Widerspruch mit den in Oesterreich be-
steheuden Gesetzen der Glaubensfreihcit. Jn einer dpit-
ten Resolution spricht die Generalversammlnng ihre Ge-
nugthunug ans über die Entschiedeuhcit, niit dcr die
b a d ische Bevölkerung die auf Eiuführung von M ä n-
nerklö st e r n gerichtete Forderung des Ultramon-
tauic'Mus zurückgewiesen hat. Eiue vierte Resolutiou
erklärt die frendige Zustimmung zu der vou der prenszi-
schen Regieruug zum Schntze des Dentschtums in den
Ostmarken getroffenen Mafzregeln. In eincr fünften
Resolution giebt die Generalversammlilng der Hoffnung
Ansdruck, dasz die auf einen engeren Znsammcuschlus; der
deutscheu evangelischen Landeskirchen gerichteteu Bestre-
buugeii von Erfolg begleitet seiu niögeu.

Baden.

ItO Karlsruhe, 8. Oktdber. Vorgesteru satid
in Eggenstciu eiue konservative Parteiver -
s a m m lung statt. Direktor Hoffmann-Karlsruhe
sprach über die Politische Lage mit bcsonderer Berücksich-
tignng der Stellnugnahme der künstigen Reichstagsabge-
ordueteu zu den landwirtschaftlichen Frageu. Gegen-
wärtig, so sührte Redner nach einem Bericht der „Bad.
Post" aus, wird wieder einmal gegen die Landwirte ge-
hetzt, als ob sie schnld wären an der Fleischtenernug. Vor-
her wurden sie als Brotwucherer angeklagt, wcil sie einen
höhereu Zollschntz für die landwirtschaftlicheu Produkte
sordern, der unbedingt notwendig ist, um die Landwirt-
schast ani Lebeii zu erhalteu. Diese Hetze geht zumeist
vou deu oppositionellcn Parteien aus, deu Freisiunigen
Demokrateu uud Sozialdemokrateu. Gegen diese gilt es
daher, Stelliiug zu nehmen. Voraussichtlich werdcn im
Wahlkreise Karlsruhe-Bruchsal drei Kaudidateu aufge-
stellt werden, ein uatioualliberaler, eiu Zeutrumskaudi-
dat nud eiu Sozialdemokrat. Ob die Kouservativen nnd
dcr Buud der Laudwirte einen eigeneu Kandidaten anf-
stelleu werdeu, ist noch uubestiinmt. Wenn die National-
li'beralen eiueu evaugelischen staatstrcuen Mauu aufstel-
len, der sich anf das laudwirtschaftliche Programm dcr
Konservativeii uud des Bundes verpflichtet, wird eiue
eigene .Kandidatur vielleicht uicht uötig. Der konfessiouelle
Zaukapfel darf vor allem nicht aufgegriffen werden,
denu es sollte als selbstverständlich gelten. dasz bei über-
wiegeud evangelischeu Wählsru eiu evaugelischer Kaudibat
aufgsstellt wird, dem die Minorität der Katholikeu ihre
Stimmeu gebeu sollten, wie nmgekehrt die Nufstellung
eiucs katholischeu Kaudidaten bercchtigt erscheiuen musz.
ES gilt, eiue Verständiguug zwischen Stadt imd Laud ziz
sucheu, die Geister zu versöhueu, sie auf eiueu gemeiu-
sameu Bodeu ziisainmen'uführeu, um 'die Feiude der
Laudwirlübast zu bckämpfeu.

Ausland.

Frankreick.

P a r i s, 9. Oktober. Die französischen Erzbischöfe
nnd Bischöfe habeu an die Senatoren nnd Abgeordneten
ein maßvoll gehalteues Schreibeu gerichtet, in dem es
heißt, das ganze liberale Fraukreich ohue Unterschied der
Partei uud des Glaubens hoffe, das Parlauient werdc
die Grnndjätze dcr Gewissensfreiheit nicht verletzen nnd
deu 600 Kougregationen, die daru m n a ch s u ch e n,
die Geuehinigung erteilen. Es sei eiu Jrrtum, anzuneh-
nieu, dasz der weltliche Klerus seiuc Sache vou der der
Ordeusgeistlichkeit trennen könute.

