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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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Zentrumspartei aaf dear Milsch.'r Rathras v:rsalgie,
g ar nicht gkkenrzeichnet werden.

Karlsruhe, 29. Dezember. Für deu erledigten
Schriftleiterposten bei der „B a d. Schulz eitun g"
hat sich, wie das genannte Blatt mitteilh uicht eiu ein-
Ziger Bewerber aus Baden gemeldet. Bom 1. Januar
ab wird daher der Schriftfiihrer des Bad. Lehrervereins,
Herr Eiermann, die Redaktion des Vereinsorgans Pro-
visorisch übernehmen, bss Rese Frage auf der nächsten
Generalversammlung in neun Aionaten endgiltig ge-
regelt werden soll.

Sachsen.

Dresden, 29. Dez. Das „Dresdener Journal"
schreibt: Nach der heute erfolgten Abnahme des festen
Berbandes bcim Kronprinzen zeigte sich, daß der Uuter-
schenkelbruch in fester Stellung ohne jede Verschiebung
und Verkürzung geheilt ist. Die Nachbehandtung, die
hauptsächlich in Wärmebädern, Massage und Passioen
Bewegungen bestehen wird, läßt die völligc Wieder-
herstellung der Funktionen dcs gebrochenen Beines in
einigen Wochen mit aller Beftimmtheit erwarten.

'Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Äönigliche Hoheit der Großherzog haben
dem Verwaltungsdirektor Seeligmüller in Friedrichshof
das Ritterkreuz 2. Klasse des Ordens vom Zahrmger Löwen
und dem Kaufmann Adolf W o l lweber in Wiesbadeu das
Werdienstkreuz vom Zähringer Löwen verliehen; dem Medizi-
nalrat Dr. A. Frey und dem Dr. W. H. Gilbert in
Baden die Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen ües ihneu
berliehenen Königl. Preuß. Roten Adlerordens 4. Klasse, den
ISchntzleuten Karl Ludwig Hornung unid Hermann Ai-
chele in Karlsruhe die Erlaubnis zur Annahme und zum
Tragen der ihnen verliehenen Königl. Preutz. Kronen-Orden-
Medaille erteilt; den Kanzleirat Julius Leutz, Registrator
bei dem Ministerium des Grotzh. Hmises und der, auswärtigen
Angelegenheiten zum Sekretär und Registrator bei der Ober-
rechnungskammer ernannt und dem Revisor Karl Schue-
macher bei der Zolldirektion und dem OÜerbuchhalter Bern-
hard Gitzler bei der Generalstaatskasse den Titel Rech-
nungsrat verliehen.

Äusland.

England.

L o n d o n, 27. Dezember. Heute fand hier ein von
LerKönigin für 1500 Witw-en nnd Waisen im Kriege
gefallener S-oldalen veranstaltetes M a h l statt. Die
Speisesäle waren reich - mit F-laggen geschmückt. Es
herrschte große Begeisterung. Dem Fest wohute eine
große Menge Zuschauer bei.

Svanien.

Madrid, 27. Dezember. Die Bewegung uu-
ter den Arbeitern in San Fernando gewinnt an
Ausdehnung, da die Arbeiten auf der staatlichen Schiffs-
werft eingestellt worden sind. Die Kredite sind erschopft.

Madrid , 28. Dezember. Die F a m i l i e H n m-
bert wurde gestern Abend 8^ Uhr mittels Schnell-
zuges nach Paris befördert.

Barcelona, 27. Dezember. Drei aus Bue-
nos-Aires hier eingetroffene Anarchisteu sind
verhaftet worden.

Türkei.

K o n st a n t i u o p e l, 27. Dezember. Sämtliche
Mannschaften und Offiziere der Geudarmerie von M a -
tzedouien bekamen, wie türkische Blätter melden, die
!Gehälter. Auf Befehl Jlilmi Paschas wurden zahl-
reiche Beamte in Mazedonien wegen Unregelmäßigkeiten
sofort in strafrechtliche Untersuchung genommen.

Asien.

