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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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Kmmer die Bedeurung uud deu Siuu, deu die Adresse fest- >
nagelt: Es wird uuvcrbliimt ciuem Tml uuserer Professvren
ber Vormurf gcmachr, das; sie vou der Lehre, die fie uus vo»
tragen, inneblich uicht überzeugt seienl Jst das keiue falsche
Weschuldiguug, kciue Verleumdung?! Woher Herr ^tumpf
aber die Worrc geuommeu hat, das hat gar uichts mir dcr
Oache zrr thun. Für die Verfasfer der Adresse ist allei» maß-
gebeud geivcsen, datz er diese Worte ausgesprochen und also
zu seinen eigeuen gemacht hat. Und dafür trägt er allciu die
Werantwortuug. — Was briugt abcr der „Beobachter" im
6. Punkte seiuer „Beleuchtuug" ? Er sucht wieder eine Uuterstel-
luug zu konstatiercn, „indcm die Verfertiger der Adresse unserem
Erzbischof Dinge unterschieben, die er im Hirtenbrief gar nicht
ousgesprochen hat". Jch habe den Hirtenürief mehr als eiu-
mal durchgelesen, aber nur den gleichen Sinu herausgelcseu,
tvie die Verfasser der Adrcsse. Es blcibt die Thatsache, datz
ber Hirteubrief dcu Profcssorcn dic Schuld an der Gottlosigkeit
in den.brciten Schichtcn des Volkcs zuschiebt. Die Professorcu
treteu für Nufkläruug uud freie Weltanschauung eiu. Jst das
aber Gottlosigkeit? Es bleibt aber auch die Tharsache, datz
man uusere Lchrer als Vaterlaudsverderber hinstelltlE Jst
Idas vielleicht keiue Vcrleumduug? Steht das nicht im H'irkdu-
krief?! Warum bricht der „Bcobachter" für diese Stelle des
Hirtenbriefcs keiue Lanze? Weil er es cinfach nicht kann.
Wir raten ihm aber, ein wenig im Buch der Geschichte zu
blätternl Datz solche Auslassuugen das Anseheu unserer Leh-
rer im Volke shstematisch untergraben und untcrgraben s o l-
)en, liegt nur zu sehr auf der Hand. Es sind leider nicht
alle Angriffe und Vcr-leumdungen in der Adresse genannt, —
Loch wenn man.das ivollte, härte man bald eine dickc Broschiire
gusammcn! — Der „Beobachtcr" hat friiher unser Vorgchen
als „Frechheit" bezeichnet, ein Ausdruck, der doch etwas sehr
die parlamentarischcn Grenzen iiberschrcitetl Wir wollen auf
diesen groben Klotz kcinen groben Keil setzen, aber wir wollcn
ihm nur sagen, datz wir uns auch in Zukunft nie nnd nimmer
das Recht nehmen lasscn, nach nnscren Kräften mit einzu-
treten fiir die angegriffcne Ehre nnserer Professoren, die schon
so oft unsere Lern- und Lebensfreiheit verteidigt nnd gc-
schützt haben, der Männcr, denen wir es vor allem zu verdan-
ken habcn, dah wir noch immer mit Begeisterung singen kön-
nen: „Frei ist dcr Bursch!" Hat nicht Theobald Zicgler uns
selbst zugerufen: „Lassen Sie, soweit es auf S i e a n-
kommt, nie in Jhrem Leben rütteln an dcr akademischen
Freiheit; mit ihr stchen, mit ihr fallen die deutschen Hochschulcn
und, was noch Viel mehr ist, die dentschc Wissenschaft selbcrl"

oivi8 sosäsmieus.

Aus Ltadr und Land.

Heideldclg, üt. Dezember.

Aus dem Sta-rrat. Jn den Stadtratssitzungen vom
-17. und 23. d. M. wurden u. a. folgende Gegenstände zur
Kenntnis, bezw. Erledigung gebracht:

1. Die Voranschläge der Gewerbeschulkasse, der Oüerreal-
schulkasse und der Rentzlerschen Gewevbesebnlstiftung für 1903
wurden festgestellt.