P a r i s, 9. Oktober. Die Erkläruug des aIlge -

> m e i u e n B e r g a r b e i t e r a u s st a u d c s wird iu
der Presse aller Parteien sehr ernst aufgenommen. Selbst
die konjervativcn Blätter geben zn, daß das nationale
Komitee durch die Ansstandsbewegung in Nordfraukreich
mit fortgerissen wnrde nnd nicht mehr andcrs konnte,
als den allgemeincn Ansstand zn Proklaniieren. Die
Blätter, welche den Uuternchmerkreiseu nahestehen, ver-
sichern, das; die Eisenbahn-, sowie die Schiff- und Gas-
gesellschaften mit genügeudem Kohleuvorrat versehen
sind. „Libre Parolc" nud ähuliche Blätter jammern,
dasz der französischc Streik der ausländischcn Kohlen-
industrie zu Gute komme. Es v'erlautet, die Mitglicder
des Ausschusses der Bergarbeiter richteteu, uachdem ge-
stern der Beschluß über deu Gcsamtansstand' gefaßt
wurde, eiu Sch r e i b e n an deu M i n i st c r p r ä s i -
denten und an den Ansschusz der Kohlenbergwerks-
gesellschaften. Der „Matiu" vermutet, daß der Brief noch
einen Vc><.ich zuuwA usglei ch bildeu soll.

Kongreß zur internationaten Wekämpfung
des Mädchenhandets.

Frankfnrt a. M., 8. Oktober. Jn der Nach-
mitlagssitzuug des zweiteu Kongresses zur internatio-
ualen Bekämpsung des Bl'ädchenhandels, an der 260
Pcrsonen teilnahmen, führte Earl of Aberdeen
den Vorsitz. Derselbe hielt eine Ansprache, in -der er
vorschlug, an die französische Regicrnng ein Telegramm
abzusenden, in dem dcr Kongreß der französischen Re-
gierung besten Dank dafiir sage, daß sie die Konferenz
von offiziellen RegiernngLvertretern im Juli 1902 ein-
berufen habe, nud die Hoffniiug ansspricht, daß die Be-
schlüsse der Konfercnz iu möglichst knrzer Zeit bestätigt
und ausgeführt werden möchteu. Sodauu sprach Se-
uator B e r e n g e r - Paris über die Aufgabe der Rc-
gicrnugeu iu der Bekäiupsuug des Blädcheuhandels. Der
Mädchenhandel als internationalcs Vepbrecheu, führte
Redner aus, köune uur durch gemeiusame von den Re-
gieruugen uuternommcne PRaßnahmen zur Feststellung
des Thatbestandes nnd zur Bestrafnng iiuterdrückt wer-
den. Er besprach dic Beschliisse dcr Pariser Kouferenz,
die sich sür gesetzlichcu Schutz Minderjähriger ausge-
sprochen, abcr keine Einiguug bezüglich der Bestrafung
-der Zurückhaltnng von Fraueu iu öffentlichcn Häusern
crzielt habe; die Koufereuz habe vielmehr erklärt, sich
jeden Eingriff in die hieriiber geltende Gesetzgebung -der
eiuzelnen Staaten zu euthalten. Uuterstaatssekretär
v. M a y r-München begrüudete deu Autrag des dentscheu
Iiationalkouiitees, wouach in cilleu Ländern bei etwaiger
Rcvisiou der Strafgesetzbücher gleichlauteude Gruudsätze
bezüglich der Sittlichkeitsverbrecheu durchgeführt werden
möchten. Der Vorfitzcndc empfiehlt Ueberweisung der
Anträge v. Mayr an die einzelneu Nationalkomitces.
ObeiBa'bbiuer W e r u e r-Müuclien machte Vorschläge
zur streugsteu Bestrafuug des Versuchs, ein Mädchen zu
verkaufen. Der Kougreß nahm sodaun einen Vorschlag
Berengers an, wonach der Kongres; deu von der Pariscr
Lkonserenz gesaßten Beschlüsscn beipflichtet und deu be-
teiligteu Regiernngeu dankt.