— Die persische Regierung beschloß, wie
ein Petersburger Telegramm der „Köln. Ztg." meldet,
endgiltig, eine Reform des Staatsfinanz-
wesens nnter Mitwirtung belgischer Fachleute durch-
zuführen. Dreißig Belgier sind bereits in Tehercm
eingetrofsen. Die Verwaltnng der Finanzen wird nun-
mehr vollständig unter deren Aufstcht vor sich gehen. Der
Beschluß /rfolgte wegen Untanglichkeit des veralteten
Finanzsystems, das große Verwicklungen in den Abrech-
nungen nnd Schwierigt'eiten bei der Aufsicht mit sich
brachte.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 3o. Dezember.

Von der Nniversität. Der „Frkf. Ztg." berichtet man aus
Leipzig, Professor Seeliger hat den an thn ergangenen
Ruf an die Universität Heidekberg abgelehnt.

— Newyork, 26. Dezember. Der berühmte öster-
reichische Orthopädc Professor Dr. Lorenz, der zur
Ausführung einer Operation an der Tochter des Chica-
goer Milliardärs Armonr nach Amerika gekommen
war, trstt ani 31. Dezember die Rückreise nach Europa
an. Professor Dr. Lorenz ertüelt nach seiner Aussage
für die Operaticm an der Tochter Amours 30 000 Doll.
und weitere 30 000 Doll. für chirurgische Thätigteit in
ünderen Fällen während seines viermonatlichen Aufent-
halts in Amerika.

Htzeater- und KunÜnachrichLen.

-p Heidelberg, 80. Dezember. (Stad tt h eater.)
Morgen, Mittwoch (Sylvestercrbend), gelangt das treffliche
Lustspiel von L'Arronge „Wohlthätige Frauen",
idessen Erstaufführung auch in dieser Saison wieder mit gro-
tzem Beifall aufgenommen wurde, in der bereits bekannten
Besetzung der Hauptrollen zur Aufführung. Donnerstag, am
Neüjahrstage, bringt die Theaterdirektion eine wiederholte
Aufführung des zugkraftigen Schauspiels „Alt-Herdel-
ber g" und glaubt mit dieser Vorstellung den Wünschen aller
jener Theaterbesucher zu entsprechen, ivelche bisher an Werk-
tagen keine Gelegenheit hatten, das interessante Stück kennen
zu lerneu. Beide Vorstellungen fmden im laufenden Abonne-
ment statt.

Die „Neue Musikalische Presse" m Wien urteilt sehr gün-
stig über das nunmshr aüch dort aufgeführte Weihnachts-
mysterium von Wolfrum. Sie schreibt: Wolfrums
„Wsihnachts-Mysterium" machte auch bei semer Aufführung im
Gefellschaftskonzert den Cindruck eines edlen, an den besten
Mustern herangebildeten Werkes sölvohl von echt deutscher
Schlichtheit und Fnnerlichkeit als auch von gediegenem must-
kalischem Können.

X Ortskrankenkasse. Die hiesige Ortskrankenkasse hiclt
! geslern Abcud im Stadrrarssaale eine General-Ver-
s amml u n g ab, die cinen guren Besuch zu verzeichnen hatre.
Puiitt 1 üer Tagesordnimg betraf die Avhör der Rechnung
pro 1901. Namens des Rechnungs-Prüfungs-Ausschusses
vrachte Herr I. A. Schmirr den Abhörbescherd zur Kennrnis;
anrragsgemätz wurde derselbe genehmigt uNd dem Vorstande
Ivie der Verrechnung Entlasrung erteilt. Ueber dcn zweiten
Berarungsgegenstand, Vcrtrags-Genehmigungen, entspann sich
eine lebhafte Diskussion, die schlietzlich zur Genehmigung der
seir der letzten Gencralversammlung vereinbarten Verträge
führte. Bczüglich der Fesffetzung der durchschnittlichen Tage-
töhne war die Versammlung der Ansicht, mit Rücksicht auf die
dermalige wirtschaftliche Ärisis es bci dcn derzeitigen Sähen
bewenden zu lasscn; bei geeigneter Gelegenhert soll jedoch eine
Erhöhnng üieser etwas veralteten Sätze angestrebt werden.
Die in der letzten Versammlung beschlossene Ilnstellung eines
Berufs-Krankenkontrolleurs war ein Schritt, der bis dato gute
Früchte zeitigte. Znr Umerstützung des Kontrolleurs erklär-
ten sich verschiedcne der Herrcn Delegierten bereit. Die Ein-
gemeindnng von Handschuhsheim und der Fortbestand der
dortigen Ortskrcmkenkasse "bedingt eine kleine Aenderung des
Paragraph 2 dcr Kassenstatuten, die auch beschlossen wurde.
Bci dcm 6., lctzten, Punkte der Tagesordnung gab der Vorstand
hauptsächlich die Verhaiidlungen bekannt, die er seither wegen
des Erwerbs einer eigenen Liegenschaft geführt hat. Die Ver-
sammlung beschlotz, diesc wichtige Frage in einer besonderen
Sitzung zur Erledigung zu bringen. Nach ca. zweistündigen
Verhandlungen konnte die sehr anregend verlaufene Sitzung
von dem Borsitzcnden, Herrn Hoflieferanten Burckhardt, ge-
schlosscn werden.

