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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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Stellung in der Frage der Arüeitslosenversichecung und
gegen die sozialdemotratische Partei, die Molkenbuhr mit
dem Reserat sür den Parteitag betraute, vorzugehen.
So schreibt z. B. das Organ des Buchdruckerverbandes:

„Daß man. . . gerade ihn (Molkenbuhr), von dessen
Ansichten man bereits so viel wußts, daß dis Vermirk-
lichung derselben den Ansang vom Ende unserer . . . Ge-
werkschastsbewegnng bedeuten würde, zum Referenten in
der Frage der Arüeitslosenversi-cherung bestellte, sollte
den Leitern und Mitgliedern unserer gewerkschaftlichen
Organisationen doch sehr zu denken geben und sie für
die künftige Behandlung dieses Proülems recht wachsam
sein lassen."

Nach den Beschlüssen des Stuttgarter Gewerkschasts-
kongresses dürsten zahlreiche Gewerkschaftsorgane fich
bald ähnlich wie das Buchdruckerblatt äußern.

Deutsches Reich.

— Zum bevorstehenden Eintreffen der Buren-
generale in Berlin wird gemeldet:

Die Feuerwehr hat wegen Feuergefährlichkeit ver-
boten, von der Versammlung in der Philharmonie
bei der die Bnrengenerale begrüßt werden sollen und
sprechen werden, eine B I i tz l i ch t a n f n a h m e zu ma-
chen. — Das Empfangskomitee für die Burengenerale
-hat dem Wunsche des Polizeipräsidiums zufolge beschlos-
sen, den Weg dnrch das B r a n d e n b u r g e r
Thor und die Linden aufznge 'ben.

— Für das B e n n i g s e n - D e n k m a I waren auf
Lem nationalliberalen Delegiertentage in Eisenach am
Schluß der Verhandlung-en gegen 18 000 Atark gezeich-
net. Die Einnahme wäre sicher noch erhebli-ch größer
geworden, wenn statt einer mehrere Listen in Umlauf
gesetzt worden wären.

— Die sozdem. „Leipz. Volksztg." giebt auf Wünsch
der Genossin Rosa Luxem 'burg bekannt, daß diese
aus der Redaktion wieder ausgeschieden ist und
ihre Thätigkeit für das Blatt eingestellt hat.

Württemberg.

Stuttgart, 1o. Oktober. Gestern ist hier der
Deutsche Vereiu gegen den Mißbrauch ge i st i ger
Getränke zusammengetreten. Den Begrüßungs-
abend, der eine Reihe von Ansprachen brachte, eröffnete
.Universitätsprosessor Grützner-Tübingen im Namen des
württembergischen Landesverbandes, in dem er im Jn-
teresse der Kraft und der Zukunft des dentschen Volkes
zum Kampfe gegen den Alkoholismus ausforderte. Jm
Laufe des Abends wies Fabrikinspektor Dr. Fuch s-
Karlsruhe auf den unverhältnismäßig hohen Prozent-
satz (10 bis 20 Prozent) hin, der von dem Einkommen
der Arbeiter dem Älkohol geopfert werde. Heute findet
die öffentliche Mitgliederversammlung statt.

Preuße».

— Die ultramontane „Deutsche Reichszeitung" er-
fährt aus glaubwürdiger Quelle, daß der Abt von Maria-
Laach, v. Stotzingen sich demnächst nach Berlin be-
giebt, um si-ch dem 5taiser vorzustellen. Die Reise hänge
mit der Besetzung des Kölner Erzbischofstuhls zusam-
men.

Oldenburg.

— Bei den o l d e n b u r g i s ch e n L a n d t a g s-
wahlen hat die Sozialdemokratie sünf Mandate ge-
wonnen, die Liberalen zwei. Die Agrarier verloren
7 Sitze und damit die Mehrheit.

Ausland.

Oesterreich-Ungarn.