2. Ueber die Erträgnisse der Zülligschen Sriftung für Hei-
delberger Bürgerssöhne für 1902-03 wurdcn nach den Vor-
schlägen der besonderen Kommission verfügr.

3. Der Ehrcnüürgerbrief sür Herrn Geh. Oberregierungs-
rat Dr. Pfister dahier wurde durch eine Deputation des Stadt-
rats am 21. d. M. überreicht.

4. Verschicdcnc Vorlagen an den Bürgerausschuh wurden
s.estgesteD, darunterz

s.) Abhör der Rechnungen der stäötischen Kassen für 1900;
b) Erwerbung eines Grundstücks der Jakob Voth Witwe;
e) Vereinigung dcr Gemcinde Handschnhsheim mit^ dcr
Stadtgemeindc Heidelberg, insbesondcre die für den ncuen
Stadtteil in Wirksamkeit zu setzenden Ortsstatmen;

ck) Erwerbung von Grundstücken im Stadtteil Handschuhs-
heim durch die Stadtgemeinde;

e) Ankanf von Grundstücken im Gemarkungsteil Schlicr-
bach durch die Stadtgemeinde;

i) Aüänderung des Ortsstatuts vom 2. Juli 1892 über die
'Gehwegbaupflicht der Stratzenangrenzer;

g) Beizug der Anstötzer zu den Kosten der Herstellung der
ostlichen Parallelstratze zur Römerstratze;

b) Beizug der Anstötzer zu den Kosten der Herstellung der
Klosestratze zwischen Weber- und Dtoltkestratze.

5. Rach Mitteilnng des Grotzh. Bezirksamts erhielt die
hiesige Stadtgemcinde die nachgesuchte staatliche Genehmigung
zum Betrieb einer elektrischen Stratzenbahn innerhalb der Ge-
markung der Stadl mit Wirkung bis zum 31. Dezember 1962
und mir der Matzgabc, datz der Heidelberger Stratzen- und
Wergbahngcsellschaft die derselbcn durch die Genehmigung vom
2. Juni d. I. verliehenen Berechtigungcn in dem Sinne ge-
wahrt werdcn, datz nur mit dcr Zustimmung dicser Gcsell-
schaft dic Stadtgemeinde berechtigt sein soll, vor dem 28. Sep-
tember 1918 von der gegenwärtigen Genehmigung Gebrauch
zu inachen. Dagegen wird der Stadtgemetnde die Befugnis
eingcräumt, auch nach dem 28. September 1918 ihre Ge-
nehmigung ganz oder zum Teil durch die Heidelberger Strahen-
und Bergbahngesellschaft ausubcn zu lassen.