X Rodensteiner. Das Konzert der Husarenkapelle am
Sonntag hatte einen riesigen Erfolg. Jeder Stuhl war besetzt.
Itächsten Sonntag spielt die Kapelle der Unteroffizierschule
in Ettlingen. Der Eintrittspreis beträgt wieder nur 30 Pfg.,
was für ein gutes Militärkonzert sehr wenig ist.

h Ueberfahren. Als der Personenzug heute srüh 6.21 llhr
von Maunheim kommend in den hiesigen Bahnhvf einfuhr,
überschritt der 24 Jahre alte ledige Heizer Georg 01 ut -
sleisch aus Leutcrshauscn das Gcleise; cr wurde vou der
Lokomotive erfaßt und ca. 30 Meter weit geschleift. Seine
Berletzungcn warcu so schwcr, datz cr eiue halbe Stunde spüter
im akademischen Krankenhaus verschied.

X Schoffengerichtösitzung vom 27. Dezember. Vorsitzender
Herr Oberamtsrichter Freiherr v. La Roche. Philipp Hug,
Fuhrmann, von Petersthal erhielt wegen Körperverletzung 1
Monat Gefängnis; die Verhandlung gegen Josef Bickel, Tün-
cher, von Petersthal wegen Körperverletzung ivurde vertagt;
Peter Jörder, Lcmdwirt von Eiterbach erhielt wegen Bedro-
hnng 10 Mk. Geldstrafe oder 2 Tage Gefängnis; Georg Ja-
kob Wcymanu, Taglöhner, von Ziegelhausen erhielt wegcn
Dtcbstahls einen Verweis; die Anklage gegen Adolf Hock, Metz-
germeister hier, wegen Beleidigung des Gastwirts Fritz Bu-
chenau hier fcmd durch Vergleich ihre Erledigung; desgleichen
die Ankiage gegen Gottlieb Siegmund, Landwirt, und dessen
Ehefrau von hicr wegen Beleidigung der Haushälterin Wil-
helmine Schaufelberger hier.

— Polizeibericht. Verhastet wurdeu ein Maurer wegen
Diebstcllils und cin Hausbursche, melchcr wegen Betrugs ver-
folgt wurdc. Zur Anzeige kcimen 4 Personen wegen Haus-
friedeusbruch uud eiuc Pcrsou wcgeu Ruhestörimg.

X Wieblingen, 30. Dezember. (E inbrüche.) Lctzten
Dicnstag wurde in der evangel. Kleinkinderschule während Ser
Mittagszeit eingebrocheu uud die Privatkasse der Schwestern
von ekwa 20 Mk. und noch zwci andere, den Schweftern zur
Aufbewahrung gegebene Gemeinschaflskassen mit einem Jnhalt
von etwa 16 Mk. gestohlen. Jn der Itacht oom Samstag zum
Somitag ivnrde zmn drittenmale in der Station der Neben-
üahn cingebrochen. Diesmal haben die Diebe nur noch die
Lampe stehlen könncn. Es iväre sehr zu wünschen und au der
Zeit, datz es einmal gelänge, der Thäter habhaft zu werden.

