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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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Freitag 24. Oktober 1W2.

Aweites Blatt.

44. Javrgang — Sr. 249.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. Preis mit FamilicnLlättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei üer Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Durch

die Post bezogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

A n z e i g e np r e is: 20 Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamczeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen
an bcstimmtcn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommcn. — A nschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

§>ie darf nicht scheitern.

Im Nachslehcndei! bringt die „diationallib. Uorr."
cinon ihr von maszgoblicher Ianüwirt s ch a ft 1 i ch e r
Ceite aus W e st fale n zugegangeuen ofseuen
Brief an bie ziiustigeu Politiker aller Parteien zu»i
Tlbdruck:

„Die Zolltarifvorlage sleht im deutschen Reichstage, vor
tzanz Deutschland, oor dcm ganzen Auslande zur Verhandlung.

Sie darf nicht scheiter n.

Das wäre ein ll n g l ü ck für das d c ut s ch e
V a t e r l a n d, cin llnglück insbesondere für Landwirrschaft
vnd Industric, ein ArmuiszeugniS für den dcutschcn Reichs-
tag, dessen Anschen bcrcits vei Rcgierung und Volk geschndigt
>sr durch die bisherige Verschleppung. Was dies Ansehen
ivieder hcbcn kann, das sind nicht lange Redcn und kluge
Einzelvorschläge. Wir ücdürfc» einer grotzen r e r t e n-
den T h a t. Was lange vor dem Zahre 1848 Emanuel
Geibel prophetisch ausricf, das gilt heute wieder:

„Ein Mann thut Noi, ein Nibclungen-Enkel,

Datz cr die Zcit, den ivildgewordncn Renner,

Mit eh'rner Faust beherrsch und eh'rnem Schenkel."

Für die grotze Politik war Fürst Bismarck dieser Maun:
jetzi brauchen wir für die Wirtschaftssragen zwar nichi Blm'
vnd Eisen, aber cinen Willcn und eine That.

Schrciber dieses steht nicht in den Reihen der Politikcr,
»ber ein Urleil glaubt er zu haben.

Jm Fahre 1848 hat er den ganzen Völkcrfrühling begeistert
durchlebr. Die einzigc Bestrafung seines Lebens hat er er-
btten wcgcn cines Artikels in der „Westfälischen Zcitung". dic
damals in Paderborn erschicii, gegen die oktroyierte preuhische
Pcrfassung. Weil er als einziger von 83 Beamten eincs preu-
tzischen Kreisgerichts den Eid auf die oktroyrhrte Vcrfassung
derweigerrc, mnhte er 1850 auswandern. Als Korrcspondcnt
der damals drittgrötztcn amcrikanischen Zeitung, der New-
hort Tribünc, hat er an der Politik sich betciligt. Noch steht
U' milren im wirrschaftlichcn Lebcn. Also gönne» Sie ihm
Uu unzünfriges Wort.

Jch habc 1848 und 1849 mit der grötzten Aufmerksamkcit
Me Verhandlungen des 'ersten deutschen Reichstages, 'des
Hrankfurter Parlamcnts gelesen. Gelehrte, kluge, patriotische
^iänner thaten da ihr Bcstcs; dic dcutschen Grundrechte wurdcn
üründlich bcraten. Was wurde daraus?

^ Hätte das Franffurter Parlame!it sofort nach scinem Zu-
iamincnirirt en bloc eine Verfassung angenommen, s'o wäre
ivohl schon damals die Krönung des deutschen Kaisers gefolgt.

^n hochkritischcr Zeit mutz das Eiscn heiß geschmiedet wcr->
"cn. Man mutz nehmen, was man habcn kann ; die bessernde
Hand bleibt fnr später.

llnd jetzt? Die Zolltarifvorlage m u tz durchgcbracht wer-
A'u, sofori.'Jcder Tag Verschleppung ift schädlich, ist gcsährlich.
'llso fatzt cinen Entschlutz, ihr zünfrigen Politiker. Feilscht nicht
»M 50 Pfennige; Jhr verliert sonst meyr.

Es giebt nur einen Weg, dic grohe Aufgabe zu lösen.