Frankf u r t, 9. Oktober. Heutc wurde über die
A n f g abeu des N a t i o n a l k o m i t e e s referiert.
Die Berichterstattuug durch Pfarrer B u r ck h a r d t -
Berliu, eiuen tüchtigen Redner, ist uach der „Arkf. Ztg."
klar nnd grün-dlich. Er erörtert die deu illationalkoiuitees
erwachseude Arbeit uach drei Richtiiugen: das Komitee
soll als Fustauz für sich, als Biindesgenosse der Regie-
ruug uud eudlich alc- Glied iu der Kette der iuternatio-
ualen Organisation arbeiteu. Das Eiutreten der Regic-
ruugen macht die Arbeit uud -die Bestrebuugen der Na-
tioualkomitees uicht überflüssig; für sie ist uicht das Ende
da, souderu ua-ch der Meiuuug des. Reduers uun erst
der rechte Boden für cine euergische uud fruchtbare Wirk-
samkeit gewonueu. Die Hilse, die Staat und National-
komitee sich zu leisteu habpu, ist eiue wechselseitige. Der
Reduer macht schließlich folgeude drci Vorschläge:

1. Der Kongreß empfichlt jedem Natioualkomitee,
Zweigkomitees zu bilden, uüt der Regiernug, sowie mit
allen gröszeren für nusere Frage iuteressierteu Vereinen
seiues Laudes iu Verbiiiduug zu trcteu und iu jedcm
Jahre eiue Nationalkonfereuz zn veranstalten.

2. Der Kongreß beschließt die Bildung eines möglichst
zentralgelegeneu Arbeits»- oder iFu^ormatiünsburcaus,
mit dessen Bildung eiu eugerer Ausschuß bcauftragt wird,
das in engster Fühluug uüt dem leiteiiden Komitee iu
Loudon zu atbeiten haben würde uud dessen Kosteü vom
Kongreß bezw. den iu ihm vertretcneu Zcatioualkomitees
aufgebracht werdcn sollen.

:!. Der K'ougreß beauftragt das ^itende Konritce, >"
allcn Läudern, iu dcuen Nationalkomitees noch nicht bs'
stcheu, solche uuter Hilfe der verschiedenen NationalkoMtz
tees baldigst ius Lebcn zu rnfen. Wo -die Bildung eineS
eigentlichen Nationalkomitees nicht angängig ist, süm
Kommissionen zn bilden, bezw. Vertranenspersonen
gewinne» nud diesen Verbindnng mit den enroPäisckM
Gesaudten oder Konsnln zu verschaffen.

Wladame Vincen t-Paris, eine temperamentvolll
Redneriu, erhcbt den Vorwurf, daß man die answärtigeN
Delegierteu förmlich iiberrnmpelt habe. Auf allen im
ternationaleu Kougressen sei es üblich, -die Del-egiertetz
zeitig über wichtige Anträge zu informieren. Dieses sel
hier uicht gescheheu, ja maii habe sogar den französischeü
Delegierteu uicht einmal „une traduction snffisante" ge"
liefert. Tie Rednerin beantragt, die Frage bis zuM
uächsteu Kougreß zurückznstellen, damit die einzcluen Nw
tioiialkomitceS sich schlüssig ma-chen könuen. Pfai^e^
Burckhardt stimmt dem Viuceutscheu Norschlag bei, wiU
aber die Angelegenheit schon im Lanfe des Jahres am
schriftlichem Wege durch die einzelnen Nationalkomitees
erledigt wisseu.

Der kombiuierte Vinceut-Bnrckhardtsche Vorschlag
wird angenomuien.


Weater- und Kunstnachrichlen.