Eberbach, 28. Dezember. (Verunglückt.) Heute
früh 5 Uhr verunglückte, lt. „Eberb. Ztg.", auf hiesiger Sta-
tion ein Bahnarbeiter dadurch, datz er beim Anzünden der
Signallichter von der Maschine des von Mosbach herkommen-
den Personenzuges erfaht und i-hm ein Futz unid ein Arm
abgefahren wurde, was noch am gleichen Abend seinen Tod zur
Folge hatte.

Karlsrutzc, 28. Dezem'ber. (B r a u e r e i - I u b i -
läum.) Am Freitag, den 26. Dezemüer, beging Herr Kom-
merzienrat Stadtrat Friedrich Hoepfner im Kreise seiner
Famklic, sciner Bcamteu und Arbeltec das Fest des hundert-
stihrigen Bestehens seiner Brauerei. Hcrr Hoepfner hat
20 000 Mk. für eine Stiftung bestimmr, deren Zinsen zur Unter-
stützung kranker Arbeiter und ihres Oberhauptes beraubter
Familieu angewandt werden sollen.

LL Ettlingen, 29. Dezember. Der Streit zwischen dem
Pfarrer und dem Kirchenchor in Schöllbronn hat mit
einer empfindlichen Niederlage des Pfarrers geendet. Das
Erzb. Dekanat des Domkapitels Ettlingen hat dem Bürger-
meisteramt Schöllbronn folgendes Schreiben zukommen lassen:
„Wohldemselben beehre ich mich im Auftrage des Erzbischöfl.
Ordinarkats zu eröffnen, datz die Kirchenbehörde den Herrn
Pfarrer Rudulph in Schöllbronn veranlatzt hat, seine Erklä-
rung über dcn dvrtigen Kirchengesang vom 12. Oktob. — von
öer Kanzel aus öffentlich richtig zu stellen. Die anderen Be-
schwerdepunkte sind nicht hinreichend, um eine Entfernung des
Pfarrers von der Pfründe zu begründen, jedoch hat die Kirchen-
'behörde zn Freiburg das Geeignete verfügt."

Frcibur.q, 26. Dezcmbcr. (E r n e n n u n g e n.) Der
Erzbischof hat die nachbenannten Geistlichen zu Geistlichen
Räten (honoris causa) ernannt: die Dompräbendare Beutter
nnd Schneider und den Superior der barmherzigen Schweftern
Monsignore Karl Mayer in 'Freiburg, Pfarrer Gustenhofcr in
Eschbach, bei St. Peter, Subregens Dr. Gihr in St. Peter,
Dekan Schleicher in Mundelfingen und Dekan Stadtpfarrer
Dr. Werber-Radolfzell, Redakteur der „Freien Stimme".
Dompfarrer Geistl. Rat Schober-Freiburg wurde zum Ehren-
kcmonikus an der Metropolitankirche (Liebfrauen-Münster) in
Frcibnrg ernannt.

Vom Bodcnsee, 26. Dezember. (Pfahlb au - Unter-
suchungen.) Jn letzter Zeit ivurden bei dem gegenwärtig
niederen Wasserstande des Sees die Pfahlbau-Forschungen bei
Bodmann wieder aufgenommen und haben bereits günstige
Ergebnisse geliefert. Autzer gewöhnlichen Steinbeilen und
Geweihgeräten wurde ein fein bearbeitetes, zierliches Horn-
artefakt gefuydcn, währscheinlich ein Schmuckgegenstand. Die
Nachgrabungen werden fortgesetzt.

Heidelberger Veremsanqelegenheiten.

Dem Vcrein bayerischer Staatsangehöriger hat der Prinz-
regent Lnitpold von Bayern zum Weihnachtsfeste sein Bild
unter Glas uud Rahmen mit eigenhändiger Unterschrift ver-
liehen.

Kandel und Werkeyr.

Mannheim, 29. Dezbr. (Aktien.) Oberrh. Bank 91.10 G
B.. Rhein. Creditbank 140.00 G. B.. Rheinische
Hypoth.-Bank 182.20 G. —B, Brauerei Kleinlein, Heidel-
berg 173.- G. —.- B., Schroedl'sche Brauerei.Aktien 186.— G.
—.— B, Portlaud-Cement Heidclberg 109.— B. — — G.