^ Nehmt die Rcgierungsvorlagc auf und beschlietzt sic cn bloc.
Haltet eine grotze namentliche Ilbstimmung, eine statt 946 oder
i>och mehr.

, Die Sache ist nicht gcfährlich; sie wird s ch o n
ang w ejlig. Soll sic im Sande verrinncn?

Fhr rettet dann nicht nur die 5 Mark, soudern noch cine
'voffnung darüber hinaus.

. Haudelt doch endlich als praktische Männer. Glanbt doch
"tii bcstkmmtcn Erklärungcn des Reichskanzlers, datz mchr
l»r Zeit nicht zn erreichen ist, nehmt die 5 Mark an, abcr
a'recht dabei den Wnnsch nnd das Vertrauen aus, datz die
'»egierung in den Verhandlungen mit dem Auslande enien
E>öheren Satz erzielen möge.

Das ist der cinzige gangbarc Wdg. Wie froh nnd flolz
-chre der Rcichskanzler, wcnn er vor den Reichstag treten

Ein Don Juan.

Skizze ovn Gräfin von W e » g st e i n,

ZNachdruck verbolen.)

Die Fulisonne schien glühend heitz auf die Erde nieder.

... Am Strande des Ostseevades Göhren auf Rügen vewegien
Zh üie Kürgäste langsam durch den tiesen Scmd; einige satzen
schützenden Strandkörben, andere lagen in 'Sanögrubeii,
bider mir uack'ten Beiuchen liefen am llfer fischend, Muscheln
M)c„d, sich gegcnseitig bespritzcnd — alle sind sie braun ge-
Zinnt, in hcllen Kleidern, grotzen Hiiten, farbigen Schirmen
kurz, das vunte Bild eines heitcren Seebades — heiter, weil
im Gegensatz zu andcrcn Bädern keine'Kranken aufzuweisen
teine bleichen, avgezehrten Gestalten, die der Tod schon
seinen Schwingen berührte, und die, um ihre Oualen nur
s-.vcrlängern noch einmal in ein „Bad" oder „Heilstätte" ge-
'>ckt werden.

> Es war 4L7 Uhr, gleich mutzte der Sterriner Dampser kom-
^», ein Ereignis, dem täglich mit gleiUem Jnteresse ent-
^gengesehcn wurde, denn er brachte neue Gäste, -vielleiait war
Z> bekanntes Gesicht darunter — immcrhin eine Abwechsclung.
^ Langsam füllte sich die Landungsbrücke mit Neugierigeu;

die Bvotsführer zum An- und Ab-booten kamen in ihrcn
^lerischen Mönchsguter Trachteu mit dem langsam wiegenden
f.hritt der Schiffer aus ihrcm Büdchen, in dem sie, teils schla-
txjls unteryaltend, die Zeit von einem Dampfer zum
P>>ern verbxingen: Blonde, bärtige, kräftige Gestalten mit
-ihbengebräunten, schönen Gesichrern, Llauen Augen, wcitzen
Ohnen; ekne ganz eigene typische Physiognomie, die sich von
^ anderen Jnselbewohnern durch Schöuheit und Anmut un-
llcheidet.

ih »U möcht' all' die mannig Gäst', die sik blot's in'n Som-
up Mönchgaud vergnäugen duhn, in dic Späthawst hier
ch»." — lachte Thiessow, der Hanptbootsmann in seinem

rmd sagcn tünnte: Ihr habt mich aus 5 Mark limitiert, es ist
inir aber gelnngen, hier sind 5.50.

So tönnt Jhr viel eher 50 Pfennig retten, als Ivcnn Jhr
eigensinnig die Regierung aus 5,50 festnagelt.

Jhr alle wiht es, datz Jhr die 50 Pfennig so doch uicht
bckommt. Wozu d e n n die Maske? Ob das Volk
Euch wiedcrwählt, in den nächsten Reichstag oder nicht, ist
ganz gleichgiltig. Also weg mit dcr philisterhaften Nörgelei
nnd dcm aussichtslosen Feilschenl

Ein Entschlutz, ciue freie, rasche Thatl
Das' rät Euch

Ein alter Achtundvierziger.
Ter Brief entyätt nur Wahres!