— Nach dem vom Ministerpräsidenten v. Körber den
Mitgliedern der einberufenen Konferenz unterbreiteten
Grundsätzen bezüglich der g e s e tz I i -ch e n R e g e I u n g
der sprachlichen V e r h ä I t n i s s -e bei den lan-
desfürstlichen Behörden Böhmens und süc die Regelung
dieser Verhältnisse bei den landesfürstlichen Behörden
Mährens sollen für beide Länder folgende gleichen
Grundsätze gelten: Die deutsche Sprache ist in deni bis-
herigen Umfgnge zu gebrauchen 1. im gesamten Verkehr
mit den Militär'behörden und der Gendarmerie für deren
dienstliche Ansordermrgen; 2. im Verkehr mit den Be-
hörd-en außerhalb Böhmens und Mährens; 3. die deutsche
Sprache ist ferner zu gebrauchen'von allen landesfürst-
lichen Behörden sowohl im inneren Dienstverkehr wie
auch in amtlichen Konferenzen und in allen Angelegen-
heiten der bewafsneten Mü-cht, weiter bei Vorlegung llon

rien Jdeen über Liebe und Heiraten. Zwmgen thue ich sie
nicht. . . Das ist Jhre Sache, sie üumzukriegen."---

Nach Tisch ließ der Oekonomierat die beiden jungen Leuts
Mein, die eine lange, ernsthafte llntcrredung mit eiuander
hatten.

Voll Ungeduld wartete der Alte auf das Resultat. Sie
Hätte nicht Ja und nicht Nein gesagt, teilte ihnr Platen mit —
sie bäte sich Bedenkzeit aus.'

„Ach was — Bedenkzeitl Jch werde mal selbst mit ihr
sprechenl"

Jnnerlich freute er sich jedoch, datz sie so stolz sei und sich
nicht wegwürfe. Aber er hoffte, fie dieser Ehe günftig zu
stimmen, bei d-er alles „klapppte". Sie ioar sein vernünftiges
'Mädel, seine echte Tochter, kühl und leidenschaftslos. Sie hatte
nicht poussiert und nicht geschwärmt oder sich gar verliebt wie
Lie meisten andern Dtädchen in ihren Fahren. Also würde sie
ja auch die Borteile diescr Verbindung einsehen.

Lisbekh betrat das Zimm-er des Vaters ängstlich und ver-
legen. Platen hatte sie zwar instruiert, möglichst wenig zu
sagen, vor allem nicht gleich „Ja", damit der Bater nicht mitz-
trauisch würde. Aber gerade diese Verstellung, an die das
ehrliche Mädchen nicht gewöhnt war, drückte sie. Am liebsten
Hätte sie ihm alles tzestanden.

„Damit er mich sofort hinausjagt," meinte Platen. „Melnst
Zu, mir macht di-ese Komödie Spatz? Aber wenn er nur das
Geringste ahnt, daß ich nicht der arme Jnspektor bin, der von
seiner Gnade abhängt und bei ihm leben mutz, oder datz wir
uns schon früher gekannt haben — aus ist's. Jch kenne ihn."

Der Oekonomierat trat ihr mit ausgebreiteien Arnr-en zärt-
kich entgegen. Heute war natürlich die Molltonart am Platze;
und er markierte den „guten, alten Papa", der nnr das Beste
seines Kindes im Auge hat.

„Mein leiw Deern," (wenn er weich wurde, sprach er gern
Platt) „du stehst da nun vor einem swereu, groten Entschlutz,
und din oll Vadding, der es so gur mit sein Liesing meint,
kann Nr nur einen Rat geben. Zwingen werde ich dich natür-

Berichten, Gutachten und Geschäftsausweisen an den
Zentralstellen, bei Jnfovmationeir, Berichten usw. in
staatspolizeilichen Angelegenheiten und solchen der Sicher-
heitswache nnd endlich bei den Qualifikationstabellen-der
Staatsbediensteten, außerdeni bei allen landesfürstlichen
Kassen und Aemtern, bei Führung der Kassen-Journale
usw., welche von den Zentralorganen benutzt werden, wie
in allen Betriebs- und Verkehrsangelegenheiten im inne-
ren Dienst, dem Geschäftsbetrieb des Post- und Telegra-
phendienstes und der der Zentralleitung unmitteibar
nnterstehenden staatlichen Anstalten sowie für den gegen-
seitigen Verkehr der betr. Organe und Aemter. Abge-
sehen hiervon sind grundsätzki-ch bei den landessürstlichen
Behörden zu unterscheiden: einsprachiges böhmisches, ein-
sprachiges deutsches nnd zweisprachiges Sprachgebiet.