Mnnnliciiii, 8. Lktober. Gastspicl der Madaine
Charlottc W i e h c. Angesichts des dcmnächstigcn Gast^
spicls der cmincnicn dänisch-pariscr Künstlcrin Madamc Char^
iolte Wiehc im Hofrhcatcr zu Mannhcim, dürfte nnscre Lesct
cin Äuszug aus dcm Artikel cines N(itarbeiters des Parisel
„Figaro" intercssiercn, dcn er gelcgenrlich dcs Anftretens det
nnüdcrtrcfflichcn nnd gcistvollcn Künftlerin im intüncn Ärcist
dcr dnnischen Konigsfmnile als Au-genzeugc schrieü: Auf Jni^
tiative dcr Kaiscrinwitwe von Rnßland und dcr Königin vott
England, hattc Ntadame Charlotte Wiehe, dic „klcinc llotte",
wie ihr popnlärcr Nmnc in ganz Dänemark lautct, die hohe
Ehrc, mit Znstimmung dcs Königs zu ciner fmniliärcn Soirec
dcr Fürstlichkcitcn nach Schloß Fredenborg geladen zu werden,
einc Ehrc, dcrcn auch der Berichtcrstattcr teilhafkig wnrdc.
„Um v Uhr," so crzählr er, „berratcn wir un-ter Führung dcs
M. H. Bcrcny dcn Gartcnsaal, wo das berühmte Mimodraina
des letztcn jungcn nngarischen Mcisters „lta Main" aufgcführt
wcrden sollrc. Zwci bcrcjts anwesende Pcrsoncn cmpfingcN
nns mit dcr Frage, ob nns diese Aufführnng auch nicht wirklich
zn vicl Mühc verursachte — cine Licbcnswürdigkcit, die um sn
vicl mchr Wcrt hattc, als die Fragenden kcine Gcringercn als
S. M. König Christian nnd Prinz Waldcmar warcn. KnrZ
daranf bctraten die Kaiserinwitwe Dagmar von Rußland, die
Äönigin Alcxandra nnd Äönig Ednard VII. von England dctt
Saal. Jhncn folgtcn Äönig Georg von Gricchenland, dcr
Äronprinz von Dänemark, -dcr Grotzfürst Michailowitsch, dcr
Äronprinz twn Schwcdcn, dcr Prinzregcnt von Kreta, dü
Kronprinzcssin Thhra von Dänemark, die Pnnzessimiei! Mattd
nnd Luise von En-gland, die Prinzessin vom -Schaumburg-Lippe,
dcr Großhcrzog von Oldcnburg und andcre Fürstlichkeitctt
mchr, — cin Parterrc, wie man sich es glänzcndcr nicht wiiii-
schcn kann. Die Vorstcllun-g begann und vom Augcnblicke
rhrcs Anftrctcns an wurde dic wnndcrbare Leistung von Char-
lotte Wiche, die ihr Gatte, Hcrr M. H. Bcrcny am Pianv
beglcitcrc, durch dcn lcbhaftc» Beifall dcr fürstlichcn Gäste
ansgezcichnct nnd als dcr Vorhang gcfallen war, sah sich dw
glückliche Äünstlcrin im Ru förmlich umringt von dcn gckrönten
Häuptern, dic sich in dcn höchsten Lobsprüchen übcr ihre phä^

nomcnalc Lcistnng crgingcn und sie zu ihrcm großen Pariscc
Erfolg bcglückwünschtcn. Die Äönigin Alcxandra aber rcichte
ihr bcim Schcidcn die Hand nnd ricf ihr cin licbcnswürdige-
„Auf Wiedcrsc-Hcn in- London, nicht wahr'S" zu." — Dcr Ern-
pfan-g, den man dcr „klcinen Lotte" hier bcrcitcn wird, dürsre
dem bct dcr Äöniglichcn Soiree bon Fredcnsborg an Wärme
nicht n-achstchcn.

«eschätts verlegung.