Deutsches Reich.

— Die „D. Tageszeitimg" erktärt in einer Ausein-
anüersetzung init dem Zentrum, der Grundgedanke des
A n trag s Kani tz, der dem Neich das Monopal auf
Einfützrimg von Getreide iibertragen soll, werüe nicht
verschwinden. sondern zu seiner Zeit wieder aufgenoinmen
iverden, vielleicht friiher, als jene Parti es selbst meine.

— Ter Beirat sür die arbeitsstatiftische Abteitung
des taisertichen st a t i st i s ch e n A m tes trat Mittwoch,
Bormittag 10 llyr zn seiner ersten Sitzung zusammeii.
Prüsident Wikhelmi gab eine Uebersicht über die frühere
Thätigkeit üer Kommission lfiir Arbeiterstalistik, sowie
übcr die n ä ch st e n A n f gabe n, die der Beirat zü be-
handeln haben mird. Zunächst seien die übernommenen
Reste: Echebimg über die Nrbeitszeit in den Kontoren
imd öie Lwnntagsarbeit in der Binnenschiffahrt aufzu-
arbeiten. Der Beirat beschäftigte sich sodann mit dem
Entwurf seiner GeschäftSordnung, an dem er einiges
änderte. Der Erlatz dieser Geschäftsordmmg liegt in den
Händeii des Reichskanzlers. Hierauf wnrde üeschlossen,
eine monatlich erscheiiiende Zeitschrift heranszugebeii, üie
nameiiilich eiue Statistik ü b e r den A r b e i t s-
m arkt enthalten und die Angabeii über Angebot und
A'achfrage nach Arbeit unter Bemitzimg alles zugäng-
liche» Materials objettiv firieren soll. Die einzelnen
Hefie solleii zu 1l) Pfeimig, der Iahrgang zn 1 Mark
an das Pilblitnm nbgegeben werden. Nach einer einstün-
digen Mittagspause trnt der Beiral um 2 Nhr in die
Erörterung über die Arbeitszeit in den Kontoren ein.

— Die Kommission sür deu 'Gesetzent'wiirf betr. g e-
w erbli ch e K i n d e ra rbeit begann gestern in Ber-
lin ihre Beratnngen. Ein Antrag Wurni, der den Gesetz-
entmurf auch auf üie landwirtschaftliche Kinderarbeit
aiisdehnen möchte, wiiröe abgekehnt mid dafür eine Re-
solution Hitze aiigenommen, der eine Enquete der Lan-
desregierungeii iiber Umfang mid Art der Lohnbeschäf-
tigmig der Kinder in der Landwirtschaft imd deren Ne-
beiibetrieben verlangt. Ein weiterer Antrag Wurm, der
die Uuterscheiduug fremder und eigeuer Kinder bei der
Beschäftiguiig aufheben Ivill, wurde abgelehnt,

— Zn üem Befinden des Abgeordneten Rickert ist
eine Bessernng einaetreten.

— Ter freisinnige Abgeordnete Lederfabrikaiit I a -
e o b s e ii bat sein Mandat niedergelegt.

K i e l, 23. Ottober. Der Kais e r beauftragte den
i>sdmiral v. Köster, dem Kommandaiiteii des rilssischen
Kreuzers „Dschigit", auf dem gestern bei Salutschiissen
infolge einer Erplosioii ein Matrose getötet wnrde, das
Bedauern des Kaisers aus Anlaß des Unfalles auszu-

Plattöeutsch zu scincm Gefährten Dirk und blickte über üie
bnme Menge weg.

„Ja, die Stadtlent' sin kläuter, die kümmen nit, wenn's
ungcmüttich up üns lüit Jnsel wird — äwcrs die sein bannig
up'n Holtwegl mi maki'r ungchürig Spatz, wenn's drauten
wettert nn ik mit min Pip in ein' Eck' von die Spinnstum
sittcn un all den Vertelles läuschen tonn."

„J-a, un wenn so'n oll' gewesen Teerjack rinnevschnigt,
u» die Dirn's un Frugenlüd nach ehm kerkcn, un sich all' die
oll'n Döntgens ut sin Seemannstid vorschnacken latenl"
schmunzelte Thiessow und sprang in eins der Bootx, um mit
seinem Gefährren zum Dampfer zu rudern.