Frankrcich.

P a r i s, 14. Oktober. Der Staat § voran-
schlag stellt fest, daß zur Erzielung des Glerchgewichts
207 SNillionen Franken neue Mittel nötig sind. Unter
diesen neuen Mtteln sind die Einnahmen aus der Um-
wandliing der 3htzprozentigen Rente, der Regelung des
Privilegiums der Hausbrenner, ferner aus der Durch-
sicht der Rechte der toten Hand, aus den Bau- und
Grundstücken, der Ausgabe von Schatzscheinen mit sechs-
monatlicher Laufzeit nsw. Bei Einrichtung der neuen
Mttel weist das Bndget einen Uebekschuß von 500 000
Franken aift. Die Emnahmen aus der Zuckersteuer werden
auf 41 Millionen niedriger als im Etatsjahr 1902 ge,
schätzt, da die Zuckersteuer infolge d-er Abschaffung der
Ansfuhrprämien anf 26 Fr. herabgesetzt wird.

Rußland.

S t. Petersbnrg, 16. Qktober. Die Kommission
für die Umgestaltung des Reichsschulwesens hielt gestern
nnter dem Vorsitz des Unterrichtsministers ihre erste
Sitzung ab. Große Genugthunng rief in Professoren-
imd Studentenkreisen die Erklärung des Ministers her-
vor, daß das die Freiheiten der Professoren und Stu-
denten bisher einschränkende Statnt von 1884 für die
heutigen Verhältnisse nicht mehr Passe und dnrch ein
liberaleres ersetzt werden müsse.

Türkei.

K o n st a n t i n o p e 1, 16. Oktober. Bisher sind
6000 Mann V e r st ä r k n n g e n an die bulgarische
Grenze entsandt. Weitere umfassende Maßnahmen zuc
Ueberwachung der Grenze und Säuberung des Sand-
s-chaks Serres von Banden sind in der Durchsührung
begriffen. Tie Meldung von der Wegnahme dreier türki-
scher Geschühe bei Dschumaja sowie die Nachricht, daß in
.Konstantinopel 600 Macedonier verhaftet worden sind,
ist unbegründet.

Asien.

S h a n g h a i, im September. Der „North China
Daily News" zusolge hat die 5l a i s e r i n - W i t w e ip
dsm Park von Eho einen eigenen Palnst ganz in auslän-
discheni Stil erbauen lassen. Anch die für diesen Palast
bestimmte Einri-chtnng soll vollständig nach fremdem Ge-
schmack sein. Am 16. September will die Kaiserin-Witwe
das Gebäude durch eine Festlichkeit einweihen, zu der sie
die Damen der Pekinger Gesandtschaften einzuladen ge-
denkt. Sie läßt es also fortgesetzt an Liebenswürdigkeit
nicht fehlen. S-olange sie jedoch sür diejenigen Mande-
rinen, die wegen Boxernnruhen von den Fremden ver-
folgt wnrden, besondere Teilnahme bezeugt, und anderseits
Beamte, die damals bedrängten Ausländern Hilfe ge-
leistet haben, zurücksetzt, kann von einer wirklichen Be-
kehrnng der Kaiserin-Witwe nicht die Rede sein. Die
Schönthuerei nüt den Frauen und Kindern aus den Ge-
sandtschasten ist Berechnnng, weiter nichts.

Aus Stadt und Land.

** Liegenschafts-Veriinderuiigen. Jm Monat September
1S02 haben nach dem Grundbuch folgende Grundstücksverkäufe
stattgefunden:

(Schluß.)

19. : Verkäufer: Johanii Gcorg Schröder Nachlatz, 51-äufer:
Ludlvig Schröder; O-bjekt: 18 Ar Ackerland in der langen
Furche, Preis: 1300 Mark.

20. V.: Derfelde, K.: Philipp Krall; O.: 18 Ar Ackerland
im BäckerfelZ; Pr.: 8000 Mk.

21. V.: Gg. Fr. Maurer, K.: Friedrich Winkler in Boden-
heim; O.: Haus Nr. 6, Schlohberg, 96 Om. mit Jnventar;
Pr.: 27S00 Mk.