Frankfnrt, 29. Dezbr. Effektensozietät. Abends 6'/« Uh-.
Kredttaktien 21S.30 b. Januar, Diskonto Kommandit 189.30 b.
Dez. 180 90 b. Jan Darmst. Bank 13450 b. Dezbr, Banque
Ottomane 118.30 b. Januar.. Westsizilien 38.50 b. G.. 4proz.
Spanier 86.90 b. De,., 4V,proz. innere Argenttnier 79 b. G-,
4'/,proz. äutzere 73.70 b. G., Monop. Griechen 44.60 b. G. cpt.,
Sproz. Bulaaren 92.30 b. cpt. und Jan.. Harpener 167.25 b. G..
Hibernia 176.30 B. 20 G., Concordta 282 b., Eschweiler 214 b.
G., Elektr. Schuckert 78 b. G., Elektr. Helios 9 b.

6'/. bis 6'/, Uhr: Kreditaktien 215 Dez.

Bet ruhigem Verkehr blteb auf allen Gebieten feste Haltung
vorherrschend, nur Spanier waren auf Paris elwas schwächer.

Eppinge», 27. Dezbr. Der heuttgc Schwetnemarkt war
gut besucht, und waren 131 Stück Milchschweine sowie 9 Läusec
zugefiihrt. Das Paar Milchschweine kostete 18—24 ^t, Läuser
40—50

Aie Worgänge in Warokko.

Die „Tiines" meldet auö Tanger vom 27. Dez.t
Die T r n p p e n des Snltans haben bei Tesa (Taz-
za) eine schwere Niederlage erlitten. Ter Rest der
Armee floh in Verwirrnng zurück nach Fez und ließ
alles im Stiche; Artillerie, Zelte, Gewehre, Munition,
Geld- und Proviant fieleu in dic Hände des Feindes.
Die Rebellen sollen anf Fez zu marschiereu, dessen Stadt-
thore geschlossen sind. Zch entkam gerade zur rechten
Zeit nnd kam heute Morgen in TanZer mit der ersten
Nachricht vom Unglück an, nachdem ich ohne Pserde-
wechsel und ohne Aufenthalt 90 cngtische Metlen geritten
war-. Fez ist außer Stande, sich länger als einige
wenige Tage zu verteidigen, iusolge seiner Lage, seines
völligen Mangcls an Proviant nnd des ruinösen Zu-
standes der Stadtmauern. Die Bevölternng von Jez
wird toyal bleiben, so lange der Snltan sie schützen und
ernähren kann. Eine Belagerung von nur wenigen Ta-
gen bringt eine Hnngersnot. Ter Sultan kann ver-
suchen, zn entkommen, äber dann wird Fez den Präten-
denten anerkennen. Die Straße von Fez nach Tanger
ist gegenwärtig offen und sicher, aber das Presffge des
Prätendenten wird gewaltig wachsen und bisher loyale
Stäinme werden sich ihm anschließen. Nahezu die ganze
Armee ist geschlagen, da nur sshr wenige Truppen in
Fez zurückgeblieben waren.

Nach einer Tepesche des „Jmparcial" ans Tanger
sollen die V e r l n st e, welche die Truppen des SuI -
tans bei dem letzten Znsammenstoß mit den Auf-
st ändis -ch e n erlitten haben, 2000 Tote nnd Verwun-
dete betragen.

M a d r i d, 29. Dezeinber. Fnfolge der Nachrichten
ans SN arokko haben dte Bcinister d-es Auswärtigen,
des Krieges und der Marine eine Besprechung mit dem
Ministerpräsidenten über die Maßnahmen gehgbt, welche
im Hinblick ans mögliche -Ereignisse zu ergreifen seien.
Es ivm'den Fnstrnktionen an die Botschafter in London
und Paris abgesandt. Die Minister dcs Krieges und 'der
Marine werden übor die Verteilnng der Land- und
Seestreitkräfte, welche erforderlich sein könnten, sich schlüs-
stg machen. _

Neuefte NachrichLer».

Berlin, 29. Dez. Regierungsrat Reicke ist heute vom
Kaiser als zweiter Bürgermeister von Bertin bestätigt
wordcn.