-s- Deutsche Schillcrstiftnng. Auf der Jahresver-
sammlung des badischen Zweigs dcr deutschen Schillerstif-
tung, die unter Vorsitz von Geh. Hofrat Thorbecke am 14. De-
zember dahier abge'halten wurdc, war als erfreulichstes Er-
eignis die Mitteilnng zu verzeichnen, datz ein in Baden-Baden
verstorbener Rechtsanivalt der Zivcigstiftung dcn Zinsgenntz
e-ines 5tapitals von 2000 Mk. vcrmacht habe. Sonst hat sich
der badische Zwcig nngefähr auf seiner alten Höhe erhaltcn.
Er besitzt jetzt ein Vermögen von über 54 000 Mk. und nimmt
alles in allem im Jahre 5278 Mk. ein) (Zinsen 1900 Mk.,
Mitgliederbeiträge dcr Einzelvereinc 1168 Mk., Rcst der vor-
jährigen Abrechnung 2187). Die Ausgabcn betrugen 3443
Mark tAnkauf von Wertpapicren 2033 Mk., Unterstützungen
an Schriftstcllcr 460 Mk., Ablieferung an die Hauprkasse in
Weimar 890 Mk.), cs bleibt dahcr cin Uebertrag fiir das neue
Jahr von 1836 Mk., wovon wieder 2000 Mk. in Wertpapieren
angelegt werden sollcu. Der Heidelberger Verein ist leider
in seiner Mitgliederzahl abermals nm 4 herabgegangen, von
115 anf 111, und seine Beiträge belaufen sich nur noch auf
225.60 Mk. Es wäre wünschcnswert, wcnn dieser Ausfall
durch Eintritt neuer Kräfte wicder ausgeglichen würde! Ne-
ben dieser Sorge bewegte noch ein anderer Plan die Gemüter
der Anwcseuden. Vor längercr Zeit ist von Leipziger Frauen
ber Gedanke ausgesprochen worden, die entschiedensten Ver-
ehrcrinnen nnd Bewundcrer der Schillerschen Schüpfungen,
sollten sich zusammenschlietzen und bis zum Jahre 1905 unter
sich Gelder smnmcln, dic am Todestage des Dichters der all-
gemeinen deutschen Schillerstiftung übermitelt werden sollten,
um diesc zu stärken und zu kräftigcn. Jn verschiedenen deut-
schen Städtcn ist dicsc Anregnng auf frnchtbaren Bodcn ge-
fallen, so z. B. besonders anch in Mannheim und Karlsruhc,
Hier verpflichtetcn sich die Mitglieder des neuen Bundes für
die kurze Spanne Zeit zu eincm jährlichen Beitrag von 50
Pfennig, oder sie zahlen einmal 4—6 Mk. Jn Heidelberg ist
in dieser Angelegenhcit noch nichts geschehen. Könnten da
nicht die hier bestchendcn Vereinigungen von Frauen, wie der
Verein der Lehrerinnen, noch mehr aber der Berein Frauen-
bildung-Frauenstudium cinspringen und dafiir sorgen, datz bei
der geplanten Hnldigung für dcn grotzen Dichter auch die
Heidelbergerinnen würdig vertreten sind? — Jn der Vor-

standSsitzung, die sich an diese Jahresversammlung anschlvß,
ivurden die eingelaufencn Unterstützungsgesuche erledigt: die
Witwe cines Karlsruher Dichters erhielt 300 Mt,, ein be-
sondcrs um Hebel verdienter Schriftsteller 150 Mk, und einc
Dame, dic sich aus niederen Verhältnissen auf den Pfad dcr
Schriftstellcrin cmporgerungen und auch durch Sammlung von
Volksliedern um ihre Heimat verdient gemacht hat, 100 Mk.

X Weihimchtsfeier in öer Kleiiikinderanstalt. Gestern
Nachmiticig fand in der hiesigen Äleinkinderanstalt, Kanzlei-
gasse 1, die gegenwärtig von 220 Kindern besncht wird, die
Wcihnachtsüefchcrnng statt. Die drei grotzen Lehrsäle waren
fcstlich gcschmnckl. Jn dem miitleren waren zwei Christbäume
anfgestellt, die im Schmucke der Lichrer prangten. Nachdem
dic Klcinen unter Leitung der Hausmurter durch hübsche Ge-
fänge uud Detlamationen zur Verschönung des Festes bcige-
tragcn hattcii, richtete Herr Stadtpfarrer Schwarz an dieselbeu,
sowie an die zahlreich erschienenen Angehörigeii der Kinder
cine zn Herzen gehende Ansprache, während der Vorsitzende
oes Stiftnngsraks, Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens, dem
Anstaltspcrsonal, insbesondere der Hausmutter ReKne Kögel,
sowie dcn an der Anstalt wirkenden Schwestern Luise Breyer
und Küthchcn Fries, nnter freundlicher Anerkennung ihrer
bcrnflichen Leistnngen, Wcihnachtsgaüen überrcichtc. Die
Weihnachtsgeschcnke für die Kinder wurden von den Mitglie-
dern des Damenkomitees dcr Anstalt, welche die Bestchernng in
'jorgfältigstcr Weise vorbereitet hatten, ansgeteilt üno es traten
hierauf die Klcincn mit ihren Gaben, die ihnen sichtlich Freudc
machten, fröh nnd dankbar wieder den Heimweg an,

Auszeichnung. Geh. Rat Dr. Dietrich Schäfer ist
auch von der Königl. schwedischen Gesellfchaft der Wissen-
schaften zn llpsala zum ordentlichen Mitglied ernannt worden.