»lqwsr vortsn Luml'wksk-. sowis cksm gssllctsn k'ubülrulü
von lisr uuä Lusvrü ts rur Lskülligsu Lsnotais, äus? ioll msia
Oesollükc von cksr Lnlaxs 14 nsoll äsr

vsrlegt llubo

Nstn OMollilkt ist, vüs kslunst, äuroll sstns Isiäungs-
l-llliKsit unübs! tr okks n un Ollle, LlSALllr u. xsvis,sll-
kllktsstsr Vsea,vv3itull§.

U6rr6llkl6iävr-1i686ttLtt

Aottgang Aeck,

U»upt8tr»88v 48

Uotzs cksr ^.tzllcksMtsstrllsss.

Das Schauspicl wollte er dem Kcrl doch nicht bereiteii. Da-
mit sic morgcn in Trcssin nnd der gaiizen Nachüarschaft her-
nmklatschtcn, cr hätte seinem Jnspcktor cinc Szcne gemacht,
wcil cr cincn bcsscren Wein auf den Tisch gcsetzt.

So übcrhörtc cr die letzten Wortc, verschob die Abrcchimng
anf spätcr nnd licß sich etncn Löffcl gcüen, nm die Bowlc
zn kostcn.

„Hm, hm" — cr kaute das Gctränk förmlich auf der
Zungc — „kommt mir etwas stark vor. Was ist -deuu da
alles drin?"

„Nnr Mosel. Selter- und Zuckerwasscr, cin Schnß Kognak
und cinc Flasche Bowlcnsckt . . . genau nach Fhrcm Rezeptl"

„So . . . abcr noch biel zu starkl Kann noch etwas ver-
längcrt werdcn."

Ohne sich nm Platcns langwerdendes Gcsicht zu kümmcrn,
goß dcr Altc noch einige Seltcrflaschcn nnd gewöhnliches
Wasscr in dic wohlberechnete und geglückte Mischung, warf
darnach Zucker hinein und kostete dann das Gebräu wicdcr
nm.

„So — jctzt scheint's ja so cinigcrmaßen . . . Und nun
schnell einsüllen."

Mit nicht ganz nnberechtigtem Mißtraucn ließ dcr Oekono-
micrat -vor scinen Angen die Glasbawlc filllcn nnd nnhm Fo-
chen nnd das Gefäß glcich mit sich. Etivas verblüfft schaute
ihnen Platcn nach.

Aber das Glasgcfäß hatte nur -den -vicrtcn Tcil der Misch-
ung vcrschlungcn. Den Rcst verstärkte cr dnrch Rheinwein und
echten Chämpagncr von neucm. Die Ehre dcs Haüses, in das
cr hineinheiraten wollte, lag ihm am Herzen. Die Gäste
sollten nicht sagen, daß sic hicr schäbig bewirtet worden seieu.

Frcilich, morgen, kvenu der dllte scincu Keller rcvidicrte
und — das that cr zweifellos — da ivürdc es ivohl ein Don-
nerivctter absctzen. Aber er fürchtetc -diesen Donner nicht mehr;
der Gutsbesitzcr brauchte ihn, er hatte den Löwcn gczähmt.
Nuch würde er dcn Schaden gern aus scincr Tasche decken.
Ilnd hochbefriedigt von seinem Werk, ging er in den Gavten
zn dcn Gästen zurück.

Es dämmcrte schon, und die Bowle ivar -bercits zum drit-
tenm-al crneuert wordcn, als dcr Oekonomierat, der zseit
einiger Zeit im Pech war, dic Kartcn bciseite legte, nm eine
kleine Jnspektionsreise anzntreten.

Von ällen Seitcn crschalltcn Lärm un-d Gclächtcr. Jn der
großen Scheuiie krcischten, fiüelten. schrien und stampften sie
wie dic Verrücktcn. Ganz Trcssin crichien cin großer Fest-
saal.

Den Teufel auch, das konnte er eigentlich nicht ausstehen,
diese Bacchantenlusti ErstenS ging das alles aus seiner
Tasche (und das war an sich schmerzlich genug); und dann
konnte cr fröhliche Gesichtcr nnd lachcnde, krcischende Men-
schcn überhaupt nicht leiden— besoffene schon gar nicht.