22. V.: Wilh. Milch; K.: Dr. Ernst Reutz in Frankfurt
a. M.; O.: Haus Nr. 107c in Schlierbach 7 Ar 18 Om.,
Pr.: 22 000 Mk.

lich nicht. Siehst du, emen besseren und passenderen Mann
kannst du gar nicht kriegen. Sieh mal, dann brauchst du uicht
wegzugehcu von Tressin und deinem Vadding. Und wohtten
uud essen könnt Jhr hier, alles umsonst — und Mitgift will
er auch uicht. Er giebt mir noch sein Geld dazu. — Na, was
sagst du?"

Lisbeth sagte gar nichts und sah ihren Vater blotz stumm
an, wie sie Platen instruiert hatte. Aber der Alte schien es
als Weigerung -aufzufassen und fuhr um eine Nüance schärf-er
und lauter fort:

„Sonst wirst du -eben 'ne alte Jungferl So Cinen, der cin
bischen Geld hat und keines haben will und ein tüchtiger Land-
wirt ist, so einen (so einen Durnmen, dächte er in Wirklichkeit),
den kriegst du nicht wieder! Jch will dich ja nicht zwingen,
bewahrel Aber das sage ich dir," — er schrie sie mit geballten
Fäusten und hochrotem Gesicht an — „wenn du den nicht
nimmst, dann kannst du dich in Acht nehmen. Jch vermache
mein g-anzes Vermögen zu wohlthätigen Zwecken ... Jch - - -
Na, es ist gut. . . ich will mich nicht aufregen. Aber wenn dir
der nicht gefällt l .. . Du wartest wohl auf grotze Liebe? Un-
sinn. .. Las steht in den Büchern... Jm Leben kommt die
Liebe, wenn Lie Kinder kommen, wenn's -Euch gut geht, und
wcnn dein Mann kein Spieler und kein Vcrschwender ist. —-
Heh? Na, so sag Loch auch was, zum Donnerwetterl Mädel
—- mach mich nicht tolll — -Steht da wie'n Eiszapfen, statt
mir um den Hals zu fallen. Ein Mann, der keine Mitgift willl
Grohartigl Du sollst ihn hciraten — verstehst du mich! Das
heißt, zwingen thu ich dich nicht... Du sollst ihn freiwillig
heiraten. He? — Denk doch an din oll Vadding, Deern —"

„Mein Gott — Vater — er gefällt mir ja auch ganz gut.
Und wenn dir soviel daran liegt, will ich ihn nehmen. Eigentlich
wollte ich gar nicht heiraten."

Sic errötete doch,über die dreiste Lüge; aber der Me nähm
das für mädchenhafte Scheu und rief freudig:

„Na also — das ist ein Wort l... Und dn wirst sehen,
du bereust es nicht" . ..

23. V.: Konr-ad Wolf, K.: August Mayer; O.: Haus
Nr. 15 der Handschuhsheimer Landsiraße, 7 Ar 34 Qm.; Pr.:
62 000 Mk.

24. V.: Julius Erbacher, 5t.: Dr. W. Psaff Eheleute;

Haus Rr. 89 der Hauptftraße 4 Ar 31 Qm.; Pr.: 70 000

Mark,

25. V.: Heinrich Engel in Wieblingen, K.: Franz Presn-
nari; O.: 17 Ar 06 -j- 10 Ar 1S Qm. Acker in der Wellen-
gewann; Pr.: 3000 Mk.

26. V.: Johann Betz, K.: Wilh. Schweizer; O.: Haus Nr. 1
der Haspelgasse 1 Ar 83 Qm„ Pr.: 34 000 Mk.

27. B.: Brauereigesellschaft zum Engel, K.: Joh. Baier;

O.: Häuser Lanerstraße 6 und Kleine Mantelgasse 2 67 und

58 Qm. Hofraite, Pr.: 32 000 Mk.

28. V.: Dr. Alex. Cuntz Wwe. in Wiesbaden Nachlatz, K.:
Stadtgemeindc Heidelberg; O.: 59 Om. Hofraile an der
Jakobsgasse, Pr.: 600 Mk.