-st Jn dcr freireligiösen Gemeinde sindct morgen Nach-
mirrag um 5 llhr im Prüfungssaale des Schulhauses in der
Plvck Vortrag statt. Herr Prediger Schneider wird über das
Theiim sprechen: „Sonnenschein". Der Zutritt ist fiir jcder-
mann frei.

X Der unterbadische Pferdezuchtverband wird, wie wir
erfahren, scine diesjährige Gencralversammlung am Sonntag,
dcn 18. Jannar 1903, nachmittags halb 3 Uhr, abhalten nnd
zivar hicr in Heidelbcrg im Gaskhaus zum „Prinz Alax".
Da die Tagesordnuiig eiuc sehr reichhaltige und interessaute ist,
steht zu crwarten, datz die Versamm'lung seitens der Verbands-
mitglieder recht zahlreich besucht werden wird.

DaS Kaisrrpanorama stcllt in dieser Woche eine bcson-
ders schöne Serie, die bayerischen Königsschlösser, Linderhof
nnd Berg, aus. Der Besuch des Panoramas während der
Feieriage sei bestens empfohlen.

-h Diebstahl. Wä'hrend oder kuvz nach der Nachmittags-
mittagsvorstellung „Hänsel und Gretel" am vergangencn
Sonnlag im hiesigen Stadttheater ist einem Herrn des städti-
schen Orchesters eine Violine im Werte vou über 300 Mark
gestohleu wordcu. Vor Aukauf wird gewarnt. Das Jnstru-
ment trägt anf der inneren Seite cinen Zettel mit dcm Namen
„Jnlins Rics, Throl 1786".

x Schöffengerichtssiynng vom 22. Dezcmber. Franz Zim-
mermann von Kirchhcim erhielt wegen Bedrohung und Hans-
fricdensbrnch 17 Tage Gefängnis; Karl Kaspari von Maner
erhiclt wegcn Körpcrvcrlctzung 7 Wochen Gefängnis, die Mit-
angcklagten Franz Kaspari, Konrad Hoffmann und Hcinrich
Gutrnf von Mauer wurden von dcr Anklage freigesprochcn;
Christian Ackcrmann von hier erhielt wegen Körpervcrlctznng
26 Mk. Geldstrafe; Christian Jäger von Rohrbach wegen des
gleichen 50 Mk. Geldstrafe; Lorenz Kirchner von hier wurde
von dcr Anklage wegen KörperverTetzung freigesprochen; Jv-
hann Schmitt von hier erhielt wegen Körperverletzung 10 Mk.
Gcldstrafc, der Mitangeklagte Balentin Schmitt 15 Mk. Geld-
strafe; Franz Braun von Karlsrnhe wurdc von der Anklage
wegen Betrngs freigesprochen; Jofes Siebig von.Reckarhausen
erhielt wegen Widcrstand 1 Woche Gefängnis; Rachmmm Rot-
tcnbcrg in Haft erhielt wegen Diebstahls 3 Wvchen Gefängnis.

5? Polizeibericht. Verhaftet wurüe ein Bäckcr wegen Dieb-
stahl sowie ciu Brauer wegeu Bettelei. Zur Anzeige kam eiue
Person megcn Nnhestörmig.

Aie Alucht der Kronprinzesstu von Sachsen.

Zahlreiche Mitteilnngen über die Flucht der Kronprinzessin
liegen bor; keine ist fiir sich völlig verbürgt, aber wenn man
alle znsammennimmt, so erhält man doch ein aller Wahr-
schcinlichkeit nach annnähernd richtiges Bild bon der Angele-
genheit. Das Bild ist noch häsilicher, nls man .qesteni ge-
glaubt hat," denn, kiirz gesagt, die Kronprinzessin ist eincm
schönen französischen Sprachlchrcr zuliebe cntflohen un'o einer
ihrer Briider mit seiner Gelicbten haben sic begleitet.