Unter den Wartende» befand sich auch eine ältere Dame mit
ihrer Tochter. ^

„(Uauvst du, datz sie kommen ivird, Mama?" frug letztere,
ihr hübsches, nicht mehr ganz stinges Gesicht der Mutter zu-
wendeud.

„Warum svllte sie nicht, Margot? Gerta hat doch nichts
zu versüumen, traurlg genug für sie, dah sie so allein fteht."

„Es ist mir doch ein Rätsel, 'warum Gerta lücht geheiratet
hat," begann Pie Mutter wiedcr, „sie war doch' noch voriges
Jähr sehr hübsch, crst der letzte Winter zeigte, datz sie anfing
zu verbluhen." X'

„Jch glaube, Mama, sie yat vor Fayren eine schivere Ent-
täuschung erlebt, sie war verlobt, das wcitz ich; man hat sie
schändlich betrogen, so dah sie das Verhältnis lösen mußte.
Kein Wunder, datz die Arme jetzt mitztrauisch gegen alle Be-
werber geworden ist."

Die Boote mit den antommcnden Fremden waren jetzt in
Sicht. Gespannt blickte Fräulein von Rosey in die Ferne.

„Jch glaube, ich erkenne Gerta, Mama!" rief sie lebhaft,
„sieh 'mal dort die Dame mit dem hellen Hut.

Rasch wurden die Fahrzeuge durch die kräftigen Ruder-
schlägc der Schiffer an die Laudungsbrücke gebracht; wcihe
TLcher wehten.

„Wer ist denn aber der Herr, der neben Gerta satz und ihr

sprechen inid im Anftrage des Kaisers bei der Beisetzimg
einen Kranz niederzulegen.

Baden.

Wie vl "iaiitet, w'.ed der ErLgrc> tz herzog
seiiieii vviläiiiip.en Wohnntz in Baü'n'v'stler iiehnicn.
Das eil'gr-ifcherzogliche Palais in K.nlsriihe ist zwar
schon längst fertigLestellt, doch sehlt es noch an der In-
neneiiirichtung, inid zwar, wie es heitzt, weil noch Diffe-
rcnzen oarüüer bestehen, wer diese zu bezahlen habe.
Das Finanziiiinisterinin soll die Ansicht vertreten, daß
der Sraat diese Leistung nicht Zn übernehmen habe, wäh-
rend an anderer Stelle die entgegengesetzte Meininig ver-
treten wird.

Baycr».

— P r i n z R u p P r echt v o n B a p e r n, der zur
Zeit die ,. bayerische Itzfanteriebrigade in Bamberg
kommandiert, wird zn Beginn des nächsten Aconats nach
München versetzt werden nnd voraussichtlich zum Geue-
ralleutncmt aufrücken. Welche militärische Verwenönng
er erbält, steht noch nicht fest, doch werden michtige Ver-
ändernngen in den höhercn nnd höchsten üayerischen Kom-
rnandoswllen in allernächster Zeit erwartet. Für den
Prinzen und seine Famiiie wirü das Leuchtenberg-Pa-
lais, das zuletzt Prinz Luitpold, ehe er znr Regeiit-
schaft bernfcn nmrde, bewohnte, gegenwärtig renooiert
nnd cingnichiet.

Württemberg.

— Entgegen den düster gefärbten Berichten, wie sie
»och vor turzem gelegentlich selbst von amtlicher Scite
über niisere F i n a n z l a g e laut wurden, kann das
Finanzministeriinn feststellen, daß zwar die Ansgabeir
im Jahr 1901 bis 31. März 1902 nm rund 1 Millioii
höher waren ats der Voranschlag, daß aber auch die Em-
nühmen gestiegen sind nnd zwar um nicht weniger als
3,1 Rl illionen, so daß ein U e b e r s ch u ß von 2 Millio-
nen vorhanden ist. Der Hauptgrund liegt in dem Mehr-
ertrag der staatsforsteii, der sich dant der höheren Hölz-
preise anf lich Millionen belüuft. Nstitürtich wird öieses
Mehr von den Verbraiichern in ihrem Haushalt nicht sehr
angenehm eiiipfiindeii. Aber anch die Eisenbahnen ha-
ben im Gegensatz zn Posten und Telegraphen 2,3 Mil-
lionen mehr abgeworfen als angenommen war.