29. Dersel-be, K.: Jhre Hoheiten Prinz und Prinzesiin
Wilhelm vou Sachsen-Weimar; O.: Haus Nr. 235 der Haupr-
stratze 82 Ar 28 Qm„ Pr.: 140 000 Mk.

30. V.: Karl Schäpler, 5t.: Geh. Hofrat Prof. Dr. Erich
Marcks; O.: 8 Ar 86 Om. Bauplatz mit Neubau an der
Scheffelstratze Nr. 7, Pr.: 47 000 Mk.

31. V.: Heinrich Müller Ehesrau und Geschwistert 5l.:
Joh. Zick Eheleute; O.: 6 Ar 93 Om. Bauplatz an der Römer-
und Diagonalstratze; Pr. 17 000 Mk.

82. B.: Friedrich Handrich und Daniel Arnold, 5l.: Phil.
Schweier; O.: 1 Ar 76 Qm. Bauplatz an der Albert Mavs-
stratze, Pr.: 4700 Mk.

33. L.: Friedrich Handrich, K.: Phil. Ueberle Nachf.; L.:
5 Ar 50 Qm. Bauplatz an der Albert Maysstratze, Pr.:
34 500 Mk.

34. V.: Wilh. Schneckenbnrger in Mannheim, K.: Ang.
Harnickel in Lappenstein bei Rückers; O.: Häuser Nr. 36—38
der Werderstratze, Pr.: 150 000 Mk.

35. V.: Stadtrat Karl Fuchs, K.: Valentin Schaaff;
O. :4 Ar 92 Om. Bauplatz an der Landhausstratze, Pr.:
23 500 Mk.

Mannhcim, 14. Oktober. (Eine überraschende
Wenduug) nahm heute eine Verhandlung vor dem Schös-
fengericht. Auf einen Strafantrag des Chefredaktcurs der
„Neuen Bad. Landesztg.", Dr. Gerard, erschien der Re-
dakteur der „Volksstimme", der Abgeordnete E i ch h o r n,
unter der Anklage, gegen den Berichtignngspara-
graphen des Pretzgesetzes gefehlt zu haüen. Wegen der
Affaire Guth-Bender war in den beiden Zeitungen eine Pole-
mik enrstanden. Die „Vo-lksstimme" machte u. a. der „Neuen
Bad. Landesztg." den Vorwnrf, sie öffne ihre Spalren für
offiziöse Rechtfertigungsversuch-e. Daranf schickte Dr. Gerard
der „Vokksst." cine Berichtigung, die auch aufgenommen wurde,
aber nicht an dem Platze uud nicht in der Schrift des zu berich-
tigenden Artikels. Darauf folgke die Klage. Eichhorn erklärre,
er sei zur Anfnahme dcr Berichtigung überhaupt nicht ver-
pflkchtet gewcsen, weil diese sich nicht auf Thatsachen stützen
konnte. Dr. Gerard sollte als Z-euge vernommen werden, er-
suchte aber, seine Vernehmnng erst am Schlutz des Beweis-
verfahrens vorzunehmen. Als das Gericht diesen Antrag ab-
lehnte, verweigerte Dr. Gcrard unter Hinweis auf
öas Redaktionsgeheimnis den E i d. Das Gericht
erkannte alsdann gegen Dr. Gcrard auf eine Geldstrafe von
50 Mk. und v-ertagte die Sache, nm ein Z e u g n i s z w a n g s-
verfahren gegen Dr. Gerard einzuleiten. Dieser erkläris
nach Verkündung des Beschlusses: „Sie können mich sechs
Wochen einsperren, aber das Redakrio-nsgchcimnis verletzte ich
nicht."

Wertheim, 14. Okto-ber. (Unfall.) Auf der Dlesse
ereignete sich vorgestern hier ein schwerer Unfall dadurch, datz
ein Behälter mit Pulver explodierte, wobei 5 Personen mehr
oder weniger schwer verwundet wurden, untcr ihnen der Sohn
d-es Bürgermeisters Löffler aus Jmpfingen, der ins Spiral
gebracht werden mutzte.