Wir lasscn hier die vorliegenden Nachrichten folgen:

Wie n, 23. Dezember. Die Abendblätter sind gefnllt mit
Salzbnrgcr S k a n d a l g e s ch i ch t e n. Das „Wien.
Tagbl." meldet, gleichzeitig mit der s ä ch s i s ch e n Kron-
prinzessin und ihrcm Sprachlehrer Giron sei ihr älte-
rer Brnder, Erzherzog Leopold Ferdinand, mit
ciner G e l i c b t e n, angeblich einer Schauspielerin, in Ge-
mcinschaft mit jenen, heimlich aus Salzburg crbgereist. Aus
dcm Vorleben dieses toslänischen Erzherzogs werden selt
s a m c G e s ch i ch t e n erzählt. Die Flncht dcr Kronprinzcssin
bcrüyrt in hiesigen Hofkreisen aufs pcinlichste. Man tadelt
insbesondere das ganze Verhalten ihres älteren Bruders Leo-
pold, den man hanptsächlich für ihre Entgleisungen veraniwort-
lich macht.

W i e n, 23. Dczember. Der Bruder der sächsischen Kron-
prinzessin, Erzherzog Leopold Ferdinand, 'hat nach
cincr Meldnng der „Wiener Allgemeinen Zeitnng" ein Schrci-
ben an dcn Kaiser gerichtet, in welchem er seinen Austritt
ins der kaiserlichen Familie anzeigt, gleichzeitig habe er das
„goldcne Vlies" nnd andere Orden an die zuständige Hofstelle
übersandt nnd scin Scheiden aus der Armee bekannt gege-
hen. Der Erzherzog wird den Namen Leopold Woelf-
ling fi'ihren. Er hatte Beziehungen zu einer bekännten
Schönheit, einer Balleriue namens Adamobitsch, die er mor -
ganatisch ehelichcn wollte. Es trat eine scharfe Cin-
mischung ein. Der Erzherzog verpflichtete sich, auf einige
Monate Wien zu verlassen und begab sich in ein Sana -
torinm bci Bon n, wo er ein 'halbes Jähr weilte. Nach
dem Austritt ans dem Sanatorium führte er ein zuriickgezoge-
nes Leben bci seinen Eltern in Salzburg. Nnnmehr dürfte er
seine ursprüngliche Msicht ausführen und jenes Fräulein h e i-
raten. Jn politischer Beziehung hnldigt er radikalen An-
sichten. Vor Jahren wollte er die Tochter des Don Carlos,
die bckannte Donna Elvira, heiraten, die sich dann später von
dcm Maler Folchi entführen lietz. Die Heirat wurde damals
dnrch politische Bedenken verhindert.

D r cs d e n, 23. Dezcmber. Die Kronprinzessin floh aus
Satzburg an dem Tage, da ihr Oberhofmarschall einen Tag
nach Berchtesgaden bcurlanbt ivar. Die Entfernuug der Prin-
zessin wnrde erst am späten Vormittag entdeckt. Der betref-
fende französische Sprachlehrer Giron ist ein bildschöner
Abbe nnd Ivar der Erzieher der kronprinzlichen Kinder hier
»nd wird die genieinsame Flucht der 32jährigen Kronprinzessin

üiid des 24jährigen Giron in offiziellen Kreisen kcinesivegs
bestritten.

W i c n, 23. Dezcmber. Ileber die Einzelheiicn der näckir-
lichcn Flnchr der süchsischen Kronprinzessin wird berichret: Die
Kronprinzessin fnhr zu einem der lctzten Nachtzügc ohne jede
Beglcitung im Fiaker üeim Bahnhof vor, löftc sich selbst ani
Tchalrer eine Fahrkarre nnd stieg in ein abgesondertes Abteil.
Sie wurde am Bähnhof wohl erkannt, doch war es selbstver-
ständlich, datz fie nicmand ansprach, da man in ihrer Abreise
nichts Ungewöynliches sah, um so mehr, als sie auch allein ge-
kommen war. Erst am Tage nach der Abreisc wurdcn vom
Palais aus Nachforschungen angcftellr, jedoch unrer Bcobach-
lnng grotzcr Vorsicht.