Preufte».

— Wcgcn Mnngcls an Lchrcr» haben, wie die Kö-
nigliche Regierung zu Potsdam in der letzten Nnm-
nier des „Amtlichen Schnlblattes für den Regiernngs-
bezirk Potsdam" mitteilt, arn 1. Oktober d. I. genau
70 Lehererstellen im Regieriiiigsbezirk nicht besetzt
werden könneii.

— Dic Einnnhmcii dcr prcnsnschcn Eisenbahnver-
Ivaltnng scheinen in letzter Zeit sich etwas bessern zu wol-
leii. Der Answeis für das erste Semester des laufendeu
Etatsjabres weist ein Mehr von über 7 Mitlioneii Mark
gegen den gleichen Zeitranm des Voriahres aiii, fedoch
ivird man nicht vergessen dürfen, daß die effektive Ein-
nabme des Vorjahres gegen den Etatsanschlag bedentend
znrü ck g e b I i 'e b e > i w a r.

— Jn demselben Uugeiiblicke, in welchem die Re-
gierungeii feierliche Erkläriiiigen im Reichstage gegen die
den Zolllarif und die Regierungsvorlage zn Falle brin-
genden Anträge nnd übertrieüenen Fordernngen dev
Konservativen nnd Agrarier abgeben, sieht man in der

jetzt yeraiishilft?" frug Frau von Rofey noch, aöer da sprang
Lie junge Dame schon die hölzernen Stufen der Trcppe empor
und umarmte ihre Kreundin Margor nnd dcren Mutter
herzlich.

„Erlanben Dic, gnädige Frau, datz ich Jhneii Baron von
Hongrh vorstelle," sagte Fräulein von Binz, leicht errötend, zir
der älteren Dame, „wir haben uns anf dem Schiffe kennen
gelernt." -

„Jch hab' die Eyr' —" schnarrte der Baron, sich clegant vo «
den Damen verneigend, „ja, hab'n uns kennen gelernt und
vvrtrefflich iinterhalten — vortrefflich, nicht wahr?"

Gerta schien seinen auf sie gerichteten Blick nicht bemerken
zn wollcn, sic yattc Margots Arm ergriffen und eilte mit dieser
ctwas voraus. Sie sah strahlend aus» die Wangen leicht ge-
rötet, in den Augen einen frohen Glanz, nur wer genau hinsah»
konnte bemerken, datz Fränlein von Binz die dreitzig bereits
überschrllten haben mochte.

,7Fch sage dir, Margot, dieser Baron ist em selten ange-
nehmer Gesellschafter, ich habe mich köstlich mit ihm unterhal-
ten," raunte sie der Gefährtin zu.

„Du bist ja ganz begeistert, Gerta," gab diese befremdet
zurück, „ich kennc dich g-ar nicht so angeregt."

Wieder ein leichtes Erröten, dann wandte sie sich zurück»
um uach dem Gepäck zu sehen. MKgot bekrachtete unterdessew
den Baron, der neben ihrer Mutter schritt. Eine schlanke,
schöne Gestalt, regelmätzige Züge, grotze Naue Augen von lan-
gcn Wimpcrn beschattet, einen vollen, schön gedrehten Schnurr-
bart, eine gerade, seine Nase, dnnkelbraunes, lockiges Haar.
— cinc jencr Erscheinungen, die man im Salon mit den Wo^i-
tcn „ein schöner Mann" bezeichnet. Fräulein von Rosey ge-
hörte aber nicht zu den Damen, die sich durch äutzere Vorzüge
blenden lassen, sie war eine scharfe Beobachterin, und ein un-
bestimmtes Ctwas in dem Gesicht und der Stimme des .Mannes
flösste ihr Unbehagen ein. '

„Sie yaben sich ein reizendes Fleckchen Erde zur Erholung
ausgesucht, meine Gnädige," wandte sich Herr von Hongry zn
 
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