LL Turlach, 14. Oktober. (L o h n -abz ü g e), die in der
Gritznerschen Fabrik angeordnet waren und die sür den ern-
zelnen Arbeiter einen Ausfall -von 5—20 Prozent des Lohnes
bedeuteten, führten in der vcrgangenen Woche zu Unterhand-
lungen mit der Fabrikleitung, die aber zu keinem Resultaie
führten. Nachdem die Berhandlungen gescheitert waren, be-
schlossen laut „Volksfreund" die Arbeiter in der Schleiferei ge-
stern, die Arbeit einzustellen. Das veranlatzte.die Direknon,
den ?(bzug für diese Abteilung zurückzunehmen.

8O Ächcrn, 14. Oktober. (H i m m e l s b r ä u t e.)
Gestern morgen sind wieder einmal vier junge Mädchen cms
dem Marienheim nach Luxemburg geschickt worden, wo sie
eingekleidet werden, um dann die Reise über den Ozean anzu-
treten, und die -ausländischen Klöster zu versorgen. Es wird
bekänntlich schon lange darüber geklagt, datz man wohlhabende
Mädch-en in Baden für amerikanische 'Klöster einfängt.

Freiburg, 14. Oktober. (Von der U n i v e r s i t ä t.)
Nn Stelle des in den Ruhestand getretenen Hofrats Professor
Dr. Emminghaus wurde dsr Professor der Psychiatrie und
Dircktor der psychiatrischen Klinik an der hiesigen Universität
Dr. Alfred Hoche zum M-edizinalreferenten beim Lcmdgericht
Freiburg ernannt.

8E Neustadt, 14. Oktober. '(Der h i e sl g e Gc-
werbeverein) hat in Sackien der Warenhäuser eine ent-
schicdene Erklärung erlassen, dahin, datz mit aller Energie

^»I»»I^»»^^^»»W»WW»»W»^»WW«WII I I I»M

Als Lisbeth draußen war, und sie den Bater im Zimmer
noch immer vergnügt vor sich hinbrummeln und pfeifen hörre,
lehnte sie sich gegen die Wand und lachte still vor sich hin.

Kurz vor Weihnachten sollte die Hochzeii stattfinden. Alle
Beteiligten w-aren nicht für langes Warten, das nur dem Gerede
Nahrung gab. Uebrigens hielt man auch die Verlobung bis
kurz -oor der Hochzeit geheim.

Und viel zu besorgen gab es ja nicht. Rolofs pries sich
glücklich und autzerst gescheidt, wenn er an die Kosten und Um-
stände dachtc, die anderswo die Hochzeit einer Tochter mit stch
brachte. Keine Aussteucr autzer dem Hochzeitskleid und cinigen
Haustoileiten, ^ dic m Kiützow angefertigt wurden. 51eme
Wäsche für Tisch und Haus, keine neuen Möbel, nichts, nichts
brauchte er anzuschaffen. Alles war da und wurde gemeinsam
'weiter benutzt.

Tas sunge Paar sollte in den Zimmern des erstcn Stockrs
hausen, die seit dem Todc der seligen Frau nicht mehr bewohni
wurden. Die Wohnstube hatte noch sehr gute Wbel, ebenso
das Schlafzimmer. Für sein Arbeitszimmer wollte Plaien die
eigcnen Sachen nehmen. Ein paar neue Borhänge nnd Gar-
üincn, das war älles. Ilnd was etwa noch fehlte, wollte der
Bräutigam selbst kaufen, oder mcm gab einen zarten Wink in
Bezug auf das Hochzeitsgeschenk an Böhmanns nach Berlin.

Natürlicki hatte der Oekonomierat wegen des in stcheren
Papiereu angelegten Bermögens alles schriftlich abgemacht —
notariell. Es ivurde ihm bis auf einige tausend Mark, die
sich der Bräutigam vorbehielt, zur Verfügung gestellt gegcn eine
unkündbare Hypothek auf Tressin.

Das Geld sollte die Anzahlung auf Beulwitz sein. Vor-
läufig war das Gut noch nicht gekauft. So billig es war, oer-
suchte der Oekonomierat doch, den Preis noch hernnterzu-
drückcn.

(Schlntz folgt.)
 
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