D r cs d e n, 23. Dezcmbcr. Dic sächsische K r o n-
prinzessin Luise reiste von Salzbnrg aus znerst nach
Brüssel, bon da ab nach Genf, sodaß der Sachvcrhalt lange
geheimnisvoll blieb. Jn München schloß sich ihr Brnder mit
seiner Gelieüten ihr an. ErAerzog Leopold, der seincrzeit den
Erzherzog Franz Ferdinand auf sciner Weltreisc begleitcte,
mutzte in Colombo wegen eines peinlichen Vorfalles ansgeschifft
werdcn. Spüier wurde Lcr Erzherzog ivegen einer Affaire
beim Regiment in Jglau als Obcrst zur Disposirion gcstellt.
Man darf dies wohl znr Ecklnrnng seines ganz nngewöhnlichen
Verhalrens zn dem Thun seiner Schwester hervorhcben.

D r e s d e n, 28. Dezcmber. Die Ehe des Kronbrinzen ist
schon lange keine glückliche gewesen. Aehnliche Gerüchte, wie
bci der jetzigen Entfernung der Kronprinzessin Lnise, waren
schon feir Iähren in Umlanf. Nach der plötzlichen Entlasfnng
dcs jnngen französischen Sprachlehrers ist nun die Kataftrophe
eingetreten.

G c n f, 28. Dezember. Erzhcrzog Joseph Ferdinand traf
hier gestcrn aus Wien ein, hatte einc lange Unrcrrednng mir
seinen Geschwistcrn, der Kronprinzcfsin bon Sachsen nnd dem
Erzherzog Leopold Ferdinanh, nnd reiste an dcmsclben Abend
wicdcr ab. Erzherzog Joseph Fcrdinand ist der nächstälteste
Brudcr des Gcschwisterpaares. — Die Kronprinzcssin weilt
hier nnter dcm Namcn eines Fränlcins von Oben mit ihrem
Brnder, der sich unter dem Namen Bnriano in das Hotelre-
gistcr eingctragen hat, nnd mit dem Professor Giron im Hotel
d'Angleterre, mit der mntinatzlichen Absicht, die Weihnachts-
tage i'iber dort zn bleiüen.

Kandet «nd AerKeyr.

Mannheim, 23. Lezbr. (Aktie n.) Oberrh. Bank 91.10 G.

B., Rhein. Credttbank 140.00 G. B-, Rhetntschr
Hypoth.-Bank 180 50 G. —B, Brauerei Kleinlein, Heidel-
berg 173.— G. —B., Schroedl'sche Brauerei-Aktien 188.— E.
—B. Portland-Cemcnt Heidelbsrg 109.— B.-G.

Frankfurt. 23 De,br. Effeklensozietät. AbendS 6'/« Uh:.
Krcdttaktien 212.20-30 b. Diskonlo Kommandit 189.40 b. ult.

189.50 B. 40 G. cpt. Berliner Handelsgesellichaft 157 90 b.
Deutsche Bank 211.10 b. Preuß. Hyp.-Bank 9410 b. G. Neue
Boden Akt- 161 b. G. Bn qie Ottomane 117.90 b. Staatsdahn
145 80 b Lombarden 16.70 b. G. 3proz. Mexik. 24.50 b. G. ult.
3proz. Portngiesen 3140 B. 30 G. lproz. Tüiken D. 28.60-70 1.
5proz. Bulgaren 92 20 b. G. Harpener 166.80 b. G. Eschweiler

213.50 b. Elektr. Schuckert 77.80 b. Eieklr. Helios 10 b. G.

6'/. bis 6'/, Uhr: Iproz. Türken D 28.75 b. G.

Bet ruhtgem Verkehr konntm sich die festen Notierungen von
hevte MOtoq duichmea gnt behanpten. Montavwerte inid
türii cke gonds ware > «,m Tei! » äi -'o u böbe..