Wer wciß, was sie allcs trieben, was sic ihm alles rui-
nicrtcnl Da mnßte mmi denn doch mal nach dcm Rechten sehen.
Er liebte es überhaupt, ganz unerwarlct inmittcn scincr Leute
anfzutauchen.

-Er erhob sich vom Tisch, mußte sich aber gleich ivicder
setzen. Teufel auch— dcr schwcre Rotspohn nn-d dann die
Bowlc! Merkwürdig, je mehr er davon trank, desto besser
schmcckte sie. Solch gcpantschtcs Zeug ging zwar wie Oek
ein, machte aber auch einen Mordsvansch, Zum Glück merkte
cs keiner — sie schrien und lalltcn alle selbcr, seine Gäste,

Mit dcs Pastors Stock, den diescr rheumatische Herr
stets zur Hand hatte, gin-g cs aber vortrcfflich, Er nahm das
Rohr, gab sich einen Ruck und humpelte fort, nicht ohne dem
Jnspektor, der ihn zu solchen Extrabaganzen und Ausgaben
verleitct, noch vorher ctnen wütcndcn Blick zuzuschleudern.

Der merkte es freilich nicht — -lvar wohl sclbst berauscht.
Wenigstens lachte nnd lärmte dcr Mensch drüben iu der
Aristokrateneckc, wo sic schon bei gewisscn Anekdotcn waren, am
allerlautesten.

Da sahen der alte Baron Maltenitz und der Graf Letten«
'bach nnd die zwci Herren von Sellentien. Und sein Fnspektor
führtc das große Wort, erzählte einen Witz nach dem anderen;
unb die Herren lachten sich halb tot, stießen mit ihm an — kurz,
diese stolzen Aristokraten, die selbst ihn den Standesunter-

schicd merkcn ließen, verkchrten ganz vertraultch, tvie auf gler-
chcm Fußc mit seincm Untergebenen, einem armcn Teufel vott
Angestellten.

Wenn anch der Wein, der große Glcichmachcr, cin Wörtchett
dabci mitsprach, cs ävgerte ihn doch, Der junge Hcrr war
so schon sclbstbewußt genug. Aberi morgcn wollte er ihm ge^
hörig den Kopf waschen.

Ueberhanpt — Ordnung schaffcn wollte er . . . Orm
nung schaffcn . . . Lotterwirtschaftl . . . Lottcrwirtschast>
.... Mit solch frcundlicheit Gedanken trat cr seine klci»e
Jnspcktionsreise an.

Auf dem ersten Hofe stolperte er über cinen Bctrunkenett,
auf dcn er so lange mit dem Stocke einhieb, bis der Kert
lallend und sluchcnd aufsprang und davonlief.

„So'n besoffcnes Schweinl"

Hatte augenscheinlich in der Schenke Schnaps gctrunkett,
der Kerl! Denn so vicl Bier hatte er ja gar nicht spcndiert-
Sonst komiten die Leute morgen nichts mehr arbeitcn. Würdt
so schon allcs fanl nnd schief gehen.

Als er in die Scheune trat, wo sie ebcn die großen La^
'tcrnen anzündeten — puterrot im Gesicht mit böse funkelndett
Augcn, anf scinen Stock gestützt, dämpfte sich der Lärm merk-
lich ab,

Er blicktc sich nm, Da stand ja noch cine zwcite Tontte
Bicr, nnd auch sie schien bereits auf die Neige zu gehen, Er
winkte cinen älteren Knccht herbei. Zögernd nahte sich der
Mann mit abgezogener Mütze.

„Wo habt Ji denn d i e her?"

„Von Herrn Jnspektor Platen." .

Der Alte stieß wütend mit dem Stock auf. Ueberall u>w
immer der ! Solch ein Großihuer uud Verschwcndcrl Woll"
sich dicke thnn, bei den Leuten beliebt machen. Sollte licbrr
seine paar Groschens zusmnmenhalten I

Wortsetzun, folgt.)


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