Elberfcld 29. Dez. Auf dem Bahnhof Wülfrat wurden
zwei Metzgcrmoister von cinem Zug nberfahren; ciner
von ihnen ift tot, der änder? ist lebensgefährlich
verletzt.

Stettin, 29. Dez. Auf der Werft des „Vulkan" liet
heute Mittag der von den Norddeutschen Seekabelwerkech
Aktiengesellschaft in Nordenhamm in Bau gegebene Dop-
pelschraubendampfer „Stephan" glücklich vom Stapel.
Es tst der erste Kabellegungsdampfer, der auf einer deutschen
Werft erbaut wnrde. Die Taufe vollzog Fräulein Sydow,
Tochter des Unterstaatssekretärs im Reichspostamte.

Wien, 29. Dezember. (Stratzb. Post.) Gegenüber Mel-
dungen, wonach der frühere Erzherzog Leopöld, jetzige Herr
Wölfliug, erklärt habe, datz er auf seine frühere Skellung
noch nicht verzichte und datz man seine Braut hinsichtlich ihres
Vorlebens mit ihrer Schwester verwcchsele, ist festzustellen, datz
in den hiesigen Hofkreisen die ersten hierher gelangten Er-
klärnngen des Erzherzogs als thatsächlicher un'zweifel-
hafter Verzicht gelten. Ucbrigens würde der Kaiser
auch ohne die Zustimmung des Herrn Wölfling seine Aus-
stoßung aus der kaiserlichen Familie vollziehen können.
Anlatz dazu gäbe u. a. die Thatsache, dah der Erzherzog vor
einem Jahre dem Kaiser ein persönlich biüdendes Vcrfprechen
gegeben hat, auf Wilhelmine Adamowitsch zu verzichten. Wie
aus zuverlässiger Ouelle mitgeteilr wird, tmirde festgestellt, datz
die Adamolvitsch hier drei Jahre hindurch unter Sit -
tenkontrolle stand, was sie hinreichend kennzeichnet.
Die „Wiener Abeiidpost" melM halbamtlich, d'er Kaiser
habe auf die Bitte des Erzherzogs Leopold Ferdinand dessen
Verzicht auf Stellung und Rang als Erzherzog ange-
nommen, ihm die erbetene Erlaubnis, künftighin den bür-
gerlichen Namen Leopold Wölfling führen zu dürfen, erteilt
und gleichzeitig die Streichung des Erzherzogs aus der Liste
der Ritter vom Goldenen Vlietz und seine Entlassung aus dem
Nrmeeverbande angeordnet.

Wien, 29. Dez. v. Körber uud Szell sind bei
den österrcich-ungarischen Ausgleichsverhandlungen nicht
einig geworden.

Genf. 29. Dez. Der Urheber des Bombenattentates
vor St. Peter ist in St. Blaise, Neuenburg, verhaftet
worden. Es ist ein geisteskranker Jtaliener namens
Machettv. Er hat die That eingestanden und erklärt,
keinen Mitschuldigen gehabt zu haben.

Paris, 29. Dez. Eva Humbert tst aus der Unter»
suchungshaft entlassen worden.

Sofia, 29. Dezember. Es bestätigt sich, datz Graf Lams-
dorff lediglich beim Fürstcn und bei der Regierung über die
Lage Jnformationen einholte, hingegen weder mazedonische,
noch bulgarische Parteiführer zu informatorischen Zwecken em-
pfing. Er äußerte, dah die mazedonischen Unruhen
und die einzehien bulgarischen Banden j e d e'Ä ktion Rutz-
lands zu Gunsten Mazedoniens verhinderlen. Graf
Lamsdorff vermied im übrigen jede Rede mid öffentliche An-
sprache. Auch auf die Ansprache des Mazedoniers Iktrumow7
Äer gelegentlich des Fackelzuges dem Kaiser Nikolaus und dem
russischen Volke in warmen Worten dankte und den Grafen
Lamsdorff beschwor, das Elend Mazedoniens zur Kenntnis des
Kaisers zu bringen, erwiderte der Minister nur mit wenigen
Worten des Dcmkes.
 
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