X Herrcnm'ühle rwrm. C. Genz in Hcidclbcrg. Jn der
autzerordentlichen Generalbersammlung der Herrcnmühle,
ivenhe ani 23. Dezember abgehalten wurde, waren 608 Mien
von 700 bertreten. Es ivurde einstimmig die Herabsetzung des
Grnndkapitals um 100 Aktien beschlossen, ivelche zn 60 Proz.
bon dcr Gesellschaft angckauft werdcn. Der sich hicraus er-
gebende Kursgewinn von 40 000 Mk. soll zur Herabminderung
der llnterbilanz verwendet werdcn. Nach dem Bericht der
Direktion arbciret die Herrenmühle scir 1. Augnst 1902 (Ein-
tritt der ncuen Direktion) mit Gcwinn, sodatz, wenn keine be-
sondcren Verhältnisfe eintreten, die Unterbilanz voraussichtlich
im Lanse des Jahrcs 1903 ganz verschwinden wird.

Jndrrstriebörse Mannheim. Dcr vorbereitcnde Ausschuh
fiir die I n d u st r i e b ö r s e in M annheim hielr am 20.
Dczcmbcr eine Sitzung ab, zu der auch auswärtige erste Fir-
men, aus allen Teilen Südwestdeutschlaiids, in grötzercr An-
zahl Nertreier cntsandt hatten. Die Verhandliingcn galten
in erster Linie der Besprechung eines Statutenentwurfs, Er-
örtcrnngen dcr wciteren Vorarbeitcn, Festsetzung eines Ter-
mines für die konstituierende Vcrsammlung u. s. w. "Die leb-
hafte Bcteiligung an den Beratungen, sowie das Jnteresse,
ivelches allseitig der Verhandlnng entgegengebracht wurde, lie-
ßen erkenncn, daß die Bewegung immer mehr an Boden ge-
winnt. Zählrciche Vorschläge aus der Versammlnng haben
schon jetzt in viclen Punkten eine Erweiterung dcs Programms
nötig gemacht und auch die Beitrittserklärnngen haben sich m
einer Weise verniehrt, datz das Unternehmcn nicht nur als ge-
sichert angesehen werden kann, es liegt vielmehr begründete
Hoffnung vor, datz die Veranstaltung ihrcm Umfange nach,
von vornhcrcin zn eincm für dic gcsnmte südivestdeutschc Fn-
dustrie wichtigen Faktor werdcn wird.

Wafserstonvrnachrtchten

Neckar ' Rhein.

tzeiLelberg, 24.. 2,08 gef. 0,37m'Lauterbura. 13.4.80. gest. 0.25w
heilbronn, 21., 1.95. qef 0.61m Maxau. 23., 4 90 gesi 0.32m
Mannheim, 23,4.64, gest. 0,15m! Mannheim, 23.. 4,66. scst. 0,18m

Vd« kerlitr 8ed««i vk

Hlsnptstrnss« >20, 2 ^reppen

Juftitut um Zweae de» Siu-
diumS srem > Sprachen, sür
Erwochscne, Herreu u. Damen,
uutec Oberleitung deS Herrn
PiofeflorS

Itl. I>. ««rlitn.
r«vi goliisns ILeilalllsn suf ösr parlssr Lksliausstslluag.
Franzöfisch, Englisch, Ztalienisch, Rnsfisch, Spanisch,
Dentsch für Ausländer: nur Lehrer der betreffenden Natio».

Konversation K o r r e s p o n d e n z -O- Litteratur
Ueber 180 Zweigschulen. ^ Prospekte gratis u. franko.

Neuefte Nachrichten.

Miiuchen, 23. Dez. Professor Lenbach keidet an
akuter Darmstörung. Der Patient ist sehr schmach.

Berlin, 23. Dez. Der Chef des Zivilkabinetts Dr.
o. LucaiiuS ist an Lungenentzünduug erkrankt.

Hauiburg, 25. Dez. Die für das beschlagnahmte
benezolanische Kriegsschiff „Rest aur ad or" bestimmte Be-
satzung hat an Bord des Dampfers „Sibiria" heute
Mittag von hier dic Ausreise angetreten.
 
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